Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines bevollmächtigten Vertreters die mit 15.000,- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Gloggnitz hatte dem Beschwerdeführer, einem Transportunternehmer, die Baubewilligung zur Herstellung einer befestigten Verkehrsfläche samt Entwässerungskanal auf den Grundstücken Nr. 185/1 und 185/2, KG Gloggnitz, erteilt. In Erledigung der gegen diesen Bescheid von den (Mit-)Eigentümern eines benachbarten Grundstückes eingebrachten Berufung änderte der Gemeinderat der Stadtgemeinde Gloggnitz den erstinstanzlichen Bescheid (insbesondere durch Vorschreibung weiterer Auflagen) ab. Die Vorstellung der Nachbarn gegen den Bescheid des Gemeinderates blieb erfolglos. Der von den Nachbarn angerufene Verwaltungsgerichtshof hob den Vorstellungsbescheid der NÖ Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Mit dem sodann erlassenen (Ersatz-)Bescheid hob die NÖ Landesregierung den Berufungsbescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat, worauf dieser der Berufung der Nachbarn Folge gab, den Bescheid des Bürgermeisters behob und die beantragte Baubewilligung versagte, und zwar der Sache nach mit der Begründung, daß das Vorhaben einer Bestimmung im Textteil des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Gloggnitz vom 28. April 1976 widerspreche. Die Vorstellung des Bauwerbers gegen den Bescheid des Gemeinderates wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des Bauwerbers, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, begehrt wird.
3. Die NÖ Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie die Auffassung vertritt, daß die der Erteilung der Baubewilligung entgegenstehende Bestimmung im Textteil des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Gloggnitz vom 28. April 1976 im Gesetz keine Deckung finde, gleichwohl aber bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwenden gewesen sei.
Die beteiligten Parteien erstatteten eine Äußerung, in der sie die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides und des ihm zugrunde liegenden Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Gloggnitz verteidigen und für die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde eintreten, und eine weitere Äußerung, in der sie die Gesetzmäßigkeit des maßgeblichen Teiles des Flächenwidmungsplanes verneinen.
4. Die Stadtgemeinde Gloggnitz hat Teile des Aktes betreffend das Zustandekommen des örtlichen Raumordnungsprogrammes vom 28. April 1976 vorgelegt.
5. Bei der Beratung über die - zulässige - Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des dem angefochtenen Bescheid unter anderem zugrunde liegenden Satzes "Für dieses Gebiet ist aber im besonderen auf die Niederlassung von emissionsfreien, lärmfreien, umweltfreundlichen Betrieben zu achten, um die bereits bestehenden Wohnhäuser im Bereich dieses Gebietes zu schützen." in dem durch §2 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Gloggnitz vom 28. April 1976, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm mit dem Flächenwidmungsplan für das gesamte Gemeindegebiet erlassen wird, zu einem wesentlichen Bestandteil des Flächenwidmungsplanes erklärten Textteil zum Entwurf des Flächenwidmungsplanes entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmung eingeleitet. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V248/94, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig aufgehoben.
Die NÖ Landesregierung hat somit bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach der Lage des Falles offenkundig, daß die Anwendung dieser Verordnungsbestimmung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Verfassungsgerichtshof hat daher auszusprechen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt wurde und daß der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. Von den zugesprochenen Kosten entfallen 2.500,- S auf die Umsatzsteuer.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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