Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Bundes-PersonalvertretungsG §9
Bundes-PersonalvertretungsG §14 Abs1 lita
BDG 1979 §14
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Bundes-PersonalvertretungsG §9
Bundes-PersonalvertretungsG §14 Abs1 lita
BDG 1979 §14
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war das Zollamt Wien.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurde der Beschwerdeführer unter Berufung auf §14 Abs1 Z1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979, BGBl. 333 idgF, mit Ablauf des Monats Oktober 1988 in den Ruhestand versetzt. Seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Finanzen mit Bescheid vom 7. Juli 1989 nicht statt und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, daß der Beschwerdeführer mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides in den Ruhestand versetzt werde.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland hatte ihre Absicht, den Beschwerdeführer wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, dem bei dieser Behörde iS des §11 Abs1 Z8 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes - PVG, BGBl. 133/1967 idF BGBl. 148/1988, eingerichteten Fachausschuß für die sonstigen Bediensteten (im folgenden: Fachausschuß) schriftlich mitgeteilt.
Der Fachausschuß hatte in seiner Sitzung am 7. Juli 1988 den in dieser Angelegenheit von seinem Vorsitzenden erstatteten Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen.
2. Der Beschwerdeführer, der sich dadurch, daß es der Fachausschuß unterlassen hatte, anläßlich seiner Verständigung durch die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland von der beabsichtigten Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand dazu Stellung zu nehmen, in seinen aus dem PVG erfließenden Rechten verletzt erachtete, stellte an die Personalvertretungs-Aufsichtskommission (im folgenden: PVAK) den Antrag, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung des Fachausschusses zu entscheiden.
Die PVAK sprach mit dem auf Grund ihres Beschlusses vom 12. September 1989 erlassenen Bescheid gleichen Datums aus, daß die Beschwerde abgewiesen wird; zugleich stellte sie unter Berufung auf §41 Abs1 und 2 PVG fest, "daß die Geschäftsführung des Fachausschusses bei Kenntnisnahme der Absicht der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland ..., den Beschwerdeführer wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, gesetzmäßig war".
Diesen Bescheid der PVAK hob der Verfassungsgerichtshof in Erledigung der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 3. Dezember 1990, B1379/89, VfSlg. 12563/1990, wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz auf.
In der Folge hob die PVAK mit (Ersatz-)Bescheid vom 5. Juli 1991 den Beschluß des Fachausschusses vom 7. Juli 1988 wegen Gesetzwidrigkeit auf.
3.a) Der Beschwerdeführer stellte daraufhin an die PVAK mit der als "Beschwerde" bezeichneten Eingabe vom 29. Juli 1991 der Sache nach den Antrag, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung des beim Bundesministerium für Finanzen iS des §13 Abs1 Z5 PVG eingerichteten Zentralausschusses für die Bediensteten der Finanzverwaltung (im folgenden: Zentralausschuß) zu entscheiden, wobei der Beschwerdeführer die Auffassung vertrat, daß der Zentralausschuß die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur Mitwirkung bei der Entscheidung des Bundesministers für Finanzen über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den seine Versetzung in den Ruhestand verfügenden Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland verletzt habe.
b) Der Vorsitzende des Zentralausschusses teilte der PVAK mit Schreiben vom 3. September 1991 ua. mit, daß der Zentralausschuß mit der Angelegenheit der Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand "nicht befaßt wurde, da die personalführende Stelle die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland war".
c) Die PVAK sprach mit dem auf Grund ihres Beschlusses vom 4. November 1991 erlassenen Bescheid gleichen Datums aus, daß der Beschwerde nicht Folge gegeben wird. Begründend führte sie im Ergebnis aus, daß der Bundesminister für Finanzen in der Angelegenheit der Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nur als Rechtsmittelinstanz (bzw. als Behörde, die über einen Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur Versetzung in den Ruhestand zu entscheiden hatte) tätig geworden sei. In beiden Verfahren sei der Zentralausschuß nicht befaßt worden; es stünde ihm auch eine Befugnis zur Mitwirkung in diesen Verfahren nicht zu. Die PVAK gelangte daher zu dem Ergebnis, daß eine gesetzwidrige Gechäftsführung des Zentralausschusses nicht feststellbar sei.
4. Gegen diesen Bescheid der PVAK richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
5. Die PVAK als belangte Behörde hat unter Hinweis auf die dem Verfassungsgerichtshof zu B1464/91 vorgelegten Verwaltungsakten eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet:
1.a) Da die PVAK (eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde; s. VfSlg. 8158/1977) gemäß §41 Abs1 PVG in oberster Instanz entscheidet, kommt ein administrativer Instanzenzug nicht in Betracht.
b) Nach §41 Abs1 PVG hat die PVAK von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der eine Verletzung seiner Rechte behauptet, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung zu entscheiden. Gemäß §41 Abs2 PVG hat die PVAK dem PVG widersprechende Beschlüsse von Organen der Personalvertretung aufzuheben, im übrigen jedenfalls die Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Geschäftsführung festzustellen. Auf Bescheide und Verordnungen der Organe der Personalvertretung finden die Bestimmungen der Abs1 und 2 des §41 PVG keine Anwendung (§41 Abs3 PVG).
Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8158/1977 dargelegt hat, gehen diese Bestimmungen - die nicht die Rechtsverhältnisse der Bundesbediensteten zu ihrem Dienstgeber (dem Bund), sondern ihre Rechtsbeziehungen zur Personalvertretung zum Inhalt haben - davon aus, daß die Rechtssphäre des einzelnen Bediensteten durch das Verhalten von Personalvertretungsorganen auch dann berührt wird, wenn dieses nicht in der Erlassung eines Bescheides, sondern etwa in der Erstattung einer für den Dienstgeber rechtlich unverbindlichen Stellungnahme oder in der Zustimmung zur disziplinären Verfolgung eines ihrer Mitglieder besteht, wobei das Gesetz keinen Unterschied macht, ob der Beschluß des Personalvertretungsorganes auf Antrag oder von Amts wegen gefaßt wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat es daher in dem zitierten Erkenntnis als möglich erachtet, daß der einzelne Bedienstete durch einen derartigen Beschluß in seinen Rechten verletzt wird. Diese Möglichkeit ist, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 12563/1990 in Anknüpfung an das Erkenntnis VfSlg. 8158/1977 betont hat, auch in Fällen gegeben, in denen ein Personalvertretungsorgan sich darauf beschränkt, eine beabsichtigte Maßnahme des Dienstgebers zur Kenntnis zu nehmen, in denen es also in der betreffenden Angelegenheit im Ergebnis untätig geblieben ist. Nicht anders verhält es sich in jenen Fällen, in denen ein Personalvertretungsorgan - wie hier - überhaupt keine Tätigkeit entfaltet hat, also auch formell untätig geblieben ist. Somit können auch durch eine Entscheidung der PVAK, mit der in einem Fall dieser Art die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung des betreffenden Organes der Personalvertretung festgestellt wird, Rechte des Bediensteten verletzt werden.
Es ist demnach möglich, daß der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid der PVAK in subjektiven Rechten verletzt worden ist. Er ist daher legitimiert, gegen diesen Bescheid Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
2. Da aus der Sicht des Beschwerdefalles gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften verfassungsrechtliche Bedenken nicht entstanden sind - auch der Beschwerdeführer hat diesbezüglich nichts vorgebracht - und da ferner kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß die belangte Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat - auch derartiges wird in der Beschwerde nicht behauptet -, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte (s. etwa VfSlg. 8428/1978, 9127/1981).
Der Beschwerdeführer macht der belangten Behörde dies im Ergebnis mit der Begründung zum Vorwurf, sie habe in denkunmöglicher Auslegung des Gesetzes - insbesondere in Verkennung des Umstandes, daß die Mitwirkungsbefugnisse des Dienststellenausschusses in §9 Abs1 und des Zentralausschusses in §14 Abs1 PVG nicht abschließend aufgezählt sind - die Befugnis (und damit die Verpflichtung) des Zentralausschusses zur Mitwirkung bei der Entscheidung des Bundesministers für Finanzen über die Berufung gegen den die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand verfügenden Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland verneint.
Nun ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugestehen, daß nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine denkunmögliche Handhabung des Gesetzes ein Indiz für ein willkürliches Vorgehen der Behörde sein kann (s. etwa VfSlg. 9792/1983, 9902/1983). Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht von einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung die Rede sein, die nur vorläge, wenn die Behörde so fehlerhaft vorgegangen wäre, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte (vgl. etwa VfSlg. 7962/1976, 8866/1980, 10079/1984). Dem angefochtenen Bescheid liegt der Sache nach die Auffassung zugrunde, daß im Fall des Beschwerdeführers die Mitwirkungsbefugnis des Fachausschusses gegeben war und daher keine Mitwirkungsbefugnis des Zentralausschusses bestand. Diese Auffassung ist - worauf es bei einer Beurteilung aus der Sicht des Gleichheitssatzes allein ankommt - zumindest vertretbar: Nach §14 Abs1 lita PVG ist es Aufgabe des Zentralausschusses, (nur) in Angelegenheiten im Sinne des §9 PVG, die die Bediensteten des Ressorts betreffen, für die der Zentralausschuß errichtet ist, und die über den Wirkungsbereich der nachgeordneten Dienststellen- und Fachausschüsse hinausgehen, mitzuwirken. Die Auslegung dieser Bestimmung in dem Sinn, daß in Fällen, in denen - wie hier - die (auch vom Beschwerdeführer nicht bezweifelte) Mitwirkungsbefugnis eines Fachausschusses gegeben ist, nicht auch dem für das betreffende Ressort errichteten Zentralausschuß eine Mitwirkungsbefugnis zukomme, ist jedenfalls nicht denkunmöglich.
Der Beschwerdeführer ist daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.
3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.
4. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu auch oben unter II.2.) ist es auch ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)