VfGH V88/03

VfGHV88/038.10.2003

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Rückwidmung von Bauland in Grünland in einem örtlichen Raumordnungsprogramm aufgrund Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges seit Einführung des Instituts der Bauplatzerklärung auch im niederösterreichischen Baurecht

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO 1996 §11
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO 1996 §11

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Die Antragsteller beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der

"Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Schwarzenbach vom 23.04.1992 kundgemacht am 01.02.1993, in Kraft getreten am 16.02.1993, und zwar hinsichtlich seines §4, soweit damit die Widmung bzw. Nutzung der Grundstücke Nr. 46 Baufläche mit 535 m² und Nr. 855 LN mit 1722 m², beide inneliegend in EZ. 66 GB 23432 Schwarzenbach, wie in den von Architekt Dipl.-Ing. [...], im September 1991 verfassten Plandarstellungen, Plan Nr. 349/11, Blatt Mitte und Blatt Nord-Süd vorgesehen und mit §4 im Sinne der im §1 der Verordnung genannten Gesetzesbestimmungen festgelegt bzw. kenntlich gemacht wird wegen Gesetzeswidrigkeit [...]".

2. Zur Antragslegitimation wird vorgebracht, die Antragsteller seien je zur Hälfte grundbücherliche Miteigentümer der durch die bekämpfte Verordnung als "Parkplatz" kenntlich gemachten Grundstücke Nrn. 46 und 855, KG Schwarzenbach. Als Eigentümer seien sie grundsätzlich berechtigt, über diese Grundstücke, insbesondere durch Veräußerung, zu verfügen. Das Grundstück Nr. 46 sei bis zur Erlassung der bekämpften Verordnung als Baufläche gewidmet gewesen. Die Verordnung greife im Umfang der Anfechtung in die Rechtssphäre der Antragsteller ein. Der Eingriff sei unmittelbar, da die angefochtene Verordnung ein ausnahmsloses Verbot der Errichtung von Bauwerken, die nicht der widmungsgemäßen Nutzung dienten, bewirke. Die Antragsteller seien dadurch insbesondere in ihrem Recht verletzt, ihre Grundstücke nach Maßgabe der sonstigen gesetzlichen Bestimmungen zu bebauen. Diese baurechtliche Wirkung bedürfe keines weiteren Konkretisierungsaktes mehr, der Eingriff sei daher eindeutig bestimmt; die rechtlich geschützten Interessen der Antragsteller seien damit aktuell beeinträchtigt. Ein anderer zumutbarer Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit der Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, sei nicht erkennbar, da dafür lediglich ein förmliches Baubewilligungsansuchen in Betracht käme. Es könne von den Antragstellern jedoch nicht erwartet werden, allein zu diesem Zweck die für eine Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen zu lassen.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Wie die Antragsteller zutreffend ausführen, kann zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes von ihnen nicht erwartet werden, dass sie allein zum Zweck der Anfechtung der von ihnen bekämpften Verordnung der Marktgemeinde Schwarzenbach über ein örtliches Raumordnungsprogramm die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen lassen. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ebenso ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10.004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11.317/1987, 12.395/1990).

Seit Inkrafttreten der 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 (zu deren §12) besteht auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung, welches - hinsichtlich der Voraussetzungen leicht modifiziert - in die NÖ BauO 1996 (§11) übernommen wurde.

Den Antragstellern steht also im Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-11, ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit der bekämpften Verordnung der Marktgemeinde Schwarzenbach vom 23. April 1992 über ein örtliches Raumordnungsprogramm an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. zB VfSlg. 15.004/1997, 15.932/2000, 16.142/2001, 16.263/2001 ua.).

2. Der Antrag war daher schon aus diesem Grund mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen, ohne dass dabei noch auf das Vorliegen sonstiger Prozessvoraussetzungen einzugehen war.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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