VfGH B1363/93

VfGHB1363/937.3.1995

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung einer Betriebsanlagengenehmigung für eine Recycling-Anlage in der ehemaligen Zuckerfabrik in Siegendorf aufgrund der am geplanten Standort raumordnungsrechtlichen Unzulässigkeit einer solchen umweltrelevanten Abfallbehandlungsanlage; keine Bedenken gegen die Festlegung von Verbots- und Eignungszonen für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle im Landesraumordnungsplan; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen des Landesraumordnungsplanes hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, des Determinierungsgebotes und des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art118 Abs2
Bgld Landesraumordnungsplan 1992
Bgld RaumplanungsG §1 Abs2
Bgld RaumplanungsG §2a
AbfallwirtschaftsG §5
AbfallwirtschaftsG §26
GewO 1973 §77 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art118 Abs2
Bgld Landesraumordnungsplan 1992
Bgld RaumplanungsG §1 Abs2
Bgld RaumplanungsG §2a
AbfallwirtschaftsG §5
AbfallwirtschaftsG §26
GewO 1973 §77 Abs1

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm nicht in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde die Betriebsanlagengenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen zur Abwasseraufbereitung, thermischen Bodensanierung, einer Bodenwaschanlage, eines Zwischenlagers für Abfälle, und Anlagen zum Recycling von Leuchtstoffröhren und zur Redestillation für Lösungsmittel gemäß §77 Abs1 zweiter Satz GewO 1973 idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, in Verbindung mit dem Burgenländischen Landesraumordnungsplan, LGBl. 25/1992, versagt, da im geplanten Standort Anlagen, deren überwiegender Betriebszweck die thermische oder sonstige Behandlung oder stoffliche Verwertung von nicht im eigenen Betrieb anfallenden gefährlichen Abfällen und Altölen ist, nicht zulässig seien.

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt. Die behaupteten Rechtswidrigkeiten begründet die beschwerdeführende Gesellschaft im einzelnen wie folgt:

Der auf §2 a Burgenländisches Raumplanungsgesetz, LGBl. 18/1969 idF LGBl. 61/1990, (im folgenden: Bgld. RPlG), gestützte Landesraumordnungsplan, LGBl. 25/1992, "entspricht nicht dem Gesetz". Gemäß §2 a Bgld. RPlG habe die Landesregierung für Maßnahmen, die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen, einen Raumordnungsplan zu erlassen. Da nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt unabhängig davon entstehen könnten, ob es sich um eine Abfallbehandlungsanlage oder eine sonstige Betriebsanlage handelt, sei das Herausgreifen eines einzigen Anlagetyps im Landesraumordnungsplan willkürlich und angesichts der Ziele der Raumordnung und dem Stand der Technik sachlich nicht begründet.

Auch die "Einreihung des geplanten Standortes" für die Anlage der beschwerdeführenden Gesellschaft "in eine Verbotszone" (durch die planliche Darstellung nach §2 der Verordnung) sei sachlich nicht nachvollziehbar. Während im Entwurf der Verordnung für diesen Bereich "noch eine Eignungszone vorgesehen" war, sei in der Endfassung die "neue Verbotswidmung 'sonstige berücksichtigungswürdige Gebiete' nachträglich geschaffen (erfunden)" worden, die im Landesraumordnungsplan nicht definiert sei und in Wahrheit auch nicht vorliege.

Im Bundes-Abfallwirtschaftsplan gemäß §5 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. 325/1990, sei überdies am geplanten Standort - also in der Verbotszone - eine Abfallbehandlungsanlage vorgesehen. Der Landesraumordnungsplan stehe somit im Widerspruch zum Bundes-Abfallwirtschaftsplan und sei daher schon aus diesem Grunde rechtswidrig.

Gemäß §2 a Abs2 erster Halbsatz Bgld. RPlG habe der Landesraumordnungsplan das gesamte Landesgebiet unter Berücksichtigung der in §1 Abs2 leg.cit. festgelegten Grundsätze und Ziele räumlich funktionell zu gliedern und (zweiter Halbsatz) Verbots- und Eignungszonen für Maßnahmen im Sinne des Abs1 festzulegen. Der Landesraumordnungsplan erfülle mangels Gliederung des Landesgebietes nach den in §1 Abs2 Bgld. RPlG festgelegten Grundsätzen und Zielen diese gesetzliche Determinierung nicht.

Gemäß §2 a Abs1 Bgld. RPlG seien Verbotszonen nur für konkret die Umwelt gefährdende Anlagen festzulegen. Dies können nach Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft nur nicht bewilligte Anlagen sein, da im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren konkrete Gefahren durch Auflagen abzuwenden seien. Die Geltung des Landesraumordnungsplanes auch für bewilligte Anlagen sei daher vom Gesetz nicht gedeckt und damit rechtswidrig.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen §1 und §2 a Abs1 bis 3 Bgld. RPlG bestehen nach Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft aus folgenden Gründen:

Verschiedene Ziele des Bgld. RPlG, wie insbesondere die Reinhaltung der Luft und der Gewässer, der Schutz der Bevölkerung vor Gefährdung durch Umweltschäden und Umweltbelastungen, die richtige Standortwahl dauergenutzter Einrichtungen, die Vorsorge für Erwerbsmöglichkeiten und die Sicherung und Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Gewerbe und Industrie, fielen in die Regelungskompetenz des Bundes. Da diese Ziele Grundlage des §2 a Abs1 Bgld. RPlG seien, sei auch diese Bestimmung kompetenzwidrig. §1 Abs2 Bgld. RPlG enthalte überdies keine ausreichende gesetzliche Determinierung für die in §2 a Abs2 leg.cit. erwähnten Verbots- und Eignungszonen. Diese Bestimmung enthalte daher ebenso wie §2 a Abs1 leg.cit. "wegen Unbestimmtheit" eine unzulässige formalgesetzliche Delegation.

Der durch die Novelle LGBl. 61/1990 neu gefaßten Bestimmungen des Bgld. RPlG fehle jede Berücksichtigung bestehender Widmungen sowie bestehender oder im Genehmigungsverfahren befindlicher Anlagen, was nach Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft einen unzulässigen Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Gesellschaft darstelle, da die von ihr getätigten Aufwendungen per Gesetz enteignet würden.

Bei den gegenständlichen Regelungszielen handle es sich im übrigen um solche der örtlichen und nicht der überörtlichen Raumplanung, sodaß die Erlassung des Landesraumordnungsplanes zu den in §2 a Abs1 Bgld. RPlG genannten Zwecken in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht eingreife und damit verfassungswidrig sei. Dies beweise auch die Regelung über die Ausweisung von Vorbehaltsflächen für umweltbelastende Maßnahmen zu §2 b in Verbindung mit §17 Abs1 leg.cit. im gemeindlichen Flächenwidmungsplan.

Im übrigen handle es sich bei der Novelle zum Bgld. RPlG, LGBl. 61/1990, und dem darauf gestützten Landesraumordnungsplan, LGBl. 25/1992, "um die unzulässige Gestaltung eines Einzelrechtsverhältnisses durch Gesetz und Verordnung".

3. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete angesichts der in der Beschwerde ausschließlich geltend gemachten Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften auf die Erstattung einer Gegenschrift.

4. Die Burgenländische Landesregierung verteidigt in ihrer Äußerung die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bestimmungen.

Da die in §1 des Landesraumordnungsplanes bezeichneten Maßnahmen jedenfalls im Sinne des §2 a Abs1 Bgld. RPlG lägen, sei der Landesraumordnungsplan nicht deshalb gesetzwidrig, weil allfällige andere Maßnahmen nicht vom Landesraumordnungsplan umfaßt seien. Auch die im Landesraumordnungsplan - detailierter als im Bgld. RPlG - vorgenommene Aufschlüsselung der Verbotszonen sei nicht rechtswidrig, zumal §2 a Abs2 zweiter Satz Bgld. RPlG lediglich eine demonstrative Aufzählung jener Gebiete liefere, in denen Verbotszonen zu bestehen hätten. "Die umwelt- und raumordnungspolitische Zielsetzung dabei war, in diesen besonders schutz- oder erhaltungswürdigen Gebieten keinesfalls die in Rede stehenden Anlagen zuzulassen", andererseits aber auch eine Verbesserung der bisherigen Entsorgungsstrukturen im Bereich der gefährlichen Abfallstoffe zu erreichen.

Nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung ist es auch zulässig, verschiedene Gebiete in Verbotszonen unter einem Sammelbegriff ("sonstige berücksichtigungswürdige Gebiete") zusammenzufassen.

Aus einem Amtsgutachten zum Entwurf eines Landesraumordnungsplanes gehe hinsichtlich des in Rede stehenden Gebietes als "berücksichtigungswürdig" begründend hervor, daß dieses geologisch zur Erschließung mineralisierter Wässer geeignet sei. Deswegen sei es in die Verbotszone einbezogen worden.

Zum Vorwurf, der Landesraumordnungsplan widerspreche dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan, führt die Burgenländische Landesregierung aus, daß der Bundes-Abfallwirtschaftsplan keine verbindliche Festlegung von Standorten für einschlägige Anlagen vornehme.

Zu den gegen §1 und die §§2 a ff Bgld. RPlG vorgebrachten Bedenken führt die Burgenländische Landesregierung aus, daß §1 leg.cit. im vorliegenden Verfahren nicht präjudiziell sei und es im übrigen bei "einer Querschnittsmaterie wie dem Raumplanungswesen ... verfassungsrechtlich geradezu geboten (sei), daß die jeweilige Gebietskörperschaft Planungen anderer Gebietskörperschaften berücksichtigt, damit diese nicht unterlaufen werden".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 21. Juli 1992 abgewiesen. Mit diesem, von der Berufungsbehörde sohin bestätigten Bescheid war der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Erteilung einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung gemäß §77 Abs1 zweiter Satz GewO 1973 mit der Begründung abgewiesen worden, daß der Betrieb der Anlage am geplanten Standort in Siegendorf deswegen nicht zulässig ist, weil ihre Errichtung der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 18. März 1992, LGBl. 25/1992, widerspricht, mit der ein Landesraumordnungsplan für Maßnahmen, die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen, erlassen wurde. Diese Verordnung ist daher für den angefochtenen Bescheid insoweit präjudiziell, als gemäß ihrem §2 erster Halbsatz in Verbindung mit §1 und der in der Anlage zur Verordnung abgedruckten planerischen Darstellung die Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage für gefährliche Abfälle und Altöle nach §2 Abs5 und §21 Abs1 Abfallwirtschaftsgesetz verboten wird (vgl. auch VfSlg. 13231/1992).

Hingegen ist die im zweiten Halbsatz des §2 der Verordnung enthaltene Anordnung, wonach die Gesamtbearbeitungsmengen an sich zulässiger Abfallbehandlungsanlagen eine bestimmte Grenze nicht überschreiten dürfen, weder von der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet worden, noch ist diese Vorschrift vom Verfassungsgerichtshof bei seiner Überprüfung des angefochtenen Bescheides heranzuziehen. Auf die Bedenken der beschwerdeführenden Gesellschaft, die sich gegen den zweiten Halbsatz des §2 der zitierten Verordnung richten, war sohin von vornherein nicht einzugehen.

2. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen die angewendeten Bestimmungen der zitierten Verordnung sowie gegen das dieser Verordnung zugrundeliegende Burgenländische Raumplanungsgesetz LGBl. 18/1969 idF 61/1990 und 13/1992 (nunmehr LGBl. 12/1994) geltend gemachten Bedenken teilt der Verfassungsgerichtshof hingegen aus folgenden Gründen nicht:

a. Während §7 Bgld. RPlG vorsieht, daß die Landesregierung in Entwicklungsprogrammen die Zielsetzungen für die planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung des Landesgebietes oder einzelner Landesteile festzulegen hat, ist der von der Landesregierung zu erlassende Landesraumordnungsplan gemäß §2 a leg. cit. lediglich dazu bestimmt, Verbotszonen und Eignungszonen für "Maßnahmen, die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen," festzulegen. Kein Zweifel kann daran bestehen, daß es sich bei der Bewilligung und Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage für gefährliche Abfälle und für Altöle um Maßnahmen handelt, "die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen". Das Argument der beschwerdeführenden Gesellschaft, daß es sich dabei nur um "nicht bewilligte Anlagen" handeln könne, die eine konkrete Gefahr für die Umwelt bedeuten, während bei gewerberechtlich bewilligten Anlagen gerade "eben keine konkrete Gefährdung zu erwarten ist", ist verfehlt. Auch bei rechtmäßig nach den §§74 ff GewO 1973 bewilligten Betriebsanlagen sind "nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt" im Sinne des §2 a Abs1 Bgld. RPlG nicht auszuschließen, mag auch davon keine konkrete Gefahr ausgehen. Daß Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle "in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen", beweisen schon die vom Gesetzgeber (§29 Abs12 Abfallwirtschaftsgesetz, nunmehr Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, BGBl. 697/1993) angeordnete Prüfung der Umweltverträglichkeit derartiger Anlagen sowie die Vorschriften über die Sicherung von Standorten für die Behandlung gefährlicher Abfälle (§26 Abfallwirtschaftsgesetz).

Angesichts der hier nicht weiter zu erörternden besonderen Umweltrelevanz von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle ist nichts dagegen einzuwenden, daß der von der Burgenländischen Landesregierung mit Verordnung vom 18. März 1992 erlassene Landesraumordnungsplan - zumindest vorerst - lediglich "die Errichtung, wesentliche Änderung oder Inbetriebnahme von Anlagen von Unternehmen, deren überwiegender Betriebszweck die thermische oder sonstige Behandlung oder stoffliche Verwertung von nicht im eigenen Betrieb anfallenden gefährlichen Abfällen und Altölen ... ist", zum Gegenstand hat. Es kann der Burgenländischen Landesregierung nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen ihres Planungsermessens vorerst ausschließlich die Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle zum Gegenstand ihres Landesraumordnungsplanes machte. Darin ist angesichts der vom Gesetzgeber bestätigten besonderen Umweltrelevanz jener Anlagen weder ein "willkürliche(s) Herausgreifen eines Anlagentyps", wie die beschwerdeführende Gesellschaft meint, zu erblicken, noch ist die Landesregierung gehindert, in Zukunft durch Verordnung weitere umweltrelevante Maßnahmen in ihren Landesraumordnungsplan miteinzubeziehen.

Auch die Grundsätze und Ziele der überörtlichen Raumplanung gemäß §1 Abs2 Bgld. RPlG zwingen die Burgenländische Landesregierung nicht, eine durchgehende "Gliederung des Landesgebietes" nach sämtlichen der "in §1 Abs2 festgelegten Grundsätze und Ziele" im Landesraumordnungsplan vorzunehmen. Zum einen liegt es nämlich im Planungsermessen der Burgenländischen Landesregierung, welche der im §1 Abs2 leg.cit. aufgezählten Grundsätze und Ziele in einem Landesraumordnungsplan (, der anders als das Entwicklungsprogramm gemäß §7 Bgld. RPlG keine Gesamtgestaltung des Landesgebietes entsprechend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernissen darstellt, sondern lediglich für umweltrelevante Maßnahmen unter überörtlichen Gesichtspunkten kraft §2 a Abs1 Bgld. RPlG bestimmt ist, ) berücksichtigt werden; zum anderen stehen angesichts dieser Aufgabenstellung verständlicherweise die unter den Z3, 4, 5 und 10 des §1 Abs2 leg. cit. angeführten Zielvorstellungen im Vordergrund, weil diese ihrem Inhalt zufolge bei umweltrelevanten Maßnahmen in besonderer Weise zu berücksichtigen sind.

b. Entgegen der Behauptung der beschwerdeführenden Gesellschaft gliedert der Landesraumordnungsplan entsprechend der Vorschrift des §2 a Abs2 Bgld. RPlG funktionell das gesamte Landesgebiet in hinreichendem Ausmaß, um Verbotszonen und Eignungszonen für umweltrelevante Maßnahmen festlegen zu können. Wenn neben den planerisch ausgewiesenen Natur- und Landschaftsschutzgebieten (, die bereits gemäß §2 a Abs2 zweiter Satz Bgld. RPlG im Landesraumordnungsplan auszuweisen sind, ) auch "Grundwasserschutz- und Schongebiete", "Fremdenverkehrsstandorte und Fremdenverkehrseignungszonen", "Biotopvorbehaltsflächen" und schließlich "sonstige berücksichtigungswürdige Gebiete" getrennt ausgewiesen und als Verbotszonen für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle in der Legende zur planerischen Darstellung des Landesraumordnungsplanes zusammengefaßt werden, sodaß alle planerisch nicht nach den oben genannten Kriterien gekennzeichneten Flächen als Eignungszonen für Anlagen der genannten Art vom Standpunkt der überörtlichen Landesraumplanung in Betracht kommen, so entspricht eine derartige Gliederung und Festlegung dem §2 a Abs2 Bgld. RPlG. Daß "sonstige berücksichtigungswürdige Gebiete" als Sammel- und Restkategorie vom Verordnungsgeber unter die Verbotszonen aufgenommen und planerisch entsprechend ausgewiesen wurden, widerspricht ebenfalls nicht dem Gesetz, das es offenläßt, welche Teile des Landesgebietes auf Grund der Grundsätze und Ziele des Bgld. RPlG neben den "jedenfalls" zu den Verbotszonen zählenden Natur- und Landschaftsschutzgebieten und geschützten Landschaftsteilen als Verbotszonen festgelegt werden.

Fraglich kann daher nur sein, ob die Festlegung des von der beschwerdeführenden Gesellschaft geplanten Standortes (der früheren Zuckerfabrik) Siegendorf als "sonstiges berücksichtigungswürdiges Gebiet" (und somit als Verbotszone) im Landesraumordnungsplan vor den in §1 Abs2 des Bgld. RPlG festgelegten Grundsätzen und Zielen der überörtlichen Raumplanung zu bestehen vermag. Daß dieser Standort als "berücksichtigungswürdiges Gebiet" in die Verbotszone für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle miteinbezogen werden durfte, ergibt sich jedoch schlüssig aus dem von der Burgenländischen Landesregierung vorgelegten und in ihrer Stellungnahme auch zitierten Amtsgutachten der Abteilung XII/1 des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom 19. Februar 1992 zum Entwurf des Landesraumordnungsplanes. Danach ist "das Gebiet von Siegendorf, einschließlich des Areals der Zuckerfabrik, an tiefgreifenden Bruchzonen situiert". "Geophysikalische Untersuchungen" bestätigen "das Vorhandensein von mineralisierten Wässern", deren mögliche Erschließung den "Südwestteil der Gemeinde Siegendorf samt dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik in die Verbotszone" einbeziehen ließ. Die Kennzeichnung des von der beschwerdeführenden Gesellschaft als Gewerbestandort geplanten Gebietes als "berücksichtigungswürdig" und seine dementsprechende Einbeziehung in die Verbotszone nach §2 a Abs2 Bgld. RPlG entspricht sohin dem §1 Abs2 Z10 Bgld. RPlG, demzufolge als Ziel der überörtlichen Raumplanung anzustreben ist: "Gebiete mit nutzbaren Wasser- und Rohstoffvorkommen sollen von Nutzungen freigehalten werden, welche diese Vorkommen beeinträchtigen und ihre Gewinnung verhindern können."

c. Auch der behauptete Widerspruch des Landesraumordnungsplans zum Bundes-Abfallwirtschaftsplan gemäß §5 Abfallwirtschaftsgesetz liegt nicht vor. Laut der vom Verfassungsgerichtshof eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie war zum Zeitpunkt der Erlassung des Landesraumordnungsplanes (, der gemäß §3 der Verordnung LGBl. 25/1992 am 1. April 1992 in Kraft trat, ) lediglich ein Entwurf des Umweltbundesamtes für das Rahmenkonzept zur Beseitigung von überwachungsbedürftigen Sonderabfällen (Klagenfurt, Mai 1990) vorhanden, in dem die beschwerdeführende Gesellschaft mit dem Sitz in Siegendorf bei der Bestandsaufnahme von Sonderabfallbehandlungsanlagen für das Bundesland Burgenland mit der Anmerkung "Neuanlage in Planung" angeführt ist. Im Bundes-Abfallwirtschaftsplan 1992, erlassen von der Bundesministerin für Umwelt, Jugend und Familie am 30. Juni 1992, findet sich die Anlage der beschwerdeführenden Gesellschaft ebenfalls unter den bestehenden Abfallbehandlungsanlagen aufgelistet, wobei jeweils angemerkt wird, daß eine "Neuanlage in Planung" sei und das "Projekt ... den Behörden zur Entscheidung vor(liegt)". Aus einer derartigen Auflistung in der lediglich einen Teil des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes gemäß §5 Abs2 Z1 Abfallwirtschaftsgesetz bildenden "Bestandsaufnahme der Situation der Abfallwirtschaft" kann schon mangels einer korrespondierenden Planungsabsicht (etwa zur "regionale(n) Verteilung der im Bundesgebiet erforderliche Anlagen zur Behandlung gefährlicher Abfälle" - vgl. §5 Abs2 Z4 leg. cit. -) kein Widerspruch zum Landesraumordnungsplan abgeleitet werden, der diesen wegen Verletzung der Verpflichtung zur Bedachtnahme auf die Planungen des Bundes gemäß §2 a Abs3 Bgld. RPlG gesetzwidrig machen würde. Im übrigen wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abfallwirtschaftsgesetz (1274 BlgNR 17. GP, 27) ausgeführt, daß die Befugnis der Länder zur Raumplanung auch im Hinblick auf Anlagen für gefährliche Abfälle unberührt bleibt, soweit abfallwirtschaftsrechtlich "eine derartige Standortfestsetzung - die unter Berücksichtigung der Landesplanung (VfSlg. 10292/1984) auszuüben sein wird - nicht erfolgt ist". Schon mangels einer entsprechenden Festlegung von Standorten für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle gemäß §26 Abfallwirtschaftsgesetz war sohin in Zusammenhang mit dem von der beschwerdeführenden Gesellschaft gewünschten Gewerbestandort von der Burgenländischen Landesregierung bei Erlassung des Landesraumordnungsplanes auf keine "Planungen und ... für die Raumplanung bedeutsamen Maßnahmen des Bundes" Rücksicht zu nehmen, sodaß der Landesraumordnungsplan insoweit jedenfalls auch nicht gegen §2 a Abs3 Bgld. RPlG verstößt.

d. Der Verfassungsgerichtshof teilt aber auch die verfassungsrechtlichen Bedenken der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen die gesetzlichen Grundlagen des Landesraumordnungsplanes nicht.

Dem Einwand, daß die "Grundsätze und Ziele" in §1 Abs2 Bgld. RPlG teilweise in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art10 Abs1 B-VG fallen, genügt es, die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 4486/1963, 7138/1973; zur "Kompetenzneutralität gesetzlicher Planungsziele" vgl. insbes. 11393/1987; 11626/1988; 12068/1989, 12918/1991) entgegenzuhalten, derzufolge es dem Landesgesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt ist, im Zusammenhang mit einer von ihm zu regelnden Materie alle öffentlichen Zwecke "und daher auch die des Bundes" zu berücksichtigen.

e. Der Verfassungsgerichtshof ist auch nicht der Meinung, daß die "Maßnahmen, die im erheblichen Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen", vom Gesetzgeber in §2 a Bgld. RPlG in einer das Bestimmtheitserfordernis gemäß Art18 Abs2 B-VG verletzenden Weise umschrieben sind.

Wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach festgestellt hat (vgl. ua. VfSlg. 8395/1978, 10296/1984), sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen läßt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse.

Unter den in Teilen des Landesgebietes deswegen zu verbietenden Anlagen, weil sie "in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen", sind im Hinblick auf das Ziel des Gesetzes eine Vielzahl und Vielfalt derartiger Anlagen zu verstehen, die aber einerseits durch ihre Raum-, andererseits durch ihre Umweltrelevanz hinreichend präzisiert erscheinen, zumal die nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt "in erheblichem Ausmaß" auf Grund von Erfahrungswerten zu erwarten sein müssen. Das Gesetz ist sohin im Sinne des Art18 Abs1 und 2 B-VG einer konkretisierenden Auslegung hinlänglich zugänglich und verstößt auch insoweit nicht gegen die Verfassung.

f. Weder §1 Abs2 Bgld. RPlG über die Grundsätze und Ziele der überörtlichen Raumplanung noch §2 a leg. cit. über den Landesraumordnungsplan greifen schließlich in verfassungswidriger Weise in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht ein. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 11633/1988 zum verfassungsrechtlich zulässigen Inhalt eines überörtlichen Raumordnungsprogramms ausgeführt hat, ist es Aufgabe des Landesgesetzgebers, die überörtlichen Interessen zu benennen und geeignete rechtliche Instrumente zu ihrer Durchsetzung gegenüber den Gemeinden als den verfassungsrechtlich mit der "örtlichen Raumplanung" betrauten Verwaltungsträgern vorzusehen. Sollen konkrete Flächen im Wege der überörtlichen Raumplanung einer bestimmten Widmung zugeführt oder von einer bestimmten Widmung freigehalten werden, so müssen derartige planerische Festlegungen eindeutig und nachweislich aus überwiegenden Aberörtlichen Interessen begründet werden.

Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß die Standorte von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle von einer Raum- und Umweltbedeutung sind, die überwiegend überörtliche Interessen indiziert. Das wird schon daraus deutlich, daß erfahrungsgemäß das örtliche Interesse nicht auf die Errichtung, sondern regelmäßig auf die Verhinderung derartiger Anlagen gerichtet ist. Sowohl die Raumplanungsziele gemäß §1 Abs2 Bgld. RPlG als auch die Planung von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle als Maßnahmen, die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen, gemäß §2 a Bgld. RPlG einschließlich der Anordnung entsprechender Vorbehaltsflächen gemäß §2 b leg. cit. verletzen sohin als Gegenstand und Aufgabe der überörtlichen Raumplanung die verfassungsrechtlichen Grenzen des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde gemäß Art118 Abs2 und 3 B-VG nicht.

g. Der von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Vorwurf, daß die gesetzliche Regelung einzelfallbezogen erlassen wurde, um das Projekt der beschwerdeführenden Gesellschaft zu verhindern, begründet für sich noch keinen verfassungsrechtlichen Vorwurf (Vgl. auch VfGH 10.12.1993, G167/92 ua., S. 62). Sofern die beschwerdeführende Gesellschaft damit eine Verletzung des (von ihr allerdings nicht ausdrücklich genannten) Gleichheitssatzes durch den Gesetzgeber anspricht, ist ihr zu entgegnen, daß es keinesfalls unsachlich ist, in einem Landesraumordnungsplan jene Teile des Landesgebietes zu bezeichnen, die für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle von vornherein nicht in Betracht kommen.

3. Da die Bedenken der beschwerdeführenden Gesellschaft insgesamt nicht zutreffen, der Verfassungsgerichtshof von sich aus auch keine sonstigen Bedenken gegen die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsgrundlagen hegt, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte