VfGH V1/96

VfGHV1/964.12.1997

Ordnungsgemäße Kundmachung einer Wasserleitungsordnung; kein Widerspruch der Regelung über die Kostentragung durch den Abnehmer bei Erneuerung von Hausanschlüssen zum Vlbg G über die öffentliche Wasserversorgung durch die Gemeinden

Normen

B-VG Art18 Abs2
Vlbg G über die öffentliche Wasserversorgung durch die Gemeinden §3 Abs2
Wasserleitungsordnung für die öffentliche Wasserversorgung der Marktgemeinde Götzis vom 18.04.69 §8 Abs3
Vlbg GdG 1965 §27 Abs1
B-VG Art18 Abs2
Vlbg G über die öffentliche Wasserversorgung durch die Gemeinden §3 Abs2
Wasserleitungsordnung für die öffentliche Wasserversorgung der Marktgemeinde Götzis vom 18.04.69 §8 Abs3
Vlbg GdG 1965 §27 Abs1

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit einem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Landesvolksanwalt von Vorarlberg die Aufhebung der Wasserleitungsordnung für die öffentliche Wasserversorgung der Marktgemeinde Götzis vom 18. April 1969 (in der Folge als WO bezeichnet).

Der Landesvolksanwalt erblickt den Mangel der Verordnung in ihrer gesetzwidrig erfolgten Kundmachung, in eventu begehrt er die Aufhebung des §8 Abs3 zweiter Satz WO wegen mangelnder Deckung der Bestimmung im Gesetz über die öffentliche Wasserversorgung durch die Gemeinden in Vorarlberg, LGBl. 26/1929 idF 59/1993 (in der Folge als WVG bezeichnet).

2. Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Götzis hat die Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er begehrt, dem Antrag des Landesvolksanwaltes nicht stattzugeben. Die Vorarlberger Landesregierung hat dem Verfassungsgerichtshof mitgeteilt, auf die Erstattung einer Äußerung verzichten zu wollen.

II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Legitimation des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg zur Antragstellung ergibt sich aus Art58 Abs2 der Vorarlberger Landesverfassung idF LGBl. 30/1984, sowie aus Art148i Abs2 B-VG iVm Art148e B-VG. Der Antrag ist somit zulässig.

2. Zum Antrag auf Aufhebung der WO zur Gänze aufgrund gesetzwidrig erfolgter Kundmachung:

2.1. Zur Gesetzwidrigkeit der Kundmachung der angefochtenen Verordnung bringt der Landesvolksanwalt in seinem Antrag vor:

"§27 des Gemeindegesetzes in der damals geltenden Fassung von LGBl. 1965/45 legt bezüglich der Kundmachung von Verordnungen fest:

'(1) Verordnungen der Gemeindeorgane bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der öffentlichen Kundmachung. Die Kundmachung ist vom Bürgermeister innert zwei Wochen nach der Beschlußfassung durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde durchzuführen. Die Kundmachungsfrist beträgt zwei Wochen. Soweit nicht etwas anderes bestimmt wird, treten solche Verordnungen mit dem Tag in Kraft, der auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgt.

(2) Verordnungen, deren Umfang oder Art den Anschlag an der Amtstafel nicht zuläßt, sind im Gemeindeamt während der Amtsstunden innerhalb der Kundmachungsfrist zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist nach Abs1 kundzutun.

(3) Verordnungen der Gemeinde sind, wenn für eine Gemeinde ein Amtsblatt (Gemeindeblatt) besteht, auch in diesem kundzumachen. Hiebei gilt der Abs2 sinngemäß.'

Das Gemeindegesetz normiert also, daß Verordnungen der Gemeindeorgane zu ihrer Rechtswirksamkeit der öffentlichen Kundmachung - Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde - bedürfen. Die Kundmachung hat auch im Gemeindeblatt, soferne für eine Gemeinde ein solches besteht, zu erfolgen.

Die Marktgemeinde Götzis konnte dem Landesvolksanwalt nicht nachweisen, daß - über die Kundmachung im Gemeindeblatt vom 24.5.1969 hinaus - die primäre und unabdingbare gesetzliche Verpflichtung gemäß §27 Abs1 des Gemeindegesetzes, LGBl. 1965/45, erfüllt wurde ... .

Die Bedeutung des Wortes 'auch' im 3. Absatz des §27 des Gemeindegesetzes 1965 läßt keinen Zweifel aufkommen, daß es sich hiebei um ein zusätzliches und nicht um ein für sich allein ausreichendes Erfordernis handelt.

Abgesehen von den allgemeinen Kundmachungsvorschriften im Gemeindegesetz, enthält das WVG eine lex specialis:

§6

'Die näheren Bestimmungen über die Durchführung des Anschlusses an die Wasserversorgungsanlage, die Herstellung der Anschluß- und Hausleitungen, den Wasserbezug und alle sonstigen für die Errichtung und den Betrieb der Wasserversorgungsanlage maßgebenden Umstände (Wasserleitungsordnung) werden von der Gemeindevertretung erlassen, sind durch zwei Wochen öffentlich kundzumachen und bedürfen der Genehmigung der Landesregierung.'

Das letztgenannte Erfordernis ist nicht mehr relevant.

Es wird aber auch hier eine öffentliche Kundmachung durch zwei Wochen normiert, wobei dieser Regelung keine genauere Ausgestaltung der Kundmachungsvorschrift entnommen werden kann. Zum Thema des mangelnden Nachweises einer Kundmachung gilt das mit Bezug auf die Marktgemeinde Götzis schon Gesagte. §6 WVG ist zwar die ältere und speziellere Norm, §27 des Gemeidegesetzes 1965 jedoch die im Zeitpunkt der Erlassung der WO in Geltung stehende jüngere Norm, sodaß nach Ansicht des Antragstellers beiden Normen entsprochen werden muß."

2.2. Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Götzis hat sich dazu wie folgt geäußert:

"Die am 18. April 1969 von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Götzis beschlossene Wasserleitungsordnung wurde in der Folge, wie im Gemeindegesetz vorgesehen, durch zwei Wochen an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen. Die Aufzeichnung über einen - zumindest heute üblichen - Anschlagsvermerk liegt nicht vor, dieser wird aber auch nach keiner gesetzlichen Bestimmung gefordert. Aus dem handschriftlich, mit Bleistift angebrachten Vermerk des damaligen Gemeindesekretärs ... 'In Kraft mit 8.6.1969 gem. §27 (1) GG.' ergibt sich aber doch ein gleichlautender und auch glaubhafter Hinweis, wie dies ein Anschlagsvermerk bieten könnte. Diese Anmerkung ist zumindest so beweiskräftig wie ein Anschlagsvermerk, wäre ein solcher damals schon in der Verwaltungspraxis als alltäglich angesehen worden.

Die Kundmachung ist zudem, wie gesetzlich gefordert, im Gemeindeblatt erfolgt, weshalb ein Kundmachungsmangel nicht festgestellt werden kann. Auch die Zustimmung der Landesregierung ist eingeholt worden, sodaß insgesamt festgestellt werden muß, daß die Wasserleitungsordnung der Marktgemeinde Götzis jedenfalls Rechtswirksamkeit erlangt hat."

2.3. Der Verfassungsgerichtshof geht mit dem Landesvolksanwalt von Vorarlberg insofern konform, als hinsichtlich der Kundmachung die Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes (in der Folge als GG bezeichnet) zur Anwendung kommen.

§27 Abs1 GG in der zur Zeit der Beschlußfassung der Verordnung maßgeblichen Fassung LGBl. 45/1965 (seit der Neukundmachung, LGBl. 40/1985, als §32 im wesentlichen übernommen) sieht hinsichtlich der Kundmachung sowohl den Anschlag an der Amtstafel als auch die Kundmachung im Amtsblatt der Gemeinde (Gemeindeblatt), wenn ein solches für eine Gemeinde besteht, vor.

Der Veröffentlichung im Gemeindeblatt ist die Gemeinde - wie auch der Landesvolksanwalt in seinem Antrag darlegt und wie sich auch aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt - unbestrittenermaßen nachgekommen. Zweifel hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung bestehen somit lediglich hinsichtlich der Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel.

§27 Abs1 GG idF LGBl. 45/1965 sieht zwar vor, daß die Kundmachung einer Verordnung durch Anschlag an der Amtstafel zu erfolgen hat, trifft aber selbst keine nähere Bestimmung darüber, wie der Anschlag an der Amtstafel konkret zu beurkunden ist. Auch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich darüber nichts.

Wie aus den Verordnungsakten hervorgeht und wie auch der Gemeindevorstand in seiner Stellungnahme darlegt, befindet sich auf dem Originaltext der Verordnung zwar nicht ein Vermerk über den Zeitraum, in dem der Anschlag an der Amtstafel erfolgte (wie etwa der heute übliche Vermerk "angeschlagen am" und "abgenommen am" mit dem jeweiligen Datum), sondern lediglich der Vermerk "In Kraft mit 8.6.1969 gem §27 (1) GG.".

Hinsichtlich des Inkrafttretens sieht §27 Abs1 GG idF LGBl. 45/1965 vor, daß mangels einer anderen Bestimmung eine Verordnung mit dem Tag in Kraft tritt, der auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgt. Die Verordnung selbst enthält nur hinsichtlich der Messung des Wasserverbrauches durch Wassermesser sowie hinsichtlich der Bestimmungen, die den Übergang der Hausanschlußleitungen in das Eigentum der Gemeinde betreffen, eine eigene Inkrafttretensregelung, bezüglich der übrigen Bestimmungen ist daher auf §27 Abs1 GG abzustellen.

Da sich der Anschlag der WO an der Amtstafel konkret nicht (mehr) nachweisen läßt und der Verfassungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 8261/1978) darauf abstellt, daß im Zweifel gesetzmäßiges Handeln einer Behörde anzunehmen ist, muß davon ausgegangen werden, daß die WO, bevor sie - laut handschriftlichem Vermerk auf dem von der Landesregierung in weiterer Folge genehmigten Originaltext - am 8. Juni 1969 in Kraft trat, ordnungsgemäß über zwei Wochen hindurch an der Amtstafel angeschlagen war. Daraus ergibt sich, daß die Wasserleitungsordnung für die öffentliche Wasserversorgung der Marktgemeinde Götzis vom 18. April 1969 als ordnungsgemäß kundgemacht zu gelten hat.

3. Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit des §8 Abs3 zweiter Satz WO:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der WO lauten:

"§1 Anlage

(1) Die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde Götzis umfaßt die Quellen im Stieg, in der Örfla (Immakulata-Quelle), die Grundwassergewinnungsanlagen im Mösle sowie allfällige Wasserbezugsrechte aus der Rheintalwasserversorgung und Bezugsrechte für das Überwasser aus der Wasserversorgungsanlage der Wassergenossenschaft Meschach, die Zuleitungen, die Hochbehälter, das Rohrnetz einschließlich der Anschlußleitungen (§8 Abs1), die Filtrieranlagen, die Zwischenpumpwerke, die Feuerschutzeinrichtungen (Hydranten), die angeschlossenen öffentlichen Brunnen sowie die in Zukunft von der Gemeinde in Betrieb genommenen Anlagen.

(2) Diese Anlagen und Einrichtungen sind derart zu erhalten, daß die dauernde und ununterbrochene Versorgung des Versorgungsbereiches (§2, 1. Satz) mit Trink- und Nutzwasser gesichert ist.

§8 Anschlußleitungen

(1) Die Hausanschlußleitungen, deren Kosten der Abnehmer zu tragen hat und die als Teil der Wasserversorgungsanlage in das Eigentum der Gemeinde übergehen, bestehen aus der Ventil-Anbohrschelle, dem Anschlußrohr, dem Absperrventil, hinter dem der Wassermesser eingebaut ist und dem Hauptabsperrventil mit dem Entleerungshahn. Die lichte Weite und die Anschlußstelle bestimmt die Gemeinde. Für Anschlüsse mit mehr als 50 mm lichte Weite sind Formstücke einzubauen. Ebenso gehen die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Wasserleitungsordnung bestehenden Anschlußleitungen in das Eigentum der Gemeinde über.

(2) Die zu verwendenden Rohre, deren lichte Weite, Anschlußteile und dgl. bestimmt die Gemeinde. Rohre, die im Freien verlegt werden, haben in der Regel eine Überdeckung von

1.30 m aufzuweisen. Die Enführungsstelle der Anschlußleitungen bestimmt die Gemeinde und zwar tunlichst im Einvernehmen mit dem Abnehmer. Der beizustellende Raum, in dem der Wassermesser angebracht wird, muß gegen Frost, Grundwasser und sonstige Beschädigungen geschützt und leicht zugänglich sein. Wird ein Schacht erstellt, hat dieser mindestens eine Länge von 1.10 m, eine Breite von 1.00 m und eine Tiefe von 1.50 m zu haben. Schächte sind nicht zulässig, wenn frostsichere Räume bestehen; entstehen solche später, ist der Wassermesser auf Kosten des Abnehmers in diese zu verlegen. Für besonders dimensionierte Leitungen werden spezielle Ausmaße durch die Gemeinde bestimmt. Anschlußleitungen dürfen nur von gewerblich befugten Gewerbetreibenden unter Aufsicht der Gemeinde installiert werden.

(3) Die Instandhaltung der Anschlußleitungen obliegt der Gemeinde. Der Abnehmer hat für die Kosten einer vollständigen Erneuerung von Hausanschlüssen oder Teilen derselben aufzukommen."

Der Landesvolksanwalt sieht nunmehr die Bestimmung des §8 Abs3 zweiter Satz WO im inhaltlichen Widerspruch zu Bestimmungen des Gesetzes über die öffentliche Wasserversorgung durch die Gemeinden in Vorarlberg, LGBl. 26/1929 idF 59/1993.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen der §§3 und 5 WVG lauten:

"§3

(1) Die Eigentümer der in die Wasserversorgung einzubeziehenden Liegenschaften ebenso wie die Inhaber der darin befindlichen Wohn- und Geschäftsräume sind verpflichtet, die Vornahme der erforderlichen Arbeiten und ihre Überwachung durch von der Gemeinde bestellte Personen zu dulden und zu diesem Zwecke auch das Betreten der Räume zu gestatten.

(2) Ob und inwieweit die Anschlußleitungen und die Hausleitungen aus Gemeindemitteln hergestellt werden, bestimmt die Wasserleitungsordnung.

§5

(1) Sämtliche Anschlußleitungen bis zu der allenfalls in der Wasserleitungsordnung (§6) näher zu bezeichnenden Stelle sind Eigentum der Gemende oder des Wasserwerkes oder sind nach Fertigstellung in ihr Eigentum abzutreten.

(2) Die Gemeinde ist verpflichtet, die gesamte Wasserversorgungsanlage samt den Anschlußleitungen in gutem Zustande zu erhalten und etwaige Gebrechen raschestens zu beheben. Die Instandhaltung der Hausleitungen obliegt dem Eigentümer der anschlußpflichtigen Liegenschaft.

(3) Die Gemeinde hat das Wasser nur nach Maßgabe der Ergiebigkeit der Wasserversorgungsanlage zu liefern und haftet nicht für Störungen oder Unterbrechungen in der Wasserabgabe."

3.2. Der Landesvolksanwalt legt seinem Antrag diesbezüglich folgende Überlegungen zugrunde:

"Ganz offenkundig unterscheidet das WVG im Unterschied zur WO nicht zwischen dem 'Rohrnetz', das man nach heutigem Verständnis auch als Hauptleitungen bezeichnen würde, und den 'Anschlußleitungen', worunter aus einer Zusammenschau aus §1 und §8 der WO die Hausanschlußleitungen zu verstehen sind. §3 WVG ist also so zu lesen, daß es dem Beschluß der Gemeinde übertragen ist, ob das Rohrnetz, die Hausanschlußleitungen und die Hausleitungen aus Gemeindemitteln hergestellt werden. Die WO unterscheidet zwischen dem Rohrnetz und den Anschlußleitungen mit dem Ergebnis, daß das Rohrnetz von der Gemeinde, die Hausanschlußleitungen aber vom Anschlußnehmer herzustellen sind. Soweit wäre dies in Übereinstimmung mit dem WVG, denn wenn es dem Gemeindebeschluß überlassen bleibt, zu statuieren, ob das Rohrnetz und die Hausleitungen wie auch die Anschlußleitungen von der Gemeinde errichtet werden, dann muß es auch zulässig sein, nur von einem Teil zu statuieren, daß er - hier das Rohrnetz - aus Gemeindemitteln hergestellt werde. Die weitere Folgerung der WO aber ist unzulässig. Statuiert das Gesetz, daß die Wasserversorgungsanlage samt den Anschlußleitungen ('Rohrnetz' oder Hauptleitungen und Anschlußleitungen) in gutem Zustande zu erhalten und etwaige Gebrechen rasch zu beheben sind und dies eine Verpflichtung der Gemeinde ist, dann umfaßt diese Verpflichtung jedenfalls auch die Erhaltung der Hausanschlußleitungen durch die Gemeinde, weil das Gesetz keine Grundlage für eine Differenzierung zwischen Rohrnetz- und Hausanschlußleitungen bietet.

Die Gemeinde kann also mit Beschluß hinsichtlich sämtlicher Leitungen (Rohrnetz, Hausanschlußleitungen und Hausleitungen) oder wohl auch eines Teiles davon festlegen, ob diese Leitungen aus Gemeindemitteln hergestellt werden oder nicht. Hinsichtlich der Erhaltung aber, wozu unter Umständen eine gänzliche Erneuerung zählt, gibt das Gesetz einen diesbezüglichen Spielraum nicht.

§3 WVG überträgt es dem Beschluß der Gemeinde, ob aus Gemeindemitteln Anschlußleitungen und Hausleitungen hergestellt werden. Das Gesetz also läßt dem Verordnungsgeber die Entscheidung offen, ob die - wohl: erstmalige - Herstellung zu Lasten der Gemeindemittel oder zu Lasten der Abnehmer geht. Die WO legt nicht fest, daß Anschlußleitungen und Hausleitungen aus Gemeindemitteln hergestellt werden.

§8 der WO sieht in Absatz 1 vor, daß die Kosten der - wohl:

erstmaligen - Herstellung der Hausanschlußleitungen der Abnehmer zu tragen hat. Unter Kosten könnten nun sowohl Kosten der Herstellung wie der Erhaltung verstanden werden. Hiezu stellt allerdings §5 Abs2 WVG im ersten Satz klar, daß die Instandhaltung der Anschlußleitungen der Gemeinde obliege. Satz 2 von Abs3 des §8 WO scheint nun davon auszugehen, daß jede Anschlußleitung nur eine bestimmte Lebensdauer habe und nach einer bestimmten Lebensdauer wiederum eine (neue) Herstellung der Anschlußleitung erforderlich sei und die Kosten einer solchen Herstellung nach §3 Abs2 WVG auf den Abnehmer überwälzt werden könnten.

§5 Abs1 WVG erhält seinen Sinn daraus, daß dann, wenn Anschlußleitungen aus Gemeindemitteln hergestellt werden, diese Leitungen ohnehin bereits im Eigentum der Gemeinde sind und nur dann, wenn Anschlußleitungen nicht aus Gemeindemitteln hergestellt werden, die Leitung nach Fertigstellung ins Eigentum der Gemeinde abzutreten ist.

Nach §5 Abs2 WVG ist die Gemeinde nun verpflichtet, einerlei ob die Leitung von Anfang an in ihrem Eigentum war oder erst in ihr Eigentum abgetreten wurde, diese Leitung 'in gutem Zustande zu erhalten und etwaige Gebrechen raschestens zu beheben'.

Wie nun das Wort 'Abtretung' im §5 Abs1 WVG auszulegen ist (Legalzession oder Auftrag zu einer vertraglichen Regelung), war Gegenstand von umfangreichen Recherchen. Der Motivenbericht ... vom 14.9.1928 (Beilage 28) nimmt Bezug auf ein niederösterreichisches Gesetz, mit dem der Gesetzesentwurf über die öffentliche Wasserversorgung durch die Gemeinden in Vorarlberg (Beilage 27) im wesentlichen übereinstimme. Der Bericht selbst gibt keine Interpretationshilfe.

Anfragen bei der niederösterreichischen Landesverwaltung ergaben, daß das 'Wasserleitungsanschlußgesetz' das hier gemeinte Landesgesetz sei. Dazu sei ein Motivenbericht nicht auffindbar, es müsse angenommen werden, daß Bestände desselben, falls es überhaupt solche gegeben habe, während der Kriegsjahre verbrannt seien.

Dem Landesvolksanwalt sind Fälle vertraglicher Übereignungen nicht bekannt; die Wirklichkeit zeigt das Bild allgemeiner Annahme, daß die Norm selbst die Übereignung (Abtretung an die Gemeinde) unmittelbar nach Fertigstellung der Anschlußleitung bewirke.

Auch die Diktion von §8 der WO läßt erkennen, daß der Verordnungsgeber der Auffassung ist, daß künftig zu errichtende Anschlußleitungen unmittelbar nach deren Fertigstellung und bereits bestehende mit Erlassung der Verordnung Eigentum der Gemeinde werden bzw. geworden sind.

Sowohl die vollständige Erneuerung eines Hausanschlusses wie auch nur eines Teiles davon wird aus den Erfahrungen des Lebens bei einem Untauglichwerden der Leitung oder eines Teiles davon bei gegebener Notwendigkeit als ein Akt des 'in gutem Zustande Erhaltens' oder des 'Behebens etwaiger Gebrechen' erfolgen, nicht aber ohne einen die Instandsetzung zwingend gebietenden Grund. Anders würde es sich verhalten, wenn ein Anschluß hergestellt werden müßte, weil die alte Hausanschlußleitung in ihrer Dimension für eine allfällige weitere Bebauung auf der anzuschließenden Liegenschaft nicht mehr ausreichend wäre. Dann würde es sich weder um ein 'in gutem Zustande Halten', noch um das 'Beheben eines Gebrechens' handeln, sondern um die Herstellung eines Anschlusses."

3.3. Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Götzis stellt in seiner Äußerung auf die Frage ab, ob die Erneuerung der Anschlußleitung oder von Teilen derselben als Instandhaltung ("in gutem Zustand zu erhalten und etwaige Gebrechen raschest zu beheben") anzusehen ist oder nicht. Er vertritt die Meinung, daß unter "Erneuerung" im gegebenen Zusammenhang die Herstellung einer Neuanschlußleitung, unter dem Begriff "Instandhaltung" hingegen die regelmäßige Wartung und die Reparatur bestehender Anlagen zu verstehen ist, und meint, daß die Ausdrücke "Erhaltung" und "Instandhaltung" die Wiederherstellung im Sinne einer wiederholten Neuerrichtung nicht beinhalten.

3.4. Gemäß §3 Abs2 WVG liegt es im freien Beschlußrecht der Gemeinde zu bestimmen, ob die Herstellung einer Anschlußleitung (sowie auch der Hausleitungen) aus Gemeindemitteln oder von den Abnehmern selbst zu finanzieren ist. Zweck der Norm sollte somit sein, es den Gemeinden zu überlassen, ob sie eigene Mittel einsetzt oder die Kosten überwälzt. Der Begriff der Herstellung darf daher in diesem Zusammenhang nicht zu eng ausgelegt werden. Der Wortlaut differenziert nicht zwischen einer erstmaligen und einer neuerlichen Herstellung. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß der Gesetzgeber mit der Bestimmung des §3 Abs2 WVG den Gemeinden die Überwälzung der Kosten der Herstellung einer Anschlußleitung auf den Abnehmer ermöglichen wollte.

Es muß dem Landesvolksanwalt entgegengetreten werden, wenn er meint, unter "Herstellung" sei lediglich die erstmalige Herstellung zu verstehen. Die Gemeinde ist gemäß §5 Abs2 WVG lediglich verpflichtet, die Anschlußleitungen "in gutem Zustande zu erhalten und etwaige Gebrechen raschestens zu beheben". Darunter kann im Hinblick auf §3 Abs2 WVG lediglich die Wartung verstanden werden, die so weit reicht, als diese nicht einer erneuten Herstellung der Anschlußleitung gleichkommt. Diese Ansicht wird durch die Eigentumsregelung in §5 Abs1 WVG noch unterstrichen. Die Gemeinde ist nur so lange Eigentümerin der Anschlußleitung (bzw. der in §8 Abs1 WO bezeichneten Teile) und daher zur Instandhaltung verpflichtet, als der Gegenstand des Eigentumsrechtes nicht untergegangen ist. Nichts anderes hat der Verordnungsgeber in §8 Abs3 zweiter Satz WO angeordnet.

Die Verordnungsermächtigung hinsichtlich der Regelung der Kostentragung bei Herstellung einer Anschlußleitung liegt dabei ausschließlich in §3 Abs2 WVG, der bestimmt, daß in einer Wasserleitungsordnung festgelegt werden kann, wer die Kosten der Herstellung einer Anschlußleitung zu tragen hat. Dem ist die Gemeinde insofern nachgekommen, als sie in §8 Abs1 WO festgelegt hat, daß die Kosten der Hausanschlußleitung der Abnehmer zu tragen hat, und in §8 Abs3 WO weiters eine Bestimmung hinsichtlich der Überwälzung der Kosten für die neuerliche Herstellung derselben oder von Teilen davon getroffen hat. Die Regelung der Instandhaltung hingegen überläßt der Gesetzgeber nicht dem Verordnungsgeber, sondern bestimmt in §5 Abs2 WVG, daß die Wartung der gesamten Wasserversorgungsanlage einschließlich der Anschlußleitungen der Gemeinde obliegen soll.

Ob es sich bei anfallenden Kosten um Herstellungkosten bzw. um solchen gleichzuhaltenden oder Wartungskosten handelt, die entweder von der Gemeinde oder dem Abnehmer zu tragen sind, ist aber keine Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung, sondern ist anhand des Einzelfalles zu klären.

Die vorgebrachten Bedenken treffen sohin nicht zu. Der Antrag war daher abzuweisen.

III.Diese Entscheidung konnte

gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

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