Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführers zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit jeweils S 18.000,- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. August 1996, ZVe1-550-2469/1-1, wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Sölden betreffend die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Baubewilligung auf dem Grundstück Nr. 2253/2, KG Sölden, als unbegründet abgewiesen.
2. In den auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden erachten sich die Bescherdeführer in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie durch Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten als verletzt.
3. Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
4. Die beteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Äußerung.
5. Mit Erkenntnis vom 28. November 1996, G195/96 ua., hob der Verfassungsgerichtshof das Gesetz vom 6. Juli 1993 über die Raumordnung in Tirol (Tiroler Raumordnungsgesetz 1994), LGBl. für Tirol Nr. 81/1993, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol Nr. 6/1995 und Nr. 68/1995 (im folgenden kurz: TROG 1994) insoweit als verfassungswidrig mit Ablauf des 30. Juni 1998 auf, als ihm nicht durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle 1996, LGBl. für Tirol Nr. 4/1996, derogiert wurde und stellte fest, das das TROG 1994 verfassungswidrig war, soweit ihm durch die 1. Raumordnungsgesetznovelle derogiert wurde.
II. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren
(VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G195/96 ua., begann am 28. November 1996.
Mit Erkenntnis vom 28. November 1996, G195/96 ua., hob der Verfassungsgerichtshof das TROG 1994 insoweit als verfassungswidrig auf, als ihm nicht durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle 1996, LGBl. für Tirol Nr. 4/1996, derogiert wurde und stellte fest, das das TROG 1994 verfassungswidrig war, soweit ihm durch die 1. Raumordnungsgesetznovelle derogiert wurde.
Die vorliegenden Beschwerden langten beim Verfassungsgerichtshof am 18. bzw. 21. Oktober 1996 - also vor Beginn der nichtöffentlichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren - ein.
Nach dem Gesagten sind die Fälle daher einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Nach der Lage des Falles ist es nicht ausgeschlossen, daß die Anwendung des TROG 1994 für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Es ist daher auszusprechen, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt wurden; der Bescheid ist daher aufzuheben.
2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist jeweils eine Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,- enthalten.
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