VfGH G328/96

VfGHG328/9626.11.1996

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des StrukturanpassungsG 1996 betreffend Entfall der Schulfahrtbeihilfe für Studenten nach dem FamilienlastenausgleichsG 1967 infolge Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StrukturanpassungsG 1996 Art72 Z20
FamilienlastenausgleichsG 1967 §30a
FamilienlastenausgleichsG 1967 §30e
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StrukturanpassungsG 1996 Art72 Z20
FamilienlastenausgleichsG 1967 §30a
FamilienlastenausgleichsG 1967 §30e

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Die Antragstellerin ist Mutter eines am 29. März 1976 geborenen Sohnes, der seit dem Wintersemester 1994/95 an der Universität Wien studiert.

Mit einem auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten Antrag begehrt sie die Aufhebung der Z20 des (eine Novelle zum FLAG 1967 enthaltenden) Art72 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, (im folgenden StruktAnpG 1996), die folgenden Wortlaut hat:

"Im §30a entfallen die Abs3 und 6; die Abs4 und 5 erhalten die Bezeichnung Abs3 und 4."

a) Die Antragstellerin bringt vor, daß sie für ihren Sohn, da die Voraussetzungen des §2 Abs1 litb FLAG 1967 erfüllt sind, Familienbeihilfe beziehe. Dem Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe nach §30a Abs1 lita FLAG 1967 sei vom Beginn seines Studiums bis zum Inkrafttreten des Art72 Z20 StruktAnpG 1996 dahingehend Rechnung getragen worden, daß dem Studenten von den Wiener Stadtwerken - Verkehrsbetrieben ein Fahrausweis zu seiner freien Beförderung zur und von der Universität ausgegeben und der dafür ermittelte Fahrpreis dem Verkehrsunternehmen vom Bund ersetzt worden sei. Mit dem Entfall des §30a Abs3 FLAG 1967 habe sie als Unterhaltspflichtige die Kosten für die Beförderung zur und von der Universität zu tragen. Art72 Z20 StruktAnpG 1996 greife damit unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein.

b) Die Antragstellerin hält Art72 Z20 StruktAnpG 1996 mit folgender Begründung für verfassungswidrig: Obwohl der Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz des Art7 B-VG verpflichtet sei, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen, differenziere das FLAG 1967 idF des StruktAnpG 1996 hinsichtlich des Anspruches auf Schulfahrtbeihilfe zwischen der Gruppe der Schüler und Lehrlinge einerseits und der Gruppe der Hochschüler andererseits, obwohl zwischen diesen beiden Gruppen keine Unterschiede hinsichtlich der relevanten Tatbestände der Berufsausbildung, des dadurch bedingten Fehlens eines eigenen Einkommens und des Anspruches auf Familienbeihilfe bestünden (Hinweis auf VfSlg. 8793/1980 und 13890/1994).

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Abschnitt I a des FLAG 1967 enthält Regelungen über die Schulfahrtbeihilfe und Schülerfreifahrten. §30a Abs1 bestimmt:

"Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe haben Personen für Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt oder ausgezahlt (§12) wird oder für die sie nur deswegen keinen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, weil sie Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben (§4 Abs1), wenn das Kind

a) eine öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule im Inland als ordentlicher Schüler besucht oder

b) ...

c) ... und

der kürzeste Weg zwischen der Wohnung im Inland und der Schule in einer Richtung (Schulweg) mindestens 2 km lang ist. ..."

Der durch Art72 Z20 StruktAnpG 1996 aus dem Rechtsbestand ausgeschiedene §30a Abs3 bestimmte sodann:

"Unter Schulen im Sinne dieses Abschnittes sind auch Hochschulen und unter Schülern auch Hörer zu verstehen".

Der ebenfalls aufgehobene §30a Abs6 lautete:

"Für Studierende an öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Akademien für Sozialarbeit im Inland gilt während der Absolvierung des Langzeitpraktikums als Schulweg der Weg zu jener Einrichtung, an der das Langzeitpraktikum stattfindet."

2. a) Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).

b) Gemäß §30e FLAG 1967 wird die Schulfahrtbeihilfe nur auf Antrag gewährt (Abs1); insoweit einem solchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, ist ein Bescheid zu erlassen (Abs2).

Aus dieser Regelung ergibt sich, daß das Gesetz für die Antragstellerin keinesfalls eine unmittelbare Wirkung entfaltet, sondern erst durch das Dazwischentreten eines behördlichen Aktes wirksam wird. Unmittelbar wirksam wäre für die Antragstellerin erst ein über ihren Antrag auf Zuerkennung der Fahrtenbeihilfe gemäß §30a FLAG zu erlassender Bescheid. In einer Beschwerde gegen einen ablehnenden (letztinstanzlichen) Bescheid könnte die Frage der Verfassungsmäßigkeit der seit Inkrafttreten des Art72 Z20 StruktAnpG 1996 bestehenden Rechtslage an den Verfassungsgerichtshof herangetragen werden. Der Hinweis der Antragstellerin, daß ein solcher Umweg aussichtslos sei, vermag angesichts des die Antragslegitimation begrenzenden und in dieser Beziehung eindeutigen Inhaltes des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG die Unzumutbarkeit dieses Weges nicht darzutun (VfSlg. 8846/1980).

c) Der Gesetzesprüfungsantrag war daher schon aus dem genannten Grund wegen Fehlens der Antragsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden brauchte, ob der behauptete Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin durch die bekämpfte Bestimmung oder durch den nach Aufhebung seines bisherigen Abs3 veränderten §30a FLAG 1967 bewirkt wird.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

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