VfGH G66/00

VfGHG66/0010.10.2001

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer die Programmentgelte betreffenden Bestimmung des Rundfunkgesetzes mangels direkter rechtlicher Betroffenheit des Antragstellers

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
RundfunkG §20 Abs3
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
RundfunkG §20 Abs3

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten (Individual-)Antrag begehrt der Einschreiter mit näherer Begründung, der Verfassungsgerichtshof wolle die Bestimmung des §20 Abs3 des Bundesgesetzes über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (Rundfunkgesetz - RFG), BGBl. 1984/379 idF BGBl. I 1999/159, als verfassungswidrig aufheben und dem Antragsteller den Ersatz der Kosten dieses Antrages zuerkennen.

2. §20 RFG lautet wie folgt (der angefochtene Absatz ist hervorgehoben):

"Programmentgelt

§20. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird vom Kuratorium festgesetzt, wobei dafür zu sorgen ist, daß unter Zugrundelegung einer sparsamen Verwaltung die gesetzmäßigen Aufgaben des Rundfunks kostendeckend erfüllt werden können; hiebei ist auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bedacht zu nehmen.

(2) Der Beschluß, mit dem die Höhe des Programmentgelts festgesetzt wird, bedarf der Genehmigung der Hörer- und Sehervertretung. Wird innerhalb von sechs Monaten nach der Beschlußfassung im Kuratorium von der Hörer- und Sehervertretung kein Einspruch erhoben, so gilt die Genehmigung als erteilt. Wird jedoch innerhalb dieser Frist von der Hörer- und Sehervertretung die Genehmigung ausdrücklich versagt, so wird der Beschluß des Kuratoriums nur dann wirksam, wenn es einen Beharrungsbeschluß faßt.

(3) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgelts sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften. Der durch solche Befreiungen dem Österreichischen Rundfunk nachweislich entstehende Entfall des Programmentgelts ist ihm nach Ablauf jedes Kalenderjahres vom Bund abzugelten; die Abgeltung erfolgt erstmals für das Kalenderjahr 2001 im Ausmaß von 25% des Entfalls an Programmentgelt; dieser Prozentsatz erhöht sich für das Kalenderjahr 2002 auf 50, für das Kalenderjahr 2003 auf 75, und beträgt in der Folge 100% des Entfalls an Programmentgelt. Der Österreichische Rundfunk hat diese Abgeltung als Mittel im Sinne des §2c für die Beauftragung von Herstellern europäischer Werke, die von Fernsehveranstaltern unabhängig sind, zusätzlich zu verwenden; darüber ist dem Kuratorium jährlich zu berichten.

(4) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.

(5) Rückständige Programmentgelte können zugunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden.

(6) Das Tarifwerk des Werbefunks sowie die Höhe der Programmentgelte sind im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' bekanntzumachen."

3. Zur Frage der Antragslegitimation führt der Antragsteller - zusammengefasst - Folgendes aus:

An seinem Wohnsitz sei ein Empfang der Programme des Österreichischen Rundfunks aus technischen Gründen nicht möglich. Um trotzdem fernsehen zu können, habe er ein Satellitenempfangsgerät installiert; mangels Ausstrahlung über Satellit seien die Programme des ORF aber auch auf diesem Wege für ihn nicht zu empfangen.

Nach den Bestimmungen des Rundfunkgebührengesetzes (im Folgenden: RGG) habe er als Betreiber dieser Rundfunkempfangseinrichtung Rundfunkgebühren zu entrichten. Auf Grund der angefochtenen Bestimmung des §20 Abs3 RFG habe er überdies Programmentgelt für die Sendungen des ORF zu entrichten, obwohl er von deren Empfang technisch ausgeschlossen sei.

Bei der Verpflichtung zur Zahlung des Programmentgelts handle es sich nicht bloß um faktische Wirkungen der zu überprüfenden Norm oder gar um Reflexwirkungen, da der schuldbegründende Tatbestand bereits bei Empfangsbereitschaft eines Fernsehapparates erfüllt sei und die Norm nicht ausschließlich an andere Personen, sondern auch an den Antragsteller gerichtet sei.

Würde er sein Fernsehgerät nicht anmelden, um auf diese Weise die Verpflichtung zur Bezahlung des Programmentgeltes zu umgehen, so würde er sich einer Verwaltungsübertretung gemäß §7 Abs1 RGG schuldig machen und demgemäß der Gefahr eines Verwaltungsstrafverfahrens aussetzen, was ihm nicht zumutbar sei.

4. Die Bundesregierung erstattete auf Grund ihres Beschlusses vom 12. September 2000 eine Äußerung, in der sie primär begehrt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Begründend wird dazu iW ausgeführt, dass die angefochtene Norm für Fälle wie den des Antragstellers, in denen der Empfang der Sendungen des ORF aus technischen Gründen nicht möglich sei, nicht gelte; der Antragsteller sei daher gar nicht Normadressat der von ihm bekämpften Bestimmung.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschluss VfSlg. 8009/1977 - zu Art140 Abs1 letzter Satz B-VG ausführt, setzt die Antragslegitimation nicht nur voraus, dass die antragstellende Partei behauptet, die als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung habe sie unmittelbar in ihren Rechten verletzt; Art140 B-VG verlangt überdies, dass dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, dass das bekämpfte Gesetz die Rechtssphäre der einschreitenden Person berührt und - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich das angefochtene Gesetz wendet (s. dazu etwa VfSlg. 13.814/1994 mwV). Zu untersuchen ist vom Verfassungsgerichtshof hiebei lediglich, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (vgl. zB VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987, 14.477/1996).

2. Unter Zugrundelegung des eigenen Vorbringens des Antragstellers, wonach an seinem Wohnsitz - aus technischen Gründen - jeglicher Empfang der (Fernseh-)Programme des ORF unmöglich sei, wendet sich die angefochtene Bestimmung nicht

an den Antragsteller.

3. Ausgehend davon ist es aber von vornherein ausgeschlossen, dass die bekämpfte Vorschrift in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 12.330/1990, 12.751/1991, 13.814/ 1994, 14.321/1995, 14.335/1995, 15.127/1998 uva.).

4. Der Antrag war demnach schon aus diesem Grunde mangels Legitimation des Antragstellers ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen war, ob seiner meritorischen Erledigung noch andere Hindernisse entgegenstehen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

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