VfGH V146/94

VfGHV146/942.12.1995

Aufhebung der eine bessere Grundstücksausnutzung ermöglichenden, teilweisen Änderung eines Bebauungsplanes wegen Widerspruchs zum Oö RaumOG und wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz; kein Erfordernis der auf die Errichtung eines Seniorenwohnheimes abzielenden Bebauungsplanänderung durch das Gemeinwohl; keine Berücksichtigung nachbarschaftlicher Interessen; keine sachliche Rechtfertigung der Zulassung einer vom sonstigen Bebauungsplan abweichenden intensiveren baulichen Nutzung im Interesse des Bauwerbers

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
Bebauungsplan Nr 1.1 "Aigen-Aschet" Änderung Nr 3 des Gemeinderates der Gemeinde Thalheim bei Wels vom 22.09.88
Oö RaumOG §23
Oö BauO §32
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
Bebauungsplan Nr 1.1 "Aigen-Aschet" Änderung Nr 3 des Gemeinderates der Gemeinde Thalheim bei Wels vom 22.09.88
Oö RaumOG §23
Oö BauO §32

 

Spruch:

Der Bebauungsplan Nr. 1.1 "Aigen-Aschet" Änderung Nr. 3, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Thalheim bei Wels am 22. September 1988, genehmigt von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 27. Dezember 1988, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 2. Jänner 1989 bis 17. Jänner 1989, wird als gesetzwidrig aufgehoben, soweit er das Grundstück Nr. 3/15 und die Baufläche .98, EZ 496, KG Aschet, betrifft.

Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Verwaltungsgerichtshof sind zwei (Nachbar-)Beschwerden gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 1992, Z BauR-010858/1-1992 Stö/Vi, zu den Zahlen 93/05/0015 und 93/05/0010 anhängig, mit dem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung eines Seniorenheimes für den gemeinsamen Bauplatz 3/15 und .98, KG Aschet, erteilt wurde.

1.2. Im Zuge der Beratung über diese Beschwerden entstanden beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des "Bebauungsplanes Nr. 1.1 'Aigen-Aschet', Änderung Nr. 3, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Thalheim bei Wels am 22. September 1988, genehmigt von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 27. Dezember 1988, soweit er das Grundstück Nr. 3/15 und die Baufläche .98, EZ. 496, KG Aschet," betrifft (im folgenden: Bebauungsplanänderung).

1.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof begründet vorerst die Präjudizialität der Bebauungsplanänderung für seine Entscheidung über die eingangs geschilderten Beschwerden.

1.2.2. Auf Grund einer eingehenden Analyse und Darstellung der Umstände, die der Bebauungsplanänderung zugrundeliegen, bezweifelt der Verwaltungsgerichtshof, daß für die Bebauungsplanänderung die Voraussetzungen gemäß §23 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz, LGBl. 18/1972, (OÖ ROG 1972), vorliegen. Die Bebauungsplanänderung könne sich weder auf §23 Abs1 OÖ ROG 1972 stützen noch könne davon die Rede sein, daß durch diese Änderung keine Interessen Dritter gemäß §23 Abs2 OÖ ROG 1972 verletzt wurden. Dies ergebe "sich schon allein auf der Grundlage der Ausführungen in der Sitzung des Gemeinderates vom 22. September 1988, daß den Einwendungen der benachbarten Grundstückseigentümer lediglich weitgehend entsprochen worden sei". Dieser Auffassung des Gemeinderates könne darüber hinaus vom Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt werden, "da die vorliegende Änderung die Rechte Dritter gravierend berührt, indem auf diesem Grundstück nunmehr eine Gebäudehöhe von 15,5 m vorgesehen wurde, während auf den umliegenden bebauten Grundstücken - wie bisher auch auf diesem Grundstück - dagegen nur eine Gebäudehöhe bis 6 m zulässig ist".

1.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hält die Bebauungsplanänderung aber auch für gleichheitswidrig, da dem "Grundstückseigentümer gegenüber anderen in Form einer Planänderung eine bessere Grundstücksnutzung eingeräumt" wurde. Der Umstand, "daß die Festlegung der zulässigen Gebäudehöhe auch für das Grundstück Nr. 117, KG Aschet, derart geändert wurde, auf dem sich offensichtlich im Widerspruch zum davor geltenden Bebauungsplan bereits ein Gebäude in Höhe von 14,50 m befand, (könne) an diesen Überlegungen nichts ändern".

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt daher die Aufhebung des Bebauungsplanes "Nr. 1.1 'Aigen-Aschet', Änderung Nr. 3, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Thalheim bei Wels am 22. September 1988, genehmigt von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 27. Dezember 1988, soweit er das Grundstück Nr. 3/15 und die Baufläche .98, EZ 496, KG Aschet," betrifft.

2. Die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bebauungsplanänderung verteidigt.

2.1. Sie ist der Meinung, es könne "hinsichtlich der geplanten Errichtung von Seniorenwohnungen nicht schlechthin in Abrede gestellt werden", "daß die Gemeinde bei ihrer Planungsentscheidung Erfordernisse des Gemeinwohls im Auge gehabt hat". Insbesondere gehe aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 22. September 1988 hervor, daß "von mehreren Rednern das Interesse der Gemeinde an der Schaffung von neuen Wohnungen hervorgehoben wurde ...".

Soweit die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahin gehen, daß die Voraussetzungen für eine Bebauungsplanänderung gemäß §23 Abs2 OÖ ROG 1972 nicht vorliegen, bemerkt die Oberösterreichische Landesregierung, "daß zumindest die im Hinblick auf die Gebäudehöhe und Gebäudeabstandsbestimmungen getroffenen Festlegung der Bebauungsplanänderung eine auch nach den einschlägigen Bestimmungen" der Oberösterreichischen Bauordnung, LGBl. 35/1976 idF LGBl. 82/1983, (§32 OÖ BauO 1976), mögliche Bebauung zuläßt.

Wenn sich aber schon aus der Bauordnung die Zulässigkeit einer bestimmten Bauführung ergibt, könne schon daraus geschlossen werden, daß durch eine derartige Bauführung im Regelfall weder öffentliche Interessen noch Interessen Dritter verletzt werden.

2.2. Den Gleichheitsbedenken tritt die Oberösterreichische Landesregierung mit dem Argument entgegen, "daß die Mehrzahl der benachbarten Gebäude in überwiegend geschlossener Verbauung, d.h. direkt an der Grundgrenze errichtet sind". Der Gemeinderat habe sich bei der Bebauungsplanänderung auch von einem "städtebaulichen Argument" führen lassen, daß nämlich "für die Änderung vor allem die Situation als Stadtrandgemeinde und die Lage des Grundstückes am Ortseingang in unmittelbarer Stadtnähe ... für eine Verdichtung der Bebauung in zentralen Lagen im Sinne einer nach dem Raumordnungsgrundsatz gemäß §2 Abs9 Z. 1 (OÖ ROG 1972) gebotenen wirtschaftlichen Nutzung der Baulandflächen" sprechen.

II. 1. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf ein Antrag des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987, 12189/1989). Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Grund, an den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Präjudizialität der zur Aufhebung beantragten Bebauungsplanänderung zu zweifeln.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.

2. Er ist auch in der Sache berechtigt:

2.1. Der Bebauungsplanänderung liegen - im Zuge des Verfahrens zur Planänderung mehrfach abgeänderte - "Anträge" des Eigentümers der Grundstücke Nr. 3/15 und .98, KG Aschet, bzw. des Bauwerbers zugrunde, den rechtskräftigen Teilbebauungsplan für diese Grundstücke abzuändern. Grundlage für die beantragte Änderung war ein Bebauungsvorschlag, mit dem abweichend vom ursprünglichen Bebauungsplan 1.1 "Aigen-Aschet" (Änderung Nr. 1), demzufolge auf dem Grundstück 3/15 zwei Einfamilienhäuser in offener Bauweise mit maximaler Traufenhöhe von 6 m und einer Dachneigung von 20 % und 35 % vorgesehen gewesen war, eine Änderung des Bebauungsplanes dergestalt vorgeschlagen wurde, daß in Sonderbauweise das geplante Bauwerk im Norden direkt an die Widmungsgrenze stoßen sollte, die Traufenhöhe um mehr als die Hälfte erhöht und anstelle der üblichen Dachneigung von ca. 30 % ein Maximalwert von 60 % ermöglicht werden sollte. 3 bzw. 4 Vollgeschosse waren vorgesehen.

Auf Grund der Einwände des Ortsplaners sowie des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung gegen diesen Änderungsentwurf, in denen auf "die bei diesem Projekt erreichte", "bis dato im Ortsteil Aschet" nicht erreichte "Dichte" der geplanten Bebauung (so der Ortsplaner) und (vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung) darauf hingewiesen wurde, daß "durch die geplante Bebauungsplan-Änderung ... für eine Parzelle wesentliche Ausnahmen von den geltenden bebauungsplanmäßigen Festlegungen" ohne "zwingendes Erfordernis" und ohne "Einordnung in eine Gesamtplanung" festgelegt werden sollte, wurde vom Grundeigentümer eine geringfügig vom vorhergehenden Vorschlag abweichende Bebauungsplanänderung begehrt. Diesem neuen Vorschlag (des Grundeigentümers) zufolge sollte durch die Bebauungsplanänderung auf dem Grundstück 3/15, KG Aschet, ein Bauwerk mit drei Vollgeschossen und einem ausgebauten Dachraum zugelassen werden und die Abstände zu sämtlichen Nachbargrundgrenzen mindestens ein Drittel der Gebäudehöhe betragen. Mehrere der mit Schriftsatz der Gemeinde Thalheim vom 9. Juli 1987 von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung benachrichtigten Eigentümer benachbarter Grundstücke (darunter auch die nunmehrigen Beschwerdeführer in den beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Anlaßbeschwerdeverfahren) erhoben Einwendungen gegen das vorgesehene große Bauvolumen, die geringen Abstände, die Unverhältnismäßigkeit des geplanten Objektes im Vergleich zu den sonst im Gebiet des betreffenden Bebauungsplanes befindlichen Objekte und gegen die geringe Anzahl von Abstellplätzen. Daraufhin wurde die maximale Firsthöhe im geänderten Bebauungsplan vom Ortsplaner mit 15,5 m bestimmt, als optische "Angleichung" an das Nachbargrundstück eine Baumbepflanzung als "gestalterische Maßnahme" sowie eine Parkbucht und Tiefgarage unter dem Hochbautrakt festgesetzt. Im geänderten Bebauungsplan ist entsprechend dem ursprünglichen Änderungswunsch eine Verbauung in Sonderbauweise mit 3 Geschossen und einem Dachgeschoß sowie ein Mansardendach vorgesehen.

Im Vorlagebericht der Gemeinde Thalheim bei Wels vom 17. November 1988 zur Bebauungsplanänderung, gerichtet an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, heißt es sodann:

"Eine neuerliche Verständigung der Nachbarn konnte unterbleiben, weil deren Einwendungen weitgehend berücksichtigt wurden und sie von den vorgenommenen Änderungen nicht nachteilig betroffen sind."

Im vom Gemeinderat nach kontroverser Diskussion mehrheitlich übernommenen Vorschlag des Ausschusses für Bau- und Planungsangelegenheiten am 22. September 1988 lautet die ausdrückliche "Begründung" der beschlossenen Bebauungsplanänderung:

"Diese Bebauungsplanänderung dient zu einer besseren Grundstücksnutzung, zur Errichtung eines Büro- und Wohngebäudes am Ortsbeginn der Gemeinde."

2.2. §23 des für die Gesetzmäßigkeit der Bebauungsplanänderung maßgeblichen OÖ ROG 1972 lautet:

"§23

Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne

(1) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne sind bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder wenn es das Gemeinwohl erfordert zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn öffentliche Interessen, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes bei der Aufstellung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, und Interessen Dritter nicht verletzt werden.

(3) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des §21 Abs1 und 4 bis 10 sinngemäß. Im Sinne des §21 Abs1 ist jedoch benachbarten Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechtes Gelegenheit zur Stellungnahme nur zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Eine Planauflage (§21 Abs4) ist nicht erforderlich, wenn die von der beabsichtigten Planänderung Betroffenen vor der Beschlußfassung angehört werden.

(4) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne tunlichst Rücksicht zu nehmen."

2.3. Zu Recht schließt der Verwaltungsgerichtshof aus, daß die vorliegende Bebauungsplanänderung gemäß §23 Abs1 OÖ ROG 1972 auf eine "Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder" darauf gestützt werden kann, daß "es das Gemeinwohl erfordert". Wenn die Oberösterreichische Landesregierung in ihrer Äußerung darauf hinweist, "daß die Gemeinde bei ihrer Planungsentscheidung Erfordernisse des Gemeinwohls im Auge gehabt hat", weil in der Gemeinderatsdebatte in einzelnen Wortmeldungen "das Interesse der Gemeinde an der Schaffung von neuen Wohnungen" bekundet wurde, so ist sie damit in Anbetracht der konkreten, auf ein bestimmtes Bauprojekt zugeschnittenen Bebauungsplanänderung nicht im Recht. Denn die mit dem Vorschlag des Ausschusses für Bau- und Planungsangelegenheiten vom Gemeinderat übernommene Begründung der Bebauungsplanänderung zielt auf eine "bessere Grundstücksnutzung", also eine intensivere bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks durch dessen Eigentümer. Es wird in keiner Weise dargetan, daß in der Gemeinde Thalheim bei Wels ein besonderes, im öffentlichen Interesse gelegenes Bedürfnis nach kommerziell betriebenen Seniorenwohnungen besteht, deren Errichtung das konkrete Bauprojekt, auf das die Bebauungsplanänderung zugeschnitten ist, zu dienen bestimmt ist.

Darüber hinaus muß, wie auch aus der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Planänderungen (vgl. etwa deren allgemeine Darstellung bei Jann/Oberndorfer, Die Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofes im Bereich der Raumplanung, 1995, 111 ff; speziell zum OÖ ROG 1972 s. VfSlg. 11029/1986, 12171/1989) hervorgeht, §23 Abs1 OÖ ROG 1972 so verstanden werden, daß das Gemeinwohl die Planänderung nur "erfordert", wenn auf Grund einer Interessenabwägung die für die Änderung des Bebauungsplanes sprechenden, im öffentlichen Interesse gelegenen Gründe das Interesse am Bestand des früheren Bebauungsplanes, aus dem nicht nur der Grundeigentümer, sondern auch dessen Nachbarn für sich Rechte ableiten können, überwiegt. Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Daß die gesetzliche Voraussetzung des §23 Abs2 OÖ ROG 1972, wonach durch die Bebauungsplanänderung "Interessen Dritter nicht verletzt werden" dürfen, hier aber ebenfalls nicht vorliegt, wird schon aus den Einwendungen der Nachbarn, deren Interessen gerade durch §23 Abs2 OÖ ROG 1972 als berücksichtigungswürdig anerkannt werden, im Verfahren zur Bebauungsplanänderung deutlich. Die von der Gemeinde Thalheim in ihrem Vorlagebericht an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mitgeteilte Auffassung, daß nach den - eher als geringfügig zu bezeichnenden - optischen Änderungen am Bebauungsplanänderungsentwurf die "Einwendungen (der Nachbarn) weitgehend berücksichtigt wurden und sie von den vorgenommenen Änderungen nicht nachteilig betroffen sind", ist, wie die Sachverhaltsdarstellung, II.2.1., gezeigt hat, falsch.

Der Hinweis der Oberösterreichischen Landesregierung auf §32 OÖ BauO 1976 vermag schon deshalb die Bebauungsplanänderung nicht zu rechtfertigen, weil die dort gesetzlich geregelten Bestimmungen über "Lage und Höhe der Gebäude" gemäß dem Abs1 dieser Gesetzesvorschrift nur unter der Voraussetzung gelten, daß sich "aus ... dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt". Wenn ein Bebauungsplan zum Nachteil nachbarschaftlicher Interessen geändert wird, läßt sich diese Änderung nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, daß die Nachbarn ohne Bebauungsplan auch mit der beabsichtigten Verbauung rechnen müßten.

Die vom Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bebauungsplanänderung der Gemeinde Thalheim bei Wels ist sohin schon mangels der gesetzlichen Voraussetzungen nach §23 Abs1 oder Abs2 OÖ ROG 1972 gesetzwidrig.

2.4. Die Bebauungsplanänderung verstößt aber auch gegen den Gleichheitssatz: Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 12171/1989 zum OÖ ROG 1972 feststellte, ist eine Bebauungsplanänderung, die lediglich deshalb vorgenommen wird, um für ein, auf einem Grundstück im Widerspruch zum geltenden Bebauungsplan errichtetes Bauwerk eine gehörige Rechtsgrundlage zu schaffen, gleichheitswidrig. Es widerspricht dem Gleichheitssatz, wenn die Änderung eines Bebauungsplanes nicht durch sachliche Erwägungen begründet, sondern ausschließlich dazu bestimmt ist, entgegen der Aufgabe des Bebauungsplanes, Bauvorhaben in die durch öffentliche Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken, durch Anpassung des Bebauungsplanes den Bauführer zu begünstigen. Der Grundgedanke, der in diesem Erkenntnis für die nachträgliche, nach Errichtung eines Bauwerkes beschlossene Bebauungsplanänderung ausgeführt wurde, trifft in gleicher Weise auf eine Bebauungsplanänderung zu, die zwar vor Bauführung beschlossen, aber eben auch ausschließlich dazu erlassen wird, einen bestimmten Bauwerber im Vergleich zu den Eigentümern von Nachbargrundstücken im Hinblick auf die dafür geltenden baurechtlichen Grundlagen zu begünstigen. Wenn ein Bebauungsplan die Bebauung in die durch die öffentlichen Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken hat, ist es sachlich nicht gerechtfertigt, auf einem der vom Bebauungsplan erfaßten Grundstücke lediglich im Interesse des Bauwerbers eine vom sonstigen Bebauungsplan abweichende bauliche Nutzung zuzulassen.

Zweifellos wird durch die angefochtene Bebauungsplanänderung, wie in deren Begründung ausgeführt, "eine bessere Grundstücksnutzung" ermöglicht. Im Gegensatz zu den Nachbargrundstücken, für die durch den Bebauungsplan lediglich eine zweigeschossige Bebauung vorgesehen ist, wurde auf dem Grundstück 3/15 und .98, KG Aschet, eine den individuellen Bauinteressen des Bauwerbers dienende, erheblich massivere Bebauung hinsichtlich der Höhe und räumlichen Gestaltung des Bauwerks gestattet.

Wenn dagegen die Oberösterreichische Landesregierung versucht, "städtebauliche Argumente" vorzutragen, - weil die Lage des Grundstückes am Ortseingang eine Verdichtung der Bebauung zuläßt -, ist ihr zu erwidern, daß dieses Argument, soll es eine sachliche Rechtfertigung der Bebauungsplanänderung bedeuten, nicht nur für das genannte Grundstück, sondern im Prinzip für einen wesentlich größeren Teil des Gemeindegebietes gelten müßte.

Die Bebauungsplanänderung verletzt sohin mangels einer sachlichen Rechtfertigung auch den Gleichheitssatz. Aus den angeführten Gründen war die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Thalheim vom 22. September 1988 in dem vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Umfang als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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