Normen
StGG Art5
Wr AnkündigungsabgabeV
Wr AnkündigungsabgabeG 1983 §2 Abs5
StGG Art5
Wr AnkündigungsabgabeV
Wr AnkündigungsabgabeG 1983 §2 Abs5
Spruch:
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Gemeinde Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen (Ersatz)Bescheid vom 23. November 1999 schrieb die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien unter Berufung auf Bestimmungen des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21 vom 23. Mai 1985 (in der Folge Wr. AnkündigungsabgabeV), dem Österreichischen Rundfunk für die im Zeitraum 1. August 1994 bis 31. Dezember 1994 vorgenommenen fremden Ankündigungen durch Rundfunk Ankündigungsabgabe in Höhe von insgesamt ATS 89,653.706,-- sowie einen Säumniszuschlag von ATS 1,757.992,-- zur Entrichtung vor.
2. Die gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
3. Die belangte Behörde hat innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und sinngemäß beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Darauf hat die beschwerdeführende Partei repliziert.
II. 1. Die beschwerdeführende Partei hat im strittigen Zeitraum 1. August 1994 bis 31. Dezember 1994 österreichweit Rundfunkwerbung von ihrem "Studio" in St. Pölten in das Sendenetz eingespeist und hiefür Ankündigungsabgabe in St. Pölten entrichtet. Dessen ungeachtet hat der Magistrat der Stadt Wien auf Grund der Wr. AnkündigungsabgabeV ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von ATS 2.242,847.609,60,-- Ankündigungsabgabe in Höhe von ATS 224,284.761,-- festgesetzt, da er davon ausging, daß die Ankündigungen in Wahrheit von einem Studio im Gebiet der Gemeinde Wien ihren Ausgang genommen haben.
2. Anläßlich des daraus resultierenden Beschwerdeverfahrens B4736/96 hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen ein Normenprüfungsverfahren hinsichtlich §2 Abs5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl. 19 (in der Folge Wr. AnkündigungsabgabeG), sowie des §2 Abs5 der Wr. AnkündigungsabgabeV eingeleitet (G15/98, V9/98). Mit Erk. vom 17. Dezember 1998 (VfSlg. 15.395/1998) hat der Gerichtshof das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs5 des Wr. AnkündigungsabgabeG eingestellt und im übrigen ausgesprochen, daß §2 Abs5 der Wr. AnkündigungsabgabeV nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird. Der Gerichtshof ging dabei in finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht mit ausführlicher Begründung davon aus, daß bei Ankündigungsabgaben "das Besteuerungsrecht der Gemeinde sich bereits vom Steuergegenstand her nur auf den im Erhebungsgebiet entstandenen Reklamewert beziehen darf. Bei einer Gemeindeabgabe, deren Zweck die Besteuerung des Reklamewertes einer Ankündigung ist, ist kein hinreichender Grund ersichtlich, der die Gemeinde berechtigen könnte, Ankündigungen schlechthin nur deswegen zu besteuern, weil sie vom Gebiet der betreffenden Gemeinde ihren Ausgang nehmen, und ohne Rücksicht darauf, wo sich der mit der Ankündigung verbundene Reklamewert bildet." Auf bemessungsrechtlicher Ebene bedeute dies, "daß nur jener Teil des Entgeltes der Steuer unterworfen werden darf, der dem im Erhebungsgebiet entstandenen Reklamewert im Verhältnis zum gesamten Reklamewert entspricht. Bei der Feststellung dieses Anteiles sind alle Umstände von Bedeutung, die unter Beachtung der Besonderheiten des jeweiligen Ankündigungsmediums Rückschlüsse auf den anteiligen Reklamewert zulassen. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß jedenfalls bei der Rundfunkwerbung objektive Maßstäbe existieren (etwa Zahl der Werbeadressaten oder der Empfangsgeräte; vgl. Taucher, a.a.O., 170f), die eine nachvollziehbare Ermittlung im Schätzungsweg - somit mit dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Instrumentarium - zulassen."
Der Gerichtshof vertrat in der Folge die Auffassung, daß §2 Abs5 der Wr. AnkündigungsabgabeV eine verfassungskonforme Interpretation derart zulasse, "daß auch Ankündigungen durch Rundfunk, die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen, nur dann und insoweit Ankündigungsabgabepflicht auslösen, als sie zu 'Ankündigungen innerhalb des Gebiets der Stadt Wien' führen, das heißt - mit anderen Worten - als der Reklamewert in diesem Gebiet entsteht".
Auf der Basis dieser Rechtsauffassung hat der Verfassungsgerichtshof in dem das Beschwerdeverfahren B4736/96 erledigenden Erk. vom 24. Februar 1999 (VfSlg. 15.424/1999) den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien aufgehoben: Da die angewendete Wr. AnkündigungsabgabeV verfassungskonform dahin zu verstehen sei, daß ihr zufolge nur jener Teil des von der beschwerdeführenden Partei vereinnahmten Entgeltes der Abgabe unterworfen werden dürfe, der dem im Erhebungsgebiet, also im Gebiet der Stadt Wien, entstandenen Reklamewert im Verhältnis zum gesamten Reklamewert entspreche, habe die belangte Behörde den von ihr herangezogenen Verordnungsbestimmungen fälschlich einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt und die beschwerdeführende Partei daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.
3. Im nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid wird die Ankündigungsabgabe für den strittigen Zeitraum insgesamt mit ATS 89,653.706,-- festgesetzt. Die belangte Behörde begründet dies damit, daß sie in Bindung an die erwähnte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes die Ankündigungsabgabe zu ermitteln hatte, und führt sodann wörtlich aus:
"Bei dieser Ermittlung war zwischen den österreichweiten Ankündigungen und den nur für Wien bestimmten Ankündigungen zu unterscheiden. Bei den für Wien bestimmten Ankündigungen ist davon auszugehen, dass der Werbenutzen zur Gänze Wien zuzurechnen ist. Eine Besteuerung nach dem technischen Empfangsgebiet ist schon deshalb abzulehnen, da die technische Empfangsmöglichkeit allein das Entstehen eines Werbenutzens nicht indiziert.
Für die Ermittlung des Anteiles von Wien am österreichweit entstandenen Reklamewert von 39,5 % waren folgende Überlegungen maßgebend:
Dieser Anteil errechnet sich aus dem Anteil Wiens an der Gesamtvolkszahl (19,75 % laut Volkszählung 1991), multipliziert mit dem Faktor 2. Dieser Faktor berücksichtigt die besondere finanzwirtschaftliche Situation, insbesondere die höhere Kaufkraft Wiens gegenüber Rest-Österreich. So sind die steuerpflichtigen Umsätze pro Kopf in Wien 2,27-mal so hoch wie in Rest-Österreich (Quelle: Umsatzsteuerstatistik 1995, veröffentlicht in 'Beiträge zur österreichischen Statistik', hg. vom ÖSTAT, Heft 1.293 aus 1999). Die Annahme einer erhöhten Kaufkraft stützt sich unter anderem auf Daten der Arbeitsmarktstatistik (so hat Wien einen gegenüber dem Anteil an der Wohnbevölkerung unverhältnismäßig hohen Anteil von 24,9 % bei den unselbständig Beschäftigten in Österreich, bei den Angestellten und Beamten liegt der Wert bei 29,3 %; Quelle: 'Statistik 1998' der Wirtschaftskammer Wien, Wirtschaftspolitische Abteilung, Statistisches Referat, aus Juni 1999). Die Zahl der Pendler nach Wien wird auf netto rund 160.000 geschätzt. Aus der genannten 'Statistik 1998' der Wirtschaftskammer ergibt sich weiters aus der 'Regionalen Gesamtrechnung' eine in Wien um 1,69-mal so hohe Brutto-Wertschöpfung pro Kopf gegenüber Rest-Österreich.
Dass bei der Ermittlung des Reklamewertes auch die höhere Kaufkraft einfließen muss, liegt auf der Hand, ist es doch bei Bewertung eines Werbeträgers, was seine Wirksamkeit betrifft, nicht bloß auf die Anzahl der von diesen erreichten Personen, sondern auch auf deren Kaufkraft abzustellen. Die dargestellte Berechnung hat diesen durch die höhere Kaufkraft Wiens anfallenden höheren Werbenutzen adäquat Rechnung getragen.
Stichhaltige Einwände dagegen liegen nach Auffassung der Abgabenberufungskommission nicht vor, zumal der in Wien entstehende Werbenutzen nicht direkt gemessen werden kann, sondern aus bestimmten Daten erschlossen werden muss.
Die Meinung, dass die höhere Kaufkraft nicht einem höheren Werbenutzen indiziere, widerspricht offenkundig den Realitäten der Markt- und Medienanalyse. Bei dieser gehört die Ermittlung des Haushaltsnettoeinkommens und die Aufgliederung nach Zielgruppen entsprechend diesem Einkommen zur Grundlage für die Beurteilung der Werbewirksamkeit eines Werbeträgers. Solche Analysen werden nur für die Werbewirtschaft erstellt, sodass die Verneinung des angeführten Zusammenhanges zwischen Kaufkraft und Werbenutzen bedeuten würde, dass eine Medienanalyse, die auf solchen Daten beruht, an Kunden vorbei produziert wird. Für eine solche Annahme gibt es keine Grundlage. Allerdings verweist der Österreichische Rundfunk selbst im Internet unter der Adresse
'http://www.orf.at/enterprise/content054u.htm ' in seinem Medialexikon' auf die Begriffe wie 'Seherstruktur', 'Zielgruppe', 'Affinität', 'Break' usw., die die Zielgruppenorientierung der Werbung beschreiben und damit die These der Irrelevanz der Kaufkraft in diesem Bereich widerlegen."
4. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird u.a. behauptet, der angefochtene Bescheid versuche das Erk. des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, G15/98, V9/98 (VfSlg. 15.395/1998), "zu unterlaufen" und den durch das Gebot der Aliquotierung bewirkten Entfall zu minimieren, indem zwar der vom Verfassungsgerichtshof ins Auge gefaßte Bevölkerungsschlüssel angewendet, zugleich aber der Faktor 2 für Wien herangezogen werde. "Würden sämtliche Gemeinden, ausgenommen Wien, nichts anderes machen, als österreichweit den vom VfGH als möglichen Schlüssel bezeichneten Bevölkerungsschlüssel ('ungewichtet') anwenden, so käme man allein durch den von der Stadt Wien angewendeten Faktor 2 zum Ergebnis, daß letztlich 119,75 % des Reklamewertes (also um fast 20 % mehr als der gesamte erzielte Reklamewert) versteuert werden müssen."
Schon allein dieser Umstand zeige, daß Kaufkraftüberlegungen kein taugliches Argument für die Modifizierung des von der belangten Behörde an sich angewendeten Bevölkerungsschlüssels bilden könnten. Die Vorgangsweise der belangten Behörde sei willkürlich, gesetzlos (durch keinerlei Norm gedeckt) und führe zu einem unsachlichen und damit gleichheitsheitwidrigen Ergebnis.
Überdies sei der angefochtene Bescheid - so die beschwerdeführende Partei weiter - aber auch infolge gehäufter Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit behaftet. Wörtlich wird hiezu sodann folgendes ausgeführt:
"Das Empfangsgebiet ist keineswegs auf das Staatsgebiet der Republik Österreich beschränkt, zumal die Sendungen des ORF auch im benachbarten Ausland empfangen werden und - unabhängig vom zwingenden Mindestauftrag nach §3 Abs1 RFG - zum Empfang (auch) im Ausland sogar bestimmt sind (der ORF bzw seine Programme haben die Rolle des kulturellen Botschafters Österreich in Europa, mit der die Verbreitung von ORF-Werbung korrespondiert, um auch die für die Erfüllung dieser Aufgabe (= Rolle) erforderlichen Erträge zu erwirtschaften).
Unsere Kunden stellen mit ihren Werbemaßnahmen überwiegend auch auf Personen als Adressaten der jeweiligen Werbebotschaft ab, die außerhalb der österreichischen Staatsgrenze (zB in Südtirol) die Werbebotschaft empfangen.
Solcherart muß der Anteil Wiens an der Gesamtvolkszahl des Sendebereiches von (bloß österreichweit berechnet) 19,75 % jedenfalls auf (sendebereichsweit berechnet) mindestens 17 % absinken.
Eine Multiplikation 'mit dem Faktor 2' ist nicht berechtigt; dieser hat zur Gänze zum Wegfall zu kommen. Der VfGH hat in seinem Erkenntnis alternativ zwei objektive Maßstäbe, nämlich
- etwa die Zahl der Werbeadressaten
- oder die Zahl der Empfangsgeräte
als denkbare Kriterien (Berechnungsmaßstäbe) genannt (es kann dem VfGH auch nicht unterstellt werden, daß er, der unvollziehbare Gesetze als verfassungswidrig aufhebt, eine unvollziehbare Auslegungsvariante anordnet oder auch nur vorgibt - siehe auch die Vorgabe im VfGHErk 'unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Ankündigungsmediums').
Für einen 'gewichteten Schlüssel' zu Gunsten der Stadt Wien und zu Lasten 'Restösterreichs' ist nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen, sondern auch sachverhaltsbezogen kein Platz."
Dem Argument der "höheren Kaufkraft Wiens gegenüber Rest-Österreich" stehe überdies entgegen, daß die vom Vorhalt angesprochenen Personen mit "höherer Kaufkraft" (wie insbesondere unselbständig Beschäftigte, Angestellte und Beamte) einer Werbung besonders kritisch gegenüberstünden und sich durch diese nicht so leicht wie andere beeinflussen ließen. Es sei auch gar nicht gesagt, daß die Werbung gerade ein Objekt beträfe, das für Personen mit gesteigerter Kaufkraft von Interesse sei, beträfe doch ein Großteil der Werbung "Billigwerbung".
Auch sei die lineare Gleichsetzung zwischen Umsatz und Werbewert verfehlt, weil nur bestimmte Umsätze und auch diese nur in einem gewissen Ausmaß durch Werbemaßnahmen beeinflußbar seien, während andere Umsätze ungeachtet jeder Werbung getätigt würden (sogenanntes "Gewohnheits- und Impulsverhalten"); Werbemaßnahmen hätten darauf keinen Einfluß.
Wenn überhaupt ein "gewichteter Schlüssel" angewendet werde, so müsse dieser zu Lasten Wiens ausfallen; hiezu führt die beschwerdeführende Partei wörtlich folgendes aus:
"Der Preis für eine 'Werbesekunde' ergibt sich am freien Markt nach Anbot und Nachfrage. Geht man vom feststehenden Preis in Radio Wien (S 155,--) aus und vergleicht ihn mit den in anderen Bundesländern, so sinkt im Vergleich dazu der Preis zB in Radio Kärnten (S 75,--) auf 48,39 %, also - unterproportional - keineswegs voll in dem Ausmaß, in dem die Kopfzahl, die durch Radio Kärnten erreicht wird, im Vergleich zur Kopfzahl, die durch Radio Wien erreicht wird, perzentuell geringer ist. Der Werbende muß also, um eine Person via Radio Kärnten eine bestimmte Zeiteinheit lang mit seiner Werbebotschaft zu erreichen, pro Kopf berechnet mehr bezahlen als wenn die Sendung via Radio Wien erfolgt."
Zusammenfassend gelangt die beschwerdeführende Partei zu dem Ergebnis, daß ein (allfälliger) Faktor in Wien weit unter 1 liegen müsse.
5. In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, daß die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, für die Ermittlung des in einer Gemeinde erzielten Anteiles am Reklamewert sei ausschließlich die Volkszahl dieser Gemeinde - ohne Ansehung des Umfeldes, in dem die Werbung wahrgenommen werde - heranzuziehen, im Erk. des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, G15/98, V9/98 (VfSlg. 15.395/1998), keine Stütze finde. Abgesehen davon, daß es entgegen dieser Auffassung vielmehr zu einem unsachlichen und damit gleichheitswidrigen Ergebnis führen würde, wollte man den Reklamewert ausschließlich mit der Bevölkerungsanzahl korrelieren, hätte der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erk. (S. 826) die Zahl der Werbeadressaten lediglich beispielhaft als eine denkmögliche Variante für eine nachvollziehbare Ermittlung des anteiligen Reklamewertes im Schätzungsweg bezeichnet und ausgesprochen, daß für diese Schätzung alle Umstände von Bedeutung seien, die unter Bedachtnahme auf die Besonderheit des jeweiligen Ankündigungsmediums Rückschlüsse auf den Anteil am Reklamewert zuließen.
Ziel jeder Schätzung sei es aber, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen; es müsse daher auch zulässig sein, ein Ergebnis anhand von bestimmten Kriterien oder Parametern zu gewinnen, wobei hiebei nicht auf alle "denkbaren Lebenssachverhalte" Bedacht genommen werden könne. Dennoch ergebe sich aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Kriterien und Parametern schlüssig, daß die Anwendung eines die besondere finanzwirtschaftliche Situation, insbesondere die höhere Kaufkraft Wiens berücksichtigenden Faktors auf die Volkszahl bei der Feststellung des anteiligen Reklamewertes nicht nur vertretbar, sondern sogar zwingend geboten sei. Wörtlich führt die belangte Behörde sodann folgendes aus:
"Die Argumentation des Beschwerdeführers, dass durch die Anwendung des Faktors 2 auf die Wiener Bevölkerungszahl bei Ermittlung des auf Wien entfallenden Reklamewertanteiles mehr als der für die jeweilige Ankündigung insgesamt erzielte Reklamewert versteuert werden müsste, geht von falschen Voraussetzungen aus. Die Kriterien für die Berechnung dieses auf den Anteil Wiens von 19,752 % an der Gesamtbevölkerung Österreichs anzuwendenden Faktors bewirken nämlich automatisch, dass auf die restlichen 80,428 % dieser Gesamtvolkszahl nur ein durchschnittlicher Faktor von 0,75 - mit einer entsprechend weiten Bandbreite im Einzelfall - zur Anwendung kommen kann. Vergleichsweise dazu ist darauf hinzuweisen, dass auch durch die Anwendung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (§8 des Finanzausgleichsgesetzes 1997), bei dem Wien ein Anteil von 26,896 % gegenüber dem tatsächlichen Anteil Wiens von 19,752 % an der Gesamtbevölkerung Österreichs zuerkannt wird, die zu verteilende Summe keine Änderung erfährt.
Da der für außerhalb Wiens sich ergebende Faktor von 0,75 nur einen Durchschnittswert darstellt, kann für einige Gemeinden durchaus auch tatsächlich der Faktor 1 oder ein höherer Faktor in Betracht kommen; für andere Gemeinden wird dieser Faktor und der sich daraus ergebende Abgabenertrag aber so niedrig sein, dass der mit der Einhebung der Abgabe verbundene administrative Aufwand geeignet ist, diese Gemeinden zur Nichteinhebung zu bewegen. Vor diesem Hintergrund erscheint es aber verständlich, dass der Beschwerdeführer auch für diese Gemeinden den Faktor 1 angewendet wissen will, zumal er sich dann mehr an Abgabenleistung erspart. ...
Dass die Sendungen des Beschwerdeführers auch im benachbarten Ausland empfangen werden (können), muss bei der Ermittlung des gesamten Reklamewertes und damit auch bei der Ermittlung des auf die jeweilige Gemeinde entfallenden Anteiles an diesem außer Betracht bleiben. Da die technische Empfangsmöglichkeit nicht ohne Weiteres das Entstehen eines Werbenutzens indiziert, ist bei der Bestimmung des steuergegenständlichen relevanten Besteuerungsausschnittes auf das Zielgebiet und nicht auf das technisch mögliche Empfangsgebiet der Rundfunksendung abzustellen ... . Aus dem gesetzlichen Auftrag an den Österreichischen Rundfunk zu umfassender Information der Allgemeinheit - worunter die Bewohner des Bundesgebietes zu verstehen sind - und zu deren ausreichender Versorgung mit seinen Programmen (vgl. §§2 Abs1 Z1 und 3 Abs1 des Rundfunkgesetzes) folgt aber, dass sich das Zielgebiet der Sendungen des Österreichischen Rundfunks auf das österreichische Staatsgebiet beschränkt und vermögen auch die weitwendigen gegenteiligen Beschwerdeausführungen daran nichts zu ändern.
Was die konkreten Einwände der sich aus der höheren Kaufkraft Wiens ergebenden Modifizierung des Anteiles am Reklamewert anlangt, ist auf Folgendes zu verweisen:
Dass Personen mit gehobenem Einkommen der Werbung besonders kritisch gegenüberstehen, mag zwar zutreffen, ebenso steht aber fest, dass das insbesondere für Konsum-/Luxusausgaben zur Verfügung stehende und somit von der Werbung beeinflussbare Vermögen mit steigendem Einkommen positiv progressiv ansteigt. Auch bei der in der Beschwerde angesprochenen 'Billigwerbung', die gerade in Ballungszentren mit höherer Kaufkraft wie Wien häufiger als anderswo auftritt, können Personen, die in der Nähe der jeweiligen Bezugsquelle wohnen, von den Billigangeboten verstärkt profitieren.
Die Pendler nach Wien (die in der Begründung der angefochtenen Entscheidung genannte Zahl ist der Saldo zwischen Ein- und Auspendlern) waren deshalb zu berücksichtigen, da sie nicht nur hier einkaufen, sondern - und dies gilt vor allem für 'Wochenpendler' - auch die Werbebotschaften zumeist in Wien empfangen. Somit trifft es nicht zu, dass von den Werbebotschaften nur die Wiener Wohnbevölkerung angesprochen wird.
Entgegen den Beschwerdeausführungen geht die angefochtene Entscheidung auch nicht von einer linearen Gleichsetzung von Umsatz und Werbewert aus, sondern davon, dass sich für diese beiden Größen für Wien eine progressive Relation ergibt, da der Anteil an 'werbebetroffenen Umsätzen' auf Grund des hohen Anteiles an Werbung für luxusbezogene Güter in Wien höher ist als im übrigen Bundesgebiet. Der Einwand, dass bestimmte Umsätze ungeachtet jedweder Werbung getätigt werden (so genanntes 'Gewohnheits- und Impulsverhalten'), übersieht, dass der Werbewert für jene Güter, deren Kauf durch Werbemaßnahmen beeinflussbar ist, dafür umso höher ist. Dazu kommt, dass es der Werbung für fast alle Güter und Dienstleistungen nicht nur um das Erzielen unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteile, sondern auch um Imagepflege geht, da jede Werbung - auch wenn sie etwa zunächst nur den Bekanntheitsgrad einer Marke steigern will - letztlich den Umsatz erhöht. Eine von jedem wirtschaftlichen Hintergrund losgelöste Werbung ist im Übrigen in der Regel ohnehin von der Abgabe befreit (z.B. Ankündigungen von Gebietskörperschaften, Religionsgesellschaften und politischen Parteien sowie Werbung für gemeinnützige Zwecke)."
Zum Einwand der Beschwerde, daß eine allfällige Gewichtung des Schlüssels zur Ermittlung des anteiligen Reklamewertes für die bundesweite Werbung zu Lasten Wiens ausfallen müßte, weil der Preis für eine "Werbesekunde" z.B. in Radio Kärnten gemessen an der Kopfzahl der dadurch erreichten Personen höher sei als in Radio Wien, übersehe, daß diese unterschiedliche Preisgestaltung nur für die Lokalwerbung gelte, deren Werbewert sich ohnedies nur im jeweiligen Zielgebiet bilde, während für überregionale Werbung ein Gesamttarif eingehoben werde.
6. Die beschwerdeführende Partei tritt in ihrer Replik mit ins Einzelne gehender Begründung der Äußerung der belangten Behörde entgegen und legt nochmals ausführlich dar, warum die Anwendung des "Faktors 2" sachlich nicht gerechtfertigt werden könne.
III. Die Beschwerde ist zulässig und im Ergebnis auch begründet:
1. Gegenstand des (Ersatz)Bescheides ist jener Sachverhalt, der bereits dem hg. Erk. vom 24. Februar 1999, B4736/96, zugrunde lag. Für die rechtliche Beurteilung des Falles ist daher die Verfassungsbestimmung des §15a FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, gemäß §23b leg.cit. außer Betracht zu lassen (zu Inhalt und Beurteilung dieser Verfassungsbestimmung vgl. im übrigen das hg. Erk. vom 29. Juni 2000, G19/00 u.a. Zlen.)
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe festgesetzt; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 10.337/1985, 10.362/1985, 11.470/1987) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
3. Ein derartiger Fehler ist der belangten Behörde letztlich zur Last zu legen.
3.1. Der Gerichtshof geht zunächst im vorliegenden Beschwerdeverfahren - in Anbetracht dessen, daß die Sendungen in Wiener Studios konfektioniert und überdies auch von Wien aus (wenngleich via St. Pölten) in das Sendenetz des Österreichischen Rundfunks eingespeist worden sind - davon aus, daß diese Rundfunksendungen von einem Studio im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang genommen haben und die beschwerdeführende Partei somit für diese Rundfunkwerbung in Wien der Abgabepflicht unterliegt.
3.2. Der belangten Behörde ist ferner zwar Recht zu geben, wenn sie in der Begründung ihres Bescheides ausführt, daß der in Wien entstehende Werbenutzen nicht direkt gemessen werden könne, sondern aus bestimmten Daten erschlossen werden müsse. Der Gerichtshof ist sowohl in seinem Erk. VfSlg. 15.395/1998 als auch in dem das Beschwerdeverfahren erledigenden Erk. vom 24. Februar 1999, B4736/96 (VfSlg. 15.424/1999), davon ausgegangen, daß bemessungsrechtlich nur jener Entgeltsteil der Wiener Ankündigungsabgabe unterworfen werden dürfe, der dem in Wien entstandenen Reklamewert im Verhältnis zum gesamten Reklamewert entspreche. Der Gerichtshof hat damit implizit die Auffassung vertreten, daß sich der Reklamewert in diesem Entgelt widerspiegelt, daß das Entgelt somit selbst den entscheidenden Indikator für den Reklamewert bildet, weil typischerweise davon ausgegangen werden kann, daß rational handelnde Werbeinteressenten für die Werbemaßnahmen (nur) jene Entgelte zu zahlen bereit sind, die dem von ihnen erwarteten Werbeeffekt entsprechen. Nach Auffassung des Gerichtshofes kann auch generell davon ausgegangen werden, daß die räumliche Reichweite einer Rundfunk-Werbesendung einen wesentlichen Bestimmungsgrund für die Entgeltsbemessung bildet, weil sie regelmäßig zugleich ein Indikator für den von der Werbung typischerweise erfaßten Personenkreis ist.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt ferner nicht, daß es möglich ist, hinsichtlich des Werbeeffektes einer Ankündigung in räumlicher Hinsicht - möglicherweise auch auf wissenschaftlicher Basis - ins Detail gehende Erwägungen und Analysen anzustellen und auf diese Weise etwa einem werbeinteressierten Unternehmen oder einem Werbemittler Entscheidungshilfen an die Hand zu geben. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde in ihrem Bescheid diesbezüglich angestellten Überlegungen einem solchen Anspruch gerecht werden und im einzelnen nachvollziehbar sind. (Gleiches gilt im übrigen für die von der beschwerdeführenden Partei vorgetragenen Gegenargumente.) Der Bemessung einer (Gemeinde)Abgabe dürften derartige Erwägungen und Analysen nämlich nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie eine rechtsstaatlichen und allenfalls auch finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werdende Grundlage in einem Gesetz (oder - wie hier - in einer selbständigen Verordnung) fänden, so daß es möglich wäre, den Bescheid an der generellen Norm zu messen.
3.4. Auf eine solche Rechtsgrundlage kann sich der angefochtene Bescheid aber nicht stützen. Die maßgebende Verordnung nimmt vielmehr nur Bedacht auf Ankündigungen "innerhalb des Gebietes der Stadt Wien", ohne näher zu regeln, wie nun bei gebietsübergreifenden Ankündigungen, für die ein einheitliches Entgelt zu entrichten ist, der dem Erhebungsgebiet zuzurechnende Anteil an der Bemessungsgrundlage zu ermitteln ist. Bei dieser Rechtslage hat der Verfassungsgerichtshof im Erk. VfSlg. 15.395/1998 zwar noch eine verfassungskonforme Interpretation der Wr. AnkündigungsabgabeV für möglich erachtet, aber nur deswegen, weil er - unter Rückgriff auf einschlägige Literatur (Taucher, Kompetenzfragen bei der Ankündigungsabgabe auf Rundfunkwerbung, ZfV 1997, 165 f) - davon ausgegangen ist, "daß jedenfalls bei der Rundfunkwerbung objektive Maßstäbe existieren (etwa Zahl der Werbeadressaten oder der Empfangsgeräte), die eine nachvollziehbare Ermittlung im Schätzungsweg - somit mit dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Instrumentarium - zulassen". Wie mit den angeführten Beispielen aber schon angedeutet ist, hält der Gerichtshof - mangels einer entsprechenden normativen Grundlage - im Rahmen dieser verfassungskonformen Interpretation nur solche Kriterien für geeignet, den anteiligen Reklamewert zu ermitteln, die einfach zu ermitteln und ohne weiteres nachvollziehbar sind, zugleich aber doch einen geeigneten, wenngleich möglicherweise bloß typisierenden Indikator für den entstandenen Werbenutzen bilden. Der Gerichtshof ist demnach auch nicht der Meinung, daß es aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten wäre, der Aufteilung der Bemessungsgrundlage einen differenzierteren Maßstab zugrunde zulegen (ebenso Achatz/Weiermayer, Rundfunk-Steuer, aber wie?, Kommunal, Nr. 10/1999, S. 12, 14).
3.5. Beim gegebenen Wortlaut kann der Wr. AnkündigungsabgabeV, wenn man ihr keinen rechtswidrigen Inhalt unterstellen will, aber nur ein grober, auf eine Durchschnittsbetrachtung abstellender Maßstab entnommen werden, der letztlich auf das Verhältnis der dem Erhebungsgebiet zuzuordnenden Zahl der Einwohner oder der Empfangsgeräte zur Gesamtzahl im Bundesgebiet entspricht. Da die belangte Behörde sich nicht an diesem Maßstab orientiert, sondern Aufteilungskriterien gewählt hat, die in der generellen Norm nicht vorgezeichnet sind und daher auch nicht für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen herangezogen werden können, hat sie ihren Bescheid mit einem einer Gesetzlosigkeit gleichzuhaltenden Fehler behaftet.
4. Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen ist.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von ATS 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von ATS 4.500,-- enthalten.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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