VfGH V20/02

VfGHV20/027.10.2002

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung bestimmter Widmungen in einem Wiener Plandokument mangels aktueller rechtlicher Betroffenheit der Antragsteller

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Plandokument Nr 5520. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 26.06.78
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Plandokument Nr 5520. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 26.06.78

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1.1. Mit ihrem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller,

"die (Rest-)Verordnung des Wiener Gemeinderates vom 26.6.1978, PrZl 2360/78, Plandokument 5520, [...], und zwar

a) insoweit, als auf dem uns gehörigen Grundstück 8/1, inneliegend in EZ 172 des Grundbuches 01506 Neustift am Walde die Widmung (Bebauungsbestimmung gemäß §5 Abs4 litl WBO) öZ-Feuerwehr festgelegt wurde, in eventu

b) insoweit, als für die Liegenschaft 1190 Wien, Neustift am Walde 58, Eyblergasse 2, Rathstraße 33a die Widmungsdeterminante öZ-Feuerwehr festgelegt wurde, in eventu

c) als für den Liegenschaftsblock 1190 Wien, Rathstraße - Hauerweg - Neustift am Walde - Eyblergasse die Widmung öZ-Feuerwehr festgelegt wurde, in eventu [...]

d) das gesamte Plandokument 5520, soweit es noch in Geltung steht", sowie

"[...]die Verordnung des Wiener Stadtsenates MA 21 A-VO 19/96 , ABl 1996/28, soweit damit die Verordnung des Wiener Gemeinderates vom 26.6.1978, PrZl 2360/78, Plandokument 5520 als in Geltung stehend festgestellt wurde,"

wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.

1.2. Die Antragsteller legen den zugrunde liegenden Sachverhalt folgendermaßen dar:

Mit Gemeinderatsbeschluss vom 14. Dezember 2001, Plandokument Nr. 7291 sei der vorher für das betreffende Gebiet geltende Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Nr. 5520 mit Ausnahme einer verhältnismäßig kleinen, näher umschriebenen Fläche, innerhalb welcher sich auch die Liegenschaft der Antragsteller befinde, außer Kraft gesetzt und ein neuer Flächenwidmungs- und Bebauungsplan erlassen worden. Das genannte Plandokument Nr. 5520 besitze daher für die Antragsteller nach wie vor Gültigkeit. Mit diesem sei (im Jahr 1978) für den nördlich, an der Rathstraße gelegenen Teil ihrer Liegenschaft die Widmung "öZ-Feuerwehr" festgelegt worden. Der bebaubare Teil (der Rest sei gärtnerisch zu gestalten und mit der Festlegung "G" versehen) trage neben der öZ-Widmung die weitere Festlegung "Wohngebiet, Bauklasse I, geschlossen, mit einer Beschränkung auf 7,5 m" und sei rund 480 m² groß. Die gesamte Liegenschaft liege darüber hinaus in einer Schutzzone.

Die Magistratsabteilung 68 habe den Antragstellern mit Schreiben vom 27. November 1997 mitgeteilt, dass eine Erweiterung der Feuerwache Neustift nicht vorgesehen und auch für die weitere Zukunft auszuschließen sei. Die öZ-Widmung über das Nachbargrundstück sei daher nicht mehr erforderlich.

Die Antragsteller hätten daraufhin bei der Magistratsabteilung 21 A um Entfall der öZ-Widmung angesucht, welche dazu am 10. April 1998 mitgeteilt habe, dass eine Berücksichtigung des Anliegens im Zuge der nächsten Gebietsbearbeitung erfolgen werde. Seither sei im Hinblick auf die Liegenschaft jedoch nichts geschehen.

1.3. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller aus, sie seien grundbücherliche Eigentümer der EZ 172, GB 01506 Neustift am Walde. Sie seien gerade im Begriff, den südlichen, nicht mit einer öZ-Widmung belasteten Teil der Liegenschaft zu bebauen. Ein Abwarten bis 31. August 2006 (nach diesem Zeitpunkt trete das Plandokument Nr. 5520, soweit es noch in Geltung stehe, ex lege außer Kraft) erscheine weder rechtlich noch wirtschaftlich zumutbar. Auch eine Ausnahme nach §69 der Bauordnung für Wien erscheine nicht möglich, da eine Neubebauung einerseits keine unwesentliche Bauführung darstelle und andererseits eine solche Ausnahme nur gemäß Abs1 lith denkbar wäre, was aber nur bei Umbauten, Zubauten und Errichtung von Nebengebäuden denkmöglich sei. Das Ergebnis sei die Nichtverwertbarkeit der Liegenschaft für die nächsten Jahre, obwohl seitens der Stadt Wien kein Bedarf mehr für den gewidmeten öffentlichen Zweck bestehe.

Das angefochtene Plandokument greife unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der Antragsteller ein, ohne dass eine gerichtliche Entscheidung oder ein Bescheid für sie wirksam geworden sei. Ein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung stehe ihnen nicht zur Verfügung, wozu komme, dass sie zwecks anderer Bekämpfung dieses Eingriffs in ihre Rechte erst Baupläne anfertigen und ein Bauansuchen abweisen lassen müssten, um die Sache im Instanzenzug an den Verfassungsgerichtshof herantragen zu können.

2. Der Gemeinderat der Stadt Wien legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle die Anträge auf Aufhebung des Plandokuments Nr. 5560 (gemeint wohl: 5520) sowie der Verordnung des Wiener Stadtsenates MA 21 A-VO 19/96 , Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1996, zurückweisen, in eventu aussprechen, dass das Plandokument Nr. 5520 sowie die Verordnung des Wiener Stadtsenates MA 21 A-VO 19/96 , Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1996, im angefochtenen Umfang nicht gesetzwidrig sind.

3. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie sich der Äußerung des Wiener Gemeinderates vollinhaltlich anschließt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle die Anträge auf Aufhebung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes Plandokument Nr. 5520 sowie der Verordnung des Wiener Stadtsenates MA 21 A-VO 19/96 , Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1996, zurückweisen, in eventu aussprechen, dass der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 5520 sowie die Verordnung des Wiener Stadtsenates MA 21 A-VO 19/96 , Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1996, im angefochtenen Umfang nicht gesetzwidrig sind.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit des Antrags:

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (zB VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 8974/1980, 10.353/1985, 11.730/1988, VfGH vom 14. März 2001, V84/00).

1.2. Beurteilt man das Vorbringen der Antragsteller im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so muss man zu dem Ergebnis kommen, dass die Antragsteller eine aktuelle Betroffenheit durch den von ihnen angefochtenen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 5520 sowie durch die angefochtene Verordnung des Wiener Stadtsenates MA 21 A-VO 19/96 nicht darzutun vermochten.

Das bloße Vorbringen, sie seien gerade im Begriff, den südlichen, nicht mit einer Auszeichnung als Grundfläche für öffentliche Zwecke versehenen Teil ihrer Liegenschaft zu bebauen, ist jedenfalls nicht geeignet, einen nachteiligen, unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller durch die von ihnen bekämpften Rechtsnormen zu behaupten. Eine Bauabsicht - wobei der bloße Hinweis auf eine Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit noch keine aktuelle Betroffenheit dartun würde (VfSlg. 11.128/1986), sondern konkrete Bauabsichten dargetan werden müssten (VfSlg. 15.144/1998) - auf dem als Grundfläche für öffentliche Zwecke ausgewiesenen Grundstücksteil wird aber andererseits nicht bekundet. Die Antragsteller vermögen daher mit diesem Vorbringen einen aktuellen Eingriff in ihre Rechtssphäre nicht zu behaupten. Dazu kommt noch, dass sie auch im Fall einer bereits in ein konkretes Stadium getretenen Bauabsicht auf dem betreffenden, nördlichen Grundstücksteil zur Begründung ihrer Antragslegitimation darzulegen hätten, in welcher Weise die Festlegung als Grundfläche für öffentliche Zwecke auf dem - als Wohngebiet gewidmeten - Grundstücksteil an der Rathstraße unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingreift.

Wenn die Antragsteller weiters vorbringen, das Ergebnis der von ihnen bekämpften Festlegung sei eine "Nichtverwertbarkeit" der Liegenschaft für die nächsten Jahre, so lässt die von ihnen verwendete Ausdrucksweise darauf schließen, dass sie damit auch auf eine etwaige Wertminderung ihres Grundstückes durch die teilweise Auszeichnung als Grundfläche für öffentliche Zwecke verweisen. Damit machen sie aber keine rechtliche Betroffenheit, sondern nur ihre wirtschaftlichen Interessen geltend (vgl. etwa VfSlg. 9876/1983, 11.128/1986, 15.144/1998).

1.3. Der Verordnungsprüfungsantrag war somit schon aus diesen Erwägungen wegen Fehlens der Antragsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass dabei noch auf die Frage der eindeutigen Abgrenzung der von den Antragstellern bekämpften Auszeichnung als Grundfläche für öffentliche Zwecke (der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 5520 enthält weder Grundstücksnummern noch eine Hausnummernbezeichnung Rathstraße 33a) einzugehen war.

2. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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