Normen
B-VG Art9a Abs3
ZivildienstG §2 Abs1
ZivildienstG §28
ZivildienstG-Nov 2000 BGBl I 28/2000
B-VG Art9a Abs3
ZivildienstG §2 Abs1
ZivildienstG §28
ZivildienstG-Nov 2000 BGBl I 28/2000
Spruch:
Der Ausdruck "und 28" in Z2, die Z3, die Z4 und der Ausdruck "25 Abs2 Z2, 28," in Z16 des Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 28/2000, waren verfassungswidrig.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1920/00 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig. Der Beschwerdeführer leistete vom 4. Oktober 1999 bis 30. September 2000 seinen ordentlichen Zivildienst. Über seinen Antrag erging ein mit 29. September 2000 datierter Bescheid des Bundesministers für Inneres, in welchem festgestellt wurde, daß die dem Einschreiter während der Leistung des ordentlichen Zivildienstes gebührende monatliche Grundvergütung ab 1. Juni 2000 ÖS 3648,-- beträgt. Das Mehrbegehren des Einschreiters auf Feststellung, inwieweit er ab 1. Juni 2000 Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung hat, wurde zurückgewiesen.
Aus Anlaß der Beratung über die genannte, gegen den eben erwähnten Bescheid gerichtete Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Ausdrucks "und 28" in Z2, der Z3, der Z4 und des Ausdrucks "25 Abs2 Z2, 28," in Z16 des Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 28/2000, (im folgenden kurz: ZDÄG bzw. Zivildienstgesetz-Novelle 2000), entstanden. Er hat daher am 28. Juni 2001 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Ausdrücke und Ziffern einzuleiten.
2. Seine Bedenken hat der Gerichtshof im Prüfungsbeschluß wie folgt dargelegt:
"III. ...
2.a) Gemäß §2 ZDG (Zivildienstgesetz) können Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes 1990, die für tauglich befunden wurden, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erklären, daß sie Zivildienst leisten wollen. Der Zivildienst ist von Verfassungs wegen als Ersatzdienst zum Wehrdienst eingerichtet (vgl. Art9a Abs3 B-VG; vgl. dazu auch VfSlg. 13.905/1994). Es handelt sich daher sowohl beim Wehr- als auch beim Zivildienst um Dienstleistungen im Sinne des Art4 Abs3 litb EMRK. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Entscheidung VfSlg. 7149/1973 dargetan, daß die Frage, '(o)b im Einzelfall die Verpflichtung zur militärischen Dienstleistung nach dem inneren Recht des Vertragsstaates gesetzmäßig erfolgte, ... nicht in den normativen Gehalt des Art4 Abs2 und 3 MRK hineinreicht' (und daher nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen ist).
Der Verfassungsgerichtshof geht vorerst im Einklang mit der Rechtsprechung der Zivilgerichte davon aus, daß der Verpflichtung des Einzelnen zur Leistung des Wehrdienstes oder Wehrersatzdienstes in Gestalt des Zivildienstes die Verpflichtung des Staates gegenübersteht, für die Dauer dieses Dienstes die Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu gewährleisten (in diesem Sinne etwa auch - in Verneinung des Wiederauflebens des Unterhaltsanspruches eines Präsenzdieners gegenüber dessen Eltern - der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 16.2.1993, 44 R 40/93, wonach 'grundsätzlich davon auszugehen (ist), daß der Staat diejenigen Personen, die er zum Wehrdienst verpflichtet, während dieser Zeit auch entsprechend versorgt').
b) Der Verfassungsgerichtshof geht weiterhin vorläufig davon aus, daß eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Gleichstellung in jeder Hinsicht von Zivildienstleistenden und Wehrdienstleistenden aus Art9a B-VG jedenfalls nicht abgeleitet werden kann. Dies hat der Verfassungsgerichtshof auch in dem - in einem Beschwerdeverfahren in einer Zivildienstsache ergangenen - Ablehnungsbeschluß vom 9. März 2000, B1883/99, mit der Erwägung verneint, daß '(d)ie unterschiedliche Höhe der Grundvergütung einerseits bzw. des Monatsgeldes plus Prämie im Grundwehrdienst andererseits ... bei einer gesamthaften Betrachtung der Belastungen der beiden Dienste abgewogen und nicht abgemessen werden (muß)'.
Aus der Zusammenschau ergibt sich, daß der einfache Gesetzgeber also grundsätzlich einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Versorgung für die Zeit der verpflichtenden Dienstleistung von Zivildienstleistenden einerseits wie auch von Wehrdienstleistenden andererseits hat, dieser Spielraum aber durch Art9a Abs3 B-VG in Verbindung mit der Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG insofern begrenzt sein dürfte, als die durch diese Normen gewährleistete Möglichkeit, bei Vorliegen näher umschriebener Gewissensgründe einen Ersatzdienst zu leisten, nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes faktisch weder vereitelt noch (erheblich) erschwert werden darf: Der Verfassungsgerichtshof neigt daher zur Meinung, daß durch einfaches Gesetz nur solche Regelungen getroffen werden können, die nicht das durch die beiden eben genannten Bestimmungen verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung - sei es auch nur faktisch - aushöhlen, indem sie etwa die Verpflichtung des Staates beseitigen, für die ausreichende Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse der Zivildienstleistenden Vorsorge zu treffen.
c) Wie bereits oben (...) dargestellt, wurde mit dem ZDÄG das Versorgungssystem der Zivildienstleistenden im Ergebnis dahingehend verändert, daß bei gleichzeitigem Entfall des Anspruches auf Verpflegung die Grundvergütung von ÖS 2.358,-- auf ÖS 3.648,-- angehoben wurde.
d) Es ist davon auszugehen, daß es dem einfachen Gesetzgeber grundsätzlich freisteht, der Erfüllung der oben (lita und b) angesprochenen Pflicht des Staates zur Gewährleistung der Versorgung der Zivildienstleistenden dadurch zu entsprechen, daß er entweder - etwa in Form einer ausreichend hohen Grundvergütung - die Abdeckung sämtlicher Grundbedürfnisse in finanzieller Weise vorsieht, oder aber, indem er bei entsprechend geringerer finanzieller Vergütung die Verpflegung in anderer Weise (etwa durch die Verpflichtung der Rechtsträger zur Verköstigung oder durch die Bereitstellung von Lebensmitteln) sicherstellt.
e) Der Verfassungsgerichtshof neigt vorerst der Meinung zu, daß mit dem durch das ZDÄG normierten Wegfall des Versorgungsanspruches - trotz gleichzeitiger Anhebung der Grundvergütung - die aus den oben (litb) erwähnten Verfassungsbestimmungen resultierende Verpflichtung des Staates, dem Zivildienstpflichtigen für die Dauer des Dienstes die Grundversorgung (Verpflegung und Zurverfügungstellung ausreichender Mittel zur Deckung der Alltagsbedürfnisse im Sinne der oben zitierten Entscheidung des LGZ Wien) zu gewährleisten, verletzt wurde.
Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die Erhöhung der Grundvergütung von ÖS 2358,-- auf ÖS 3648,-- (bewirkt durch die mit Z4 ZDÄG normierte Anhebung des für die Ermittlung der Grundvergütung maßgeblichen Prozentsatzes von 9,52 auf 14,73) nicht geeignet war, die durch den gänzlichen Wegfall des Anspruches auf Verpflegung und somit des gesamten bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verpflegungssystems bewirkte massive Schlechterstellung der Zivildienstleistenden in entscheidender Weise zu mildern oder gar auszugleichen:
Diese Erhöhung der Grundvergütung um ÖS 1290,-- pro Monat entsprach auf den Tag umgelegt (bei Zugrundelegung eines Monats mit 30 Tagen) einer Zunahme der Grundvergütung von
ÖS 43,-- täglich.
Auch die Überlegung, daß der rechnerische Betrag der Erhöhung der Grundvergütung um ÖS 43,-- pro Tag als Bewertungsmaßstab deshalb zu relativieren sei, da es dem Zivildiener grundsätzlich freigestanden sei zu entscheiden, welchen - allenfalls größeren - Teil der Grundvergütung er für die Verpflegung aufwendet, vermag die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vorerst nicht zu zerstreuen. Denn selbst unter der Annahme, es wäre dem Zivildienstleistenden sogar zuzumuten gewesen, seine gesamte (ihm nach Inkrafttreten des ZDÄG gebührende) Grundvergütung ausschließlich für seine Verpflegung zu verwenden, läge der rechnerisch ermittelte, zur Verfügung stehende Tagesbetrag (ÖS 122,-- gerundet) etwa 21% unter dem Niveau des bis zu diesem Zeitpunkt - für den Fall der Abgeltung des Anspruches in Verpflegsmarken - allein für die Verpflegung zur Verfügung stehenden Betrages von ÖS 155,-- (...). Dieser - durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgesetzte und überdies als Mindesthöhe normiert gewesene - Betrag von ÖS 155,-- scheint also vom Verordnungsgeber (bis zum Inkrafttreten der Rechtsänderungen aufgrund des ZDÄG) offenkundig als Untergrenze erachtet worden zu sein, um allein die tägliche Ernährung eines Zivildienstleistenden sicherzustellen.
Die absolute Höhe der Grundvergütung von ÖS 3648,--, die dem Zivildienstleistenden nach Inkrafttreten der einschlägigen Bestimmungen des ZDÄG zustand, scheint somit jedenfalls nicht einmal ausreichend gewesen zu sein, um dessen tägliche Verpflegung zu gewährleisten.
Damit dürfte aber das durch Art9a Abs3 B-VG iVm §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung verletzt worden sein, weil die Ableistung des Zivildienstes - so die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes - während der Geltung der in Rede stehenden Rechtslage faktisch (erheblich) erschwert wurde, indem der aus den genannten Verfassungsbestimmungen erfließenden Verpflichtung des Staates zur Gewährleistung der Versorgung der Zivildienstleistenden nicht entsprochen wurde.
f) Der Verfassungsgerichtshof neigt vorerst zudem der Meinung zu, daß die Beseitigung des Anspruchs auf (Natural-)Verpflegung trotz gleichzeitiger Anhebung der Grundvergütung auch mit dem Gleichheitssatz nicht im Einklang zu stehen scheint, weil durch die Neugestaltung der Rechtslage - wie im folgenden näher erläutert wird - anscheinend ein schwerwiegender, nicht durch besondere Umstände gerechtfertigter Eingriff in die Rechtsposition zumindest jener Zivildienstpflichtigen stattgefunden hat, die im Zeitpunkt der Kundmachung des ZDÄG (23. Mai 2000) bzw. des Inkrafttretens seiner einschlägigen Bestimmungen (1. Juni 2000) ihren Zivildienst bereits angetreten hatten, oder bei denen der (durch Zuweisungsbescheid festgelegte) Termin ihres Dienstantritts kurz bevorstand, deren Zuweisungstermin also Oktober 1999, Februar 2000 oder Juni 2000 war.
Wie der Gerichtshof in seiner bisherigen Judikatur zum Vertrauensschutz dargelegt hat (vgl. VfSlg. 11.309/1987, 11.665/1988, 14.846/1997, 14.960/1997, 15.269/1998; VfGH 3.3. 2000, G172/99; VfGH 27.9.2000, G59-62/00), ist eine Regelung dann verfassungswidrig, wenn sie einen schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriff in erworbene Rechtspositionen vornimmt, auf deren Bestand der Rechtsunterworfene berechtigterweise vertrauen durfte. Dabei ist auch zu prüfen, ob besondere - im öffentlichen Interesse gelegene - Umstände vorliegen, die einen solchen Eingriff rechtfertigen könnten.
Im Anlaßfall war der Zeitpunkt des Dienstantritts des Beschwerdeführers - laut Zuweisungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Mai 1999 - der 4. Oktober 1999 und Termin für das Dienstende der 30. September 2000.
Der Beschwerdeführer konnte daher - so die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes - davon ausgehen, daß ihm während der Dauer des Zivildienstes entweder (Natural-)Verpflegung in einer jener Formen gewährt würde, die §25 Abs2 Z2 iVm §28 ZDG idF vor dem ZDÄG bzw. die Verpflegungsverordnung vorgesehen hatten, oder jedenfalls aber sichergestellt sei, daß faktisch keine massive Schmälerung des 'Versorgungsniveaus' während der Dauer des Zivildienstes eintreten werde.
Die Neuregelung durch das ZDÄG scheint jedoch eben eine solche massive Schmälerung - wie auch schon unter lite detailliert dargetan - bewirkt zu haben. Hinzu tritt folgendes Bedenken:
Stellt man die Rechtslage vor und nach dem Inkrafttreten der Bestimmungen des ZDÄG gegenüber und legt man hiebei bezüglich der früheren Rechtslage die Abgeltung des Verpflegungsanspruches in der Form der Ausfolgung von Verpflegsmarken zugrunde, so scheint sich rechnerisch nahezu eine Halbierung des Versorgungsniveaus zu ergeben:
Die Summe aus monatlicher Grundvergütung 'alt' (ÖS 2358,--) und dem Wert der Verpflegsmarken (ÖS 4650,--) belief sich auf etwa ÖS 7000,--; dem stand eine Grundvergütung 'neu' von ÖS 3648,-- gegenüber; das ist eine Reduktion um 47,9 %.
Im Erkenntnis vom 27. September 2000, G59-62/00, hat der Verfassungsgerichtshof in Zusammenhang mit der Streichung der Sonderzahlungen für bereits in Gerichtspraxis stehende Rechtspraktikanten ausgesprochen, daß 'eine Bezugskürzung von maximal etwas über 14% relativ gesehen zu dem als vergleichsweise niedrig einzustufenden Einkommen der Rechtspraktikanten einen schwerwiegenden ... Eingriff dar(stellt)'.
Daß es sich somit auch im vorliegenden Fall bei der durch das ZDÄG bewirkten Schmälerung des Versorgungsniveaus um einen massiven Eingriff handeln dürfte, scheint in Anbetracht der zuvor dargestellten Zahlen auf der Hand zu liegen.
g) Der Verfassungsgerichtshof kann vorerst auch nicht erkennen, durch welche besonderen, im öffentlichen Interesse gelegenen Umstände ein derartiger massiver Eingriff gerechtfertigt sein könnte.
Der Verfassungsgerichtshof hat angesichts des Inhalts des ZDÄG und der Intensität der Auswirkungen auf die Zivildienstleistenden vorerst den Eindruck, daß damit die möglicherweise unerläßlichen Einsparungen (auch) im Bereich des Zivildienstes nahezu ausnahmslos zu Lasten der Zivildienstleistenden gingen. Die Sachlichkeit eines derart massiven Eingriffs in die bestehende Rechtsposition einer ohnehin wirtschaftlich schwachen Personengruppe vermag der Verfassungsgerichtshof vorerst nicht zu erkennen.
Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher veranlaßt, die Verfassungsmäßigkeit des Ausdrucks 'und 28' in Z2, der Z3, der Z4 und des Ausdrucks '25 Abs2 Z2, 28,' in Z16 des ZDÄG von Amts wegen zu prüfen."
3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen wie folgt verteidigt:
"Zu den vorgebrachten Bedenken:
1. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art9a Abs3
iVm §2 Abs1 ZDG:
a) Gemäß §2 des Zivildienstgesetzes (ZDG), BGBl. 1986/679, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 31/2001, können Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes, die für tauglich befunden werden, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erklären, dass sie Zivildienst leisten wollen (vgl. auch Art9a Abs3 B-VG). Der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Beschluss in der Folge - auch unter Hinweis auf den Ablehnungsbeschluss vom 9. März 2000, B1883/1999 - vorerst davon aus, dass eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Gleichstellung in jeder Hinsicht von Zivildienstleistenden und Wehrdienstleistenden aus Art9a B-VG jedenfalls nicht abgeleitet werden kann.
In dem erwähnten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof dies mit der Erwägung verbunden, dass 'die unterschiedliche Höhe der Grundvergütung einerseits bzw. des Monatsgeldes plus Prämie im Grundwehrdienst andererseits - bei einer gesamthaften Betrachtung der Belastungen der beiden Dienste abgewogen und nicht abgemessen werden (muss)'.
Der einfache Gesetzgeber habe zwar grundsätzlich einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Versorgung für die Zeit der verpflichtenden Dienstleistung von Zivildienstleistenden einerseits wie auch von Wehrdienstleistenden andererseits, dieser Spielraum sei aber durch Art9a Abs3 B-VG iVm §2 Abs1 ZDG insofern begrenzt, als die durch diese Normen gewährleistete Möglichkeit, bei Vorliegen näher umschriebener Gewissensgründe einen Ersatzdienst zu leisten, nach der (vorläufigen) Annahme des Verfassungsgerichtshofes faktisch weder vereitelt noch (erheblich) erschwert werden dürfte. Durch die in Rede stehenden Regelungen werde jedoch die Ableistung des Zivildienstes faktisch (erheblich) erschwert.
Der Verfassungsgerichtshof stützt seine Argumentation wesentlich auf die Annahme, dass Art9a Abs3 B-VG iVm §2 Abs1 ZDG verletzt werde, weil der Verpflichtung des Staates zur Gewährleistung der Versorgung der Zivildienstleistenden nicht entsprochen wurde. Dieser Annahme liegt die (vorläufige) Einschätzung des Verfassungsgerichtshofes zugrunde, dass der Verpflichtung des Einzelnen zur Leistung des Wehrdienstes oder Wehrersatzdienstes in Gestalt des Zivildienstes die Verpflichtung des Staates gegenübersteht, für die Dauer dieses Dienstes die Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu gewährleisten.
In der Folge soll gezeigt werden, dass nach Auffassung der Bundesregierung den im vorliegenden Fall maßgeblichen Verfassungsbestimmungen nicht der vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommene weite Inhalt zukommt; dies gilt insbesondere für die Annahme, dass der Verpflichtung des Einzelnen zur Leistung des Wehrdienstes oder Wehrersatzdienstes in Gestalt des Zivildienstes die Verpflichtung des Staates gegenübersteht, für die Dauer dieses Dienstes die Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu gewährleisten. Im übrigen ist auszuführen, dass keine Verletzung der in Rede stehenden Verfassungsbestimmungen vorliegt:
Nach Ansicht der Bundesregierung lässt sich eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates auf Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Zivildieners (wie des Wehrdieners) aus Art9a Abs3 B-VG nicht ableiten. Diese Bestimmung enthält nämlich einerseits einen Ausgestaltungsvorbehalt durch den Gesetzgeber, sodass die Ausgestaltung des Zivildienstverhältnisses dem einfachen Gesetzgeber obliegt, andererseits bietet der Wortlaut keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer solchen Verpflichtung.
Verboten ist dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen lediglich, den Zivildienst im Verhältnis zum Wehrdienst insoweit schlechter zu stellen, als dadurch das Grundrecht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen faktisch vereitelt oder (erheblich) erschwert wird.
Aus den gleichen Erwägungen kann nach Ansicht der Bundesregierung nicht behauptet werden, ein Anspruch auf Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse sei vom Staat unmittelbar einzulösen; vielmehr erscheint es schon auf Grund des Gesetzesvorbehaltes verfassungsrechtlich zulässig, für die Versorgung der Zivildiener auch dadurch zu sorgen, dass (gesetzlich oder vertraglich, indem nur an entsprechende Trägerorganisationen Zivildiener zugeteilt würden) die Trägerorganisationen den notwendigen Unterhalt zu leisten haben.
In diesem Zusammenhang darf auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 7817/1976 verwiesen werden. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Wehrdienst eine verfassungsgesetzlich verankerte allgemeine Bürgerpflicht ist. Weiters hat er festgehalten, dass es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Überlegungen - von Exzessen abgesehen - freisteht, zu bestimmen, ob und in welchem Ausmaß er eine Entschädigung für den durch die Leistung des Wehrdienstes (gleichgültig, ob es sich um den Grundwehrdienst oder um darüber hinaus gehende Dienste handelt) entgangenen Verdienst vorsieht.
Wenngleich dieses Erkenntnis den Wehrdienst betrifft und der Verfassungsgerichtshof in diesem Fall nicht die Höhe des Monatsgeldes für Wehrpflichtige zu prüfen hatte, kann die in diesem Erkenntnis zum Ausdruck kommende Wertung auch auf den Fall der Grundvergütung für die Zivildiener übertragen werden: Demnach stünde es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Überlegungen frei, das Ausmaß der Grundvergütung zu bestimmen. Dem Gesetzgeber ist dabei lediglich eine Regelung versagt, die einen Exzess darstellt bzw. den Wehrersatzdienst überhaupt erschwert.
Die vorliegende Regelung der Grundvergütung stellt - im Lichte der unten näher dargestellten Ausführungen zur Verpflegungssituation der betroffenen Zivildienstleistenden - nach Auffassung der Bundesregierung keinen derartigen Exzess dar, der die Verfassungswidrigkeit der getroffenen Regelung nach sich ziehen würde. Der Gesetzgeber ist vielmehr innerhalb des ihm von der Verfassung eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes geblieben.
c) Der Annahme des Verfassungsgerichtshofes, im vorliegenden Fall würde den Zivildienstleistenden die Ableistung faktisch (erheblich) erschwert werden, ist folgendes entgegenzuhalten:
Im gegebenen Zusammenhang ist insbesondere der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Unterbrechungsbeschluss zitierte Beschluss B1883/99 vom 9. März 2000 von Bedeutung. Diesem Erkenntnis lag die Beschwerde eines Zivildienstpflichtigen zugrunde, in der dieser die Erhöhung der Besoldung für Präsenzdiener im Vergleich zur Pauschalvergütung für Zivildiener als gleichheitswidrig erachtete. Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass Unterschiede - in diesem Fall in der Besoldung bzw. Grundvergütung - in einer gesamthaften Betrachtung der Belastung der beiden Dienste abgewogen und nicht abgemessen werden müssen.
Der Verfassungsgerichtshof hat somit die Regelungen für Zivil- und Wehrdienstleistende einem Vergleich unterzogen, einander gegenübergestellt und festgestellt, dass durch die unterschiedliche Bezahlung die durch Art9a B-VG eröffnete Möglichkeit faktisch weder vereitelt noch erschwert wird. Daraus lässt sich klar ableiten, dass es verfassungsrechtlich geboten ist, dass die Möglichkeit, Zivildienst zu leisten, weder vereitelt noch erschwert werden darf.
Es ist festzuhalten, dass die Aufgaben des Bundesheeres und jene des Zivildienstes ebenso völlig unterschiedlich sind wie die zu erbringenden Leistungen und Tätigkeiten von Präsenz- und Zivildienern. Wenngleich die Belastungen ähnlich sein sollen (§3 Abs1 ZDG), so sind die einzelnen Elemente, die die beiden Dienste prägen, doch völlig unterschiedlich. Sie sind im Sinne der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes nur in ihrer Gesamtheit einem Vergleich zugänglich, und es kann keine isolierte Betrachtung einzelner Bestimmungen erfolgen. Insgesamt lassen sich eine Reihe von Faktoren auflisten, die Zivildiener im Verhältnis zu Präsenzdienern begünstigen:
* So ist der Präsenzdiener der Kasernierung unterworfen, während der Zivildiener in der Regel zu Hause nächtigen kann. Mit der Kasernierung ist eine weitgehende Beschränkung der persönlichen Freiheit verbunden, der Ausgang aus der Kaserne unterliegt ebenfalls zeitlichen Beschränkungen.
* Überdies richtet sich die Dienstzeit des Zivildieners nach jener der Personen, die bei der Einrichtung, in der er Zivildienst versieht, beschäftigt sind (§23 Abs1). Dies ist dem Präsenzdiener schon aus der Natur des Wehrdienstes heraus nicht möglich.
* Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der Präsenzdiener zu mitunter stark belastenden Diensten außerhalb des Heimat- und auch Kasernenortes, wie etwa zur Grenzdienstleistung herangezogen werden kann. Demgegenüber hat der Zivildiener so eingesetzt zu werden, dass er innerhalb von einer Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln seinen Wohnort erreichen kann.
* Präsenzdiener sind verpflichtet, Uniform zu tragen, während Zivildiener in der Regel selbst ihre Kleidung wählen können, sofern nicht Besonderheiten des Dienstes besondere Kleidung verlangen.
* Während Präsenzdiener den Anforderungen militärischer Disziplin unterworfen sind, bewegen sich Zivildiener in einer alltäglichen Arbeitswelt.
* Damit steht in Zusammenhang, dass Präsenzdiener der Heeresdisziplinargewalt und dem Militärstrafgesetz unterliegen, was bei Zivildienern nicht der Fall ist.
* Zivildienstleistende sind von der Kranken- und Ambulanzgebühr sowie von der Rezeptgebühr befreit.
* Zivildienstleistende haben freie (Kassen)arztwahl
* Während für Präsenzdiener der Ausgang und das Verlassen des Garnisonsortes der besonderen Genehmigung bedürfen, bedürfen Zivildiener keiner Genehmigung, um sich frei bewegen zu können.
Die gesetzlichen Bestimmungen über den Zivildienst waren seit seiner Einführung im Jahre 1974 einem häufigen Wandel unterworfen. Insbesondere betrafen gesetzliche Änderungen stets die Dauer und den Zugang zum Zivildienst, und waren diese Fragen
Gegenstand kontroversieller politischer Diskussion. Durch die ZDG-Novelle BGBl. Nr. 675/1991 kam es schließlich zu einem Abgehen vom Erfordernis der Glaubhaftmachung der Gewissensgründe des Zivildienstpflichtigen gegenüber der Zivildienstkommission und der Zugang zum Zivildienst wurde wesentlich vereinfacht. Im Gegenzug wurde die Dauer des Zivildienstes verlängert. Mit der Novelle BGBl. Nr. 788/1996 wurde die Gewissensprüfung endgültig abgeschafft und erhielt §2 ZDG seine derzeitige Fassung.
Die nunmehr in Prüfung stehende Novelle zum ZDG stellte ein Rettungsprogramm für den Zivildienst in Österreich für das Jahr 2000 dar, das durch die zu Jahresbeginn vorgefundene außerordentlich prekäre budgetäre Situation notwendig geworden war. Ohne die Realisierung eingreifender Maßnahmen hätte zu den Terminen 1. Juni und 1. Oktober 2000 gar keine Zuweisung von Zivildienstpflichtigen zur Leistung des Zivildienstes erfolgen können. Dadurch wäre es jedoch zu einer erheblichen Verlängerung der Dauer des Zuwartens auf eine Zuteilung und mithin zu Nachteilen für Zivildienstpflichtige gekommen, die tief in deren Lebensplanung eingegriffen und deshalb wesentlich schwerer gewogen hätten, als die - nicht zu leugnenden - Belastungen aus den in Beschwerde gezogenen Regelungen der ZDG-Novelle 2000. Zivildienstpflichtige, die geraume Zeit auf eine Zuweisung zum Zivildienst warten müssen, haben dadurch entscheidende Nachteile zu tragen, beispielsweise bei der Arbeitsaufnahme, weil die erfolgte Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes häufig eine Aufnahmevoraussetzung ist.
Die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf Art9a Abs3 B-VG und des §2 Abs1 ZDG werden damit begründet, dass die mit 3648 S bestimmte Grundvergütung nicht geeignet sei, die durch den Wegfall des Anspruchs auf Verpflegung bewirkte 'massive Schlechterstellung' der Zivildienstleistenden in entscheidender Weise zu mildern oder auszugleichen. Dazu ist zu sagen, dass nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 28/2000 Zivildiener Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung hatten, sie aber auch grundsätzlich verpflichtet waren, an dieser (Natural-)Verpflegung, für die der Rechtsträger zu sorgen hatte, teilzunehmen (§28 Abs1 ZDG). Davon zu unterscheiden sind die vom Verfassungsgerichtshof erwähnten 155 S als 'zur Verpflegung zur Verfügung stehender Betrag'. Es kann allerdings nicht gesagt werden, dass dieser Betrag tatsächlich in voller Höhe allen Zivildienstleistenden zur Verfügung stand, vielmehr handelte es sich um den Maximalbetrag, bis zu dem das Bundesministerium für Inneres den Einrichtungen Kosten rückerstattete. Der Zivildiener wurde - wie ausgeführt - grundsätzlich in natura verpflegt, und konnte diesen Betrag maximal für Tage der Abwesenheit vom Zivildienst erhalten.
Faktisch stellt sich die Lage wie folgt dar: Was die Verpflegungssituation der von Juni bis Dezember 2000 Zivildienstleistenden betrifft, ist zu sagen, dass zum einen mit verschiedenen Rechtsträgern von Einrichtungen Vereinbarungen geschlossen werden konnten, in denen sich die Rechtsträger - unter verschiedenen Voraussetzungen - verpflichten, täglich Verpflegung für Zivildienstleistende zur Verfügung zu stellen. Andererseits leisteten Einrichtungen freiwillige Zuschüsse an die Zivildienstleistenden oder trafen individuelle Härteausgleichsregelungen. Letztendlich ist auch zu erwähnen, dass mehrere Trägerorganisationen Gratisverpflegung leisteten. Zieht man auch noch in Betracht, dass nicht wenige Zivildienstleistende aufgrund der Möglichkeit, bei ihren Eltern zu wohnen auch von diesen verpflegt wurden, so kann in einer Gesamtbetrachtung nicht von einem erheblichen Absinken des Standards der Lebensführung gesprochen werden (siehe unten):
Das Bundesministerium für Inneres hat im Hinblick auf die ab 1. Juni 2000 bestehende Rechtslage die Verpflegungssituation für Zivildienstleistende im Mai 2000 in einer Umfrage unter allen (ca. 600) Rechtsträgern erhoben.
Diese Umfrage brachte im wesentlichen folgendes Ergebnis:
Vorbehaltlich der Vollständigkeit der rückgemittelten Fragebogen kann davon ausgegangen werden, dass Zivildienstleistende in folgenden Einrichtungen kostenlos oder zu einem Betrag von maximal 43 S verpflegt wurden: 17 Einrichtungen verpflegten kostenlos, bei 135 Einrichtungen betrugen die Verpflegungskosten nicht mehr als 43 S für Frühstück, Mittagessen und Abendessen. In insgesamt 105 Einrichtungen wurde selbst verpflegt, wobei ein Frühstück nicht über 15 S, ein Mittagessen nicht über 31 S und ein Abendessen nicht über 19 S betrug. Dazu kommt noch, dass im Bereich des Rettungswesens eingesetzte Zivildiener (insgesamt ca. 42 - 43% aller Zivildienstleistenden) einen monatlichen Zuschuss von 400 S ab 1. Juni 2000 erhielten.
Die gesetzliche Regelung kennt nur eine Grundvergütung, aus welcher der Zivildienstleistende neben anderen Kosten auch seine Verpflegung zu bestreiten hat, wenn ihm diese nicht von dritter Seite gewährt wird. Die betragliche Höhe von 43 S pro Tag für Verpflegungskosten ergibt sich nur dann, wenn man davon ausgeht, dass der Gesetzgeber von einer Reduzierung jener - überkommenen - Bestandteile der Grundvergütung, die zur Deckung anderer Lebenshaltungskosten dienen, Abstand genommen hat, wofür es jedoch in der gesetzlichen Regelung keinen Anhaltspunkt gibt. Mithin steht nicht die Angemessenheit der Erhöhung der Grundvergütung, sondern nur die mit der Novelle festgesetzte Gesamthöhe in Frage. Welcher Teil dieser Vergütung vom Zivildienstpflichtigen allenfalls für Verpflegung aufgewendet wird, ist von diesem zu entscheiden. Dem Zivildienstleistenden steht es frei, in welchem Verhältnis er diese Grundvergütung für die Verpflegung oder für sonstige Aufwendungen und Lebenshaltungskosten verwendet, wobei zu sagen ist, dass für Wohnbedürfnisse und Fahrkostenvergütung gesondert vorgesorgt ist.
Die durch die gegenständliche Gesetzesnovelle ermöglichten Maßnahmen sollten eine möglichst gerechte Verteilung der damit verbundenen Belastungen zwischen Zivildienstpflichtigen und Einrichtungen herstellen. Auf diese Maßnahmen trifft in besonderem Maße der Umstand zu, dass die unerlässlichen Einsparungen im Bereich des Zivildienstes aus budgetären Gründen die ausgewogene Balance und gerechte Lastenverteilung unberührt ließ.
Die in §8 Abs1 ZDG in der Fassung der gegenständlichen Novelle normierte Möglichkeit für den Bundesminister für Inneres, bevorzugt zu Einrichtungen des Rettungswesens, der Sozial- und Behindertenhilfe und der Katastrophenhilfe zuweisen zu können, gewährleistet zum einen die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes mit Zivildienstpflichtigen, und stellt andererseits keine einseitige Belastung dar. Der Entfall des Grundlehrganges durch das Bundesministerium für Inneres stellt zweifellos für die Einrichtungen eine große Belastung dar, weil die für den Dienst erforderliche Ausbildung nunmehr von ihnen zu leisten ist.
Nach Auffassung der Bundesregierung trifft es daher nicht zu, von einer einseitigen Auferlegung der mit den Einsparungen verbundenen Lasten zu sprechen.
Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass nach Auffassung der Bundesregierung durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen die Ableistung des Zivildienstes faktisch nicht erschwert wurde, sodass keine Verletzung von Art9a Abs3 B-VG iVm §2 Abs1 ZDG anzunehmen ist.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:
Der Verfassungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass die Beseitigung des Anspruchs auf (Natural-)Verpflegung trotz gleichzeitiger Anhebung der Grundvergütung auch mit dem Gleichheitssatz nicht im Einklang zu stehen scheint, weil durch die Neugestaltung der Rechtslage - wie im folgenden näher erläutert wird - anscheinend ein schwerwiegender, nicht durch besondere Umstände gerechtfertigter Eingriff in die Rechtsposition zumindest jener Zivildienstpflichtigen stattgefunden hat, die im Zeitpunkt der Kundmachung des ZDÄG (23. Mai 2000) bzw. des Inkrafttretens seiner einschlägigen Bestimmungen (l. Juni 2000) ihren Zivildienst bereits angetreten hatten, oder bei denen der (durch Zuweisungsbescheid festgelegte) Termin ihres Dienstantritts kurz bevorstand, deren Zuweisungstermin also Oktober 1999, Februar 2000 oder Juni 2000 war.
Dazu ist nach Auffassung der Bundesregierung Folgendes auszuführen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, eingeräumte Rechte zu ändern; es fällt in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern, sofern diese nur sachlich begründet ist. Der Eingriff muss also dem Gleichheitssatz entsprechen (VfSlg. 11.665/1988). Der Gesetzgeber kann dabei von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen, wobei im Einzelfall entstehende besondere Härten eine am Durchschnitt orientierte Regelung nicht unsachlich machen (vgl. etwa VfSlg. 3568/1959, 7891/1976, 8767/1980, 8942/1980, u.a.).
Den Erkenntnissen VfSlg. 11.665/1988 sowie VfSlg. 11.309/1987 zufolge lag die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen, die in diesen Fällen angefochten wurden, darin, dass durch die Neuregelungen - im ersten Fall die Einführung von Ruhensbestimmungen für Beamte, im zweiten Fall die Neuregelung von Ruhebezügen für Politiker nach dem Statut für die Stadt Graz - Personen, die ihr Amt bzw. ihre Funktion langjährig im Vertrauen auf eine bestimmte Höhe der Pension ausgeübt haben und sich nicht auf eine zukünftige Kürzung einstellen konnten, plötzlich einem strengen Kürzungssystem unterworfen waren; diese wurden dadurch solchen Beamten bzw. Politikern gleichgestellt, die überhaupt schon im Voraus oder zumindest während eines nicht unbeträchtlichen Zeitraumes ihrer Amtstätigkeit Kenntnis von einer allfälligen späteren Kürzung gehabt haben.
Für die Verfassungsmäßigkeit eines Eingriffes in eine bestehende, in langen Jahren erworbene, Rechtsposition hat der Verfassungsgerichtshof daher in ständiger Rechtsprechung folgende Voraussetzungen als unabdingbar angesehen:
* das mit der Maßnahme verfolgte Ziel muss sachlich gerechtfertigt sein;
* der Eingriff darf nicht plötzlich und intensiv sein;
* es darf mit dieser Maßnahme nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe getroffen werden.
Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht der Bundesregierung im vorliegenden Fall gegeben. Im Einzelnen ist dazu Folgendes auszuführen:
Zum Eingriff in eine Rechtsposition: Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 12.186/1989) können gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitssatz in Konflikt geraten, 'weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasten. Dies kann bei schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriffen in erworbene Rechtspositionen, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte, zur Gleichheitswidrigkeit des belastenden Eingriffes führen.'
Ein solcher Eingriff liegt insbesondere dann vor, 'wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen (etwa indem sie sich als notwendig erweisen, um andere Gleichheitswidrigkeiten zu vermeiden)' (vgl. dazu VfSlg 12.241/1989, 12.322/1990, 12.416/1990, 12.485/1990, 12.890/1991, 13.461/1993, 13.655/1993, 13.675/1994 ua.).
Vor dem Hintergrund der skizzierten Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zunächst zu klären, ob die davon Betroffenen eine schutzwürdige Position erlangt haben. Bejahendenfalls ist ihr Interesse am unveränderten Fortbestand der Rechtslage mit den Gründen abzuwägen, die die Enttäuschung dieses Interesses rechtfertigen könnten. Die Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Regelung läge nämlich im Lichte der Rechtsprechung nach Ansicht der Bundesregierung nur dann vor, wenn die betroffenen Zivildienstpflichtigen eine schutzwürdige Position erlangt hätten und ihr daraus erfließendes Interesse am unveränderten Fortbestand der Rechtslage höher zu bewerten wäre als die sachlichen Gründe, die für eine Enttäuschung dieses Interesses sprechen.
Die Bedeutung der zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Rechtslage hinsichtlich der finanziellen Situation darf als Grundlage der Entscheidung eines Zivildienst- bzw. Wehrdienstpflichtigen, für welchen Dienst er sich entscheidet, nicht überschätzt werden. Hinsichtlich der entscheidenden Frage, aus welchen Motiven ein Normunterworfener von der ihm durch die Rechtsordnung eingeräumten Möglichkeit, zwischen Zivildienst und Wehrdienst zu wählen, in einer bestimmten Weise Gebrauch macht, wird dem finanziellen Aspekt eine eher untergeordnete Rolle zukommen. Viel entscheidender ist wohl die persönliche Gewissensentscheidung des Betroffenen.
Vor diesem Hintergrund gibt es keinen überzeugenden Anhaltspunkt für die Vermutung, dass ein entsprechendes Wissen der betroffenen Zivildienst- bzw. Wehrpflichtigen über die zukünftige Änderung der finanziellen Situation der Zivildienstpflichtigen dazu geführt hätte, dass sie sich statt für den Zivildienst für den Wehrdienst entschieden hätten.
Die Rechtslage betreffend die Versorgung der Zivildiener wurde auch mehrmals geändert, sodass fraglich ist, ob vor diesem Hintergrund ein schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Höhe der Pauschalvergütung entstanden sein kann.
Ausgehend von dem vorstehend Gesagten ist der Schluss zu ziehen, dass die Zivildienstleistenden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der angefochtenen Bestimmungen bereits Zivildienst leisteten, bezüglich ihrer finanziellen Situation keine schutzwürdige Vertrauensposition erlangt haben.
Zum Eingriffsziel: Nach Auffassung der Bundesregierung muss für die Beurteilung der Verfassungskonformität der angefochtenen Bestimmungen überdies das Ausmaß des allenfalls berechtigten Vertrauens der Rechtsunterworfenen auf den unveränderten Fortbestand der Regelungen über die finanzielle Situation mit dem Gewicht derjenigen Gründe abgewogen werden, die für die Enttäuschung des Vertrauens in den Fortbestand der Rechtslage ins Treffen geführt werden können. Die durch die gegenständliche Gesetzesnovelle ermöglichten Maßnahmen sollten - wie bereits erwähnt - eine weitestgehend gerechte Verteilung der damit verbundenen Belastungen zwischen Zivildienstpflichtigen und Einrichtungen herstellen. Die in §8 Abs1 ZDG in der Fassung der gegenständlichen Novelle normierte Möglichkeit für den Bundesminister für Inneres, bevorzugt zu Einrichtungen des Rettungswesens, der Sozial- und Behindertenhilfe und der Katastrophenhilfe zuweisen zu können, gewährleistet zum einen die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes mit Zivildienstpflichtigen, und stellt andererseits keine einseitige Belastung dar. Der Entfall des Grundlehrganges durch das Bundesministerium für Inneres stellt zweifellos für die Einrichtungen eine große Belastung dar, weil die für den Dienst erforderliche Ausbildung nunmehr von ihnen zu leisten ist. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Einsparungen ausnahmslos zu Lasten der Zivildienstpflichtigen gingen.
Zum betroffenen Personenkreis (punktuell kleine Gruppe): Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen der Bundesregierung zur Budget-Konsolidierung zu sehen. Hier ist insbesondere auf die Dienstrechts-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 94 sowie das Pensionsreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 95 hinzuweisen, die Einkommensverluste für weite Bereiche des öffentlichen Dienstes mit sich bringen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass mit der getroffenen Maßnahme nur eine 'punktuell kleine Gruppe' belastet wurde. Die Maßnahme ist vielmehr im Zusammenhang mit weiteren Kürzungen zur Budgetkonsolidierung zu sehen, die Einkommensverluste für weite Bereiche des öffentlichen Dienstes mit sich brachte. In seinem Erkenntnis VfSlg. 15.269/1998 hat der Verfassungsgerichtshof überdies die Entlastung des Bundeshaushalts an sich als eine sachliche Rechtfertigung für Eingriffe in bestehende Rechtspositionen angesehen.
Zur Intensität: In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass die massive öffentliche Diskussion, die zu Fragen der Zuweisung zum Zivildienst geführt wurde, massiv zur Verunsicherung insbesondere all jener beigetragen hat, die im Rahmen ihrer Lebensplanung eine Zuweisung gerade zu diesen Terminen wünschten. Stellt man die Zweifel, ob Zivildienstpflichtige - man denke nur an die Schulabgänger - die Möglichkeit haben würden, zu den vorgesehenen Terminen im Jahr 2000 zugewiesen zu werden, der letztendlich doch gefundenen Lösung einer Ermöglichung der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes unter den geänderten Bedingungen gegenüber, so erweist sich diese Lösung wohl als geringerer Eingriff in die Position der Zivildienstpflichtigen. Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass Kürzungen bei verschiedensten anerkannten Zielsetzungen nicht die Minderung von Rechten jedweder Art in jeder Intensität sachlich begründen können (VfSlg. 11665/1988). Gerade diesem Grundsatz wurde durch die Novelle zum Zivildienstgesetz Rechnung getragen, indem versucht wurde, den Eingriff möglichst gering zu halten und den Zivildienstpflichtigen rechtzeitig eine Entscheidung zu ermöglichen.
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Alternative zu den getroffenen Maßnahmen wohl entweder in einem Fortdauern der unsicheren Situation oder eben in einem Entfall der beiden genannten Zuweisungstermine bestanden hätte. Dies hätte zu der völlig unhaltbaren und das Grundrecht auf Befreiung vom Wehrdienst nachhaltig gefährdenden Situation geführt, dass junge Menschen, um ihre Lebensplanung nicht gänzlich umstoßen zu müssen, den Präsenzdienst abzuleisten hätten, obwohl ihre - verfassungsgesetzlich gewährleistete - Gewissensentscheidung dem entgegen stehen würde.
In Bezug auf die Position der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits Zivildienst Leistenden ist folgendes aufzuführen: Für diesen Personenkreis wird man die Aussage des Verfassungsgerichtshofes aus dem zitierten Erkenntnis VfSlg. 11.665 sinngemäß heranziehen können, dass die Änderung 'kein erhebliches Absinken des ... Standards der Lebensführung' (vor der Novellierung) bewirken darf. Es wird im folgenden darzulegen sein, dass sich die Lebenssituation dieses Personenkreises nicht in diesem Sinne verändert oder verschlechtert hat.
Im gegebenen Zusammenhang ist auch insbesondere auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 2000, G59-62/00, mit dem Bestimmungen des Rechtspraktikantengesetzes als verfassungswidrig aufgehoben wurden, einzugehen, und auf das sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Unterbrechungsbeschluss auch ausdrücklich bezieht:
In diesem Erkenntnis wurde festgestellt, dass eine Regelung dann verfassungswidrig ist, wenn sie einen schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriff in erworbene Rechtspositionen darstellt.
Vorweg ist dazu anzumerken, dass wie bereits dargelegt, besondere im öffentlichen Interesse gelegene Umstände der Budgetkonsolidierung, aber auch die Sicherung des Zugangs zum Zivildienst als einem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht für alle männlichen Staatsbürger, zu den Regelungen der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zwangen. Weiters geht auch der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass das Vorliegen eines berechtigten Vertrauens in die Rechtslage stets an der konkreten Fallkonstellation zu beurteilen ist und somit von unterschiedlichen Faktoren abhängen kann.
Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob überhaupt von einem schutzwürdigen Vertrauen der Zivildienstpflichtigen und -leistenden gesprochen werden kann. Damit im Zusammenhang steht die Frage, ob sich Personen im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage dafür entschieden haben, Zivildienst zu leisten, mit anderen Worten, ob Menschen, die Zivildienst leisten wollen, durch die im Zeitpunkt der Entscheidung bestehende Höhe des Anspruchs auf Grundvergütung und auf Verpflegung dazu motiviert werden, sich für die Ableistung des Zivildienstes an Stelle des Wehrdienstes zu entscheiden. Die oben angestellten Überlegungen sprechen eher für das Gegenteil. Zum einen sind das Wesen des Zivil- und des Wehrdienstes gänzlich unterschiedlich, und jeder, der sich entweder für den Wehr- oder Zivildienst entscheidet, hat die gesamten Rahmenbedingungen beider Dienste im Auge. Die besondere Motivation junger Männer, Zivildienst leisten zu wollen, liegt wohl in erster Linie in der Nichterfüllung der Wehrpflicht aus Gewissensgründen (d.h. die Ablehnung, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden). Dieses Motiv ist auch Inhalt des verfassungsrechtlich normierten Anspruchs. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass nicht die Höhe einer Grundvergütung oder der Verpflegung für derartige Entscheidungen ausschlaggebend sind.
Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf den Gleichheitssatz sind auch insbesondere auf die Annahme gegründet, dass sich bei den betroffenen Zivildienern rechnerisch die Summe aus monatlicher Grundvergütung 'alt' (öS 2.358,--) und dem Wert der Verpflegsmarken (öS 4.650,--) auf etwa öS 7.000,-- beliefe; dem stünde eine Grundvergütung 'neu' von öS 3.648,-gegenüber; das sei eine Reduktion um 47,9%.
Diese Annahme trifft jedoch nicht zu: Oben wurde bereits ausgeführt, dass keineswegs alle Zivildiener Verpflegungsmarken erhalten haben und die Höhe des Versorgungsniveaus daher generell mit etwa S 7.000,-- anzusetzen wäre. Eine solche Annahme kann daher keinesfalls eine taugliche Grundlage für eine verfassungsrechtliche Prüfung sein.
Wie erwähnt, hatten nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 28/2000 Zivildiener Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung, sie waren aber auch grundsätzlich verpflichtet, an dieser (Natural-)Verpflegung, für die der Rechtsträger zu sorgen hatte, teilzunehmen (§28 Abs1 ZDG). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass das Versorgungsniveau generell mit den erwähnten 155 S als 'zur Verpflegung zur Verfügung stehendem Betrag' pro Tag anzunehmen ist.
Vor diesem Hintergrund vermag die Bundesregierung daher auch nicht die Annahme des Verfassungsgerichtshofes zu teilen, dass sich eine Reduktion der Grundvergütung mit 47,9% ergeben hätte und damit ein massiver Eingriff vorläge.
Eine Betrachtung der abgegebenen Zivildiensterklärungen im Vergleich der Jahre 1997 bis 2001 zeigt auch sehr deutlich, dass die Zahl der Zivildiensterklärungen nach Inkrafttreten der in Prüfung stehenden Novelle keineswegs signifikant zurückgegangen ist. Wenn man den Monat August 2000 als Beispiel heranzieht, so ist festzustellen, dass mit 658 abgegebenen Zivildiensterklärungen überhaupt der Höchststand in einem mehrjährigen Vergleich erreicht wurde (August 1999: 656; August 1998: 562; August 1997: 471).
Nochmals sei betont: der Rückstau an noch nicht zugewiesenen Zivildienstpflichtigen erreichte zu Beginn des Jahres 2000 ein derart hohes Ausmaß, dass der Staat seiner Verpflichtung, den Zugang zum Zivildienst zu gewährleisten, ohne auch die in Prüfung gezogenen Regelungen nicht mehr in ausreichendem Ausmaß nachkommen hätte können.
3. Zusammenfassung
Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass nach Auffassung der Bundesregierung im vorliegenden Fall weder Art9a Abs3 B-VG iVm §2 Abs1 ZDG noch der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verletzt wurden.
..."
II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
A) 1. Art9a Abs3 B-VG:
"(3) Jeder männliche österreichische Staatsbürger ist wehrpflichtig. Wer aus Gewissensgründen die Erfüllung der Wehrpflicht verweigert und hievon befreit wird, hat einen Ersatzdienst zu leisten. Das Nähere bestimmen die Gesetze."
2. §2 Abs1 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG, BGBl. 679, idF der ZDG-Novelle 1996, BGBl. 788:
"§2. (Verfassungsbestimmung) (1) Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes 1990 - WG, BGBl. Nr. 305, die zum Wehrdienst tauglich befunden wurden, können erklären (Zivildiensterklärung),
1. die Wehrpflicht nicht erfüllen zu können, weil sie es - von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen - aus Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden, und daher bei Leistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würden und
2. deshalb Zivildienst leisten zu wollen.
(2) - (5) ..."
B) 1. Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 28/2000 wurde das Zivildienstgesetz 1986 - ZDG (zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/1998) unter anderem dahingehend abgeändert, daß (mit 1. Juni 2000) der Anspruch des Zivildienstleistenden auf unentgeltliche Verpflegung entfiel und gleichzeitig die Grundvergütung erhöht wurde.
Die in diesem Zusammenhang maßgebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2000 lauten (die in Prüfung genommenen Teile sind hervorgehoben):
"Das Zivildienstgesetz 1986 - ZDG, BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/1998, wird (wie) folgt geändert:
1. ...
2. Die §§10 Abs1 und 2 sowie 18a und 28 entfallen.
3. In §25 Abs2 entfällt die Z2.
4. In §25a Abs2 Z1 wird die Zahl '9,52' durch die Zahl '14,73' ersetzt.
16. An §76c wird folgender Abs14 angefügt:
'(14) Die §§8 Abs1, 25a Abs2, 27 Abs1 Z2, 31 Abs5, 38 Abs1 Z2, 41 Abs1, Abs2 Z1 und Abs3, 57a Abs2, 65, sowie 76b Abs5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2000 sowie der Entfall der §§10 Abs1 und 2, 18a, 25 Abs2 Z2, 28, 31 Abs1 Z1a und 1b, 38 Abs1 Z3 und 4 sowie Abs2 und 41 Abs2 Z2 treten mit 1. Juni 2000 in Kraft.'"
2. Die maßgeblichen Regelungen des ZDG lauteten in der Fassung vor dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Bestimmungen des ZDÄG wie folgt (die aufgrund des ZDÄG entfallenen bzw. geänderten Passagen sind zur Verdeutlichung hervorgehoben):
"§25. (1) Der Zivildienstleistende hat Anspruch auf:
1. Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschläge) - (§§25a bis 30),
- 2. Reisekostenvergütung (§31),
- 3. Kranken- und Unfallversicherung (§33),
- 4. Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe (§34),
- 5. Entschädigung und Fortzahlung der Dienstbezüge (§34b) und
6. Sicherung des Arbeitsplatzes (§35).
(2) Der Zivildienstleistende hat in folgenden besonderen Fällen Anspruch auf Naturalleistungen:
- 1. Unterbringung (§27 Abs1),
- 2. Verpflegung (§28 Abs1),
- 3. Bekleidung (§29 Abs1) und
- 4. Reinigung der Bekleidung (§30 Abs1).
(3) ...
§25a. (1) Dem Zivildienstleistenden gebührt eine Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag).
(2) Die Höhe der monatlichen Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag) bestimmt sich nach dem Gehalt einschließlich allfälliger Teuerungszulagen eines Beamten der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, und beträgt
1. für die Grundvergütung bei ordentlichem oder außerordentlichem Zivildienst 9,52 vH und
2. für den Zuschlag zur Grundvergütung bei Einsätzen nach §8a Abs6 und §21 7,05 vH dieses Gehaltsansatzes.
(3) ..."
"§28. (1) Der Zivildienstleistende hat Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung. Er ist verpflichtet, an dieser Verpflegung teilzunehmen, sofern nicht unter Berücksichtigung von Interessen des Zivildienstes oder von in der Person des Zivildienstpflichtigen gelegenen Gründen davon Ausnahmen zugelassen werden.
(2) Der Rechtsträger der Einrichtung hat für die Verpflegung des Zivildienstleistenden durch einen Küchenbetrieb, durch Abschluß eines Vertrages mit einem Dritten oder durch Bereitstellung von Lebensmitteln zu sorgen.
(3) Ist es dem Rechtsträger nicht möglich, wegen Dienstverhinderung durch Krankheit des Zivildienstleistenden zur Gänze oder zum Teil für dessen Verpflegung zu sorgen, so hat er dem Zivildienstleistenden eine angemessene Abfindung zu gewähren. Für Dienstleistungsverhinderungen ab fünf Tagen gilt dies nur, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde nach Prüfung gemäß §39 Abs4 zustimmt.
(4) Für die Zeit des Grundlehrganges (§18a Abs4) hat der Rechtsträger, dem die Durchführung von Grundlehrgängen übertragen worden ist (§18a Abs2), gegen Vergütung der ihm erwachsenden Kosten (§18a Abs3), für die Verpflegung der Grundlehrgangsteilnehmer zu sorgen."
3. Entsprechend der in §25a Abs2 ZDG festgelegten Bemessungsgrundlage betrug die monatliche Grundvergütung vor dem Inkrafttreten des ZDÄG zuletzt ÖS 2358,-- und nach dessen Inkrafttreten ÖS 3648,--.
(Der Zuschlag zur Grundvergütung betrifft den außerordentlichen Zivildienst (§21 ZDG) bzw. einen diesem gleichzuhaltenden Einsatz (§8a Abs6 ZDG) und kann im gegebenen Zusammenhang außer Betracht bleiben.)
4. Vor der durch das ZDÄG bewirkten Rechtsänderung hatte gemäß §28 Abs2 ZDG der Rechtsträger der Einrichtung, bei der der Zivildienstleistende seinen Dienst versah, durch einen Küchenbetrieb, durch Abschluß eines Vertrages mit einem Dritten oder durch Bereitstellung von Lebensmitteln für die Verpflegung zu sorgen. Nähere Vorschriften dazu enthielt die Verpflegungsverordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. 288/1994 idF BGBl. II Nr. 25/2000. Diese Verordnung sah unter anderem vor (§2), daß der Rechtsträger der Einrichtung dann, wenn er seiner Verpflegungsverpflichtung durch Abschluß von Verträgen mit Dritten (nämlich mit in der Nähe des Dienstortes gelegenen Gastgewerbebetrieben oder mit örtlichen Lebensmitteleinzelhändlern) nachkam, den Zivildienstleistenden mit Verpflegsmarken auszustatten hatte, die von einem Vertragspartner an Zahlungs Statt angenommen werden. Hiebei waren gemäß §2 Abs3 der Verordnung dem Zivildienstleistenden täglich Verpflegsmarken im Wert von (zuletzt (seit 1. Jänner 2000)) mindestens ÖS 155,-- auszufolgen, sofern seine Verpflegung zur Gänze durch Vertragsabschluß sichergestellt wurde. (Sofern die letztgenannte Bedingung nicht vorlag, waren ihm täglich Verpflegsmarken für das Frühstück im Wert von mindestens ÖS 35,--, für das Mittagessen im Wert von mindestens ÖS 75,-- und für das Abendessen im Wert von mindestens ÖS 45,-- auszufolgen.)
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A) Zur Zulässigkeit:
Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Prüfungsbeschluß vorläufig davon ausgegangen, daß die Beschwerde zulässig ist und daß er bei ihrer Behandlung die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzuwenden habe.
Dieser Annahme ist die Bundesregierung nicht entgegengetreten.
Auch sonst ist im verfassungsgerichtlichen Verfahren nichts hervorgekommen, was den vorläufigen Annahmen über die Zulässigkeit des Anlaßbeschwerdeverfahrens bzw. über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Normen entgegenstehen könnte. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, erweist sich das Verfahren als zulässig.
B) In der Sache:
1.a) Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluß vorerst davon aus, daß der Verpflichtung des Einzelnen zur Leistung des Wehrdienstes oder Wehrersatzdienstes in Gestalt des Zivildienstes die Verpflichtung des Staates gegenübersteht, für die Dauer dieses Dienstes die Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse zu gewährleisten. Er legte dar, daß der einfache Gesetzgeber grundsätzlich einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Versorgung für die Zeit der verpflichtenden Dienstleistung von Zivildienstleistenden einerseits wie auch von Wehrdienstleistenden andererseits habe, dieser Spielraum aber durch Art9a Abs3 B-VG in Verbindung mit der Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG jedenfalls insofern begrenzt zu sein scheint, als die durch diese Normen gewährleistete Möglichkeit, bei Vorliegen näher umschriebener Gewissensgründe einen Ersatzdienst zu leisten, faktisch weder vereitelt noch (erheblich) erschwert werden dürfe. Er neigte im Prüfungsbeschluß der Meinung zu, daß mit dem durch das ZDÄG normierten Wegfall des Versorgungsanspruches - trotz gleichzeitiger Anhebung der Grundvergütung - die verfassungsrechtlich gebotene Verpflichtung des Staates, dem Zivildienstpflichtigen für die Dauer des Dienstes die Grundversorgung (Verpflegung und Zurverfügungstellung ausreichender Mittel zur Deckung der Alltagsbedürfnisse) zu gewährleisten, verletzt wurde. Er ging vorläufig davon aus, daß die Erhöhung der Grundvergütung von ÖS 2358,-- auf ÖS 3648,-- (bewirkt durch die mit Z4 ZDÄG normierte Anhebung des für die Ermittlung der Grundvergütung maßgeblichen Prozentsatzes von 9,52 auf 14,73) nicht geeignet war, die durch den gänzlichen Wegfall des Anspruches auf Verpflegung und somit des gesamten bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verpflegungssystems bewirkte massive Schlechterstellung der Zivildienstleistenden in entscheidender Weise zu mildern oder gar auszugleichen.
b) Der Auffassung der Bundesregierung, daß sich in dieser Allgemeinheit "eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates auf Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Zivildieners (wie des Wehrdieners) aus Art9a Abs3 B-VG nicht ableiten" lasse, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen. Die Bundesregierung vermeint aus dem Umstand, daß die Regelung des Art9a Abs3 B-VG eine Ausgestaltungsermächtigung für den einfachen Gesetzgeber enthält, ohne nähere Begründung ableiten zu können, daß dieser vom Verfassungsgesetzgeber eingeräumte Spielraum unbeschränkt - damit etwa auch im Sinne der im vorliegenden Fall getroffenen Regelung - vom einfachen Gesetzgeber genützt werden könne. Dies trifft nicht zu. Aus Art9a Abs3 B-VG ist abzuleiten, daß von einer Verpflichtung des Staates auszugehen ist, die Versorgung der zur Dienstleistung verpflichteten Staatsbürger für die Dauer des Dienstes zu gewährleisten. Es steht dem Gesetzgeber zwar grundsätzlich frei, das Ausmaß und die Form der Versorgung der Zivildienstleistenden zu regeln; er hat hiebei aber die - auch von der Bundesregierung zugestandene - Grenze zu beachten, wonach die verfassungsrechtlich verankerte Möglichkeit, bei Vorliegen näher umschriebener Gewissensgründe einen solchen Ersatzdienst zu leisten, weder faktisch vereitelt noch (erheblich) erschwert werden darf.
Soweit die Bundesregierung bestreitet, daß "ein Anspruch auf
Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse ... vom Staat unmittelbar
einzulösen ... sei", ist sie darauf zu verweisen, daß derartiges vom
Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß auch nicht behauptet wurde. Vielmehr handelt es sich - in den Worten des Prüfungsbeschlusses - um eine Verpflichtung des Staates, für eine solche Deckung "Vorsorge zu treffen" bzw. diese Deckung "zu gewährleisten". Daß es dem Gesetzgeber grundsätzlich freistehen dürfte, dies etwa auch dadurch zu realisieren, daß er bei entsprechend geringerer finanzieller Vergütung für den Zivildienstleistenden die Verpflegung beispielsweise "durch die Verpflichtung der Rechtsträger zur Verköstigung" sicherstellt, wurde bereits im Prüfungsbeschluß (s. dessen Pkt. III.2.d) ausdrücklich erwähnt.
Der Verweis der Bundesregierung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 7817/1976 ist schon allein deshalb nicht zielführend, weil diese Entscheidung die Frage der Entschädigung für (aufgrund der Wehrdienstleistung) entgangenen Verdienst betraf, wohingegen es im vorliegenden Fall um die Sicherstellung einer existentiell notwendigen Grundversorgung des (Zivil-)Dienstpflichtigen - also nicht um den Ausgleich finanzieller Einbußen als Folge der Erfüllung der Dienstpflicht - geht. Daß an den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers in diesen beiden Belangen unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind, bedarf keiner näheren Erörterung.
Auch aus der Darlegung der faktischen Verpflegungssituation der Zivildienstleistenden im Zeitraum Juni bis Dezember 2000 ist für den Standpunkt der Bundesregierung nichts zu gewinnen: Daß mit einzelnen Rechtsträgern von Einrichtungen Vereinbarungen (über die Verpflegung der Zivildienstleistenden) "geschlossen werden konnten" und andere Einrichtungen "freiwillige Zuschüsse" leisteten oder "individuelle Härteausgleichsregelungen" trafen, kann an der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der die Versorgung betreffenden gesetzlichen Regelungen nichts ändern, da es entscheidend darauf ankommt, daß der Zivildienstleistende einen Rechtsanspruch auf die Leistung hat. Gleiches gilt in Zusammenhang mit dem Hinweis der Bundesregierung darauf, "dass nicht wenige Zivildienstleistende aufgrund der Möglichkeit, bei ihren Eltern zu wohnen, auch von diesen verpflegt wurden". Die Bundesregierung scheint bei diesen Überlegungen zu verkennen, daß aus verfassungsrechtlicher Sicht ein Rechtsanspruch (hier: auf Versorgung während der Dauer des Zivildienstes) nicht dadurch obsolet wird, daß auf freiwilliger Basis bzw. allenfalls auf Grundlage moralischer Verpflichtungen von dritter Seite "Zuschüsse", "Härteausgleichsregelungen" oder sonstige Zuwendungen gewährt werden.
Daß es durch die Neugestaltung der Rechtslage im Wege des ZDÄG gesamthaft betrachtet zu einem unzulänglichen Versorgungsniveau kam, vermag die Bundesregierung auch im Lichte der konkreten in Rede stehenden Beträge nicht zu widerlegen:
Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluß davon ausgegangen, daß vor Inkrafttreten der Bestimmungen des ZDÄG dem Zivildienstleistenden - sofern der Rechtsträger der Einrichtung nicht durch einen Küchenbetrieb oder durch Bereitstellung von Lebensmitteln für seine Verpflegung sorgte (s. §28 Abs2 ZDG aF) - für die Verpflegung mindestens ÖS 155,-- in Form von Verpflegsmarken zur Verfügung standen. Dies ist unzweifelhaft der bereits im Prüfungsbeschluß ausführlich wiedergegebenen Verpflegungsverordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. 288/1994 idF BGBl. II Nr. 25/2000, zu entnehmen (s. dazu nochmals oben, Pkt. II.B.4). Es bleibt unerfindlich, wie in Anbetracht dieser eindeutigen Rechtslage die Bundesregierung zur Auffassung gelangt, es handle sich um einen "Maximalbetrag, bis zu dem das Bundesministerium für Inneres den Einrichtungen Kosten rückerstattete". Auch der Umstand, daß laut Feststellung der Bundesregierung "keineswegs alle Zivildiener Verpflegungsmarken erhalten haben", ist im gegebenen Zusammenhang ohne Relevanz; es kommt nicht darauf an, wie viele Zivildienstleistende tatsächlich im Wege der Ausfolgung solcher Marken versorgt wurden. Maßgeblich ist, daß die Marken nach der Intention des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers immer dann zur Verfügung gestellt wurden, wenn der Rechtsträger der Einrichtung für die Verpflegung nicht in Form von Naturalien (durch Bereitstellung der Leistungen eines Küchenbetriebes oder von Lebensmitteln), sondern durch Abschluß eines Vertrages mit Dritten sorgte (s. nochmals §28 Abs2 ZDG aF). Damit ist der Wert dieser Verpflegsmarken aber auch eine klare Bezugsgröße dafür, welcher Betrag als für einen Zivildienstleistenden erforderlich erachtet wurde, der sich während seines Dienstes "selbst zu versorgen" hatte; dies umso mehr, als es sich bei den in der Verordnung festgelegten Größen um Mindestbeträge handelte.
Daß laut einer im Mai 2000 durchgeführten (in der Äußerung der Bundesregierung ins Treffen geführten) Umfrage des Bundesministeriums für Inneres die Verpflegung der Zivildienstleistenden in verschiedenen Einrichtungen einen betragsmäßig geringeren finanziellen Aufwand verursachte als die in der zitierten Verpflegungsverordnung genannten ÖS 155,--, ist schon deshalb kein taugliches Kriterium für die Beurteilung des diesbezüglichen finanziellen Bedarfs eines Zivildienstleistenden, weil bekanntermaßen bei der Verpflegung eines größeren Personenkreises die Pro- Kopf-Kosten für die Verpflegung (insbesondere durch die Möglichkeit preiswerterer Einkäufe) signifikant geringer sind als eine individuell zu organisierende Einzelverpflegung.
Nicht zu überzeugen vermag auch der Standpunkt der Bundesregierung, dem Zivildienstleistenden stehe es frei zu entscheiden, in welchem Verhältnis er die Grundvergütung "für die Verpflegung oder für sonstige Aufwendungen und Lebenshaltungskosten" verwende. Die Bundesregierung scheint mit dieser Aussage darauf anzuspielen, daß es dem Zivildienstleistenden überlassen bleibe, einen ganz überwiegenden Teil der Grundvergütung oder allenfalls sogar ihren gesamten Betrag ausschließlich für die Verpflegung aufzuwenden. Ob ein solches Ergebnis - das die Hintanstellung (nahezu) aller über die bloße Verpflegung hinausgehenden Bedürfnisse (vgl. dazu den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 16.2.1993, 44 R 40/93, der diesbezüglich von Bedürfnissen "auch für Freizeit, Kultur bzw. Kleidung" spricht) zur Voraussetzung hätte - überhaupt als sachlich zu beurteilen wäre, kann dahingestellt bleiben. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich bereits im Prüfungsbeschluß dargetan, daß selbst dann, wenn dem Zivildienstleistenden zuzumuten gewesen wäre, seine gesamte (ihm nach Inkrafttreten des ZDÄG gebührende) Grundvergütung ausschließlich für die Verpflegung zu verwenden, der rechnerisch ermittelte, zur Verfügung stehende Tagesbetrag (gerundet ÖS 122,--) etwa 21% unter dem Niveau des zuvor - für den Fall der Abgeltung des Anspruches in Verpflegsmarken - allein für die Verpflegung zur Verfügung stehenden Betrages von
ÖS 155,-- läge. Daß dieser letztgenannte Betrag vom Verordnungsgeber (bis zum Inkrafttreten der Rechtsänderungen aufgrund des ZDÄG) offenkundig als Untergrenze erachtet wurde, um allein die tägliche Ernährung eines Zivildienstleistenden sicherzustellen, wurde bereits oben dargelegt.
Somit ist erwiesen, daß die Erhöhung der Grundvergütung nicht geeignet war, den Entfall des Anspruches auf Verpflegung auszugleichen.
c) Damit wurde das durch Art9a Abs3 B-VG iVm §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung verletzt, weil der verfassungsrechtlich gebotenen Verpflichtung des Staates zur Gewährleistung der Versorgung der Zivildienstleistenden nicht entsprochen wurde bzw. die Ableistung des Zivildienstes während der Geltung der in Rede stehenden Rechtslage faktisch (erheblich) erschwert wurde.
2. Angesichts dieses Ergebnisses war auf die im Prüfungsbeschluß unter Pkt. III.2.f und g dargelegten Bedenken nicht mehr einzugehen.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht mit Aufhebung der als verfassungswidrig erkannten Ausdrücke und Ziffern des ZDÄG vorzugehen, sondern auszusprechen, daß diese Gesetzesstellen verfassungswidrig waren. Sie gehören nämlich nicht mehr dem geltenden Rechtsbestand an: Mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 133/2000 (Zivildienstgesetz-Novelle 2001) wurde ein Anspruch des Zivildienstleistenden auf Verpflegung erneut normiert und die Erhöhung der Grundvergütung rückgängig gemacht. Die entsprechenden Bestimmungen traten mit 1. Jänner 2001 in Kraft.
V. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art140 Abs5 B-VG.
VI. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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