Normen
B-VG Art139 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
ÄrzteG §75 Abs3
Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien §17d
B-VG Art139 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
ÄrzteG §75 Abs3
Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien §17d
Spruch:
Das Verordnungsprüfungsverfahren wird eingestellt.
Begründung
Begründung
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B2333/97 protokollierte Beschwerde gegen einen Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien anhängig, mit dem ein Bescheid des Verwaltungsausschusses dieses Wohlfahrtsfonds über verschiedene Feststellungsbegehren bestätigt und die dagegen gerichtete Berufung abgewiesen wurde:
Der Beschwerdeführer, der als Arzt Angehöriger der Ärztekammer für Wien und nach §6 iVm §4 Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zu diesem Wohlfahrtsfonds beitragspflichtig ist, stellte beim Verwaltungsausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien den Antrag,
a) die Anwartschaft (bzw. die erworbenen oder mit Nachzahlung zu erwerbenden Anwartschaftspunkte) inklusive nachvollziehbarer Berechnung des "Altlastenanteils", der im geleisteten Fondsbeitrag 1994 und in dem (bis zu diesem Zeitpunkt lediglich in einem rechtlich unverbindlichen Brief) geforderten, auf den sogenannten Richtbeitrag fehlenden Betrag enthalten sein soll, möge bescheidmäßig festgestellt werden;
b) der Begriff des "Altlastenanteil" möge bescheidmäßig definiert, sein Inhalt somit ebenfalls bescheidmäßig festgestellt werden;
c) die Eingänge (Gutschriften) auf dem Konto des Beschwerdeführers beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien mögen unter besonderer Ausweisung des "Altlastenanteils" bescheidmäßig festgestellt werden.
Der Verwaltungsausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien erledigte dieses Begehren mit Bescheid vom 10. März 1997: der Verwaltungsausschuß stellte in diesem Bescheid fest, daß der Beschwerdeführer per 31. Dezember 1994 30,73 Anwartschaftspunkte erworben habe. Da seinem Jahrgang entsprechend 31 Anwartschaftspunkte vorgeschrieben seien, betrüge die Differenz 0,27 Anwartschaftspunkte. Der Verwaltungsausschuß stellte ferner fest, daß der Fondsbeitrag des Beschwerdeführers für 1994 insgesamt öS 81.937,-- betrage. Der "Altlastenanteil" betrage gemäß ArtI Abschnitt III Abs1 der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien 20 vH des Fondsbeitrages, somit öS 16.387,40. Zu diesen beiden Spruchpunkten verzichtete der Verwaltungsausschuß infolge antragsgemäßer Entscheidung gemäß §58 Abs2 AVG auf eine nähere Begründung.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Feststellung aller Eingänge auf seinem beim Wohlfahrtsfonds eingerichteten Konto wurde unter Berufung auf die nach den einschlägigen Satzungsbestimmungen nicht gegebene Entscheidungskompetenz abgewiesen. Der Antrag auf bescheidmäßige Definition des Begriffes "Altlastenanteil" wurde zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid in vollem Umfang Beschwerde beim Beschwerdeausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien. Dieser bestätigte mit Bescheid vom 16. Juni 1997 den Bescheid des Verwaltungsausschusses und wies die dagegen erhobene Beschwerde zur Gänze ab.
2. Aus Anlaß der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 4. März 1999 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des §17d Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien von Amts wegen zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, daß er bei seiner Überprüfung des angefochtenen Bescheides die in Prüfung gezogene Bestimmung anzuwenden hätte.
4.1. §17d Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lautet:
"Wenn festgestellt wird, daß im vorausgegangenen Jahr die Beitragsleistung nicht ausreicht, um eine Anwartschaft von 3% zu erwerben, ist der fehlende Betrag sowie der darauf entfallende aliquote Beitrag zur Deckung der Altlast vorzuschreiben."
4.2. Diese Regelung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:
Gemäß §75 Abs3 ÄrzteG 1984 darf die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds 18 vH der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit nicht übersteigen.
Die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien sind gemäß ArtI Abschnitt I der Beitragsordnung in der auf das - im Beschwerdefall maßgebliche - Beitragsjahr 1994 anzuwendenden Fassung als entsprechender Prozentsatz des Umsatzes aus ärztlicher Tätigkeit zu errechnen.
Mit 1. Jänner 1994 wurde zusätzlich das sogenannte "Anwartschaftspunktesystem" in die Altersversorgung eingeführt:
Danach ist für die volle, von der Satzung so genannte "Grundpension" der Wert von 100 Anwartschaftspunkten zu erreichen. Jährlich sollen 3 Anwartschaftspunkte erworben werden. In der Beitragsordnung wird ein jährlicher Richtbeitrag festgelegt, der sich nach dem zur Sicherstellung der finanziellen Leistungen des Wohlfahrtsfonds Notwendigen richtet. Für jedes Jahr, für das der volle Richtbeitrag geleistet wird, wird
- entsprechend diesem System - eine Anwartschaft von 3 vH der Grundpension erworben; eine Anwartschaft von mehr als 3 vH pro Jahr kann nicht erworben werden (§17c Abs6 und 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien).
Der Erwerb der Anwartschaft auf die volle Grundpension richtet sich demnach nicht nach dem in Prozentsätzen nach der Beitragsordnung errechneten Fondsbeitrag, sondern ausschließlich nach dem Richtbeitrag, wenn der nach ArtI Abschnitt I der Beitragsordnung errechnete Fondsbeitrag den nach der Beitragsordnung festgelegten Richtbeitrag nicht erreicht.
5. Der Verfassungsgerichtshof hegte gegen die Bestimmung des §17d Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds das Bedenken, daß sie Grundlage für die Vorschreibung von Beiträgen sein könnte, die die nach §75 Abs3 ÄrzteG 1984 höchstzulässige Grenze überschreiten:
"Der für den Erwerb der vollen Anwartschaft auf die Grundpension danach ausschließlich maßgebliche Richtbeitrag kann somit den nach §75 Abs3 ÄrzteG 1984 höchstzulässigen Betrag übersteigen. Die Beitragsordnung 1994 des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien setzt etwa den für den Erwerb der vollen Anwartschaft auf die Grundpension maßgeblichen Richtbeitrag mit öS 72.000,-- fest. Dieser Betrag übersteigt zB bei einem - etwa für Jungärzte oder für an einer Universitätsklinik tätige Universitätsassistenten nicht zu tief gegriffenen - monatlichen Bruttogrundgehalt von öS 25.000,-- deutlich die nach §75 Abs3 ÄrzteG 1984 zulässige Grenze von 18 vH des Jahreseinkommens.
Dagegen bestünden dann keine Bedenken, wenn die Aufzahlung der Differenz zwischen dem (gesetzlich begrenzten) Fondsbeitrag und dem Richtbeitrag (und damit der Erwerb der höchstmöglichen Anwartschaft) dem jeweiligen Arzt als freiwillige Mehrleistung überlassen bliebe und für den Betreffenden lediglich im Falle der Nichtentrichtung dieser Differenz nachteilige Konsequenzen auf der Leistungsseite eintreten würden, wie dies §64 Abs4 ÄrzteG 1984 zuzulassen scheint.
Die Satzung dürfte jedoch in §17d Abs2 ausnahmslos und gerade ohne Bedachtnahme auf die gesetzliche Begrenzung verpflichtender Beitragsleistungen anordnen, den auf den Richtbeitrag allenfalls fehlenden Betrag mit Bescheid vorzuschreiben. Der Verfassungsgerichtshof hegt daher gegen die genannte Bestimmung, welche bereits in der im "Wiener Arzt" 3a/1995 kundgemachten Fassung der Satzung enthalten gewesen (und daher in dieser Fassung gesondert zu prüfen ist), im Besonderen das Bedenken, daß sie wegen Verstoßes gegen §75 Abs3 des Ärztegesetzes 1984 gesetzwidrig sein dürfte."
6. Die Ärztekammer für Wien hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Einstellung des Verordnungsprüfungsverfahrens beantragt und u auf das Wesentlichste zusammengefaßt u folgendes ausführt:
Die Ärztekammer stützt das Anwartschaftspunktesystem, wie es auch der in Prüfung gezogenen Bestimmung zugrunde liegt, auf die u auch im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes nicht in Zweifel gezogenen Ermächtigungen der §§57 und 64 Abs4 ÄrzteG 1984. Sie hält es zunächst für sehr unwahrscheinlich und im Anlaßfall für ausgeschlossen, daß der nach der Beitragsordnung vorgeschriebene Richtbeitrag die Höchstgrenze des §75 Abs3 erreicht oder übersteigt. Aus diesem Grunde hält sie auch die in Prüfung gezogene Bestimmung für im Anlaßverfahren nicht präjudiziell. Zudem führt die Ärztekammer ins Treffen, ein Konflikt zwischen §17d Abs2 der Satzung und §75 Abs3 ÄrzteG 1984 sei von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil die Beitragsbemessung nach Beitragsordnung und Satzung vom jeweils drittvorangegangenen Jahr erfolge, während §75 Abs3 ÄrzteG 1984 einen bestimmten Prozentsatz der Einnahmen aus dem jeweils laufenden Jahr als Obergrenze für die Beiträge normiere. Schließlich sei "selbstredend" auf Vollzugsebene eine entsprechende Reduktion der Beitragsvorschreibung möglich, sollte die Höchstgrenze des §75 Abs3 ÄrzteG 1984 erreicht oder überschritten werden.
7. Die Wiener Landesregierung hat als Aufsichtsbehörde die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Äußerung aber abgesehen.
II. 1. Mit Erkenntnis vom 24. Juni 1999, V 15, 16 und 22/99, hat der Verfassungsgerichtshof in einem anderen Verordnungsprüfungsverfahren ausgesprochen, daß die (mittlerweile in "Wiener Arzt" 2a/99 neu kundgemachte) Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, kundgemacht durch Aufnahme und Einarbeitung in eine Loseblattsammlung, wegen nicht gehöriger Kundmachung (in Anwendung des Art139 Abs3 litc B-VG: zur Gänze) gesetzwidrig gewesen ist.
§17d Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien ist daher nunmehr einer Prüfung auf seine Gesetzmäßigkeit nicht mehr zugänglich. Das Verordnungsprüfungsverfahren war daher einzustellen.
2. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)