VfGH G19/99

VfGHG19/9910.3.2000

Aufhebung der die Weisungsgebundenheit des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes gegenüber dem Bundeskanzler begründenden Vorschrift des VwGG betreffend Personalangelegenheiten wegen Widerspruchs zum verfassungsmäßig festgelegten Kontrollsystem des B-VG bezüglich der gesamten öffentlichen Verwaltung; Präjudizialität der Bestimmung im Anlaßverfahren betreffend eine Beschwerde gegen eine - von der Berufungskommission überprüfte - dienstrechtliche Entscheidung des Präsidenten

Normen

B-VG Art21 Abs3
B-VG Art87 Abs2
B-VG Art129
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
VwGG §18
VwGG §8, §9
B-VG Art21 Abs3
B-VG Art87 Abs2
B-VG Art129
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
VwGG §18
VwGG §8, §9

 

Spruch:

§18 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Beschwerdeführerin des Anlaßbeschwerdefalls B2590/97 stand als Oberkommissärin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; ihre damalige Dienststelle war der Verwaltungsgerichtshof. Aufgrund ihres im Hinblick auf einen Dienstauftrag gestellten Begehrens auf Feststellung, daß eine ihrer Auffassung nach nicht zulässige qualifizierte Verwendungsänderung vorliege, erließ der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes an sie einen mit 2. Juni 1997 datierten Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Zu Ihrem Antrag vom 13. Mai 1997 wird gemäß §40 Abs2 BDG 1979 iVm §1 Abs1 Z9 DVV festgestellt, daß die Befolgung des Dienstauftrages vom 7. Mai 1997 zu Ihren Dienstpflichten gehört."

Über die dagegen erhobene Berufung entschied die gemäß §41a BDG eingerichtete Berufungskommission beim Bundeskanzleramt in Handhabung der Verfassungsbestimmung des Abs6 dieses Paragraphen mit Bescheid vom 2. September 1997. Der Spruch dieses Bescheides hat folgenden Wortlaut:

"Der Berufung wird nicht stattgegeben. Der Spruch der erstinstanzlichen Behörde wird gemäß §66 Abs4 AVG wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, daß es sich bei der mit Dienstauftrag vom 7. Mai 1997 verfügten Verwendungsänderung nicht um eine qualifizierte Verwendungsänderung im Sinne des §40 Abs2 BDG handelt."

Diese Berufungsentscheidung ist Gegenstand der an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde zu B2590/97.

II. Der Verfassungsgerichtshof hält es für zweckmäßig, zunächst die im gegebenen Zusammenhang in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des B-VG sowie des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. 10, zu zitieren:

a) B-VG:

"Artikel 21. (1)-(2) ...

(3) Soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist, wird die Diensthoheit gegenüber den Bediensteten des Bundes von den obersten Organen des Bundes ausgeübt. Die Diensthoheit gegenüber den Bediensteten der Länder ..."

"Artikel 134. (1)-(5) ...

(6) Alle Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes sind berufsmäßig angestellte Richter. Die Bestimmungen des Artikels 87, Abs(1) und (2), und des Artikels 88, Abs(2), finden auf sie Anwendung. Am 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, treten die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes kraft Gesetzes in den dauernden Ruhestand."

"Artikel 87. (1) Die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig.

(2) In Ausübung seines richterlichen Amtes befindet sich ein Richter bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte, mit Ausschluß der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.

(3) ..."

b) VwGG:

"§5. Urlaube erteilt dem Präsidenten der Bundeskanzler, den sonstigen Mitgliedern der Präsident. Ein Urlaub von mehr als zwei Monaten bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers.

§8. Der Präsident leitet den Verwaltungsgerichtshof. Er wird im Verhinderungsfall vom Vizepräsidenten und, wenn auch dieser verhindert ist, vom rangältesten sonstigen in Wien anwesenden Mitglied des Gerichtshofes vertreten. Dies gilt auch, wenn die Stelle des Präsidenten oder des Vizepräsidenten unbesetzt ist.

§9. (1) Zu den Leitungsgeschäften gehören neben den im vorliegenden Bundesgesetz dem Präsidenten übertragenen Aufgaben die nähere Regelung des Dienstbetriebes nach den hiefür geltenden Vorschriften und die Dienstaufsicht über das gesamte Personal. Der Präsident hat insbesondere unter Bedachtnahme auf einen ordnungsgemäßen Geschäftsgang die Tage festzusetzen, an denen die Senate zur Beratung und Verhandlung zusammenzutreten haben.

(2) Dem Präsidenten obliegt es auch, bei voller Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit der Mitglieder auf eine möglichst einheitliche Rechtsprechung Bedacht zu nehmen.

(3) ...

§18. Die Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals und der sachlichen Erfordernisse des Verwaltungsgerichtshofes werden unter der Verantwortung des Bundeskanzlers geführt."

III. Aus Anlaß der oben erwähnten Beschwerde beschloß der Verfassungsgerichtshof am 4. Dezember 1998, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §18 im Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. 10, einzuleiten. Er nahm vorläufig an, daß er die bezogene Gesetzesstelle bei seiner Entscheidung im Beschwerdefall anzuwenden hätte und legte die für diese Auffassung maßgeblichen Erwägungen sowie seine verfassungsrechtlichen Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Vorschrift wie folgt dar:

"1.a) Der Verfassungsgerichtshof dürfte bei Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zu klären haben, ob der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes und die Berufungskommission überhaupt zuständig waren, in dieser Sache in erster und in zweiter Instanz zu entscheiden.

Hätte sich nämlich die Berufungskommission eine ihr nicht zustehende Kompetenz angemaßt, oder hätte sie bei ihrer Berufungsentscheidung eine etwaige sachliche Unzuständigkeit des in erster Instanz einschreitenden Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes nicht wahrgenommen, so wäre die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden (vgl. zu diesem Grundrecht die ständige Judikatur, z.B. VfSlg. 13.141/1992, 13.381/1993, 13.656/1993, 14.534/1996).

b) §38 BDG enthält nähere Bestimmungen über die Versetzung eines Beamten, insbesondere darüber, unter welchen Voraussetzungen eine solche Maßnahme zulässig ist, sowie über das einzuhaltende Verfahren. Dem Abs7 zufolge ist die Versetzung mit Bescheid zu verfügen. Nach §40 BDG ist eine Verwendungsänderung unter bestimmten Umständen einer Versetzung gleichzuhalten. Um die Frage, ob eine solche 'qualifizierte Verwendungsänderung' vorliegt, geht es in diesem Beschwerdefall.

Gemäß §41a leg. cit. wird beim Bundeskanzleramt eine Berufungskommission eingerichtet. Absatz 6 dieses Paragraphen lautet:

'(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§38, 40 und 41 Abs2.'

Der Verfassungsgerichtshof nimmt im Rahmen einer vorläufigen Beurteilung an, daß nach dieser Verfassungsnorm alle in Angelegenheiten der §§38, 40 und 41 Abs2 BDG - von welcher Dienstbehörde immer (also auch etwa vom Präsidenten des Rechnungshofes (s. VfSlg. 14.855/1997)) - in erster Instanz erlassenen Bescheide bei der Berufungskommission angefochten werden können, die in zweiter und letzter Instanz zu entscheiden hat (s. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Besoldungsreform-Gesetz 1994, 1577 BlgNR, 18. GP, S 159; vgl. z.B. VfSlg. 14.658/1996, 14.811/1997, 14.812/1997, 14.855/1997).

Anscheinend war sohin die Berufungskommission zuständig, über die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes erhobene Berufung zu entscheiden.

c) Die Berufungskommission erörterte die Frage, ob der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes zuständig war, den bei ihr angefochtenen Bescheid in erster Instanz zu erlassen, nicht, sondern nahm dessen Kompetenz offenbar als selbstverständlich an, weshalb sie auch §18 VwGG 1985 nicht in ihre Überlegungen einbezog.

.....

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die Berufungskommission aber verpflichtet gewesen wäre, die Bestimmung anzuwenden. Wie in der Folge (Pkt. 2) noch näher darzutun sein wird, ist nämlich anscheinend bei Beantwortung der Frage, wer in Angelegenheiten, die das nichtrichterliche beamtete Personal des Verwaltungsgerichtshofes betreffen, als Dienstbehörde einzuschreiten hat, neben anderen Vorschriften (s.u. 2.e) auch §18 VwGG 1985 zu beachten.

Daraus folgt anscheinend, daß auch der Verfassungsgerichtshof diese Gesetzesbestimmung bei Entscheidung über die vorliegende Beschwerde anzuwenden hätte und daß diese Norm daher - ungeachtet dessen, daß sie von der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides vernachlässigt wurde - präjudiziell in der Bedeutung des Art140 Abs1 B-VG sein dürfte (vgl. VfSlg. 13.499/1993, S 750; ebenso VfSlg. 12.744/1991, S 746, und VfSlg. 13.448/1993, S 476 - jeweils betreffend Verfahren nach Art139 Abs1 B-VG).

2. Der Verfassungsgerichtshof beurteilt die Frage, welche Behörde nach der bestehenden Rechtslage für die das nichtrichterliche beamtete Personal des Verwaltungsgerichtshofes betreffenden Dienstrechtsangelegenheiten zuständig ist, vorläufig folgendermaßen:

a) Die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten richtet sich dem §2 Abs1 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) zufolge primär nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze des §2 DVG.

Zu beurteilen ist somit primär, ob die 'einschlägigen Gesetze und Verordnungen' (§2 Abs1 DVG) Regelungen über die Zuständigkeit des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes enthalten.

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist es jedoch geboten, sich zunächst mit §2 Abs2 DVG zu befassen. Diese Bestimmung lautet:

'(2) Die obersten Verwaltungsorgane sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, (...). Im Fall einer solchen Übertragung (Anm.: siehe die Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. 162 - DVV) ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig.'

Unter den 'obersten Verwaltungsorganen' sind jedenfalls die im Art19 B-VG genannten 'obersten Organe der Vollziehung' (ausgenommen die Staatssekretäre) - also im Bundesbereich neben dem Bundespräsidenten die Bundesregierung, der Bundeskanzler und die übrigen Bundesminister - zu verstehen; dazu kommen im Bundesbereich noch einige weitere Organe, für die verfassungsrechtliche Spezialvorschriften gelten, nämlich der Präsident des Nationalrates (Art30 Abs4 und 6 B-VG), der Präsident des Rechnungshofes (Art21 Abs3 und Art125 B-VG) und der Vorsitzende der Volksanwaltschaft (Art148h Abs1 und 2 B-VG) (s. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, II. Bd., Wien 1992, Anm. 5 zu §2 DVG). Ob auch der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes als 'oberstes Verwaltungsorgan' anzusehen ist, läßt sich aus §2 Abs2 DVG nicht ableiten. Aus dieser Bestimmung ergibt sich also nicht, wer die für das nichtrichterliche beamtete Personal des Verwaltungsgerichtshofes zuständige Dienstbehörde erster Instanz ist.

b) Der Weg, über die §§38 ff. BDG, insbesondere über §41a Abs6 BDG (s.o.1.b), eine Lösung des anstehenden Problems zu finden, erweist sich als Sackgasse. Diese Bestimmungen besagen nämlich nicht, welche Behörde in Versetzungs- und Verwendungsänderungs-Fällen in erster Instanz einzuschreiten hat.

§41a Abs6 BDG baut vielmehr auf §2 DVG auf. Dies ergibt sich schon aus den Erläuterungen zu der das Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl. 550, betreffenden Regierungsvorlage, 1577 BlgNR, 18. GP, S 159, wo es zu §41a Abs6 BDG heißt:

'Aus verfassungsrechtlichen Gründen wird die im Abs6 vorgesehene Schaffung eines Instanzenzuges gegen Entscheidungen eines obersten Organes mit Verfassungsbestimmung normiert.

Die derzeit in Ressorts mit nachgeordneten Dienstbehörden mögliche Berufung gegen Bescheide der Dienstbehörden erster Instanz an die oberste Dienstbehörde im Sinne eines ordentlichen Rechtsmittels soll entfallen und nur mehr die Berufung an die Berufungskommission als ordentliches Rechtsmittel offenstehen.'

c) Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Judikatur (z.B. VwGH 19.5.1980 Zl. 862/80, 15.11.1982 Zl. 82/12/0046, und 30.4.1984 Zl. 83/12/0090) davon aus, daß der Bundeskanzler in Dienstrechtssachen, die das Personal des Verwaltungsgerichtshofes betreffen, zweite Instanz sei. Zum Teil wird in den genannten Entscheidungen anscheinend implizit die Kompetenz des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes als Dienstbehörde erster Instanz angenommen. Der Verwaltungsgerichtshof leitet die Zuständigkeit des Bundeskanzlers aus Abschnitt A Z4 des Teiles 2 der Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes (BMG) 1973, BGBl. 389, (wiederverlautbart als Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. 76), ab. Danach gehören zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes: 'Personelle Angelegenheiten der obersten Organe der Vollziehung mit Ausnahme des Bundespräsidenten'.

Diese Ableitung dürfte allerdings schon deshalb verfehlt sein, weil durch die Anführung einer Angelegenheit in der Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes anscheinend keine Kompetenzzuweisung erfolgt ist (vgl. VfSlg. 10.510/1985, S 805 f.; anders nur §13 leg.cit. (vgl. VfSlg. 9347/1982); s. auch Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz. 684 ff.).

Im besonderen erfaßt die erwähnte Bestimmung in der Anlage zu §2 BMG offenkundig nur die Personalangelegenheiten der Bundesminister persönlich, nicht aber die Personalangelegenheiten der Beamten des jeweils von ihnen geleiteten Ressorts.

Auch aus der in Z3 des erwähnten Abschnittes A des Teiles 2 der Anlage zu §2 BMG vorgesehenen Aufgabenzuweisung an das Bundeskanzleramt ('Angelegenheiten der Verfassungs- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit') scheint sich keine Zuständigkeit des Bundeskanzlers zu ergeben, über Berufungen gegen Bescheide des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden; aus dieser Bestimmung ist anscheinend lediglich abzuleiten, daß der Bundeskanzler in diesen Angelegenheiten der ressortzuständige Bundesminister ist; eine materielle Aufgabenzuweisung dürfte damit aber nicht erfolgt sein.

d) Der Bundespräsident hat seinerzeit mit Abs4 der Entschließung vom 12. August 1924, betreffend die Ausübung des Rechtes zur Ernennung von Bundesangestellten, BGBl. 312, unter Bezugnahme auf Art66 Abs1 B-VG genehmigt, daß der Bundeskanzler u.a. den Ersten Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes ermächtigt, sämtliche Beamte der allgemeinen Verwaltung bei diesem Gerichtshof (soweit die Ernennung nicht dem Bundespräsidenten vorbehalten ist) zu ernennen. Diese Entschließung wurde mit ArtIV Abs2 der Entschließung des Bundespräsidenten BGBl. 54/1995 mit Ablauf des 31. Dezember 1994 aufgehoben. Eine vergleichbare Bestimmung findet sich in der neuen Entschließung nicht mehr, sodaß eine solche Entschließung des Bundespräsidenten als eine hier in Betracht zu ziehende Rechtsnorm wohl ausscheidet und Erörterungen über sie im gegebenen Zusammenhang zu entfallen haben.

e) Nun scheinen vor allem die §§5, 8 und 9 VwGG 1985 dafür ins Treffen geführt werden zu können, daß der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Dienstbehörde erster Instanz für das nichtrichterliche beamtete Personal dieses Gerichtshofes sei. Aus diesen Bestimmungen könnte nämlich allenfalls gefolgert werden, daß er (kraft dieser speziellen Vorschriften) Dienstbehörde ist. In dieselbe Richtung scheint auch §18 VwGG 1985 (Text s.o. 1.c) zu gehen, wonach die 'Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals ... unter der Verantwortung des Bundeskanzlers geführt' werden. Diese Wendung könnte jedoch auch dahin verstanden werden, daß der Bundeskanzler in den erwähnten Angelegenheiten als Dienstbehörde erster Instanz einzuschreiten hätte.

3. Die Frage dürfte sich also darauf konzentrieren, in welchem Verhältnis die soeben zitierten Bestimmungen zueinander stehen - insbesondere, was unter der Wendung 'unter der Verantwortung des Bundeskanzlers' im §18 VwGG 1985 zu verstehen ist.

Eine Betrachtung entsprechender Regelungen in früheren Rechtsvorschriften, welche die Einrichtung und Organisation des Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshofes (bzw. von deren Vorläufern) zum Gegenstand hatten, ergibt folgendes Bild:

a) Nach §9 des Gesetzes vom 18. April 1869, RGBl. 44, 'betreffend die Organisation des Reichsgerichtes, das Verfahren vor demselben und die Vollziehung seiner Erkenntnisse', war das Reichsgericht (das war der Vorläufer des nunmehrigen Verfassungsgerichtshofes) ermächtigt, 'dem Ministerrath das ihm nöthige Kanzlei- und Hilfspersonale zu bezeichnen und dasselbe in Anspruch zu nehmen'.

b) Das Gesetz vom 22. Oktober 1875, RGBl. 36/1876, betreffend die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofes, beruht anscheinend in dieser Hinsicht auf dem gleichen Grundgedanken: §46 dieses Gesetzes normierte, daß die 'näheren Bestimmungen über die innere Einrichtung des Verwaltungsgerichtshofes, dann über das bei demselben anzustellende Personale ... auf dem Verordnungswege getroffen' werden.

In 'Ausführung' dieser Gesetzesbestimmung erging die Verordnung des Gesamtministeriums vom 5. August 1876, RGBl. 95. Deren Pkt. 2 Abs2 zufolge hatte der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes u. a. den Kanzleidirektor aus der Mitte der Räte und den Präsidialsekretär aus den sonstigen Konzeptsbeamten des Verwaltungsgerichtshofes zu ernennen. Nach Pkt. 3 erfolgte die Besetzung derjenigen Dienstposten des Verwaltungsgerichtshofes, für welche die Ernennung nicht dem Kaiser vorbehalten war, im Wege der 'Concursausschreibung' durch den Verwaltungsgerichtshof selbst. Gemäß Pkt. 5 hatte für Personalangelegenheiten, namentlich für Dienstbesetzungen und für die Disziplinarbehandlung der nichtrichterlichen Beamten und der Diener des Verwaltungsgerichtshofes, der Präsident dieses Gerichtshofes eine Kommission einzusetzen, die mit Stimmenmehrheit zu entscheiden hatte.

c) Mit §2 des Gesetzes vom 6. Februar 1919, StGBl. 88, über die Errichtung eines deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtes (VwGG 1919), wurden für den Wirkungskreis und die Organisation dieses Gerichtshofes sowie für das Verfahren vor demselben unter anderem das zitierte Gesetz RGBl. 36/1876 und die Verordnung RGBl. 95/1876 in Geltung gesetzt. Dem §5 VwGG 1919 zufolge werden 'Änderungen der Bestimmungen über die innere Einrichtung des deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtshofes, dann über das bei ihm anzustellende Personal sowie Änderungen der Geschäftsordnung ... vom deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtshofe selbst entworfen und durch den Staatskanzler dem Staatsrate zur Genehmigung vorgelegt. Sie sind im Staatsgesetzblatte zu verlautbaren.'

In Durchführung des §5 VwGG 1919 erging die Vollzugsanweisung der Staatsregierung vom 26. Juli 1919, StGBl. 419, über die Erlassung einer Dienstvorschrift für den deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtshof. Die §§1 ('Oberste Leitung'), 63 ('Besetzung von Dienstposten') und 64 ('Abteilungen für Personalangelegenheiten') dieser Dienstvorschrift lauteten auszugsweise:

'§1.

(1) Die Leitung und Überwachung der Geschäftsführung des Gerichtshofes steht dem Präsidenten zu.

(2) ...'

'§63.

(1) Der Präsident bestimmt den Kanzleidirektor aus den Mitgliedern, den Präsidialsekretär aus den sonstigen Konzeptsbeamten des Gerichtshofes.

(2) Vor der Besetzung erledigter Ratsstellen sowie auch sonstiger systemisierter Beamten- und Dienerstellen ist die Bewerbung zu eröffnen. ...

(3) Die Besetzung der Dienstposten, wofür die Ernennung nicht dem Präsidenten der Nationalversammlung vorbehalten ist (Artikel 7 des Gesetzes vom 14. März 1919, St.G.Bl. Nr. 180), geschieht durch den Gerichtshof selbst (§64, Absatz 2) unter Bedachtnahme auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.

(4) ...

§64.

(1) Der Personalsenat hat über die Besetzungsvorschläge nach dem 2. Absatze des §3 des Gesetzes vom 6. Februar 1919 Beschluß zu fassen.

(2) Die Personalangelegenheiten der nicht zu den Mitgliedern zählenden Beamten und der Diener des Gerichtshofes sind bis zu der allgemeinen Regelung in der bisherigen Art zu behandeln.

(3) ...'

d) §13 Abs1 des (damaligen) Verfassungsgerichtshofgesetzes, BGBl. 454/1925, erhielt durch die zweite Verfassungsgerichtshofgesetz-Novelle, BGBl. 112/1930, folgende Fassung:

'Die Angelegenheiten, die das dem Verfassungsgerichtshof angehörende Verwaltungspersonal und die sachlichen Erfordernisse betreffen, werden unter der Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers geführt.'

Die Erläuternden Bemerkungen zu der diese Novelle betreffenden Regierungsvorlage (441 BlgNR, III. GP) besagen hiezu:

'Die neue Fassung dieses Paragraphen, die meritorisch keine Änderung enthält, entspricht einerseits besser der Terminologie der sonstigen dienstrechtlichen Normen, anderseits paßt sie sich richtiger der Praxis an, die sich in diesen Fragen herausgebildet hat.'

e) Etwa zur gleichen Zeit, nämlich am 2. Juni 1930, wurde ein neues Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. 153/1930 (VwGG 1930), erlassen. Es enthielt im §13 Abs1 eine dem soeben zitierten §13 Abs1 des VerfGG idF der Novelle BGBl. 112/1930 und dem späteren §18 VwGG 1985 gleichende Regelung folgenden Wortlauts: '...'

§13 Abs2 VwGG 1930 sah die Einrichtung eines Personalsenates vor, der vor allen Ernennungen zu hören war.

In den Erläuterungen zu der das VwGG 1930 betreffenden Regierungsvorlage (464 BlgNR, III. GP) wird zu §13 ausgeführt:

'Dieser Paragraph stellt hinsichtlich des nichtrichterlichen Personals und der sachlichen Erfordernisse die Übereinstimmung zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof her.'

4. Die Vorgängerbestimmungen des §18 VwGG 1985 dürften es eher nahelegen, diese Norm nicht im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauches (s. den folgenden Pkt. 5) zu interpretieren, sondern dahin, daß der Verwaltungsgerichtshof stets autonom gestellt war und ist. Demnach träfe den Bundeskanzler bloß die Verantwortung für die Vorsorge, daß die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes realisiert werden und dessen Aufgaben erfüllt werden können, so insbesondere, daß der Verwaltungsgerichtshof personell entsprechend ausgestattet ist.

In diese Richtung geht auch der literarische Beitrag von Hinterauer, Zur monokratischen Justizverwaltung des Verwaltungsgerichtshofes, in: Der Rechtsstaat in der Krise (FS Loebenstein (Hrsg. Adamovich/Kobzina), 1991, S 61 ff.), der im hier maßgebenden Abschnitt (S 67) meint, die in Rede stehende Gesetzesstelle sei so auszulegen, 'daß dem Bundeskanzler als Ressortchef in Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals nur die politische und rechtliche Verantwortung für diese Angelegenheit verbleibt' (vgl. dazu allerdings den folgenden Pkt. 5).

Bereits Tezner, Das Freie Ermessen der Verwaltungsbehörden, Leipzig/Wien 1924, S 183, kam zu einem ähnlichen Ergebnis, indem er bezüglich der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ausführte:

'... Eine durch Art18 der Bundesverfassung geforderte gesetzliche Grundlage für eine der Bundesregierung zukommende Ressortgewalt nach Art jener, wie sie dem Justizminister gegenüber den ordentlichen Gerichten zukommt, findet sich nicht. Der Natur der Sache nach kann, um nur die wichtigste Funktion der Ressortgewalt des Justizministers hervorzuheben, von einer Aufsichtsgewalt sei es der Gesamtregierung, sei es eines Ressortministers über die Geschäftsführung der zur Kontrolle eben dieser Gesamtregierung wie der einzelnen Ressortminister berufenen beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes, keine Rede sein, denn eine wirksame Kontrolle dieser Gerichte ist nicht denkbar, wenn ihre Amtsführung in welcher Beziehung immer der dienstlichen nach unkontrollierbarem Ermessen zu treffenden Verfügung der zu kontrollierenden staatlichen Organe unterliegt, am allerwenigsten dann, wenn diese Organe nach ihrem Ermessen über die den beiden Gerichten dienenden sachlichen Mittel ihres Amtsbetriebes verfügen, somit auch diesen Betrieb stören und unterbinden können, so wie sie es für gut befinden. ...'

Wäre §18 VwGG 1985 im Sinne dieser Literaturmeinung zu verstehen, so stünde er wohl der Auffassung nicht entgegen, daß der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Dienstbehörde erster Instanz für das nichtrichterliche Personal dieses Gerichtshofes ist (s.o. 2. e) und - mangels Einrichtung eines Instanzenzuges - auch als letzte Instanz in Dienstrechtssachen fungiert, sofern nicht eine spezielle Vorschrift (wie hier §41a Abs6 BDG) ausnahmsweise anderes vorsieht.

5.a) Der allgemeine Sprachgebrauch legt allerdings nahe, aus der im §18 VwGG 1985 verwendeteten Wortfolge 'unter der Verantwortung des Bundeskanzlers' abzuleiten, diese Bestimmung sei dahin zu verstehen, daß dem Bundeskanzler in den Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals des Verwaltungsgerichtshofes ein oberstes Entscheidungs- und Weisungsrecht zukommen soll; andernfalls wäre er doch anscheinend ohne effektive Einflußmöglichkeit auf das Geschehen in diesen Angelegenheiten und somit nicht in der Lage, seine Verantwortung (gegenüber dem Parlament) wahrzunehmen; die Übertragung von Verantwortung für das Verhalten eines anderen scheint die rechtliche Möglichkeit vorauszusetzen, dieses Verhalten zu bestimmen.

b) Bei diesem Inhalt scheint aber §18 VwGG 1985 der Bundesverfassung zu widersprechen:

So dürfte es die Bundesverfassung ausschließen, daß der Präsident jenes Gerichtshofes, dessen Aufgabe es (anders als etwa jene des Obersten Gerichtshofes) typischerweise ist, die Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung zu sichern, in Dienstrechtsangelegenheiten, die sein Personal betreffen, einem obersten Organ der Vollziehung (Art19 B-VG) unterstellt wäre. Würde der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes einem obersten Organ der Vollziehung nachgeordnet sein, so würde dies nämlich (so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig) zumindest den Anschein einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtshofes bewirken (vgl. hiezu die zu Art6 EMRK ergangene Judikatur). Dann aber stünde §18 VwGG 1985 anscheinend im Widerspruch zum System der Bundesverfassung. Dem B-VG dürfte nämlich ein Rechtsstaatskonzept zugrundeliegen, das wesentlich durch besondere Garantien der Rechtmäßigkeit des Staatshandelns geprägt ist; einen Teil dieser besonderen Garantien bildet die Verwaltungsgerichtsbarkeit, deren Aufgabe in der gerichtlichen Kontrolle der gesamten staatlichen Verwaltung besteht. Die Justizverwaltung dieses Gerichtshofes der Leitungsgewalt des Bundeskanzlers, also eines obersten Verwaltungsorganes, zu unterstellen, wäre daher anscheinend verfassungswidrig.

Die dargelegte Problematik spiegelt sich auch - wenngleich zum Teil mit rechtspolitischen Argumentationen - in der Literatur wider (vgl. die - zwar auf den Verfassungsgerichtshof bezogenen, aber auf den Verwaltungsgerichtshof übertragbaren - Ausführungen von Welan, Der Verfassungsgerichtshof, in: Demokratie und Verfassung in Österreich (Hrsg. Pelinka/Welan), 1971, S 259 ff.; s. auch Klecatsky, Über die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit, in: Menschenwürde und freiheitliche Rechtsordnung (FS Geiger - Hrsg. Leibholz/Faller/Mikat/Reis), 1974, S 942 f.; Ermacora, 100 Jahre Justizverwaltung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, in: Die Entwicklung der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (FS zum 100jährigen Bestehen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes - Hrsg. Lehne/Loebenstein/Schimetschek), 1976, S 335 ff.; Hinterauer, aaO, S 61 ff.)."

IV. Die Bundesregierung erstattete aufgrund ihres Beschlusses vom 27. April 1999 eine Äußerung mit dem Begehren, das eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren einzustellen oder - hilfsweise - auszusprechen, daß §18 VwGG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. Für den Fall der Gesetzesaufhebung beantragte die Bundesregierung gemäß Art140 Abs5 B-VG die Bestimmung einer Frist von 18 Monaten für das Außerkrafttreten.

Im einzelnen führte die Bundesregierung insbesondere folgendes aus:

"I. Einleitende Bemerkungen:

1. .....

2. In diesem Gesetzesprüfungsverfahren stellt sich ua. die Rechtsfrage, welche Behörde in den Angelegenheiten des Dienstrechtes des Personals der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes Dienstbehörde erster Instanz ist. Die Bundesregierung stellt dazu vorweg folgendes außer Streit:

2.1 Gemäß §2 Abs1 erster Satz DVG richtet sich die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen.

Nicht einschlägig im Sinne dieser Bestimmung sind jedenfalls Bestimmungen der Anlage 2 zu §2 des Bundesministeriengesetzes 1986 (vgl. auch die Ausführungen in Pkt. 2.b) des Einleitungsbeschlusses), weil

'... die den Wirkungsbereich der Bundesministerien allgemein umschreibenden Rechtsnormen für sich allein das betreffende Bundesministerium weder zu Maßnahmen genereller, noch individueller Art auf dem betreffenden Sachgebiet berechtigen. Dies folgt schon aus dem Gebot des Art18 B-VG, demgemäß die Verwaltung nur auf Grund der Gesetze geführt werden darf und jeglicher Verwaltungsakt im materiellen Gesetz selbst eine inhaltlich hinreichende Determinierung erfahren muß. ... Auf Grund der Zuweisung eines Sachgebietes zum Wirkungsbereich eines Bundesministeriums ist das betreffende Bundesministerium daher zu den besorgenden Maßnahmen nur insoweit berufen, als materiell-rechtliche gesetzliche Regelungen bestehen und die Zuständigkeit des Bundes auf Grund der Bundesverfassung auf diesen Sachgebieten reicht.' (RV 483 BlgNR XIII. GP, 21)

2.2 Soweit in den einschlägigen Rechtsvorschriften keine Zuständigkeitsbestimmungen enthalten sind, gelten gemäß §2 Abs1 erster Satz DVG subsidiär dessen Abs2 bis 9.

Gemäß §2 Abs2 erster Satz DVG sind die obersten Verwaltungsorgane innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Eine Zuständigkeit des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes kann sich aus dieser Bestimmung schon deswegen nicht ergeben, weil er nicht oberstes Verwaltungsorgan ist (so zutreffend VwGH 19.5.1980, Zl. 862/80; vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II (1992), Anm. 5 zu §2 DVG). Gleichfalls unanwendbar wäre §2 Abs2 letzter Satz DVG, weil der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes in der Aufzählung der nachgeordneten Dienstbehörden (§2 DVV) nicht aufgezählt ist (VwGH 19.5.1980, Zl. 862/80).

.....

Unter der Annahme, daß in den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind - was jedoch nicht der Fall ist; s. Pkt. II.1 -, wäre gemäß §2 Abs2 erster Satz DVG der Bundeskanzler als oberstes Verwaltungsorgan als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig.

II. Zu den Prozeßvoraussetzungen:

1. Die Bundesregierung teilt die in Pkt. 1 der Äußerung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1999 .... vertretene Auffassung, daß §18 VwGG 1985 im Anlaßverfahren nicht präjudiziell sein kann.

Im Rahmen der vom Verfassungsgerichtshof vorzunehmenden Beurteilung, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden ist, ist allein maßgebend, welche Behörde in erster Instanz sachlich zuständig war. Es können daher nur Zuständigkeitsbestimmungen denkmöglich präjudiziell sein.

§18 VwGG 1985 regelt nun gerade nicht, welche Behörde zuständig ist, die administrativen Angelegenheiten des Verwaltungsgerichtshofes zu führen, sondern setzt die Zuständigkeit einer anderen Behörde zur Führung dieser Angelegenheiten als gegeben voraus: Es ist der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, der den Verwaltungsgerichtshof gemäß §8 erster Satz VwGG 1985 zu leiten hat. Zu den Leitungsgeschäften gehören gemäß §9 Abs1 erster Satz VwGG 1985 die nähere Regelung des Dienstbetriebes und die Dienstaufsicht über das gesamte Personal.

Ob der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes in der von ihm in erster Instanz entschiedenen Sache nicht an Weisungen gebunden war oder, wie in §18 VwGG 1985 vorgesehen, diese Sache 'unter der Verantwortung' (unter Bindung an Weisungen) des Bundeskanzlers zu führen hatte, ist für die vom Verfassungsgerichtshof im Anlaßfall zu treffende Sachentscheidung voraussetzungsgemäß ohne Bedeutung; maßgebend ist einzig und allein, ob der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes zuständig war, diese Sache in erster Instanz zu entscheiden; dies ergibt sich jedoch nicht aus §18 VwGG 1985, sondern ausschließlich aus den §§8 und 9 VwGG 1985.

2. Sollte der Verfassungsgerichtshof die Präjudizialität des §18 VwGG 1985 dem Grunde nach bejahen, wird geltend gemacht, daß nur die Wortfolge 'Nichtrichterliches Personal und' in der Überschrift und die Wortfolge 'des nichtrichterlichen Personals und' im Text der Bestimmung denkmöglich präjudiziell sein können.

III. Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes:

.....

In dieser Abhandlung (sc. Zur monokratischen Justizverwaltung des Verwaltungsgerichtshofes, FS Loebenstein (1991), 61 (67)) stellt Hinterauer zu §18 VwGG 1985 folgende Überlegung an:

'Wenn man davon ausginge, daß der Präsident des VwGH gegenüber dem Bundeskanzler als Ressortchef dieselbe Stellung einnähme wie der Chef jeder nachgeordneten Dienststelle eines Ressorts, dann käme dieser Gesetzesstelle kein Sinn zu, weil die Verantwortung des Bundeskanzlers eine Selbstverständlichkeit wäre. Die Gesetzesstelle ist daher so auszulegen, daß dem Bundeskanzler als Ressortchef in Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals nur die politische und rechtliche Verantwortung für die Angelegenheiten verbleibt.'

Schließlich verweist der Verfassungsgerichtshof noch auf Ausführungen von Tezner (Das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden (1924), 183).

2. Sowohl der Einleitungsbeschluß als auch Hinterauer legen ihren Schlußfolgerungen die Prämisse zugrunde, die im §13 VwGG 1930 vorgesehene Verantwortung des Bundeskanzlers für die Führung der Justizverwaltung des Verwaltungsgerichtshofes stelle einen plötzlichen Bruch mit einer jahrzehntelangen Kontinuität der Unabhängigkeit ('Autonomie') dieses Gerichtshofes in der Führung der Justizverwaltung dar. Laut Hinterauer (aaO, 70) wurde

'... (e)rst mit dem VwGG 1930 (...) eine - nach Ansicht des Verfassers - verfassungsrechtlich bedenkliche Rechtslage geschaffen, indem die Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals und der sachlichen Erfordernisse des Gerichtshofes unter der Verantwortung des Bundeskanzlers zu führen sind.'

...

2.1.6 Durch §12 der Zweiten Verfassungsgerichtshofgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 112/1930, erhielt §13 VfGG 1925 eine neue Fassung; siehe die folgende Textgegenüberstellung:

Bisherige Fassung Neue Fassung

§13.(1) Die Angelegenheiten, §13.(1) Die Angelegenheiten, die

die das dem das dem Verfassungsgerichtshof

Verfassungsgerichtshof angehörende Verwaltungspersonal

beigegebene Personal und die und die sachlichen Erfordernisse

sachlichen Erfordernisse betreffen, werden unter der

betreffen, werden vom Verantwortlichkeit des

Bundeskanzler geführt. Bundeskanzlers geführt.

(2) Der Präsident des (2) Vor allen Ernennungen, die

Verfassungsgerichtshofes ist das Verwaltungspersonal

ermächtigt, von dem betreffen, ist der aus dem

Bundeskanzler das Präsidenten, dem Vizepräsidenten

erforderliche Personal zu und den ständigen Referenten des

beanspruchen. Verfassungsgerichtshofes

bestehende Personalsenat zu

(3) Der aus dem Präsidenten, hören.

dem Vizepräsidenten und den

ständigen Referenten

bestehende Personalsenat

erstattet dem Bundeskanzler

die Besetzungsvorschläge über

das dem Verfassungsgerichtshof

beigegebene Personal. Die Besetzungsvorschläge haben,

wenn genügend Bewerber

vorhanden sind, mindestens

drei Personen, wenn aber mehr

als eine Stelle zu besetzen

ist, mindestens doppelt

soviel Personen zu umfassen

als Stellen zu besetzen sind.

Dazu wird in den Erläuternden Bemerkungen (441 BlgNR III. GP, 6) ausgeführt:

'Die neue Fassung dieses Paragraphen, die meritorisch keine Änderung enthält, entspricht einerseits besser der Teminologie der sonstigen dienstrechtlichen Normen, anderseits paßt sie sich richtiger der Praxis an, die sich in diesen Fragen herausgebildet hat.'

.....

Wesentlich aufschlußreicher ist dagegen ein Vergleich der beiden Textfassungen des §13: Zunächst fällt auf, daß in der bisherigen Fassung des §13 Abs1 von dem dem Verfassungsgerichtshof beigegebenen, in der neuen Fassung dieser Bestimmung hingegen von dem dem Verfassungsgerichtshof angehörenden Verwaltungspersonal die Rede ist (vgl. Welan, Der Verfassungsgerichtshof, in Pelinka/Welan (Hrsg.), Demokratie und Verfassung in Österreich (1971), 213 (261)). Während die bisherige Fassung des §13 Abs1 davon sprach, daß die administrativen Angelegenheiten vom Bundeskanzler zu führen sind, waren sie nach der neuen Fassung dieser Bestimmung (nur mehr) unter dessen Verantwortung zu führen; der bisherige §13 Abs2, aus dem sich für den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes die Notwendigkeit ergab, das erforderliche Personal vom Bundeskanzler zu beanspruchen, entfiel. All dies deutet darauf hin, daß durch die Neufassung des §13 Abs1 die Führung der administrativen Angelegenheiten durch den Verfassungsgerichtshof selbst ermöglicht werden sollte. Der Hinweis im Text des §13 auf die Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers für die Führung dieser Aufgaben stellt jedoch klar, daß das Weisungsrecht des Bundeskanzlers als notwendige Voraussetzung seiner Ministerverantwortlichkeit durch diese Neufassung nicht berührt wird. In dieser Hinsicht - aber auch nur in dieser - enthält die neue Fassung gegenüber der bisherigen 'meritorisch keine Änderung'.

Auf das Wesentliche zusammengefaßt, ermöglichte die Neufassung des §13 VfGG 1925 durch die zweite VfGG-Novelle (nur) die dekonzentrierte Besorgung der bisher dem Bundeskanzler vorbehaltenen administrativen Angelegenheiten durch den Verfassungsgerichtshof (seinen Präsidenten), nicht aber deren weisungsfreie ('autonome') Besorgung.

2.1.7 Was die weitere Rechtsentwicklung anlangt, beschränkt sich die Bundesregierung auf die Feststellung, daß §13 VfGG 1953 dem §13 VfGG 1925 wörtlich und inhaltlich entspricht.

.....

2.2.4 Mit dem Inkrafttreten der Bundesverfassung stellte sich die Rechtslage wie folgt dar:

Gemäß §1 des Übergangsgesetzes (ÜG), BGBl. Nr. 2/1920, wurden alle zu diesem Zeitpunkt in Geltung stehenden Gesetze und Vollzugsanweisungen (Verordnungen) des Staates - einschließlich der Reichsgesetze - in die vom B-VG beherrschte Rechtsordnung übergeleitet, soweit sie mit den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes nicht in Widerspruch standen. §38 dieses Gesetzes lautete:

'§38

Zu Artikel 136.

Das Gesetz vom 6. Februar 1919, St.G. Bl. Nr. 88, über die Errichtung eines deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtshofes, bleibt, soweit es nicht durch die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes und dieses Gesetzes abgeändert wird, bis auf weiteres als das im Artikel 136 vorgesehene Bundesgesetz in Kraft, wobei §6 dieses Gesetzes anzuwenden ist.'

Aus der mit dieser Bestimmung angeordneten Weiteranwendung des §6 des Gesetzes vom 6. Februar 1919 ergab sich, daß mit dessen Vollziehung der Bundeskanzler betraut war.

Zu den durch das Übergangsgesetz rezipierten Rechtsvorschriften gehörte auch die Dienstvorschrift des deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Kelsen/Froehlich/Merkl, Die österreichische Bundesverfassung 1920 (1922), 247), allerdings mit drei wesentlichen Änderungen:

In Verbindung mit §6 des Gesetzes vom 6. Februar 1919 ergab sich aus Art21 Abs2 B-VG 1920 die Zuständigkeit des Bundeskanzlers zur Ausübung der Diensthoheit (zur Auslegung dieses Begriffes vgl. VfSlg. 9287/1981; vgl. aber auch die auf ein weiteres Begriffsverständnis hindeutende Vorjudikatur und die bedenkenswerte Kritik von Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung (1990), 292 ff (300 ff)) gegenüber dem richterlichen und nichtrichterlichen Personal des Verwaltungsgerichtshofes. Alle Vorschriften, die den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zur Ausübung diensthoheitlicher Befugnisse gegenüber dem nichtrichterlichen Personal ermächtigt haben, sind daher wegen Widerspruchs zu Art21 Abs2 B-VG 1920 nicht rezipiert worden; dies gilt insbesondere für §64 Abs2 DV.

.....

Im März 1930 wurde von der Bundesregierung eine neue Vorlage betreffend die Einrichtung und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes eingebracht; die Regierungsvorlage aus dem Jahr 1927 wurde zurückgezogen (StenProt III. GP, 3506). Die Formulierung des §13 dieser Regierungsvorlage (464 BlgNR III. GP) entspricht §12 der Regierungsvorlage betreffend die Zweite Verfassungsgerichtshofgesetz-Novelle (470 BlgNR III. GP, 3) und wird ebenfalls mit dem Erfordernis der Übereinstimmung zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof begründet (464 BlgNR III. GP, 16); sie wird im weiteren Verlauf der parlamentarischen Beratungen nicht mehr geändert (vgl. §13 VwGG 1930, BGBl. Nr. 153).

Da sich die Formulierung des §13 VwGG 1930 ebenso an §13 VfGG 1925 (in der Fassung der zweiten VfGG-Novelle) orientiert wie die Formulierung des §13 der RV eines VwGG (30 BlgNR III. GP) an der Stammfassung dieser Bestimmung und es in beiden Fällen die erklärte Absicht des Gesetzgebers war, die administrativen Angelegenheiten des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes übereinstimmend zu regeln, sind Gesetzesmaterialien zu §13 VfGG 1925 (bzw. §12 VfGG 1921) mittelbar auch für die Auslegung des §13 VwGG 1930 von Bedeutung.

Wie unter Pkt. 2.1.6 ausgeführt, ermöglichte die Neufassung des §13 VfGG 1925 durch die zweite VfGG-Novelle (nur) die dekonzentrierte Besorgung der bisher dem Bundeskanzler vorbehaltenen administrativen Angelegenheiten durch den Verfassungsgerichtshof (seinen Präsidenten), nicht aber deren weisungsfreie ('autonome') Besorgung. Nichts anderes kann für den Verwaltungsgerichtshof gelten.

2.3. Zusammenfassend sind aus der unter Pkt. 2.1 und 2.2 dargestellten Rechtsentwicklung der Justizverwaltung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nach Auffassung der Bundesregierung folgende Schlußfolgerungen zu ziehen:

2.3.1 Die Entstehungsgeschichte des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1921 zeigt, daß die Führung der administrativen Angelegenheiten eines Gerichtshofes des öffentlichen Rechtes unter der Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers der Bundesverfassung nicht widerspricht. Denn die Besorgung dieser Angelegenheiten durch den Bundeskanzler selbst wurde unmittelbar nach Inkrafttreten der Bundesverfassung vom ersten Nationalrat, der ersten Bundesregierung und mit Mayr von einem der Schöpfer der Bundesverfassung als nicht bloß verfassungsrechtlich unbedenklich, sondern geradezu als notwendige Konsequenz der Ministerverantwortlichkeit angesehen.

2.3.2 Die Überlegung Hinterauers, §18 VwGG 1985 müsse so auszulegen sein, daß dem Bundeskanzler als Ressortchef in Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals nur die politische und rechtliche Verantwortung für diese Angelegenheiten verbleibt, weil dieser Bestimmung andernfalls kein Sinn zukäme, vernachlässigt den entstehungsgeschichtlichen Zusammenhang zwischen Vorgängerbestimmungen des §18 VwGG 1985 einerseits und den entsprechenden Bestimmungen des VfGG andererseits und verkehrt den Inhalt dieser Bestimmung geradezu in ihr Gegenteil:

Die Formulierungen des §13 Abs1 VfGG 1925 in der Fassung der zweiten VfGG-Novelle und des §13 Abs1 VwGG 1930 haben 'Antwortcharakter'. Durch sie sollte in einer jegliche Zweifel ausschließenden Weise klargestellt werden, daß die administrativen Angelegenheiten der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ungeachtet ihrer Dekonzentration nicht in einen der Ministerverantwortlichkeit entzogenen, gleichsam 'autonomen' Bereich fielen, sondern (auch weiterhin) unter der Weisung und Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers zu besorgen waren.

Der Gesetzgeber mag damit zwar in der Tat Selbstverständliches zum Ausdruck gebracht haben; es darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Verfassungsmäßigkeit der Leitungsbefugnis des Bundeskanzlers, wie auch und gerade die Ausführungen Tezners belegen, verschiedentlich bestritten worden ist. Gerade wenn man, wie Hinterauer, davon ausgeht, daß die Justizverwaltungssachen vom Verwaltungsgerichtshof stets 'autonom' besorgt wurden und werden, macht die gesetzliche Klarstellung, daß dieser faktischen 'Autonomie' keine rechtliche Unabhängigkeit (Weisungsfreiheit) entspricht, ihren guten Sinn; denn ohne sie wäre das 'Schweigen des Gesetzgebers' zu dieser Frage in der juristischen Rhetorik wohl als 'wesentliches Indiz' dafür herangezogen worden, daß diese Angelegenheiten eben künftig weisungsfrei zu besorgen sind.

2.3.3 Die im §13 VwGG 1930 vorgesehene Führung der administrativen Angelegenheiten unter der Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers stellt keinen plötzlichen Bruch mit einer jahrzehntelangen Kontinuität der Unabhängigkeit ('Autonomie') dieses Gerichtshofes in der Führung dieser Angelegenheiten dar.

.....

2.3.4 Mit Inkrafttreten der Bundesverfassung hat sich die für die Justizverwaltung des Verwaltungsgerichtshofes maßgebende Rechtslage in drei wesentlichen Punkten geändert:

Allfällige Kompetenzen des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Beamte des nichtrichterlichen Personals zu ernennen oder diesen gegenüber die Diensthoheit auszuüben, haben also im Jahr 1920 überhaupt nicht Eingang in die vom B-VG beherrschte Rechtsordnung gefunden. Dies schließt es von vornherein aus, entsprechende Kompetenzen des k.k. Verwaltungsgerichtshofes oder des deutschösterreichischen Verwaltungsgerichtshofes, sollten sie bestanden haben, zum Maßstab für die von Verfassungs wegen geforderte rechtliche Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auf diesem Gebiet zu machen. Denn die Erlassung von Rechtsvorschriften, die wegen Widerspruchs zur Bundesverfassung im Jahr 1920 überhaupt nicht rezipiert worden sind, kann - bei ansonsten unveränderter Verfassungsrechtslage - nicht zu einem späteren Zeitpunkt verfassungsrechtlich geboten sein.

.....

2.4 Im Ergebnis teilt die Bundesregierung daher die in Punkt II.5.a) des Einleitungsbeschlusses zum Ausdruck kommende Auffassung, daß dem Bundeskanzler gemäß §18 VwGG 1985 in den Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals des Verwaltungsgerichtshofes ein oberstes Leitungs- und Weisungsrecht zukommt.

3. In Pkt. 5.b) des Einleitungsbeschlusses kommt der Verfassungsgerichtshof nun allerdings zum - vorläufigen - Ergebnis daß §18 VwGG 1985 bei diesem Inhalt der Bundesverfassung widerspreche:

.....

3.1 Die Bundesregierung teilt diese Bedenken aus folgenden Gründen nicht:

3.1.1 Gemäß Art65 Abs1 lita B-VG steht dem Bundespräsidenten ua. die Befugnis der Ernennung der Bundesbeamten zu.

Auch die dem Personalstand der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes angehörenden Beamten sind Bundesbeamte. Da die Entschließung des Bundespräsidenten vom 12. August 1924, BGBl. Nr. 312, betreffend die Ausübung des Rechtes zur Ernennung von Bundesangestellten durch ArtIV Abs2 der Entschließung BGBl. Nr. 54/1995 mit Ablauf des 31. Dezember 1994 aufgehoben worden ist, kommt eine Ernennungsbefugnis der Präsidenten der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (jedenfalls) ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht. Wegen des Verfassungsranges des Art65 Abs1 lita B-VG kann die Ernennung der dem Personalstand der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes angehörenden Beamten durch Organe dieser Gerichtshöfe verfassungsrechtlich nicht geboten sein.

3.1.2 Gemäß Art21 Abs3 erster Satz B-VG in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 8/1999, wird die Diensthoheit des Bundes gegenüber den Bediensteten des Bundes, soweit im B-VG nicht anderes bestimmt ist, von den obersten Organen des Bundes ausgeübt. Im Bericht des Verfassungsausschusses (1562 BlgNR XX. GP, 3) wird zu dieser Bestimmung ausgeführt:

'Der vorgeschlagene Art21 Abs3 erster Satz entspricht inhaltlich der geltenden Rechtslage. Der neue erste Halbsatz soll klarstellen, daß besondere Bestimmungen des B-VG über die Diensthoheit des Bundes durch die Neuregelung nicht berührt werden; entsprechende Ausnahmen enthalten etwa Art30 Abs3 bis 6 (Präsident des Nationalrates), Art125 (Präsident des Rechnungshofes) und Art148h Abs1 und 2 B-VG (Vorsitzender der Volksanwaltschaft). Aus systematischen Gründen soll die im geltenden Art21 Abs3 zweiter Satz B-VG enthaltene Regelung durch Z15 als neuer Abs3 in Art125 B-VG integriert werden.'

Auch die dem Personalstand der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes angehörenden Beamten und Vertragsbediensteten sind Bundesbedienstete. Da eine besondere Bestimmung des B-VG über die Ausübung der Diensthoheit des Bundes gegenüber diesen Bediensteten nicht existiert, ist sie gemäß Art21 Abs3 B-VG von den - in Art19 Abs1 B-VG genannten - obersten Organen der Vollziehung des Bundes auszuüben. Da Art21 Abs3 B-VG Verfassungsrang hat, ist es von vornherein ausgeschlossen, daß die Ausübung der Diensthoheit gegenüber diesen Bediensteten durch Organe der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes verfassungsrechtlich geboten sein kann; sie wäre, im Gegenteil, wegen Verstoßes gegen Art21 Abs3 B-VG verfassungswidrig.

3.1.3 Gemäß Art134 Abs6 und Art147 Abs6 B-VG finden auf die Mitglieder des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes die Art87 Abs1 und 2 B-VG Anwendung.

Aus Art87 Abs1 und 2 B-VG ergibt sich eindeutig, daß die Mitglieder der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nur in jenen Justizverwaltungssachen, die 'nach den Vorschriften des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen' sind, weisungsfrei sind; in allen anderen Justizverwaltungssachen sind sie an die Weisungen ihres Vorgesetzen (Präsident, Bundeskanzler) gebunden (vgl. mutatis mutandis Ringhofer, Gedanken über einen Entwurf zur Abänderung und Ergänzung des Bundes-Verfassungsgesetzes, FS Hellbling (1971), 607 (612); ders., Die österreichische Bundesverfassung (1977), 271 f).

Die Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals und der sachlichen Erfordernisse des Verwaltungsgerichtshofes zählen zu den Justizverwaltungssachen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsgerichtshof (1955), 167; Hinterauer, aaO, 62) und sind vom Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zu besorgen. Daraus folgt, daß sich der Präsident nicht in Ausübung seines richterlichen Amtes befindet, wenn er diese Angelegenheiten führt, was wiederum bedeutet, daß er bei Führung dieser Angelegenheiten nicht unabhängig und an die Weisungen des Bundeskanzlers gebunden ist (so offenbar auch Hinterauer, aaO, 71 f). Wenn sich aber §18 VwGG 1985 darauf beschränkt, das zu wiederholen, was sich bereits aus der Verfassungsbestimmung des Art134 Abs6 B-VG ergibt, kann diese Bestimmung nach Auffassung der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sein.

.....

Inhaltlich wäre der vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Auffassung entgegenzuhalten, daß die Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers für die monokratisch zu besorgenden Justizverwaltungssachen nur dann geeignet sein könnte, den objektiven Anschein der Unparteilichkeit des Verwaltungsgerichtshofes zu beeinträchtigen, wenn sie auch die objektive Gefahr einer Beeinflussung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch den Bundeskanzler begründet. Dies ist jedoch nicht der Fall: Die Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals stehen als Justizverwaltungssachen mit der Rechtsprechungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in keinerlei Zusammenhang; das nichtrichterliche Personal nimmt an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht teil.

3.4 Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß die weisungsfreie Besorgung der Justizverwaltungssachen durch die Präsidenten der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ein verfassungsrechtliches Gebot darstellt:

Während der Bundeskanzler durch die Bundesverfassung einer besonderen politischen und staatsrechtlichen Verantwortlichkeit unterworfen ist (Art74 B-VG, Art76 iVm. Art142 B-VG), unterliegen die Präsidenten der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ihrerseits keiner solchen Verantwortung. Durch die weisungsfreie Besorgung der Justizverwaltungssachen durch die Präsidenten der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ergäbe sich daher laut Ringhofer (Gedanken über einen Entwurf zur Abänderung und Ergänzung des Bundes-Verfassungsgesetzes, 613) der 'absolut unerfreuliche Zustand, daß bestehende Kontrollfunktionen des Parlaments und des Verfassungsgerichtshofes eingeschränkt würden'. Die Annahme, daß diese Einschränkung von in der Bundesverfassung vorgesehenen parlamentarischen und gerichtlichen Kontrollrechten auf Grund einer 'Systementscheidung' der Bundesverfassung verfassungsrechtlich geboten ist, ist nach Auffassung der Bundesregierung keinesfalls zwingend.

.....

3.6 Für Bestimmungen, die in der Stammfassung des B-VG noch nicht enthalten waren, vermag dieser Grundsatz nach Auffassung der Bundesregierung nicht im selben Ausmaß Geltung zu beanspruchen. Dies gilt namentlich für den in Pkt. II.5.b) des Einleitungsbeschlusses anklingenden Hinweis auf die programmatische Formulierung des Art129 B-VG, die auf die Verfassung 1934 zurückgeht, erst durch die Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 1946, BGBl. Nr. 211, in das B-VG eingeführt wurde und in der Lehre wiederholt als 'unzutreffend' oder 'zu weit' kritisiert wurde (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 61; Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 (1987), Anm. 3 zu Art129 B-VG).

Nach Ansicht der Bundesregierung kann aus der Formulierung des Art129 B-VG (bzw. aus der Stellung des Verwaltungsgerichtshofes als eines mit der Aufgabe der Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung betrauten Kontrollorgans) nicht deduziert werden, sie gebiete die weisungsfreie Besorgung der Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals und der sachlichen Erfordernisse des Verwaltungsgerichtshofes durch diesen selbst. Eine derartige Schlußfolgerung beruht auf Zusatzannahmen (wie etwa der Annahme, die weisungsfreie Führung der Justizverwaltung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes sei wegen ihrer Eigenschaft als 'Verfassungsorgan', ihrer 'Sonderstellung' oder deswegen verfassungsrechtlich geboten, um ihre 'Unabhängigkeit' zu gewährleisten bzw. ihre 'Beeinflussung', 'Lahmlegung' oder 'Ausschaltung' zu verhindern), die als gegeben vorausgesetzt werden und sich damit einer Überprüfung letztlich entziehen (vgl. dazu den in der Anlage beigeschlossenen Bericht des Bundeskanzlers an den Präsidenten des Nationalrates vom 7. Dezember 1976 (III-55 BlgNR 14. GP), der einen integrierenden Bestandteil dieser Äußerung bildet).

4. Die Bundesregierung verkennt nicht, daß für die Übertragung der Justizverwaltung an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes auch beachtliche verfassungspolitische Motive ins Treffen geführt werden können. Unter dem Gesichtspunkt dieses Gesetzesprüfungsverfahrens haben diese Motive jedoch voraussetzungsgemäß außer Betracht zu bleiben. Was die verfassungsrechtliche Beurteilung betrifft, ist die Bundesregierung jedoch der Auffassung, daß die weisungsfreie Besorgung der personellen Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals und der sachlichen Erfordernisse der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes durch diese selbst - sofern sie auch die Befugnis zur Ernennung beinhaltet - zu Art65

Abs1 lita B-VG, zu Art21 Abs3 B-VG und zu Art134 Abs6 und Art147 Abs6 B-VG in Widerspruch stünde.

....."

V. Der Verfassungsgerichtshof stellte es auch dem Verwaltungsgerichtshof (im folgenden abgekürzt: VwGH) anheim, eine Äußerung abzugeben. In der sodann namens des Präsidiums des VwGH erstatteten Äußerung vom 2. April 1999 wird im wesentlichen dargelegt:

"1. In seinem Unterbrechungsbeschluss vom 4. Dezember 1998 ist der Verfassungsgerichtshof vorläufig von der Präjudizialität des §18 VwGG 1985 geleitet. Demgegenüber räumt der Verfassungsgerichtshof an zwei Stellen (...) ein, dass bereits aus §§5, 8 und 9 VwGG gefolgert werden könnte, dass der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Dienstbehörde erster Instanz für das nichtrichterliche beamtete Personal dieses Gerichtshofes sei. Trifft dies zu - und das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser Auffassung - so hätte die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt §18 VwGG nicht anzuwenden gehabt und die Vorschrift wäre daher auch für den Verfassungsgerichtshof im Bescheidprüfungsverfahren nicht präjudiziell. Wenn der Verfassungsgerichtshof in weiterer Folge §18 mit der Begründung ins Spiel bringt, diese Vorschrift schiene in dieselbe Richtung wie die anderen zitierten Regelungen des VwGG zu gehen, könnte aber auch so verstanden werden, dass der Bundeskanzler in den erwähnten Angelegenheiten als Dienstbehörde erster Instanz einzuschreiten hätte, wird damit nach hg. Auffassung die Grenze, diesseits der noch eine denkmöglicherweise anzuwendende gesetzliche Bestimmung vorliegt, überschritten: Es muss nämlich §18 VwGG überhaupt erst eine ihre Verfassungswidrigkeit indizierende Auslegung gegeben werden, um zu Ihrer 'Anwendung' durch die Berufungsbehörde und in der Folge durch den Verfassungsgerichtshof zu gelangen.

2.1. Wenn der Verfassungsgerichtshof unter Zugrundelegung der Anwendung des §18 VwGG und insbesondere gestützt auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift in einem Zwischenschritt seiner Überlegungen dazu gelangt, die Bestimmung stünde der Auffassung nicht entgegen, dass der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Dienstbehörde erster Instanz für das nichtrichterliche Personal dieses Gerichtshofes sei und - mangels Einrichtung eines Instanzenzuges - auch als letzte Instanz in Dienstrechtssachen fungiere, sofern nicht eine spezielle Vorschrift (wie hier §41 a Abs6 BDG) ausnahmsweise anderes vorsehe, so ist dem aus der Sicht des Präsidiums des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls insoweit zuzustimmen, als §18 VwGG der Annahme, dass der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Dienstbehörde erster Instanz ist, nicht entgegenstehen kann.

2.2. In der Folge wird vom Verfassungsgerichtshof dann allerdings die Bedeutung der in §18 VwGG enthaltenen Wortfolge 'unter der Verantwortung des Bundeskanzlers' beleuchtet. Exponiert wird die Auffassung, dass dem Bundeskanzler damit in den Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals des Verwaltungsgerichtshofes ein oberstes Entscheidungs- und Weisungsrecht zukommen könnte. Diese Lesart des §18 VwGG stünde dann allerdings - so der Verfassungsgerichtshof vorläufig - mit der Bundesverfassung in Widerspruch.

Das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes teilt diese Bedenken - soweit sie als das Ergebnis rechtsdogmatischer Erwägungen anzusehen sind - nicht:

2.3. Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Art134 Abs6 B-VG ausdrücklich bestimmt, dass Art87 Abs1 und 2 und Art88 Abs2 B-VG auf die Richter des Verwaltungsgerichtshofes - zu denen der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes zählt (Art134 Abs1 B-VG) - Anwendung finden. Art87 Abs2 B-VG ist die grundlegende verfassungsrechtliche Bestimmung über die Justizverwaltung. Sie regelt, dass sich ein Richter dann nicht 'in Ausübung seines richterlichen Amtes befindet', wenn er monokratisch Angelegenheiten der Justizverwaltung besorgt. Ungeachtet seiner dienstrechtlichen Stellung als Richter befindet sich der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, wenn er - unstrittig monokratisch - gegenüber dem nichtrichterlichen Personal dienstrechtliche Befugnisse wahrnimmt oder Angelegenheiten der sachlichen Erfordernisse besorgt, somit nicht in Ausübung des richterlichen Amtes. Er ist daher insoweit weisungsgebunden. Das oberste Weisungsrecht kommt dem zuständigen 'obersten Organ des Bundes'(Art21 Abs3 B-VG) zu, das gemäß Art19 B-VG im gegebenen Zusammenhang nur ein Bundesminister sein kann. Näherhin handelt es sich nach der Ressorteinteilung der Bundesministerien um den Bundeskanzler (Teil 2 litA, Z3 der Anlage zu §2 BMG i.V.m. §18 VwGG).

2.4. Dazu tritt noch eine weitere verfassungsrechtliche Überlegung: In Fällen, in denen die Bundesverfassung Organe, die nicht 'oberste Verwaltungsorgane' i.S. der Art19 Abs1 und 21 Abs3 B-VG sind, sondern 'angelagerte' Verwaltungen leiten (vgl. Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht2/1984/25ff) mit besonderen Zuständigkeiten zur Diensthoheit ausstattet, sind diese ausdrücklich und detailliert geregelt (Art30 Abs6, Art125 Abs3 und 148h B-VG).

Für den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes besteht keine vergleichbare Regelung. Angesichts der Ausdrücklichkeit und relativen Kasuistik der zitierten Bestimmungen ist es nach Ansicht des Präsidiums des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht möglich, im Falle anderer Organe eine implizite oder stillschweigende Verfassungsrechtslage, die diesen Regelungen entspräche, anzunehmen.

.....

3.2. Soweit es um die positive Verfassungsrechtslage geht, so mag es dahingestellt bleiben, welche Konturen ein unmittelbar in den Grundprinzipien der Bundesverfassung wurzelndes 'Rechtsstaatskonzept' im Einzelnen hat. Einem solchen Konzept kann aber - nach hier vertretener Ansicht - keinesfalls ein Inhalt gegeben werden, der bundesverfassungsrechtliche Vorschriften erzeugt oder ihnen sogar - Art134 Abs6 B-VG! - derogiert.

3.3. An dieser Stelle der Überlegungen könnte man allerdings - auf der Linie der Wertbetrachtung des Verfassungsgerichtshofes - fragen, ob die Anwendung des Art87 Abs2 B-VG im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht teleologisch reduziert werden könnte. Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes hat dienstrechtliche Bestimmungen sowohl gegenüber den Richtern als auch gegenüber dem Verwaltungspersonal zu vollziehen. Man könnte nun allenfalls die Ansicht vertreten, dass gleichsam wegen der Nähe zur Gerichtsbarkeit Art87 Abs2 B-VG dort nicht zur Anwendung kommen sollte, wo dienstrechtliche Vorschriften gegenüber Richtern vollzogen werden. Ungeachtet anderer Einwände erscheint dieser Weg aber gerade im Zusammenhang mit §18 VwGG nicht möglich, betrifft diese Bestimmung doch ausdrücklich nur das Verwaltungspersonal. Gäbe man Art87 Abs2 B-VG aber die Auslegung, dass sogar die Diensthoheit des Bundeskanzlers gegenüber dem Verwaltungspersonal ausgeschlossen wäre, verbliebe für Art87 Abs2 B-VG dann praktisch kein Anwendungsbereich mehr.

3.4. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes richten sich darauf, 'dass der Präsident jenes Gerichtshofes, dessen Aufgabe es (anders als etwa jene des Obersten Gerichtshofes) typischerweise ist, die Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung zu sichern, in Dienstrechtsangelegenheiten, die sein Personal betreffen, einem obersten Organ der Vollziehung (Art19 B-VG) unterstellt wäre'. Dies, würde - so der Verfassungsgerichtshof unter Bezugnahme auf Art6 EMRK weiter - den Anschein einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtshofes bewirken.

Dazu wäre zunächst darauf hinzuweisen, dass die Justiz der staatliche Funktionsbereich ist, in dem die Trennung von Justiz und Justizverwaltung historisch ausdifferenziert wurde. Ein verfassungspolitisches Bedürfnis, die Justizverwaltung im formellen Sinn und damit die Anbindung der Richter an den Bundesminister für Justiz gänzlich zu beseitigen, wurde bisher wohl kaum artikuliert.

Nun trifft es zu, dass die Bundesverfassung in das Zentrum der Zuständigkeiten des Verwaltungsgerichtshofes die Aufgabe stellt, Bescheide - also Verwaltungsakte (u.a. auch des Bundeskanzlers) - auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Damit wird der Verwaltungsgerichtshof unmittelbarer mit der Verwaltung konfrontiert als die ordentliche Gerichtsbarkeit, die es allenfalls damit zu tun haben kann, die Rechtmäßigkeit des Handelns von Verwaltungsorganen zu beurteilen (z.B. bei der Amtshaftung oder beim Delikt des Amtsmissbrauches). Freilich sollte dabei nicht übersehen werden, dass auch im Bereich der Justiz gewichtige Interessen der Exekutive auf dem Spiel stehen können. So ist es nicht recht einzusehen, weshalb etwa bei einem Amtshaftungsverfahren die Gefahr vernachlässigbar wäre, dass die Exekutive über den Weg der Justizverwaltung mittelbar Einfluss auf die ordentliche Gerichtsbarkeit nimmt, während im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit gefürchtet wird, dass der Bundeskanzler im Falle der Bescheidprüfung einen solchen mittelbaren Einfluss geltend machen könnte.

Wenn es aber eher um den 'Anschein einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtshofes' geht, so sollte berücksichtigt werden, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht gleichsam als solcher, sondern verfassungsrechtlich betrachtet in der Form seiner verschiedenen - in der Gerichtsbarkeit, aber auch in der Justizverwaltung - tätigen Organe tätig wird. Wenn der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes - etwa nach Weisung des Bundeskanzlers - oder der Bundeskanzler selbst einen Bescheid erlässt, der dann Prüfungsgegenstand vor dem Verwaltungsgerichtshof ist, so findet das Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides in dem Senat statt, der dafür auf Grund der von der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtshofes im voraus beschlossenen Geschäftsverteilung zuständig ist (Art135 Abs2 B-VG). Auf die Zusammensetzung, Zuständigkeit oder Rechtsprechung dieses Senates kann der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes - sieht man von seiner Stimme in der Vollversammlung ab - ebenso wenig Einfluss nehmen wie umgekehrt ein Spruchkörper auf die Justizverwaltung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes. Wenn der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes gemäß der Geschäftsverteilung in seiner richterlichen Funktion Mitglied des zuständigen Senates ist - was keineswegs ausgeschlossen ist - so wäre er gemäß §31 Abs1 Z4 VwGG befangen und es würde zum Eintritt des nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Ersatzmitglieds kommen.

Besteht aber keine solche unmittelbare Verklammerung und geht es 'nur' um die Problematik, dass der Bundeskanzler - etwa mittels dienstrechtlicher Weisungen - den Geschäftsbetrieb des Verwaltungsgerichtshofes in einer immerhin vorstellbaren Weise beeinträchtigt, indem etwa notwendige Überstunden für wissenschaftliche Mitarbeiter nicht gewährt werden, so liegt doch wieder eine der Justiz vergleichbare allgemeine Problemlage vor.

.....

4. Sollten die obenstehenden Überlegungen die Bedenken des Verfassungserichtshofes nicht zerstreuen können, so sollte nach Auffassung des Präsidiums des Verwaltungsgerichtshofes noch einmal die im Unterbrechungsbeschluss zitierte Erwägung Hinterauers in der FS Loebenstein auf ihre Tragfähigkeit geprüft werden. Hinterauer schlägt vor, die im §18 VwGG angesprochene 'Verantwortung' des Bundeskanzlers so auszulegen, dass dem Bundeskanzler nur die politische und rechtliche Verantwortung für diese Angelegenheiten verbleibt. Über die Argumentation Hinterauers hinaus könnte ergänzend noch Folgendes erwogen werden:

Dem Verfassungsgerichtshof ist zwar darin grundsätzlich beizupflichten, dass einer solchen Verantwortung auch ein - so die Worte des Verfassungsgerichtshofes - 'oberstes Entscheidungs- und Weisungsrecht' zukommen muss. Im gegebenen Fall erscheint es aber auch nicht als gänzlich denkunmöglich, §18 VwGG im hier maßgeblichen Zusammenhang enger auszulegen."

VI. Dem von der Bundesregierung und dem Präsidium des VwGH übereinstimmend erhobenen Einwand, die in Prüfung gezogene Vorschrift sei (zur Gänze) nicht präjudiziell, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht beizupflichten.

1. Die im §18 VwGG enthaltene Wendung "Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals" bringt in Verbindung mit der hier umschriebenen (in einem anderen Zusammenhang ebenfalls zu erörternden) Geschäftsführung unter der Verantwortung des Bundeskanzlers zum Ausdruck, daß nicht etwa dieser, sondern der im Sinne der §§8 und 9 leg. cit. zur Leitung des VwGH berufene Präsident mit den bezeichneten Personalangelegenheiten betraut ist und der hier genannte Wirkungsbereich einen Teil seiner Leitungsaufgaben bildet. Der vom Präsidium des VwGH mit Beziehung auf den Einleitungsbeschluß herausgestellte Umstand, daß dies schon aus den §§(5 sowie) 8 und 9 VwGG allein erschlossen werden könnte, ändert nichts daran, daß eine (das Verwaltungspersonal betreffende) dienstrechtliche Entscheidung des Präsidenten des VwGH (die im Anlaßbeschwerdefall (insbesondere) bezüglich der Zuständigkeit des eingeschrittenen Organs der Rechtskontrolle der Berufungskommission und daher auch in weiterer Folge jener des Verfassungsgerichtshofes unterliegt) auch von dieser die Kompetenz des Präsidenten des VwGH mitbegründenden Gesetzesvorschrift getragen wird. Im grundsätzlichen ist dieser Meinung auch Jabloner (zu Art134 B-VG, Rz 13, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, (1999)), dem zufolge "die Vorschrift (sc. §18 VwGG) nur den Sinn haben (kann), dass die angesprochenen Agenden eben nicht unmittelbar vom Bundeskanzler, sondern nur unter seiner Verantwortung geführt werden, und zwar von dem gemäß §9 VwGG den VwGH leitenden Präsidenten. Damit ist §18" - wie Jabloner näher erläutert - "als ein den Regelungen des DVG (und der DVV) vorausgehendes 'einschlägiges Gesetz' im Sinne des §2 Abs1 DVG zu deuten" (Hervorhebungen nicht im Original).

2. Keine Berechtigung kommt auch dem - hilfsweise erhobenen - Einwand der Bundesregierung zu, der in Prüfung genommene §18 VwGG sei nicht zur Gänze präjudiziell. Der Umstand, daß der Anlaßbeschwerdefall eine dienstrechtliche Sache zum Gegenstand hat, ändert nichts daran, daß §18 VwGG eine inhaltlich nicht trennbare Einheit bildet; schon der Begriff des (hier in Ansehung des nichtrichterlichen Personals betrachteten) "Arbeitsplatzes" macht deutlich, daß Personal- und Sacherfordernisse verwaltungsmäßig nicht voneinander losgelöst werden können. Da der Geltungsbereich dieses Paragraphen also nicht etwa auf die Wortfolge "des nichtrichterlichen Personals und" eingeschränkt werden kann, kommt §18 VwGG insgesamt Präjudizialität in der Bedeutung des Art140 Abs1 B-VG zu, weshalb das eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren (dem auch sonst keine Verfahrenshindernisse entgegenstehen) nicht auf die erwähnte Wortfolge zu beschränken, sondern zur Gänze meritorisch zu erledigen ist.

VII. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichtshofs erweisen sich ebenfalls als gerechtfertigt.

1.a) Der Bundesregierung und dem Präsidium des VwGH ist beizutreten, wenn sie der Sache nach kritisieren, daß der Prüfungsbeschluß mit dem Mangel belastet ist, auf Art134 Abs6 B-VG und die darin enthaltene Bezugnahme auf Art87 Abs2 B-VG nicht Bedacht zu nehmen, insbesondere nicht auf die aus der letztangeführten Verfassungsvorschrift abzuleitende Rechtsauffassung, daß sich Richter im Bereich der monokratischen Justizverwaltung nicht in Ausübung ihres richterlichen Amtes befinden und daher insoweit nicht unabhängig sind, sondern der Weisungsgebundenheit unterliegen (s. z. B. VfSlg. 7376/1974, wo auch der Begriff der Justizverwaltung im allgemeinen, und zwar dahin umschrieben wird, daß es sich um eine bestimmte Verwaltungstätigkeit in bezug auf die richterlichen Funktionen eines bestimmten Gerichtes handelt). Sowohl die Bundesregierung als auch das Präsidium des VwGH interpretieren die zitierten Verfassungsvorschriften dahin, daß der Präsident des VwGH (grundsätzlich nicht anders als bestimmte Funktionen ausübende andere Mitglieder des VwGH, wie z.B. der Präsidialvorstand, in Beziehung auf den Präsidenten des VwGH) im Bereich der monokratischen Justizverwaltung an Weisungen gebunden ist, und zwar im Hinblick auf seine hierarchische Stellung im Gefüge des VwGH als dessen Präsident sowie auf das Bundesministeriengesetz unmittelbar an solche des Bundeskanzlers. Dieses Verfassungsverständnis vermag der Verfassungsgerichtshof in Ansehung des Präsidenten des VwGH jedoch nicht zu teilen.

Im Gegensatz zu den ordentlichen Gerichten, die von Verfassungs wegen einen Teilbereich der (- im Dritten Hauptstück des B-VG geregelten -) Vollziehung des Bundes bilden und (wie insbesondere aus Art92 B-VG folgt) zur Entscheidung in Zivil- und Strafrechtssachen berufen sind, obliegt dem VwGH ((gemeinsam mit dem Verfassungsgerichtshof) als Träger der - wie die Überschrift des Sechsten Hauptstücks des B-VG ausdrücklich besagt - "Garantien der Verfassung und Verwaltung") - und zwar auch in Kontrolle der unabhängigen Verwaltungssenate - "die Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung" (vgl. Art129 B-VG). Damit ist der VwGH auch zur Kontrolle individueller hoheitlicher Rechtsakte sämtlicher Mitglieder der Bundesregierung, mithin auch solcher des Bundeskanzlers sowie der Bundesregierung überhaupt berufen. Ein derartiges verfassungsmäßig (bereits zum Zeitpunkt der (inhaltlichen) Erlassung des §18 VwGG) vorgegebenes Kontrollsystem erlaubt keinen wie immer gearteten effektiven Eingriff des kontrollierten Organs in die Funktion des Kontrollierenden; eine solche Annahme bedeutete nämlich geradezu eine Umkehrung der Kontrollrichtung und erwiese sich als schlechthin systemwidrig; sie kann auch nicht durch historische Ableitungen gerechtfertigt werden. Wie nämlich der Verfassungsgerichtshof für seinen Bereich in bezug auf die (damals als gegeben unterstellte) Gebundenheit an Weisungen des Bundeskanzlers bereits (in einer Stellungnahme) dargelegt hat (s. hiezu das Zitat in Ermacora, 100 Jahre Justizverwaltung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, in: Lehne/Loebenstein/Schimetschek (Hrsg.), Die Entwicklung der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Festschrift zum 100jährigen Bestehen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes), (1976), S 331 ff., hier S 343), hat es, "wer über Personal- und Sacherfordernisse des Gerichtshofs verfügt, .... in der Hand, den Gerichtshof zu beeinflussen und letzten Endes lahm zu legen." Diese Erwägungen treffen auch für den Verwaltungsgerichtshof voll zu. Ein gegenüber dem Präsidenten des VwGH weisungsbefugtes Organ hätte es etwa in der Hand, die Bestellung eines bestimmten Mitglieds des VwGH (gleichsam als Person besonderen Vertrauens) zum Präsidialvorstand, zum Leiter des Evidenzbüros oder zur Herausgabe der Amtlichen Sammlung der Entscheidungen des VwGH zu bestimmen, die Einrichtung und Führung des Evidenzbüros oder der (für die Entscheidungstätigkeit eines Gerichtshofs selbstredend unentbehrlichen) Amtsbibliothek, die Auswahl und Funktion des Systems der im Gerichtsbetrieb verwendeten Elektronischen Datenverarbeitungs-Anlage und mannigfaltige Umstände mehr ausschlaggebend festzulegen und hiedurch Einfluß auf die rechtsprechende Tätigkeit auszuüben. Dem Verfassungsgesetzgeber kann im Hinblick auf die geschilderten, durch vielfältige Beispiele fortführbare Darstellung mit richtigem Blick auf die gegebene Verfassungsrechtslage nicht zugesonnen werden, Art87 Abs2 B-VG in bezug auf den Präsidenten des VwGH anders gemeint zu haben als dahin, ihn bloß als weisungsberechtigtes Organ gegenüber anderen Mitgliedern des VwGH im Bereich der monokratischen Justizverwaltung einzurichten, etwa hinsichtlich seiner (schon erwähnten) Weisungsbefugnis in bezug auf den Präsidialvorstand oder den Leiter des Evidenzbüros; dies trifft sinngemäß aber auch dann zu, wenn er als Dienstbehörde (letzter Instanz) gegenüber dem Personal des Verwaltungsgerichtshofs tätig wird.

b) Daß die vorhin erwähnten abträglichen Gegebenheiten im Fall der angenommenen Weisungsgebundenheit des Präsidenten des VwGH gegenüber dem Ressortminister nicht bloß fiktiver, gleichsam unpraktischer Natur sind, könnte an zahlreichen konkreten Beispielsfällen dargetan werden, von denen lediglich zwei - zeitlich weit auseinanderliegende - der Verdeutlichung wegen angeführt seien:

Einmal die - von der Bundesregierung in ihrer Äußerung selbst zitierte - Schilderung durch den ehemaligen Senatspräsidenten des VwGH und o.ö. Universitätsprofessor Tezner (in: Das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden, (1924), S 181 ff.) betreffend die ohne vorangegangenes Einvernehmen an den Präsidenten des VwGH ergangene Weisung der Bundesregierung, das eigens den Bedürfnissen des Gerichtshofes angepaßte Amtsgebäude (für den neuerrichteten Stadtschulrat) zu räumen. Entgegen der Äußerung der Bundesregierung kommt es nicht darauf an, ob der scharfen Kritik Tezners am plötzlichen Übersiedlungsgebot "polemischer Charakter" zukommt, sondern auf den sachlichen Gehalt der von einem herausragenden Kenner der Materie gegebenen näheren Beschreibung einer Maßnahme, die den VwGH in seiner rechtsprechenden Funktion erheblich beeinträchtigt und insbesondere bewirkt hat, daß der VwGH - offenkundig durch längere Zeit hindurch - seine Tätigkeit ohne sofortigen Zugriff auf die im früheren Amtsgebäude zurückgebliebene, für die sachliche Arbeit unentbehrliche Amtsbibliothek fortsetzen mußte.

Zum anderen sei - aus jüngerer Zeit - etwa auf das (auch) an den Verwaltungsgerichtshof ergangene Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 27. Dezember 1994, Zl. 924.510/2-II/4/94, hingewiesen. In diesem - von einem Beamten des BKA in Vertretung des Abteilungsleiters gefertigten - Schreiben wird der VwGH in (auch sprachlich deutlich imperativer Form) angewiesen, ab 1. Jänner 1995 (mithin wenige Tage nach Hinausgabe des Schreibens) den Aufwand für Mehrdienstleistungen um 10 Prozent zu reduzieren, wobei (im Anschluß an Ausführungen über eine dem BKA mitzuteilende Liste) folgendes wörtlich angeordnet wird:

"Unabhängig davon ist dem Bundeskanzleramt bis längstens 28. Feber 1995 ein Bericht über die eingeleiteten oder getroffenen Maßnahmen zu übermitteln, aus dem zu ersehen sein soll, welche Schillingbeträge dadurch eingespart werden."

Daß eine Weisung dieser Art geradezu notwendig dazu führt, die rechtsprechende Tätigkeit zum Nachteil der rechtsuchenden Bevölkerung zu verzögern und daher zu beeinträchtigen (indem etwa rechtskundige Mitarbeiter Vorbereitungsarbeiten in geringerem Ausmaß leisten oder Schreibarbeiten u. dgl., wie etwa die Ausfertigung von Entscheidungen des VwGH, später erledigt werden), bedarf nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs keines weiteren Nachweises.

c) Den unter VII/1/a angestellten Erwägungen stehen (später geschaffene) Verfassungsvorschriften nicht entgegen, die anderen Verfassungsorganen, wie etwa dem Präsidenten des Nationalrats, dem Präsidenten des Rechnungshofs oder dem Vorsitzenden der Volksanwaltschaft (vgl. Art30 Abs3 bis 6, Art125 sowie Art148 h Abs1 und 2 B-VG) eine weitergehende Autonomie in Personalangelegenheiten (insbesondere durch Ernennungsbefugnisse) und ausdrücklich die Diensthoheit (worunter die Summe der dienstrechtlichen Zuständigkeiten gegenüber den Dienstnehmern zu verstehen ist - vgl. VfSlg. 9287/1981, S 367, sowie Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 555) einräumen. Art21 Abs3 B-VG verleiht nämlich - gleichsam klarstellend - die Diensthoheit gegenüber den Bediensteten des Bundes den obersten Organen des Bundes ausschließlich unter dem Vorbehalt, daß das B-VG nicht anderes bestimmt; unter den hier bezogenen abweichenden Anordnungen sind aber nicht bloß vom Einflußbereich eines Ressortministers explizit ausnehmende Vorschriften zu verstehen, sondern auch solche Anordnungen, die sich - wie in Ansehung des Präsidenten des VwGH - aus dem verfassungsmäßig festgelegten Kontrollsystem des B-VG bezüglich der gesamten öffentlichen Verwaltung als notwendig vorausgesetzt ergeben.

2. Daß §18 VwGG die Weisungsgebundenheit des Präsidenten des VwGH gegenüber dem Bundeskanzler begründet, wird nun weder von der Bundesregierung noch vom Präsidium des VwGH in Zweifel gezogen. Auch der Verfassungsgerichtshof ist dieser Meinung, denn - sowohl rechtliche als auch politische - Verantwortung kann begriffsmäßig nur dann getragen werden, wenn der Träger der Verantwortung auf den Gegenstand seines Verantwortungsbereichs maßgeblich Einfluß nehmen, also das Verhalten des anzusprechenden Organs bestimmend, d.h. weisungsgebend beeinflussen kann. Versteht man die in Prüfung stehende Bestimmung in diesem Sinn, so widerspricht sie der vorhin dargestellten Verfassungsrechtslage. Diese Gesetzesvorschrift ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

VIII. Die übrigen Entscheidungen stützen sich auf Art140 Abs6 erster Satz und Abs5 erster Satz B-VG. Dem nicht näher begründeten Begehren der Bundesregierung, für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle eine Frist zu setzen, war nicht zu entsprechen, weil kein Anhaltspunkt für das Erfordernis einer solchen Maßnahme hervorgekommen ist.

IX. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

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