VfGH B1856/98

VfGHB1856/9815.3.2000

Verletzung im Eigentumsrecht durch Abweisung eines Antrags auf Rückübereignung von im Zuge eines Kraftwerksbaus enteigneter Grundflächen aufgrund Unterlassung entscheidungserheblicher Feststellungen; keine abschließende Regelung des Rückübereignungsanspruches im WRG 1959; verfassungskonforme Auslegung bei zweckverfehlender Enteignung geboten

Normen

StGG Art5
WRG 1959 §70
StGG Art5
WRG 1959 §70

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 29.500,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist seinen Ausführungen zufolge aufgrund eines Übergabevertrages aus dem Jahr 1976 Rechtsnachfolger des Franz M.

Über Antrag der mitbeteiligten Partei, der Österreichischen Draukraftwerke AG (ÖDK), hatte der Landeshauptmann von Kärnten im Jahr 1965 gemäß §§60, 65, 99 und 114 Wasserrechtsgesetz 1959 (in der Folge: WRG 1959) mehrere näher bezeichnete Parzellen der Liegenschaft EZ 111 KG Malta im Ausmaß von 6,105.298 m2, die im Eigentum des Franz M standen, mit der Begründung enteignet, daß diese für das Bauvorhaben Winterspeicherwerk Inneres Maltatal-Kolbnitz, einen bevorzugten Wasserbau, benötigt würden.

Franz M erhielt hiefür von der ÖDK eine Entschädigung von S 350.000,-.

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger des Franz M die Rückübereignung dieser Grundflächen wegen Nichtverwirklichung des seinerzeitigen Enteignungszweckes.

Diesen Antrag wies der belangte Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, der aufgrund eines Devolutionsantrages zuständig geworden war, mit Bescheid vom 24. August 1998 gemäß §70 Abs2 WRG 1959 und §73 AVG ab und begründete dies wie folgt:

"Gemäß §70 Abs2 WRG 1959 i.g.d.F. kann der frühere Eigentümer oder sein Erbe die Rückübertragung enteigneter Grundstücke binnen 1 Jahr nach behördlicher Verständigung vom Erlöschen des Wasserrechtes gegen angemessene Entschädigung beantragen.

Unbestritten ist, daß das Wasserrecht der ÖDK zum Betrieb des KW Malta nicht erloschen ist. Eine andere rechtliche Bestimmung zur Rückübertragung enteigneter Grundstücke sieht das Wasserrechtsgesetz aber nicht vor.

Der Hinweis des Antragstellers auf Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zu Enteignungen nach den Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes treffen im Gegenstand nicht zu, da die zitierten Erkenntnisse nur dann zum Tragen kommen, wenn das jeweilige Projekt nicht realisiert wurde. Im Gegenstand wurde aber das Winterspeicherkraftwerk Inneres Maltatal-Kolbnitz errichtet.

Wenn auch nicht auf allen enteigneten Parzellen Anlagenteile des Kraftwerkes Malta stehen, war die Enteignung der Gesamtfläche der Liegenschaft EZ 111, KG Malta, trotzdem notwendig, weil die Restflächen erforderlich waren, um andere enteignete Grundeigentümer durch Einräumung von Weide- und Jagdrechte zu entschädigen. Somit waren sehr wohl auch diese Parzellen für die Errichtung des Kraftwerkes Malta erforderlich.

Weiters hat ... (der Beschwerdeführer) keine Unterlagen

vorgelegt die ihn als Erben und Rechtsnachfolger des ... (Franz M)

einwandfrei ausweisen.

Abschließend ist noch festzustellen, daß lt. Aktenlage ... (Franz M) die EZ 111, KG Malta, zur Gänze der ÖDK verkaufen wollte. Daß schließlich nicht formell ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde sondern eine Enteignung stattgefunden hat, war allein auf günstigere steuerlich und grundbuchrechtliche Bestimmungen zurückzuführen."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Gestützt auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Aufrechterhaltung einer einmal verfügten Enteignung verfassungsrechtlich unzulässig sei, wenn der öffentliche Zweck, zu dessen Verwirklichung das Gesetz eine Enteignungsmöglichkeit vorgesehen habe, tatsächlich nicht bzw. nicht im ursprünglich beabsichtigten Umfang verwirklicht werde.

Dem Rechtsinstitut der Enteignung sei die Rückgängigmachung der Enteignung bei Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten öffentlichen Zweckes immanent. Die Verfügung der Enteignung müsse durch Aufhebung des Enteignungsbescheides rückgängig gemacht werden. Die Rechtskraft des Bescheides stehe einer Aufhebung deshalb nicht im Wege, weil der Vorbehalt der Rückgängigmachung der Enteignung von der Rechtskraft mitumfaßt sei; der Rückübereignungsanspruch bestehe für den Eigentümer und seinen Rechtsnachfolger unmittelbar aufgrund der Verfassung im Sinne des Art5 StGG.

§70 WRG 1959 (ähnlich wie §37 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954) regle zwar lediglich bestimmte Fälle der Rückübereignung im Zusammenhang mit dem Erlöschen wasserrechtlicher Bewilligungen, schließe aber in verfassungskonformer Interpretation die Geltendmachung des Rückübereignungsanspruches unmittelbar aufgrund der Verfassung nicht aus, da §70 WRG 1959 keine abschließende Regelung zur Rückgängigmachung von Enteignungen im Zusammenhang mit wasserrechtlichen Bewilligungen enthalte. Aus dem dem Rückübereignungsverfahren zugrundeliegenden Verwaltungsakt ergebe sich, daß die mitbeteiligte Partei ausdrücklich zugestehe, daß die Flächen, deren Rückübereignung beantragt würden, dazu verwendet worden seien, "andere Grundeigentümer im Entschädigungsweg durch die Einräumung von Weide- und Jagdrechten zu befriedigen", was nicht dem im Enteignungsbescheid angeführten öffentlichen Zweck entspreche.

Da die vom Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 13. August 1965 enteigneten Grundflächen bis zum heutigen Tag nicht dem die Enteignung rechtfertigenden öffentlichen Zweck zugeführt worden seien, liege eine zweckverfehlende Enteignung vor, sodaß wegen Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten öffentlichen Interesses der Rückübereignungsanspruch unmittelbar aufgrund der Verfassung, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des §70 Abs2 WRG 1959, bestehe.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie gleichfalls für die Abweisung der Beschwerde eintritt.

3.1. Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift vor, daß nach den Bestimmungen des WRG 1959 nur gemäß §70 WRG 1959 eine Rückübereignung durchgeführt werden könne. Die in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen einer Rückübereignung lägen nicht vor, da das Wasserrecht der mitbeteiligten Partei zum Betrieb des Kraftwerkes Malta nicht erloschen sei. Eine andere rechtliche Bestimmung zur Rückübereignung enteigneter Grundstücke sehe das WRG 1959 aber nicht vor.

Dem Beschwerdeführer sei entgegenzuhalten, daß der der Enteignung immanente Grundsatz der Rückgängigmachung bei Nichtverwirklichung des Enteignungszweckes für sich allein noch nicht eine gesetzesorientierte Vollziehung ermögliche. Hiefür bedürfe es einer gesetzlichen Regelung, ab welchem Zeitpunkt die Rückgängigmachung begehrt werden könne, in welchem Ausmaß die erhaltene Entschädigung zurückzuerstatten sei, wem die Erträgnisse der zwischenzeitlichen Nutzung zufielen, inwieweit wertvermehrende bzw. wertvermindernde Veränderungen zu berücksichtigen seien und schließlich, ob dem Rückübereignungsanspruch dingliche Wirkung zukomme. Diese vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien für die Rückübertragung enteigneter Grundstücke lägen nicht vor.

Weiters sei darauf hinzuweisen, daß gemäß §64 Grundbuchsgesetz der ursprüngliche Eigentümer bei einem Wegfall des Rechtsgrundes für den Eigentumserwerb des betreffenden Grundstückes dieses von einem gutgläubigen Dritten nach einem Zeitraum von drei Jahren - ein solcher sei bei weitem überschritten - nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg zurückverlangen könne.

3.2. Die mitbeteiligte Partei bringt vor, daß die Liegenschaften zu ihren Gunsten aufgrund der Bestimmungen des WRG 1959 für das Vorhaben der Errichtung der Kraftwerksgruppe Malta enteignet worden seien. Das Bauvorhaben Winterspeicherwerk Inneres Maltatal-Kolbnitz sei zum bevorzugten Wasserbau erklärt und mit Bescheid vom 20. Juli 1965 wasserrechtlich bewilligt worden.

In den Jahren 1971 bis 1978 sei die Kraftwerksanlage der Kraftwerksgruppe Malta, darunter insbesondere auch die Kölnbreinsperre mit dem Kölnbreinspeicher, errichtet worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1997 sei die Kollaudierung der Sperre Kölnbrein ausgesprochen worden.

Der Beschwerdeführer habe am 30. Juli 1996 beantragt, ihm die für die Zwecke des Winterspeicherwerks Inneres Maltatal-Kolbnitz enteigneten Grundflächen der Liegenschaft EZ 111 KG Malta des Franz M rückzuübereignen. Von den insgesamt eingelösten 6,105.299 m2 seien für den eigentlichen Kraftwerkszweck rund 130 ha benötigt worden, wobei diese Flächen den Kölnbreinspeicher im Ausmaß von rund 115 ha und den Steinbruch für die Gewinnung der Betonzuschlagstoffe im Ausmaß von rund 15 ha betroffen hätten. Die Kraftwerksgruppe Malta werde voll betrieben und das erteilte Wasserrecht zum Betrieb sei voll aufrecht.

Sowohl aus der Verpflichtungserklärung mit Einräumung eines Vorkaufsrechtes vom 27. November 1957 als auch im Anbot zum Erwerb der Liegenschaft EZ 111 KG Malta vom 8. März 1965 komme zum Ausdruck, daß Franz M der ÖDK die gesamte Liegenschaft habe übertragen wollen. Ihm sei bewußt gewesen, daß durch die Errichtung des Hauptspeichers Kölnbrein nach dem Einstau der wesentlichen Flächen der Sameralpe ein Almbetrieb kaum rentabel gestaltet werden könne. Aus diesem Grund habe Franz M darauf gedrängt, daß die Ablöse der gesamten Alm erfolge, und zwar im Sinne einer "Resteinlöse" auch für jene Flächen, die nicht direkt durch den Einstau betroffen würden.

Das während der mündlichen Verhandlung vom 12. August 1965 mit Franz M abgeschlossene Übereinkommen, das im Enteignungsbescheid vom 13. August 1965 beurkundet worden sei, habe unter Pkt. 3. folgendes festgehalten:

"Herr M ... erklärt hiemit ausdrücklich, sämtliche Rechte und

Pflichten aus dem Jagd-Pachtvertrag aus dem Jahre 1961, welchen er

mit Herrn ... abgeschlossen hat, den Österr. Draukraftwerken AG zu

übertragen. Es handelt sich bei diesem Jagd-Pachtvertrag um eine Eigenjagd, die aus den zur Enteignung beantragten Grundflächen der sogenannten Samer-Alm besteht."

Insbesondere sei sowohl die jagdwirtschaftliche Nutzung als auch die restliche noch mögliche Weidenutzung (namentlich genannten) Grundeigentümern überlassen worden.

Die von der "Resteinlöse" betroffenen Grundflächen der Liegenschaft seien somit sehr wohl dem Enteignungszweck zugeführt worden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Im angefochtenen Bescheid wird die Abweisung des Antrags auf Rückübereignung der Grundstücke damit begründet, daß die Voraussetzungen des §70 Abs2 WRG 1959 nicht vorlägen, da das Wasserrecht der mitbeteiligten Partei zum Betrieb des Kraftwerkes nicht erloschen sei. Eine andere rechtliche Bestimmung zur Rückübertragung enteigneter Grundstücke sehe das WRG 1959 nicht vor. Auch sei das Projekt errichtet worden. Wenn sich auch nicht auf allen enteigneten Parzellen Anlageteile des Kraftwerkes befänden, sei die Enteignung der Restflächen erforderlich gewesen, um andere enteignete Grundeigentümer durch Einräumung von Weide- und Jagdrechten zu entschädigen.

2. Da der angefochtene Bescheid einen Rückübereignungsanspruch verneint, greift er in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985, 11650/1988, 15096/1998) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewandt hätte, ein Fall, der auch dann vorläge, wenn die Behörde dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hätte.

2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 8981/1980 ausgeführt und näher begründet und in seiner weiteren Judikatur (VfSlg. 8982/1980, 11017/1986, 11160/1986, 11828/1988, 13166/1992, 13744/1994, 14042/1995, 14686/1996, 15096/1998) wiederholt hat, erfordert es die mit Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsgarantie, daß das mit dem Institut der Enteignung dem Eigentümer einer Sache zugunsten der Allgemeinheit auferlegte Opfer nicht über das zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unbedingt notwendige Ausmaß hinausgeht. Die innere Rechtfertigung des in der Enteignung liegenden Eingriffes in das grundsätzlich als unverletzlich geschützte Eigentum liegt darin, daß die Erfüllung bestimmter, dem allgemeinen Besten - dem öffentlichen Interesse, dem öffentlichen Wohl - dienender und als solche gesetzlich festgelegter Aufgaben nur unter der Voraussetzung möglich ist, daß eine Sache dem Eigentümer zwangsweise entzogen und auf den Staat, eine öffentliche Körperschaft oder ein gemeinnütziges Unternehmen übertragen wird.

Dem durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht ist von vornherein die Einschränkung immanent, daß eine Enteignung zu einem vom Gesetz bestimmten öffentlichen Zweck möglich ist, diese Einschränkung ist aber ihrer Natur nach an die Voraussetzung geknüpft, daß der vom Gesetz bestimmte Zweck verwirklicht wird. In der Eigentumsgarantie des Art5 StGG ist somit auch die Rückgängigmachung der Enteignung für den Fall grundgelegt, daß die enteignete Sache dem vom Gesetz als Enteignungsgrund genannten öffentlichen Zweck nicht zugeführt wird, sei es, weil dieser Zweck überhaupt nicht, sei es, weil er nicht in dem ursprünglich beabsichtigten Umfang verwirklicht wird. Auch eine einfachgesetzliche Regelung, die eine Enteignung für einen bestimmten öffentlichen Zweck (dem Art5 StGG entsprechend) für zulässig erklärt, enthält wesensgemäß den Vorbehalt, daß es unzulässig ist, die Enteignung aufrecht zu erhalten, wenn der öffentliche Zweck vor dieser Verwirklichung wegfällt. Dieser Inhalt einer Enteignungsnorm fließt auch in den Enteignungsbescheid ein. Jeder bescheidmäßig verfügten Enteignung haftet daher in der Wurzel der Vorbehalt an, daß sie erst endgültig wirksam ist, wenn der vom Gesetz als Enteignungsgrund normierte öffentliche Zweck verwirklicht ist, daß sie aber rückgängig zu machen ist, wenn dieser Zweck nicht verwirklicht wird.

Im Falle der Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten öffentlichen Zwecks muß - bei Fehlen besonderer Regelungen - die Verfügung der Enteignung in der Weise rückgängig gemacht werden, daß der Enteignungsbescheid aufgehoben wird.

2.2. §70 WRG 1959 regelt die Rückübereignung für den Fall, daß ein Wasserrecht erlischt. Sein Abs2 lautet:

"(2) Hat zufolge Enteignungsbescheides oder gütlicher, anläßlich des wasserrechtlichen Verfahrens getroffener Vereinbarung die Übertragung eines Grundstückes für Zwecke einer Wasseranlage stattgefunden, so kann der frühere Eigentümer oder sein Erbe binnen einem Jahre nach behördlicher Verständigung vom Erlöschen des Wasserrechtes bei der Wasserrechtsbehörde den Antrag stellen, zu seinen Gunsten die Rückübereignung gegen angemessene Entschädigung (§117) auszusprechen. Bei Grundflächen, die vor ihrer Enteignung zu einem eine wirtschaftliche Einheit bildenden Gute gehört haben, steht dieser Anspruch dem Eigentümer des Gutes zu."

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid (so. Pkt. I.1.) davon aus, daß §70 Abs2 WRG 1959 eine abschließende Regelung des Rückübereignungsanspruches enthält, und verneint diesen Anspruch. Hätte §70 Abs2 WRG 1959 diesen Inhalt, so verstieße er gegen Art5 StGG, der auch in einem Fall wie dem vorliegenden bei zweckverfehlender Enteignung die Rückübereignung verlangt. Eine verfassungskonforme Auslegung des §70 Abs2 WRG 1959 führt daher zu dem Ergebnis, daß der Wasserrechtsgesetzgeber die Rückübereignung bei zweckverfehlender Enteignung nicht umfassend geregelt hat. Daher gebietet der - mangels weiterer einfachgesetzlicher Regelung der Rückübereignung - unmittelbar anwendbare Art5 StGG die rückwirkende Beseitigung des Enteignungsbescheides (vgl. VfSlg. 8982/1980, 11160/1986, 11828/1988, 15096/1998).

3.1.1. Wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zugestanden wird (dies ergibt sich auch aus dem Verwaltungsakt und der Äußerung der mitbeteiligten Partei), wurden nicht sämtliche enteigneten Parzellen für die Errichtung des Kraftwerkes verwendet, sondern es wurden an den Restflächen Jagd- und Weiderechte eingeräumt, um andere enteignete Grundeigentümer zu entschädigen.

Ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht hat die belangte Behörde jegliche Ermittlung unterlassen, welche Teile der enteigneten Liegenschaft für die Errichtung der Kraftwerksanlage tatsächlich beansprucht wurden und welche Teile anderweitig verwendet wurden, so für die Einräumung von Jagd- und Weiderechten. Darüber hinaus ist die Behörde eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum eine andere Verwendung von Teilen der Liegenschaft als für die Errichtung der Kraftwerksanlage dem Enteignungszweck entsprochen hätte, wie sie im angefochtenen Bescheid annimmt.

3.1.2. Die belangte Behörde deutet weiters an, daß ihr die Rechtsnachfolge des Beschwerdeführers (vgl. §70 Abs2 WRG 1959; weiters VfSlg. 8981/1980, 11828/1988) nicht gesichert erscheine, hat aber ihrerseits diesbezüglich keinerlei Erhebungen gepflogen.

3.1.3. Die Feststellung der belangten Behörde, daß Franz M die EZ 111 KG Malta zur Gänze der ÖDK verkaufen wollte, ist nicht durch entsprechende Sachverhaltsdarstellungen abgestützt. Es wäre ihre Sache gewesen, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen abzuleiten wäre, ob der Sache nach ein Einlösungsfall vorliegt und ob Franz M bewußt war, daß etwa nur Teile der Liegenschaft dem Bauvorhaben dienten, bzw. daß er mit der Enteignung der gesamten Liegenschaft etwa einverstanden gewesen wäre. Dabei ist vom Enteignungsbescheid und seiner Begründung auszugehen (vgl. VfSlg. 11033/1986), wonach die enteigneten Grundflächen "für das genannte Bauvorhaben gebraucht werden". Nur wenn dargetan werden könnte, daß der Enteignungsbescheid - etwa wegen Verkürzungen in der Begründung - einen anderen Inhalt hat, als er in der Bescheidausfertigung zum Ausdruck kommt, könnte dies eine Rolle spielen. Das von der beteiligten Partei ins Treffen geführte Übereinkommen, das im Enteignungsbescheid beurkundet ist, reicht für die von der belangten Behörde ins Auge gefaßte Rechtsfolge nicht aus. Allfällige Fehler des Enteignungsbescheides könnten freilich durch eine Rückübereignung nicht behoben werden.

3.2. Die belangte Behörde hat somit, ausgehend von einem verfassungswidrigen Inhalt, den sie dem §70 Abs2 WRG 1959 unterstellt hat, entscheidungserhebliche Feststellungen unterlassen. Durch diese Unterlassung, die ein Urteil darüber unmöglich macht, ob ein Rückübereignungsanspruch des Beschwerdeführers besteht, hat sie ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

4. Der Bescheid war daher aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 4.500,-

sowie der Ersatz der gemäß §17 a VerfGG zu entrichtenden Gebühr von S 2.500,- enthalten.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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