VfGH B123/97

VfGHB123/9711.3.1998

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung von öffentlich-rechtlichen Einwendungen der Nachbarn hinsichtlich der - mittels Bescheid festgelegten - Bebauungsdichte in einem Bauverfahren; verfassungskonforme Auslegung der Bestimmungen des Stmk BauG betreffend Nachbarrechte geboten

Normen

B-VG Art83 Abs2
Stmk BauG §18
Stmk BauG §26
B-VG Art83 Abs2
Stmk BauG §18
Stmk BauG §26

 

Spruch:

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Bescheid vom 13. Februar 1996 legte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz "gemäß §18 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59/1995, in Verbindung mit §12 der Verordnung des Gemeinderates vom 9. April, vom 9. Oktober und vom 26. November 1992, mit welcher der 2.0 Flächenwidmungsplan 1992 der Landeshauptstadt Graz erlassen wurde und gemäß dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980, LGBl. Nr. 17 idgF" für das Grundstück 65/2, EZ 1289, KG St. L, im Ausmaß von ca. 302 m2, die Bebauungsgrundlagen fest. Im Punkt A 2.) des Bescheides wurde eine geschlossene Bebauungsweise sowie eine Bebauungsdichte von höchstens 1,45 und ein Bebauungsgrad von höchstens 0,65 festgelegt.

2. Am 23. April 1996 beantragte der Miteigentümer der genannten Liegenschaft W. W. die Baubewilligung zur

*Errichtung des Zubaues eines Dachgeschosses mit Terrasse für eine Wohnung

*Änderung des Verwendungszweckes einer ehemaligen Garage in eine Wohnung und zur

*Änderung des Verwendungszweckes einer ehemaligen Werkstätte in eine Wohnung

auf dem Grundstück 65/2, EZ 1289, KG St. L.

Die Bruttogeschoßflächenberechnung weist eine Bebauungsdichte (Verhältniszahl, die sich aus der Teilung der Gesamtfläche der Geschosse durch die zugehörige Bauplatzfläche ergibt) von 1,39 aus.

Die mündliche Bauverhandlung wurde für den 8. August 1996 anberaumt.

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 1996 stellten die Nachbarn und nunmehrigen Beschwerdeführer einen Antrag auf Abweisung des Bauansuchens, in dem sie vorbrachten, daß die Zubilligung einer Bebauungsdichte von 1,45 durch §3 der Bebauungsdichteverordnung (die für das allgemeine Wohngebiet einen Höchstwert von 1,4 vorsehe) nicht gedeckt sei. Die Ausübung des Planungsermessens durch Überschreitung des zulässigen Höchstwertes der Flächendichte greife massiv in die Interessensphäre der Nachbarn ein. Daher seien die Nachbarn berechtigt, die Überschreitung des Planungsermessens als gesetzwidrig zu rügen und die Einhaltung der Bebauungsdichte von 1,4 als subjektives öffentliches Nachbarrecht zu verlangen.

3. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1996 erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz die Baubewilligung, wies die oben angeführten Einwendungen hinsichtlich ihres "öffentlichrechtlichen Gehaltes" zurück und verwies die Nachbarn - soweit in ihrem Vorbringen eine privatrechtliche Einwendung zu erblicken ist - auf den ordentlichen Rechtsweg.

4. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer führt die Begründung des Bescheides aus, die Einwendungen, die nicht dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen, seien im §26 Abs1 des Steiermärkischen Baugesetzes taxativ aufgezählt. Der Nachbar könne gemäß §26 Abs1 Z1 leg. cit. nur die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan geltend machen, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden sei. Der Gesetzgeber habe somit ein Mitspracherecht des Nachbarn bei Festlegung der Bebauungsdichte nicht mehr beabsichtigt, sodaß ein diesbezüglicher Einwand als unzulässig zurückzuweisen sei.

5. Die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde macht die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie - der Sache nach - die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend. Weiters wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Gemäß §2 litb der Steiermärkischen Bebauungsdichteverordnung 1993, LGBl. 38, werde der Höchstwert der Bebauungsdichte im allgemeinen Wohngebiet mit 1,4 bestimmt. Gemäß §3 leg. cit. könne der angegebene Höchstwert der Bebauungsdichte nach Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen auf dem Gebiet der Raumplanung überschritten werden, wenn dies aus städtebaulichen Gründen oder im Sinne des Ortsbildschutzes notwendig ist.

Wenn das Steiermärkische Baugesetz die Möglichkeit eröffne, sich einerseits über die Bebauungsdichteverordnung hinwegzusetzen und andererseits den Nachbarn mit dem Argument abzufertigen, er habe gemäß §26 leg. cit. keine Antragslegitimation, so würde dies den Gleichheitsgrundsatz verletzen. Denn es gebe keinen sachlichen Grund, dem Nachbarn im Bauverfahren die Möglichkeit zu nehmen, sich gegen eine durch ein Gutachten nicht gedeckte Ermessensüberschreitung der Behörde zur Wehr zu setzen.

6. Die belangte Behörde verwies darauf, daß die Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid auch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben haben und legte dem Verfassungsgerichtshof ihre Stellungnahme an den Verwaltungsgerichtshof vor.

7. Die Steiermärkische Landesregierung wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, daß §26 Abs1 des Steiermärkischen Baugesetzes eine erschöpfende Aufzählung der Rechte des Nachbarn enthalte. Den Nachbarn käme eine für die österreichischen Baurechtsnormen typische beschränkte Parteistellung zu, die nur hinsichtlich der aufgezählten materiellen Rechte ein Mitspracherecht sichere. Den Umfang der Parteienrechte in einem Verwaltungsverfahren bestimme - mangels einer Verfassungsnorm, die Parteienrechte überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiere - der einfache Gesetzgeber (Hinweis auf VfSlg. 8279/1978).

Gegenüber der Steiermärkischen Bauordnung 1968 seien hinsichtlich des Umfanges der Nachbarrechte Veränderungen feststellbar. So bestehe insbesondere durch den Wegfall der Widmungsbewilligung der Rechtsanspruch auf das Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung nicht mehr, aber auch nicht mehr der Rechtsanspruch auf gesetzmäßige Handhabung des Planungsermessens bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen. Damit sei das vielfach umstrittene Recht auf Einhaltung von Bebauungsdichte und Bebauungsgrad nicht mehr gegeben.

Im übrigen sei die Baubehörde - unabhängig von bestehenden Nachbarrechten - schon nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet, auf die Einhaltung der Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes zu achten.

Dazu komme, daß jeder Bauwerber bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der von ihm angestrebten Baubewilligung besitze. Dieser Grundsatz unterscheide sich in grundlegender Weise von der Frage, inwieweit der Baurechtsgesetzgeber dem Nachbarn ein Mitspracherecht tatsächlich einräumt.

II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Für den vorliegenden Fall sind folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

1.1. Die §§18, 26, 27 und 29 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. 59/1995 - Stmk. BauG, lauten:

"§18

Festlegung der Bebauungsgrundlagen im Bauland für den Einzelfall

(1) Auf Antrag hat die Behörde, sofern Bebauungspläne nicht erforderlich sind oder Bebauungsrichtlinien nicht bestehen, mit Bescheid folgende Bebauungsgrundlagen festzulegen:

  1. 1. die Baugebietskategorien nach Flächenwidmungsplan,
  2. 2. die Bebauungsweise, die Bebauungsdichte und den Bebauungsgrad,
  3. 3. die Straßenfluchtlinie und das Ausmaß der

    abzutretenden Grundflächen und

  1. 4. die zulässige Höhe der baulichen Anlagen.

Ferner kann die Behörde die Bauflucht- und Baugrenzlinien sowie Vorgaben über die Firstrichtung und Dachform unter Berücksichtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes festlegen.

(2) Einem Antrag nach Abs1 sind anzuschließen:

  1. 1. ein Lageplan, mindestens im Maßstab 1:1000, mit einer Darstellung der für die Bebauung in Aussicht genommenen Grundstücke, einschließlich der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen, jeweils mit den darauf befindlichen Gebäuden und deren Geschoßanzahl;
  2. 2. der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes am Bauplatz in Form einer amtlichen Grundbuchabschrift oder in anderer rechtlich gesicherter Form, jeweils nicht älter als sechs Wochen;
  3. 3. die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Inhabers des Baurechtes (Bauberechtigter), wenn der Antragsteller nicht selbst Grundeigentümer oder Inhaber des Baurechtes ist.

(3) Die Behörde hat binnen acht Wochen ab Vorliegen der vollständigen Unterlagen zu entscheiden. In diesem Verfahren ist nur der Antragsteller Partei.

(4) Der Bescheid tritt außer Kraft:

  1. 1. nach Ablauf von zwei Jahren ab Rechtskraft, sofern nicht um eine Baubewilligung angesucht oder ein Bauvorhaben angezeigt wird;
  2. 2. mit Rechtskraft der Entscheidung über ein Ansuchen um Baubewilligung oder über eine Bauanzeige.

...

§26

Nachbarrechte

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

  1. 1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
  2. 2. die Abstände (§13);
  3. 3. den Schallschutz (§43 Abs2 Z5);
  4. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§51 Abs1);
  5. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§61 Abs1, §63 Abs1 und §65 Abs1);
  6. 6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§41 Abs6).

...

(3) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das im Privatrecht begründet ist (privatrechtliche Einwendung), so hat die Behörde zunächst eine Einigung zu versuchen. Kommt keine Einigung zustande, so ist der Beteiligte mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Diese Verweisung ist unter Anführung der Einwendung im Spruch des Bewilligungsbescheides auszusprechen.

§27

Parteistellung

(1) Wurde eine Bauverhandlung kundgemacht, so behalten nur die Nachbarn Parteistellung, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des §26 Abs1 erhoben haben.

...

§29

Entscheidung der Behörde

(1) Die Behörde hat einem Ansuchen mit schriftlichem Bescheid stattzugeben, wenn die nach diesem Gesetz für die Bewilligung geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.

..."

1.2. Die §§2 und 3 Steiermärkische Bebauungsdichteverordnung 1993, LGBl. 38/1993 idF 87/1994, lauten:

"§2

Bebauungsdichte

Für nachstehende Baugebiete nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 1974 werden folgende Mindest- und Höchstwerte der Bebauungsdichte bestimmt:

...

b) allgemeine Wohngebiete 0,2 1,4

...

§3

Überschreitung

(1) In Gebieten, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung überwiegend bebaut sind, können die im Flächenwidmungsplan und im §2 angegebenen Höchstwerte der Bebauungsdichte nach Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen auf dem Gebiet der Raumplanung überschritten werden, wenn dies aus städtebaulichen Gründen oder im Sinne des Ortsbildschutzes notwendig ist (z.B. Wiedererrichtung, Einfügung in die umgebende Bebauung bei Baulücken, Schlußglieder einer geschlossenen Bebauung oder sonstige Ensemblekomplettierung, Zu- und Umbauten, Dachraumausbauten), sofern die Voraussetzung zur Sicherung gesunder Wohn- und Arbeitsbedingungen nicht beeinträchtigt werden und sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen.

(2) Gleiches gilt in sonstigen Gebieten für die Wiederherstellung von Gebäuden, die durch ein katastrophenartiges Ereignis zerstört worden sind.

(3) In Gebieten, in denen geförderte Bauvorhaben im Sinne des §3 der Durchführungsverordnung zum Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993, LGBl. Nr. 26/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 48/1994, errichtet werden, können aus städtebaulichen Gründen die im Flächenwidmungsplan angegebenen Höchstwerte der Bebauungsdichte nach Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen auf dem Gebiet der Raumplanung überschritten werden. Erfolgt die städtebauliche oder baukünstlerische Beurteilung in einem Verfahren nach §3 Abs2 der Durchführungsverordnung zum Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993, so entfällt die Verpflichtung zur Einholung eines raumplanerischen Gutachtens."

2. Zur Regelung der Parteistellung durch den Materiengesetzgeber ist zunächst auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen:

Im Erkenntnis VfSlg. 6664/1972 hat der Verfassungsgerichtshof zur Frage der Regelung der Parteistellung durch den einfachen Gesetzgeber ausgesprochen:

"Es besteht, abgesehen von Einzelfällen wie Art119a Abs9 B-VG (...) keine Verfassungsnorm, die Parteienrechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert. Den Umfang der Parteienrechte in einem Verwaltungsverfahren bestimmt der einfache Gesetzgeber. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter scheidet als Maßstab hiefür aus; dieses Recht kann durch eine gesetzliche Regelung der Parteistellung deshalb nicht verletzt werden, weil eben die durch Gesetz bestimmte Behörde gegenüber den durch Gesetz mit Parteirechten ausgestatteten Personen der 'gesetzliche Richter' ist (vgl. Erk. Slg. Nr. 3085/1956). Das die Parteienrechte bestimmende Gesetz könnte allerdings aus einem anderen Grund, etwa wegen mangelnder Determinierung (Art18 B-VG) oder wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot (Art7 B-VG, Art2 StGG) verfassungswidrig sein."

Diese Aussage hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 6808/1972 wiederholt.

Im Bereich des Baurechtes wurde der Verfassungsgerichtshof erstmals im Erkenntnis VfSlg. 8279/1978 mit der Frage der sachlichen Abgrenzung der Parteirechte konfrontiert und zwar zur taxativen Aufzählung der subjektiven öffentlichen Rechte im §30 des Vorarlberger Baugesetzes. Er knüpfte an die bisherige Rechtsprechung an und fuhr fort, er lehne die Meinung ab, das rechtsstaatliche Prinzip verlange eine bestimmte Ausgestaltung der Parteirechte in einem Verwaltungsverfahren in der Weise, daß dem Gesetzgeber eine nähere Festlegung dieser Rechte überhaupt verboten sei. Im Erkenntnis VfSlg. 2929/1955 habe der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, der Sinn des rechtsstaatlichen Prinzips gipfle darin, daß alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür biete, daß nur solche Akte in ihrer rechtlichen Existenz dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden. So verstanden könne das rechtsstaatliche Prinzip kein Argument für die vom Beschwerdeführer geforderte Beschränkung des Gesetzgebers liefern. Die vom Beschwerdeführer erörterte Problematik münde in die Frage, welche Forderungen an den Gesetzgeber bei der Festlegung von Parteirechten in einem Verwaltungsverfahren unter dem Blickpunkt des auch ihn bindenden Gleichheitsgebotes zu richten seien. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont habe, verbiete das Gleichheitsgebot dem Gesetzgeber nicht bloß, sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen, sondern auch Ungleiches gleich zu behandeln, wobei allerdings die Ungleichheit in bezug auf die Regelung wesentlich sein müsse (Hinweis auf VfSlg. 5397/1966). Dies bedeute für gewisse, dem Beschwerdeführer anscheinend vorschwebende besondere Fälle, daß der Gesetzgeber im Hinblick auf seine Pflicht zu differenzierter Behandlung bei verschiedenen tatsächlichen Gegebenheiten gegen das Gleichheitsgebot verstoße, wenn er Parteirechte unterschiedslos nicht einräume. Solches sei ihm aber bei §30 Vorarlberger Baugesetz in Ansehung der in §22 Abs1 leg. cit. festgelegten Pflichten des Bauwerbers in bezug auf das Landschafts- und Ortsbild jedoch keinesfalls unterlaufen. Es genüge der Hinweis, daß der im Falle einer Beeinträchtigung des Schutzobjektes betroffene Personenkreis nicht spezifisch aus Liegenschaftseigentümern im örtlichen Nahebereich, sondern auch aus zahlreichen anderen Personengruppen (zB bloßen Bewohnern dieses Bereiches) bestehe.

Im Erkenntnis VfSlg. 10844/1986 - zu §7 Abs1 Z1 lita des Salzburger Baupolizeigesetzes - knüpfte der Verfassungsgerichtshof an die bisherige Rechtsprechung an und führte aus:

"Der Verfassungsgerichtshof vermag keine Verfassungsbestimmung zu finden, nach der es dem Gesetzgeber verwehrt wäre, die Parteistellung für Nachbarn im Baubewilligungsverfahren, in dem es (bloß) auf die Wahrung baurechtlicher Interessen - nicht aber sonstiger, in anderen, insbesondere im gewerberechtlichen Verfahren zu wahrender Belange - ankommt, auf Personen zu beschränken, bei denen nach einer Durchschnittsbetrachtung der typischerweise vom Bauwerk selbst ausgehenden Gefahren durch eine Bauführung Nachbarinteressen betroffen werden. Wenn der Gesetzgeber unter diesem Gesichtspunkt die Parteistellung als Nachbar den Personen einräumt, deren Grundstücke von den Fronten des Baues nicht weiter entfernt sind, als im §7 Abs1 Z1 lita festgelegt ist, kann ihm ebensowenig vorgeworfen werden, eine unsachliche Abgrenzung unter den als Nachbarn in Betracht kommenden Personen vorgenommen zu haben, wie es ihm unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes verwehrt wäre, im Hinblick auf die Besonderheiten der Gefährdungen bei Bauten mit erhöhten Anforderungen den Kreis der Personen, denen als Nachbarn Parteistellung zukommt, auszudehnen. Der Umstand, daß von den Beschwerdeführern eine Regelung als rechtspolitisch wünschenswert erachtet wird, wonach bei Bauten mit erhöhten Anforderungen auch Eigentümern, deren Grundstücke von der Front des Baues weiter als 15 Meter entfernt sind, Parteistellung einzuräumen wäre (vgl. die Ausführungen bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, Eisenstadt 1980, Seiten 138, 241), begründet keine Bedenken dahin, daß die geltende Bestimmung des §7 Abs1 Z1 lita BauPolG als eine gegen das Gleichheitsgebot verstoßende Regelung zu qualifizieren wäre."

Der Verfassungsgerichtshof hat also in seiner Vorjudikatur stets im Einzelfall geprüft, ob die Differenzierung der Parteirechte einerseits in bezug auf die Regelung wesentlich und andererseits im Hinblick auf die im jeweiligen Verwaltungsverfahren zu berücksichtigenden Interessen durch Unterschiede im Tatsächlichen begründet ist.

3. Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, daß es sachlich gerechtfertigt ist, dem Nachbarn im Bauverfahren ein durchsetzbares Mitspracherecht nur dort einzuräumen, wo seine durch die raumordnungsrechtlichen und baurechtlichen Bestimmungen geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Bauvorhabens beeinträchtigt werden könnte, d.h. dem Nachbarn ein Mitspracherecht nur hinsichtlich der Einhaltung jener raumordnungsrechtlichen und baurechtlichen Bestimmungen einzuräumen, die nicht nur dem öffentlichen, sondern auch dem besonderen Interesse der Nachbarschaft dienen.

Ein derart beschränktes Mitspracherecht des Nachbarn sah §61 Abs2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (Stmk. BauO) in der Stammfassung LGBl. 149/1968 vor: "Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen."

Welche Bauvorschriften nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienten, mußte durch Interpretation der einzelnen baurechtlichen Regelungen ermittelt werden.

In seinem Erkenntnis VwSlg. 8228 A/1972 löste der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob die Festlegung der Bebauungsdichte nicht bloß der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch der Wahrung der Interessen der Nachbarn diene, folgendermaßen:

"Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie etwa im E Slg 6179 (A)/65 zum Ausdruck gelangt, ist den Nachbarn kein subjektives öffentliches Recht auf Beibehaltung einer im tatsächlichen Bereich vorhandenen Bebauung gewährleistet. Der Gerichtshof hat auch im vorangegangenen E Slg 4327 (A)/57 und den darin zitierten Vorerk Slg 17.177 (A)/32 und Slg 17.743 (A)/33 ausgesprochen, daß die Nachbarn im Widmungsverfahren nur mit Erfolg einwenden könnten, die beabsichtigte Widmung verstoße gegen eine zwingende, auch dem Interesse der Nachbarschaft dienende Vorschrift der BauO oder es werde den Nachbarn durch die beantragte Widmung die Möglichkeit genommen, ihren Bauplatz entsprechend dem hiefür maßgebenden Widmungsbescheid zu bebauen. Diese Erkenntnisse beruhen auf der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Stmk BauO 1968 und des Stmk Gesetzes über die Flächennutzungspläne und die Bebauungspläne, LGBl 1964/329. Bereits mit den E v 30.6.1970, Z994/69, sowie v 30.11.1970, Z574/69 und Z703/69, ergangen zu §13 BauO f G von 1881, hat der Gerichtshof jedoch den Standpunkt vertreten, daß der Nachbar, unbeschadet des Rechtes der Behörde auf Handhabung des Planungsermessens, in jenen Belangen, die Nachbarschaftsinteressen berühren, einen Anspruch auf Handhabung des Ermessens iS des Gesetzes hat und daß die Behörde für ihre Ermessensübung eine materielle Begründung liefern muß, welche dem Rechtsschutzinteresse der Parteien und der Kontrollaufgabe des Verwaltungsgerichtshofes gerecht wird. Die in den letztgenannten Erkenntnissen zum Ausdruck kommende Beurteilung der Rechtsstellung des Nachbarn im Widmungsverfahren für den Anwendungsbereich der §§2 und 3 Stmk BauO 1968 ist deswegen gerechtfertigt, weil §3 Abs1 dieses Gesetzes durch die Verweisung auf §61 die Ladung der Nachbarn zur Widmungsverhandlung vorschreibt und §3 Abs2 durch die Verweisung auf §62 Abs2 anordnet, daß über alle Einwendungen in der Widmungsbewilligung zu entscheiden ist. Damit hat der Gesetzgeber eine formelle Gleichstellung der Nachbarn im Widmungsverfahren und im Baubewilligungsverfahren vorgesehen. Daraus folgt, daß es offenbar nicht der Wille des Gesetzgebers war, den Nachbarn im Widmungsverfahren einen geringeren Einflußbereich zuzubilligen als im Baubewilligungsverfahren. Vielmehr muß angenommen werden, daß der Nachbar in einem Widmungsverfahren, welches wegen Fehlens eines Flächennutzungsplanes und eines Bebauungsplanes auch der Festlegung der Bebauungsbestimmungen dient, gegen diese Festlegung in jenem Sachbereiche Einwendungen erheben kann, in welchem ihm dies, wären die Bebauungsgrundlagen durch generellen Verwaltungsakt festgesetzt, in der Richtung hin freistünde, daß das Vorhaben dem Flächennutzungsplan oder dem Bebauungsplan widerspricht; dies gilt also für jene Bebauungsbestimmungen, welche nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch der Wahrung von Nachbarinteressen dienen. (In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem E Slg 8114 (A)/71, zu §120 Abs7 und 8 der nö BauO, LGBl 1969/166 - diese Gesetzesstellen treffen Übergangsbestimmungen für Gemeinden, in denen nur ein vereinfachter Bebauungsplan gilt oder ein Bebauungsplan überhaupt fehlt ausgesprochen, daß den Nachbarn insoweit subjektive öffentliche Nachbarrechte erwachsen, als der in diesen Gesetzesstellen für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens festgelegte Maßstab, wäre er Inhalt eines Bebauungsplanes, solche Nachbarrechte begründen würde.) Es ist davon auszugehen, daß gemäß §8 Abs1 Stmk Gesetz über die Flächennutzungspläne und die Bebauungspläne der Flächennutzungsplan und die Bebauungspläne die Wirkung haben, daß Bewilligungen nach der Bauordnung wie Widmungsbewilligungen und Baubewilligungen nur zulässig sind, wenn sie diesen Plänen nicht widersprechen. Soweit der Nachbar die Unzulässigkeit einer Widmungsbewilligung nach dieser Gesetzesstelle einwenden könnte, weil das Vorhaben mit dem Flächennutzungsplan oder dem Bebauungsplan in Widerspruch steht, kann er demnach auch geltend machen, die Festsetzung entsprechender Bebauungsgrundlagen im Widmungsbescheid verstoße gegen zwingende gesetzliche Vorschriften oder bedeute eine Handhabung des Planungsermessens, die nicht iS des Gesetzes gelegen ist; sein Einflußbereich erstreckt sich auf jene Festlegungen, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch der Wahrung seiner nachbarlichen Interessen dienen. Vom Gesichtswinkel des §42 AVG 1950 her betrachtet, obliegt es dem Nachbarn, sofern er unter Hinweis auf die in dieser Gesetzesstelle normierten Präklusionsfolgen zur Verhandlung gehörig geladen war, spätestens bei der Widmungsverhandlung gegen jene Festlegungen Einwendung zu erheben, die bereits aus dem Projekt des Bewilligungswerbers hervorgehen. Keine Präklusionsfolgen können ihn hinsichtlich solcher Festlegungen treffen, die, ohne im Projekt aufzuscheinen, von der Behörde gemäß §3 Abs2 Stmk BauO 1968 in der Widmungsbewilligung getroffen werden."

Mit der Bauordnungsnovelle LGBl. 14/1989 wurden die Bestimmungen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen, taxativ aufgezählt, indem dem oben angeführten Text des §61 Abs2 Stmk. BauO folgender Satz angefügt wurde:

"Dieses sind die Bestimmungen über

  1. a) das Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung (§2 Abs1 und §58 Abs1 lita);
  2. b) die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und den Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist (§3 Abs2);
  3. c) das Planungsermessen bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen (§3 Abs3);
  4. d) die Abstände (§4 und §53);
  5. e) die Gebäudehöhe (§5);
  6. f) den Schallschutz (§15 Abs1 und §24);
  7. g) die Feuer- und Brandmauern (§21 Abs1);
  8. h) die Vermeidung einer Brandgefahr, sonstigen

    Gefährdung und unzumutbaren Belästigung

    (§39 Abs1);

  1. i) die Abwasserbeseitigung bezüglich Abstände zu Bauten, Brunnen, Quellen, Wasserversorgung und Nachbargrundgrenze (§44 Abs2);
  2. j) Baueinstellung und Beseitigung (§70a Abs2);
  3. k) die Nichtüberschreitung der ortsüblichen Belastungen durch Immissionen (§4 Abs3, §24 Abs3, §40 Abs5, §42 Abs3, §44 Abs2, §54 und §56)."

Die ausdrückliche Anführung der unter litc genannten Bestimmung als solche, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dient, erfolgte offenbar in Reaktion auf die oben genannte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Durch §3a der Stmk. BauO - eingefügt durch die Novelle LGBl. 43/1992 - wurde ein Rechtsanspruch auf Ausschöpfung der für Baugebiete im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte geschaffen und damit das Planungsermessen bei der bescheidmäßigen Festsetzung der Bebauungsdichte beseitigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hob aber weiterhin aufgrund von Nachbarbeschwerden Widmungsbewilligungen auf, die eine Überschreitung der Höchstwerte der Bebauungsdichte gemäß §3 Bebauungsdichteverordnung genehmigten, obwohl die zugrundeliegenden Gutachten mangelhaft waren. Denn der Verwaltungsgerichtshof sah auch die Geltendmachung der Vollständigkeit und Schlüssigkeit der für die Ermessensübung erforderlichen Grundlagen als vom subjektiv öffentlichen Recht auf Handhabung des Planungsermessens umfaßt an (vgl. zB VwGH 92/06/0269 vom 30. Juni 1994, 94/06/0023 vom 15. September 1994, 94/06/0113 vom 20. Oktober 1994).

Im §26 Stmk. BauG wurde ebenfalls eine taxative Aufzählung der subjektiven öffentlichen Nachbarrechte vorgenommen. Gegen eine derart vorgenommene taxative Aufzählung der subjektiven öffentlichen Nachbarrechte, die sich im wesentlichen an der verwaltungsgerichtlichen Judikatur orientiert, bestehen aus dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken.

Vergleicht man die in dieser Norm aufgezählten Bestimmungen, deren Einhaltung der Nachbar im Bauverfahren geltend machen kann, mit der Rechtslage aufgrund §61 Abs2 Stmk. BauO idF LGBl. 14/1989, so fällt auf, daß der Nachbar unter anderem die Einhaltung der Bestimmungen betreffend

das Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung und

die Handhabung des Planungsermessens bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen

nun nicht mehr als subjektives öffentliches Recht geltend machen kann.

Außerdem sieht das Stmk. BauG kein Widmungsbewilligungsverfahren mehr vor. Gemäß §18 leg. cit. hat im Verfahren zur Festlegung der Bebauungsgrundlagen im Bauland für den Einzelfall - zu denen gemäß §18 Abs1 Z2 leg. cit. auch die Bebauungsweise, die Bebauungsdichte und der Bebauungsgrad gehören - nur mehr der Antragsteller und nicht auch der Nachbar Parteistellung, wobei diese Festlegungen für das Bauvorhaben - unabhängig von abweichenden Regelungen in Flächenwidmungsplänen, Bebauungsplänen oder Bebauungsrichtlinien - verbindlich sind.

4. Aufgrund dieser durch das Stmk. BauG vorgenommenen Neuregelung wurde also dem Nachbarn die bisher zugestandene Möglichkeit genommen, die gesetzwidrige Ausübung des Planungsermessens bei Festsetzung der Bebauungsdichte durch Bescheid geltend zu machen.

Daher stellt sich zunächst die Frage, ob der Baurechtsgesetzgeber mit der Beseitigung des Widmungsbewilligungsverfahrens und damit auch der Parteistellung des Nachbarn in diesem Verfahren und mit der Einschränkung des Mitspracherechts des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz verstoßen hat. Dies ist aus folgenden Gründen nicht der Fall:

So wie der Gesetzgeber auf Grund der ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit und im Rahmen seiner Kompetenz befugt ist, einen bestimmten Lebenssachverhalt einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen (zB die Errichtung eines Baues an eine Bewilligung zu binden), so darf er auch auf ein bisher bestandenes Bewilligungsverfahren verzichten (und zB die Genehmigungsfreiheit von Bauführungen vorsehen). Daß mit dem Verzicht auf ein Bewilligungsverfahren auch ein Verlust anderer Parteirechte verbunden ist, ergibt sich als unvermeidbare Konsequenz.

Zu untersuchen ist allerdings, ob mit dem Ausschluß des Nachbarn im Verfahren gemäß §18 Stmk. BauG unter gleichzeitiger Bindung der Baubehörde an den rechtskräftigen Bescheid gemäß §18 Stmk. BauG eine unsachliche Abgrenzung der Parteistellung der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren vorgenommen wurde.

Gemäß §26 Abs1 Z1 leg. cit. ist der Nachbar befugt, "subjektiv-öffentlich-rechtliche" Einwendungen gegen ein Bauvorhaben mit dem Argument wirksam zu erheben, das Bauvorhaben stimme mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien nicht überein, allerdings nur insoweit, als damit ein Immissionsschutz verbunden ist. Gemäß §28 Abs2 Z1 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. 127/1974 idF LGBl. 39/1986, ist in den Bebauungsplänen jedenfalls die Bebauung mit den Bebauungsweisen und dem Maß der baulichen Nutzung (zu dem die Bebauungsdichte gehört) festzulegen.

Macht der Nachbar geltend, das Bauvorhaben stimme mit dem im Bebauungsplan - also durch Verordnung - festgelegten Maß der baulichen Nutzung nicht überein und wird seine Einwendung abgewiesen, so hat er nach Erschöpfung des Instanzenzuges die Möglichkeit, über eine Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG die Aufhebung einer im Bebauungsplan gesetzwidrig festgelegten Bebauungsdichte durch den Verfassungsgerichtshof zu erreichen.

Wird hingegen die Bebauungsdichte durch Bescheid festgelegt, so ist bei wörtlicher Auslegung dem Nachbarn auf Grund der durch das Stmk. BauG vorgenommenen Neuregelung die Möglichkeit genommen, sich gegen eine gesetzwidrige Festlegung der Bebauungsdichte zur Wehr zu setzen und die Aufhebung eines gesetzwidrigen Bescheides zu erwirken.

5. Ein derartiges strikt am Wortlaut haftendes Gesetzesverständnis hätte jedoch die Ungleichbehandlung von gleichartigen Tatbeständen zur Folge und widerspräche daher dem Gleichheitssatz.

Diese Erwägungen führen zu folgender - dem Gebot der verfassungskonformen Interpretation entsprechenden - ausdehnenden Interpretation:

Dem Nachbarn ist zwar im Verfahren gemäß §18 Stmk. BauG keine Parteistellung eingeräumt; es steht ihm jedoch frei, eine Verletzung der Bestimmungen über die Festlegung der Bebauungsdichte mit Einwendungen im Baubewilligungsverfahren geltend zu machen (vgl. die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bauplatzerklärung nach dem Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz, zB 93/06/0045 vom 17. Juni 1993 mit weiteren Hinweisen). Die Baubehörde ist in einem solchen Fall verpflichtet, die Einwendungen des Nachbarn inhaltlich zu prüfen und entgegen einem - allenfalls rechtswidrigen, aber gegenüber dem Nachbarn mangels Beteiligung im Verfahren gemäß §18 Stmk. BauG nicht geltenden - Bescheid gemäß §18 Stmk. BauG die Baubewilligung gemäß §29 Abs1 leg. cit. zu versagen.

Indem die Baubehörde dies verkannte und die öffentlich-rechtlichen Einwendungen der Beschwerdeführer im Bauverfahren zurückgewiesen hat, wurden diese im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor den gesetzlichen Richter verletzt, da die Behörde zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert hat (vgl. etwa VfSlg. 11405/1987, 13280/1992).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III.Dies konnte gemäß §19

Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

IV.Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-

enthalten.

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