Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses in Tirol, dessen Dachgeschoßwohnung (mit einer Wohnnutzfläche von ca. 90 m2) am 1. Jänner 1994 aufgrund eines mündlich geschlossenen Mietvertrages als "Dauerwohnsitz" verwendet wurde. Nach dem Beschwerdevorbringen war die Mieterin schon längere Zeit auf der Suche nach einer größeren Wohnung und hatte der Beschwerdeführer bereits im Jahre 1993 eine Vereinbarung mit einem deutschen Staatsangehörigen geschlossen, wonach dieser die Dachgeschoßwohnung nach Räumung durch die bisherige Mieterin als Ferienwohnung in Bestand nehmen sollte.
2. Mit Eingabe vom 30. Dezember 1994 meldete der Beschwerdeführer ua. diese Dachgeschoßwohnung als Freizeitwohnsitz im Sinne des Gesetzes vom 6. Juli 1993 über die Raumordnung in Tirol (Tiroler Raumordnungsgesetz 1994), LGBl. für Tirol 81/1993, idF der Kundmachung LGBl. für Tirol 6/1995 (im folgenden: TROG 1994), an. Der Bürgermeister stellte mit Bescheid vom 10. Jänner 1995 gemäß §16 Abs2 TROG 1994 fest, daß die Dachgeschoßwohnung nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe.
3. Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. April 1995 als unbegründet abgewiesen.
4. Gegen diesen abweislichen, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 11. Mai 1995 zugestellten Bescheid der Tiroler Landesregierung wendet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird. Dazu wird ua. vorgebracht, das TROG 1994 sei deswegen verfassungswidrig, weil der Landeshauptmann einen Text kundgemacht habe, der in dieser Form nicht vom Tiroler Landtag beschlossen worden sei. Der vom Landtag beschlossene Text habe die Mitwirkung von Bundesorganen vorgesehen; dem habe jedoch die Bundesregierung gemäß Art97 Abs2 B-VG die Zustimmung verweigert. Sodann habe Landeshauptmann Partl - obgleich er seine Funktion bereits am 24. September 1993 niedergelegt gehabt habe - im Landesgesetzblatt vom 28. September 1993 ohne neuerliche Befassung des Landtages den Gesetzesbeschluß unter Weglassung des Teiles, dem die Zustimmung versagt worden sei, kundgemacht.
5. Die Tiroler Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid im wesentlichen unter Berufung auf die ihrer Ansicht nach verfassungskonformen §§15f. TROG 1994 verteidigt und bekräftigt, daß die Kundmachung des TROG 1994 nicht fehlerhaft erfolgt sei.
II. 1. Im Hinblick auf die in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken ob der Verfassungswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof am 27. Juni 1996 von Amts wegen beschlossen, aus Anlaß dieses Verfahrens die Verfassungsmäßigkeit der §§15 und 16 sowie der Wortfolge "§15 Abs3 und 5, §16," in §118 des TROG 1994, §15 Abs1 idF der Kundmachung LGBl. für Tirol 6/1995, zu prüfen. Mit Erkenntnis vom 28. November 1996, G195/96 ua., hat er ausgesprochen, daß das TROG 1994 insoweit als verfassungswidrig aufgehoben wird, als ihm nicht durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. für Tirol 4/1996, derogiert wurde, ferner, daß das TROG 1994 insoweit verfassungswidrig war, als ihm durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. für Tirol 4/1996, derogiert wurde.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des bekämpften Bescheides verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-
enthalten.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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