VfGH B2214/98

VfGHB2214/9811.10.2001

Aufhebung des Bescheides im Anlaßfall wegen Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Aufhebung der Wortfolge "das Land," in §1 Abs1 Z1 Sbg LandesvergabeG mit E v 11.10.01, G12/00 ua.

Normen

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Sbg LandesvergabeG §1 Abs1 Z1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Sbg LandesvergabeG §1 Abs1 Z1

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit S 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid des Salzburger Vergabekontrollsenates (in der Folge: VKS) vom 1. Oktober 1998, mit dem dieser festgestellt hat, daß im Vergabeverfahren zur Beschaffung zweier Ganzkörper-MR-Tomographieanlagen durch die Landesnervenklinik Salzburg, deren Rechtsträger das Land Salzburg ist, der Zuschlag an eine Bietergemeinschaft nicht wider die Bestimmungen des Salzburger Landesvergabegesetzes, LGBl. 1/1998, (künftig: SVergG) erfolgt sei, und das Begehren der antragstellenden Gesellschaft, festzustellen, daß der Zuschlag nicht ihr als Bestbieterin erteilt worden sei, abgewiesen wurde.

In der Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Verletzung in sonstigen Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt.

2. Der VKS legte die Verwaltungsakten vor, sah von der Erstattung einer Gegenschrift aber ab. Zwei mitbeteiligte Parteien haben Äußerungen erstattet, in denen sie den Beschwerdebehauptungen entgegentraten und beantragten, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat auf beide Äußerungen repliziert.

3. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 15. Dezember 1999 ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "das Land," in §1 Abs1 Z1 des Gesetzes vom 23. Oktober 1997 über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Landesvergabegesetz - LVergG), LGBl. für das Land Salzburg Nr. 1/1998, ein, da er gegen die Wortfolge jene Bedenken hegte, die ihn in den zu G44-46/99 protokollierten Verfahren bewogen haben, die gleichartige Geltungsbereichsbestimmung für Vergaben des Bundes in §11 Abs1 Z1 BVergG 1997 als verfassungswidrig aufzuheben (s. VfSlg. 15.578/1999).

Mit dem heute verkündeten Erkenntnis G12/00 ua. hob der Verfassungsgerichtshof u.a. die Wortfolge "das Land," in §1 Abs1 Z1 SVergG als verfassungswidrig auf.

II. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet:

Die Zuständigkeit des VKS zur Entscheidung über den von der beschwerdeführenden Gesellschaft gestellten Nachprüfungsantrag gründet sich auf die Wortfolge "das Land," in §1 Abs1 Z1 iVm §6 SVergG, der den VKS zur Kontrolle der diesem Gesetz unterliegenden Auftragsvergaben beruft.

Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist das für verfassungswidrig erkannte Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden.

Die belangte Behörde war somit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides offenkundig nicht zuständig. Da das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt wird, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt, verletzt der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Gesellschaft in diesem Recht.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in der Höhe von S 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- enthalten.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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