Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AlVG §1
BundesbahnG 1992 §22 Abs5
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AlVG §1
BundesbahnG 1992 §22 Abs5
Spruch:
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Schriftsatz vom 6. Februar 1995 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft bei der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen die Feststellung, daß ihre in einer Beilage zum Antrag namentlich genannten, in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Dienstnehmer (auch) ab 1. Jänner 1995 nicht der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) unterliegen.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1995 stellte die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen fest, daß diese Dienstnehmer ab Beginn des Beitragszeitraumes Jänner 1995 bzw. ab 1. Jänner 1995 der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem AlVG unterliegen.
Dem dagegen erhobenen Einspruch blieb der Erfolg ebenso versagt wie der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich erhobenen Berufung.
2. Gegen den die Berufung als unbegründet abweisenden Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales (derzeit: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Darauf hat die beschwerdeführende Gesellschaft repliziert.
Weiters erstattete die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen eine Äußerung, in der sie den Beschwerdevorwürfen entgegentritt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die Arbeitslosenversicherungspflicht ist im §1 AlVG geregelt. Gemäß §1 Abs1 AlVG (idF BGBl. 817/1993) sind für den Fall der Arbeitslosigkeit insbesondere Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind (lita), versichert, soweit sie in der Krankenversicherung aufgrund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbst versichert sind (§19a ASVG) oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht gemäß Abs2 von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen sind.
Neben den Dienstnehmern, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde sowie zu einem von einer dieser Körperschaften verwalteten Betrieb, einer solchen Unternehmung, Anstalt, Stiftung oder einem solchen Fonds stehen und die gemäß §5 Abs1 Z3, 4 und 12 ASVG von der Vollversicherung nach §4 ASVG ausgenommen sind (§1 Abs2 litb AlVG), waren nach §1 Abs2 litc AlVG (idF vor BGBl. 817/1993) von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen:
"c) Dienstnehmer, die in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, zu einem Bundesland, einem Bezirk oder einer Gemeinde sowie zu einem von diesen Körperschaften verwalteten Betrieb, einer solchen Unternehmung, Anstalt, Stiftung oder einem solchen Fonds stehen, wenn ihnen aus diesem Dienstverhältnis Anwartschaft auf Ruhegenuß (Provision) zusteht, sowie Dienstnehmer, die in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts stehen, wenn ihnen aus diesem Dienstverhältnis Anwartschaft auf Ruhegenuß (Provision) zusteht, sofern in gesetzlichen Vorschriften oder in den dienstrechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf eine Ersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit und ein Anspruch auf eine Ersatzleistung für Karenzurlaubsgeld (§§26 bis 31) in einem diesem Bundesgesetz gleichwertigen Ausmaß vorgesehen sind;"
Durch ArtI des Bundesgesetzes BGBl. 817/1993 wurde das Arbeitslosenversicherungsgesetz diesbezüglich geändert. Z2, 21 und 22 des genannten Artikels bestimmten:
"2. §1 Abs2 litc wird aufgehoben. Die bisherigen litd und e erhalten die Bezeichnung litc und d.
...
21. Dem §79 werden folgende Abs7 und 8 angefügt:
'...
(8) §1 Abs1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 817/1993 tritt mit 1. Jänner 1995 in Kraft.'
22. Dem §80 wird folgender Abs3 angefügt:
'(3) §1 Abs2 litc tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1994 außer Kraft.'"
Die Gesetzesänderung beruht auf einem Initiativantrag. Laut Ausschußbericht des Nationalrates (1332 BlgNR 18.GP) wurde der Initiativantrag wie folgt begründet:
"Die wirtschaftliche Situation und die finanzielle Lage der Arbeitslosenversicherung machen einige Abänderungen und Ergänzungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung bzw. der Insolvenz-Entgeltsicherung erforderlich, wobei das soziale
Augenmaß gewahrt werden soll. Im einzelnen wird bemerkt:
Zu ArtI:
...
Zu Z2:
In Anbetracht der finanziellen Situation der Arbeitslosenversicherung, die durch das stete Ansteigen der Arbeitslosenzahlen gekennzeichnet ist, sind die Regelungen über die Arbeitslosenversicherungsfreiheit bestimmter privatrechtlicher Dienstverhältnisse und der damit verbundene Entfall von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen nicht mehr zu rechtfertigen."
Nach dem - insofern übereinstimmenden - Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft und des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales - waren die sogenannten definitiven Dienstnehmer der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §1 Abs2 litc AlVG idF vor der Novelle BGBl. 817/1993 von der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem AlVG befreit.
2. a) In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, die Einbeziehung der definitiv gestellten, sohin unkündbaren Dienstnehmer, die nach dienstvertraglichen Regelungen Arbeitslosenversicherungsschutz und Karenzgeldansprüche genießen, in die (gesetzliche) Arbeitslosenversicherung sei sachlich nicht gerechtfertigt, weil diese de facto nicht in die Situation kommen könnten, Ansprüche nach dem AlVG geltend zu machen. Das abzudeckende Risiko sei bei diesen Dienstnehmern im Vergleich zu anderen Dienstnehmern vernachlässigbar gering, sodaß eine Gleichstellung mit jenen verfassungswidrig sei. Es sei dem Gesetzgeber zwar nicht verwehrt, eine Durchschnittsbetrachtung an- und auf den Regelfall abzustellen. Im konkreten Fall habe aber der Gesetzgeber ganz gezielt eine bisher sachliche Differenzierung - ohne sachliche Rechtfertigung - beseitigt (VfSlg. 11368/1987) und dadurch auch den Vertrauensgrundsatz verletzt. Sachlich gerechtfertigt wäre eine derartige Regelung allenfalls dann, wenn von allen "in Dienst" stehenden Personen Arbeitslosenversicherungsbeiträge gleichsam als "Solidaritätsabgabe" eingehoben würden. Da der Gesetzgeber aber insbesondere die Ausnahme der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Personen weiterhin aufrecht erhalten (vgl. §1 Abs2 litb AlVG) habe, und auch - aufgrund des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 - bestimmte ÖBB-Bedienstete von der Arbeitslosenversicherungspflicht weiterhin ausgenommen seien, verstoße die Einbeziehung der vormals von §1 Abs2 litc AlVG erfaßten Personen gegen den Gleichheitsgrundsatz.
b) Dem hält die belangte Behörde entgegen, daß die Sozialversicherung durch Schaffung von Riskengemeinschaften die gegenseitige Verbundenheit des einzelnen und der Gemeinschaft und ihr wechselseitiges Eintreten füreinander in den Notfällen des Lebens bezwecke. In Zeiten steigender Arbeitslosenraten stünden zur Sicherstellung der Existenz der Arbeitslosen und damit der Vermeidung sozialer Härten und der sich daraus ergebenden Gefährdung des sozialen Friedens nur beschränkt Möglichkeiten offen. Der Bundesminister räumt ein, daß etwa eine Erhöhung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages oder die Absenkung des Leistungsniveaus möglich gewesen wäre, weist aber darauf hin, daß die erste Alternative deshalb nicht durchgeführt worden sei, weil es durch die damit verbundene Erhöhung der Lohnkosten zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft hätte kommen können. Der zweiten Möglichkeit sei bereits mit der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993, BGBl. 502, der zur Sicherung der Finanzierung der Arbeitslosenversicherung notwendigen Novelle BGBl. 817/1993 sowie den Regelungen im Rahmen der Strukturanpassungsgesetze 1995 und 1996 näher getreten worden. Um aber schwererwiegende Eingriffe in das Leistungsrecht vermeiden zu können, habe der Gesetzgeber auch den Weg der Erweiterung der Riskengemeinschaft und damit der Einlösung der Solidarität aller lohnabhängigen Dienstnehmer beschritten und eine bisher bei guter Arbeitsmarktlage vertretbare Ausnahme zurückgenommen.
Zur Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Bediensteten und bestimmter ÖBB-Bediensteter vertritt der Bundesminister die Auffassung, daß einerseits der unbestrittenermaßen bestehende Unterschied zwischen einem öffentlich-rechtlichen und einem privatrechtlichen Dienstverhältnis eine unterschiedliche Behandlung erlaube und daß andererseits der Umstand, daß eine bereits bestehende Übergangsregelung aus dem Jahr 1992 für ältere Bedienstete der ÖBB zum Tragen komme, nicht zur Verfassungswidrigkeit einer allgemein gefaßten Regelung im AlVG führen könne.
c) Die im Verfahren beteiligte Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen vertrat in einer Äußerung die Auffassung, die Einbeziehung des in §1 Abs2 litc AlVG in der Fassung vor BGBl. 817/1993 genannten Personenkreises in die Arbeitslosenversicherungspflicht sei sachlich gerechtfertigt.
Die Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens unterstrichen in weiteren Schriftsätzen ihre Position.
3. Die Beschwerde ist nicht begründet.
a) Der Verfassungsgerichtshof hat keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der den Bescheid tragenden gesetzlichen Bestimmung; insbesondere teilt er die in der Beschwerde geltend gemachten Bedenken gegen die Einbeziehung der vor der Novelle BGBl. 817/1993 gemäß §1 Abs2 litc AlVG von der Versicherungspflicht ausgenommenen Dienstnehmer nicht:
aa) Die Arbeitslosenversicherung ist - ungeachtet der Tatsache, daß sie nicht in Selbstverwaltung besorgt wird - ein Zweig der Sozialversicherung (vgl. etwa VfSlg. 7313/1974; Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialversicherungsrechts4, Rz 280). Grundgedanke jeder Sozialversicherung ist die Zusammenfassung der Angehörigen eines Berufsstandes zu einer Riskengemeinschaft (vgl. etwa VfSlg. 12739/1991 mit Hinweis auf Vorjudikatur), wobei es Sache des Gesetzgebers ist, im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit innerhalb der Schranken der Verfassung und dabei insbesondere des dem Gleichheitsgrundsatz innewohnenden Sachlichkeitsgebotes die "Grenzen für die Einbeziehung bestimmter Berufsgruppen in eine Sozialversicherungspflicht zu ziehen und zu entscheiden, welche bisher nicht versicherte Berufsgruppen in die Sozialversicherungspflicht einbezogen werden" (VfSlg. 9551/1982).
Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, steht innerhalb der jeweiligen Riskengemeinschaft der Versorgungsgedanke im Vordergrund, wohingegen der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist (VfSlg. 4714/1964, 5241/1966); es gilt daher in der Sozialversicherung auch nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung (zB VfSlg. 3670/1960, 4714/1964, 7047/1973), sodaß auch in Kauf genommen werden muß, daß es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt (zB VfSlg. 6015/1969, 7047/1973). Diese Auffassung hat der Gerichtshof in VfSlg. 12739/1991 ebenso bekräftigt wie seine Judikatur, daß gegen eine sich aus der Zugehörigkeit einer Person zu mehreren Berufsgruppen ergebende Mehrfachversicherung ebensowenig verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. zB VfSlg. 4714/1964) als gegen eine Regelung, die Personen, die anderweitig versicherungspflichtig sind oder eine Versorgung durch ein anderes System der sozialen Sicherheit dienstrechtlicher oder sozialrechtlicher Art genießen, von der Versicherungspflicht ausnimmt (zB VfSlg. 3733/1960, 5204/1966 und 6015/1969), eine solche Regelung aber bei sonstiger privater oder öffentlicher Versorgung nicht Platz greift (VfSlg. 4331/1962 und 6015/1969).
Diese Grundgedanken sind auch auf die (staatliche) Arbeitslosenversicherung, also jenen Versicherungszweig der sozialen Sicherheit, der den Schutz vor dem Risiko des Verlustes der Beschäftigung und des damit einhergehenden Verlustes der Unterhaltsmittel zum Gegenstand hat, anwendbar (zB VfSlg. 7313/1974).
Daß die Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit an sich ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Arbeitslosenversicherung ist, wird auch von der Beschwerde nicht bestritten. Ihr Einwand, daß der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz gehalten sei, Personen, bei denen das versicherte Risiko nicht oder in ganz seltenen Fällen zum Tragen kommen könne, von einer solchen Versicherung auszunehmen, trifft nach der oben wiedergegebenen Judikatur, von der abzugehen kein Anlaß besteht, nicht zu. Dazu kommt, daß die durch die Novelle einbezogenen Personengruppen, wie praktische Beispiele, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden, belegen, keineswegs als vor dem Risiko der Arbeitslosigkeit gänzlich gefeit anzusehen sind.
bb) Auch aus dem Erkenntnis VfSlg. 5315/1966 ist für die beschwerdeführende Gesellschaft nichts zu gewinnen: Aus ihm kann nämlich nicht abgeleitet werden, daß die Ausnahme von in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Personen aus der Arbeitslosenversicherung die einzige sachliche Möglichkeit ist. Die Unsachlichkeit der mit diesem Erkenntnis aufgehobenen Bestimmung lag vielmehr darin, daß eine Gruppe von Dienstnehmern, die genau dieselben Voraussetzungen erfüllten wie eine ausgenommene Gruppe, nicht ausgenommen war, daß also innerhalb jener Gruppen differenziert wurde, die das Gesetz vor seiner Novellierung durch BGBl. 817/1993 in §1 Abs2 litc aus der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen hatte.
Ebenso hat der Gerichtshof mit VfSlg. 11368/1987 eine gesetzliche Bestimmung lediglich deshalb als dem Gleichheitsgrundsatz widerstreitend erachtet, weil durch sie eine nach einem bestimmten - dem Sachlichkeitsgebot entsprechenden - System gewährte Begünstigung für einen bestimmten Fall ausgeschlossen wurde. Der Gerichtshof betonte aber, daß es dem Gesetzgeber ebenso freistehe, eine einmal gewährte Begünstigung als solche abzuschaffen (etwa, wenn er den damit verbundenen Einnahmenentfall oder den Verwaltungsaufwand als zu hoch erachtet), wie es ihm freistehe, eine solche zu schaffen.
cc) In dem Umstand, daß der Gesetzgeber nicht auch die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Personen in die Arbeitslosenversicherung einbezogen hat (vgl. den nach wie vor geltenden §1 Abs2 litb AlVG), kann schon deshalb keine Verfassungswidrigkeit im Sinne des Erkenntnisses VfSlg. 11368/1987 erblickt werden, weil es sich - wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger, auch hier beizubehaltender Rechtsprechung judiziert (etwa VfSlg. 11665/1988 mit Bezugnahme auf VfSlg. 5241/1966; VfSlg. 12732/1991) - bei einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis und der Materie des Sozialversicherungswesens um tiefgreifend verschiedene Rechtsgebiete handelt. Bereits in VfSlg. 5315/1966 führte der Gerichtshof dazu aus:
"... Eine Gleichheitsverletzung infolge der differenzierten Behandlung der unkündbaren Angestellten der Kammern der gewerblichen Wirtschaft gegenüber den in §1 Abs2 lita AlVG. 1958 bezeichneten Dienstnehmer (dabei handelte es sich um in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende Dienstnehmer) ist ... nicht gegeben. Die Rechtsverhältnisse der öffentlich-rechtlichen Dienstnehmer sind mit Rücksicht auf die von ihnen zu erfüllenden Aufgaben und die ihnen zukommende rechtliche Stellung gesondert geregelt. Es ist nicht unsachlich, wenn im Anschluß an diese allgemeine und umfassende Sonderregelung des Dienstrechtes das damit im Zusammenhang stehende Sozialversicherungsrecht für diesen Personenkreis abweichend von den für die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Dienstnehmern geltenden Bestimmungen geregelt wird."
dd) Anders wäre aber eine allfällige, von der beschwerdeführenden Gesellschaft auch behauptete Ausnahme von (nunmehrigen) Bediensteten der Unternehmung Österreichische Bundesbahnen von der Arbeitslosenversicherungspflicht zu beurteilen, die vormals in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind (vgl. §21 BundesbahnG 1992 und VfSlg. 14075/1995), da hier durchaus gleichgelagerte Verhältnisse vorliegen. Der Gesetzgeber verstieße in der Tat gegen den Gleichheitsgrundsatz, würde er die definitiv gestellten Bediensteten der beschwerdeführenden Gesellschaft, deren Dienstverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag beruht, im Hinblick auf ihre Arbeitslosenversicherungspflicht anders behandeln, als die eben erwähnten definitiv gestellten Bediensteten des Unternehmens "Österreichische Bundesbahnen", deren Dienstverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag beruht. Der Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit schlägt aber aus folgenden Gründen nicht durch:
Aus Anlaß der Ausgliederung des Wirtschaftskörpers "Österreichische Bundesbahnen" sah der Gesetzgeber vor, daß das (neu gegründete) Unternehmen Österreichische Bundesbahnen die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten und den Empfängern von Ruhe- und Versorgungsgenüssen fortsetzt (§21 Abs1 Satz 1 BundesbahnG 1992 sowohl in der Stammfassung, BGBl. 825/1992, als auch in der Fassung der durch das Erkenntnis VfSlg. 14075/1995 ausgelösten Novelle BGBl. 182/1996, die rückwirkend mit 1. April 1995 in Kraft gesetzt wurde. In §22 leg.cit. bestimmte der Gesetzgeber:
"(1) Bis zu ihrer Neuregelung bleiben durch dieses Bundesgesetz die Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis unberührt.
...
(4) Die nach den im Abs1 genannten Bestimmungen in ein Dienstverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen aufgenommenen Bediensteten haben, wenn sie innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der in Abs2 genannten neuen Rechtsgrundlagen ihre Bereitschaft zum Aussscheiden aus dem Dienstverhältnis nach den in Abs1 genannten Rechtsgrundlagen erklären, Anspruch auf gleichzeitige Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen nach den Rechtsgrundlagen für neu eintretende Bedienstete.
(5) Der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes, in ihrer jeweils geltenden Fassung, die auf Regelungsinhalte gemäß Abs1 und die diesen Regelungsinhalten bis zum 31. Dezember 1992 zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse abstellen, bleibt unberührt."
Aus der zuletzt wiedergegebenen Bestimmung des §22 Abs5 BundesbahnG 1992 leiten sowohl die beschwerdeführende Gesellschaft als auch der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Ausnahme jener ÖBB-Bediensteten von der Arbeitslosenversicherungspflicht ab, deren Dienstverhältnis gemäß §21 Abs1 BundesbahnG 1992 übergeleitet wurde.
Dieses Ergebnis ist aber von §22 Abs5 BundesbahnG 1992 nicht gedeckt. Nach §22 Abs1 leg.cit. bleiben nämlich nur die Bestimmungen über das "Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis" unberührt. Wenn es nun im §22 Abs5 heißt, daß der Anwendungsbereich von bundesgesetzlichen Vorschriften, die auf "Regelungsinhalte gemäß Abs1" abstellen, unberührt bleibt, ergibt schon eine Wortinterpretation, daß davon nicht auch die sozialversicherungsrechtlichen oder die - hier interessierenden - arbeitslosenversicherungsrechtlichen Rechtsvorschriften erfaßt werden, also ebenfalls unberührt bleiben. Eine die Wortfolge "Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis" auch auf solche Rechtsvorschriften ausdehnende Interpretation verbietet sich schon deshalb, weil sie zu jenem gleichheitswidrigen Ergebnis führte, das die beschwerdeführende Gesellschaft moniert, mögen sich möglicherweise Anhaltspunkte für eine solche Auslegung aus den nicht völlig eindeutig formulierten Erläuterungen zur RV betreffend das BundesbahnG 1992, 652 BlgNR 18.GP, S 16, ableiten lassen, in denen es zu §22 Abs5 heißt:
"Weiters soll sichergestellt werden, daß die jeweils geltenden Rechtsvorschriften des Bundes, deren Anwendungsbereich sich für die Österreichischen Bundesbahnen ausdrücklich ergibt, unberührt bleiben sowie daß jene Rechtsvorschriften, die bisher auf die Dienstverhältnisse der ÖBB-Bediensteten auf Grund deren Qualifikation als Dienstverhältnisse zum Bund anzuwenden waren, weiterhin anzuwenden sind; weiters wird sichergestellt, daß jene Regelungen, die aus diesem Grund nicht anzuwenden waren, auch hinkünftig nicht anzuwenden sind."
Nun ist es zwar richtig, daß die Anordnung in §22 Abs1 BundesbahnG 1992, daß die dienstrechlichen Vorschriften der betroffenen Personen unberührt bleiben, angesichts der damaligen Rechtslage im Arbeitslosenversicherungsrecht Auswirkungen auf deren Arbeitslosenversicherungpflicht hatte. Durch die AlVG-Novelle BGBl. 817/1993 und die dadurch erfolgte Einbeziehung der vordem nach §1 Abs2 litc AlVG ausgenommenen Personen ging aber diese Auswirkung verloren. §22 Abs5 ist daher nicht dahin zu verstehen, daß die ehemaligen Bediensteten der ÖBB nicht von der Änderung im AlVG betroffen sind; vielmehr sind auch diese - nach Wegfall des §1 Abs2 litc AlVG - in die Arbeitslosenversicherung einbezogen. §22 Abs5 BundesbahnG 1992 hat lediglich bewirkt, daß den von ihm erfaßten ÖBB-Bediensteten der ihnen durch die Rechtsvorschriften nach Abs1 eingeräumte Anspruch auf eine Ersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit bzw. des Karenzurlaubes weiterhin erhalten bleibt.
Da also der Gesetzgeber die Ausnahme der von §1 Abs2 litc erfaßten Dienstnehmer von der Arbeitslosenversicherungspflicht im Ergebnis insgesamt beseitigt hat, kann ihm insofern der Vorwurf einer gleichheitswidrigen Vorgangsweise nicht gemacht werden, zumal die dafür ins Treffen geführten Gründe (s. oben II.2.b)) diese Maßnahme rechtfertigen.
ee) Die Beschwerde meint schließlich, daß der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz im Interesse des Vertrauensschutzes gehalten gewesen wäre, die einmal gewährte Ausnahme von der Arbeitslosenversicherungspflicht aufrecht zu erhalten.
Nach der mit VfSlg. 12186/1989 beginnenden ständigen Rechtsprechung des Verfassungerichtshofes können gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt geraten, weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasten. Insbesondere werden Normunterworfene, die im Vertrauen auf eine (rückwirkend geänderte) Rechtslage disponiert haben, in diesem Vertrauen enttäuscht, wenn die gesetzlichen Regelungen nun an Handlungen Belastungen knüpfen, an die im Zeitpunkt der Handlung selbst entsprechende Rechtsfolgen nicht geknüpft waren.
Ein solcher Sachverhalt liegt indessen hier nicht vor. Die Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherungspflicht ist nicht etwa derart erfolgt, daß für bereits zurückgelegte Zeiten eines Arbeitsverhältnisses eine Versicherungs- und damit Beitragspflicht begründet worden wäre. Es ist vielmehr eine bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. 817/1993 versicherungsfreie Tätigkeit infolge der inzwischen eingetretenen Änderung der Rechtslage zu einer versicherungspflichtigen geworden. Enttäuscht worden ist damit die Hoffnung, daß die aufgrund der gegebenen Rechtslage bestehende Versicherungsfreiheit weiterhin aufrecht bleibt. Eine solche Enttäuschung kann aber jede Änderung der Rechtslage bewirken. Stets werden Dispositionen unter Bedachtnahme auf die geltende Rechtslage getroffen und durch deren Verschlechterung in ihren Auswirkungen nachteilig beeinflußt. Das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage genießt jedoch als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. VfSlg. 11368/1987, 13461/1993, 13657/1993). Es steht dem Gesetzgeber vielmehr frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch für die Normunterworfenen ungünstiger zu gestalten. Nur unter besonderen Umständen verbietet der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber eine solche die Rechtsposition verschlechternde Rechtsgestaltung. Derartige Umstände sind etwa dann anzunehmen, wenn der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlaßt wurde, der dann wegen Wegfalls der Begünstigung frustriert wird (VfSlg. 12944/1991).
Solche oder vergleichbare Umstände werden von der Beschwerde nicht behauptet und sind auch für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar:
Im vorliegenden Fall führt der Wegfall der Versicherungsfreiheit dazu, daß ab 1. Jänner 1995 Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen; gleichzeitig werden aber Anwartschaften erworben. In dem Umstand, daß daneben aufgrund anderer gesetzlicher oder dienstvertraglicher Regelungen ein Anspruch auf Ersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit bzw. des Karenzurlaubes gegenüber dem Dienstgeber besteht, und daß die Versicherung in der Regel zu keiner Versicherungsleistung führen wird, ist eine Verletzung eines geschützten Vertrauens - wie sich aus dem eben Gesagten iVm den Ausführungen unter Pkt. II.3.a)aa) ergibt - nicht zu erblicken.
Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13657/1993 dargetan hat, kann allerdings eine verfassungswidrige Enttäuschung berechtigten Vertrauens auf eine gegebene Rechtslage auch darin liegen, daß die Angehörigen einer Berufsgruppe in ein bestimmtes System der Versorgungssicherung gelockt werden, das dann infolge gesetzlicher Regelung seiner Wirkung beraubt wird. Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor.
ff) Der Verfassungsgerichtshof teilt daher die von der Beschwerde aufgeworfenen Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften nicht.
b) Bei der Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die beschwerdeführende Gesellschaft nur durch in die Verfassungssphäre reichende Vollzugsfehler in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sein. Solches ist aber nicht hervorgekommen.
c) Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)