Normen
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §62 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §62 Abs1
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1.1. Am 12. Dezember 1994 brachte der - anwaltliche vertretene - Erstbeschwerdeführer eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen den "Berufungsbescheid im Feststellungsverfahren ..." beim Verfassungsgerichtshof ein. Begründend brachte er ua. vor, daß er bereits vor Erlassung des Berufungsbescheides über seine Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 22. November 1994 diesen "ungewöhnlichen Schritt" unternehme, um seine Abschiebung unmittelbar nach Zustellung des Berufungsbescheides, "welcher aller Voraussicht nach für den Bf. negativ ausfallen wird", zu vermeiden. Das "Formgebrechen der unterbliebenen Vorlage des angefochtenen Bescheides" werde "umgehend nach Zustellung desselben durch Vorlage mit gesondertem Schriftsatz behoben werden." Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1994 übermittelte er dem Verfassungsgerichtshof den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 14. Dezember 1994, mit dem festgestellt wurde, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in der Türkei oder in Ungarn iS des §37 Abs1 und/oder Abs2 FremdenG bedroht.
1.2. Mit Schriftsatz vom 3. Jänner 1995 erhob die durch denselben Rechtsanwalt wie der Erstbeschwerdeführer vertretene Zweitbeschwerdeführerin "gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg, mit welchem über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 28.12.1994, ... ,
entschieden wird, ... Beschwerde an die Gerichtshöfe des
öffentlichen Rechtes" mit der Behauptung, ihr drohe unmittelbar die Abschiebung in die Türkei. In einem Begleitschreiben zu dieser Beschwerde ersuchte der rechtsfreundliche Vertreter der Zweitbeschwerdeführerin, "die unübliche Vorgangsweise", schon vorweg Beschwerde einzubringen, zu entschuldigen, weil konkret befürchtet werden müsse, daß die Zweitbeschwerdeführerin nach Zustellung des Berufungsbescheides sogleich abgeschoben werde, sodaß alle Rechtsmittel an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu spät kämen. Am 9. Jänner 1995 wurde der mit 4. Jänner 1995 datierte Berufungsbescheid dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt (die dagegen erhobene Beschwerde ist hg. zu B72/95 protokolliert).
2. Die Beschwerden sind nicht zulässig.
Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof kann gemäß Art144 Abs1 B-VG nur "gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden" erhoben werden, und zwar gemäß §82 Abs1 VerfGG 1953 "innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides". Eine zulässige Beschwerde setzt daher voraus, daß überhaupt ein Bescheid vorhanden ist, dh. erlassen wurde. Erlassen ist er nach dem - hier anzuwendenden - §62 Abs1 AVG mit seiner Zustellung oder mündlichen Verkündung (s. etwa VfGH 26.9.1994, B771/94).
Das Vorliegen eines Bescheides ist eine Prozeßvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens (vgl. VfSlg. 7925/1976) und darüber hinaus während der ganzen Dauer des Verfahrens gegeben sein muß (vgl. VfSlg. 8824/1980).
Zwar kann eine Beschwerde gegen einen Bescheid bereits erhoben werden, bevor er dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet wurde (vgl. VfSlg. 9068/1981, 10637/1985), doch muß er überhaupt erlassen, dh. einer (anderen) Partei zugestellt oder verkündet worden sein (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983) 96).
Es ist offenkundig, daß davon in beiden Beschwerdefällen keine Rede sein kann.
Da es somit an tauglichen Anfechtungsgegenständen fehlt, waren die Beschwerden zurückzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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