VfGH G4/93

VfGHG4/9313.10.1993

Keine sachliche Rechtfertigung der Haftung des Herausgebers neben dem Medieninhaber zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Anzeigenabgaben

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
MedienG §1 Abs1
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §3 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
MedienG §1 Abs1
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §3 Abs2

 

Spruch:

I. Die in §3 Abs2 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. für Wien Nr. 22, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 29/1984 enthaltene Wortfolge "während der andere zur ungeteilten Hand mit ihm für die Entrichtung der Abgabe haftet" wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere Gesetzesbestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Wien ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

II. Im übrigen wird der Antrag des Verwaltungsgerichtshofs zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der unter der Rubrik "Abgabe- und haftpflichtige Personen" stehende §3 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 (Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 22/1983) hatte folgenden (auf der Stammfassung des Gesetzes LGBl. 14/1946 beruhenden) Wortlaut:

"(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist der Eigentümer des die Veröffentlichung oder Verbreitung der Anzeige besorgenden Unternehmens, beziehungsweise der Verleger oder Herausgeber des Druckwerkes, in dem die Anzeige veröffentlicht oder mit dem sie verbreitet wird, ferner nach Maßgabe der Bestimmungen des §5 auch derjenige, der die Veröffentlichung oder Verbreitung von Anzeigen vermittelt (Annoncenagenturen, Annoncierungsinstitute u. dgl.), verpflichtet.

(2) Sind der Eigentümer des die Veröffentlichung oder Verbreitung der Anzeige besorgenden Unternehmens und der Verleger oder Herausgeber des Druckwerkes verschiedene Personen, so ist jene Person abgabepflichtig, der die Zahlung des Entgeltes für die Veröffentlichung oder Verbreitung der Anzeige geleistet wird, während die übrigen zur ungeteilten Hand mit ihr für die Entrichtung der Abgabe haften.

(3) Der Abgabepflichtige ist berechtigt, den Abgabebetrag von dem, der die Anzeige veranlaßt, einzuziehen."

Das Inkrafttreten des Mediengesetzes, BGBl. 314/1981, (mit 1. Jänner 1982) veranlaßte den Wiener Landesgesetzgeber (ua.) eine Anpassung des AnzeigenabgabeG 1983 an die geänderte medienrechtliche Gesetzeslage vorzunehmen (s. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage Beilage 10/1984 sowie die Ausführungen des Berichterstatters über diese Novelle im StenProt der IX. Sitzung des Wr Landtags vom 4. Mai 1984, S. 19 f), wobei in diesem Zusammenhang auf folgende "Begriffsbestimmungen" in §1 Abs1 des MedienG hingewiesen sei:

"8. 'Medieninhaber (Verleger)': wer ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt;

9. 'Herausgeber': wer die grundlegende Richtung des periodischen Mediums bestimmt;".

Seit der (auch dieser Anpassung dienenden) Novelle LGBl. 29/1984 lauten die Absätze 1 und 2 im §3 Wr AnzeigenabgabeG 1983 wie folgt:

"(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist der die Veröffentlichung oder Verbreitung der Anzeige besorgende Medieninhaber (Verleger) oder Herausgeber des Medienwerkes, in dem die Anzeige veröffentlicht oder mit dem sie verbreitet wird, ferner nach Maßgabe der Bestimmungen des §5 auch derjenige, der die Veröffentlichung oder Verbreitung von Anzeigen vermittelt (Annoncenagenturen, Annoncierungsinstitute u. dgl.), verpflichtet.

(2) Sind der Medieninhaber (Verleger) und der Herausgeber des Medienwerkes nicht identisch, so ist derjenige abgabepflichtig, dem die Zahlung des Entgeltes für die Veröffentlichung oder Verbreitung der Anzeige geleistet wird, während der andere zur ungeteilten Hand mit ihm für die Entrichtung der Abgabe haftet."

2. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zur Zl. 89/17/0184 das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 29. Juni 1989 anhängig, mit welchem der Beschwerdeführer (weil er gemeinsam mit dem Medieninhaber Herausgeber des Druckwerks "tennis Sport" sei) unter Berufung auf §3 des Wr AnzeigenabgabeG 1983 zur Haftung für die Anzeigenabgabe für dieses Druckwerk innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in der Höhe von 673.769,36 S herangezogen wurde. Aus Anlaß dieser Beschwerdesache stellt der Verwaltungsgerichtshof zur Zl. A52/92 den Antrag, §3 Abs2 des Wiener AnzeigenabgabeG 1983 (idF der Novelle LGBl. 29/1984) als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Gesetzesstelle, die eine untrennbare Einheit darstelle, für präjudiziell und legt seine verfassungsrechtlichen Bedenken wie folgt dar:

"Der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 1955, Slg. Nr. 2896, davon aus, daß dem Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz bei Umschreibung des Kreises der für eine Steuer haftenden Personen insoferne eine Grenze gezogen ist, 'als er nur solche Personen als haftpflichtig erklären kann, bei denen eine Haftung sachlich begründet ist.' In seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1966, Slg. Nr. 5318, hat es der Gerichtshof als unsachlich angesehen, 'wenn jemand verhalten wird, für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbindet, hier also auch für Umstände, die außerhalb seiner Interessen- und Einflußsphäre liegen.'

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vermag der Verwaltungsgerichtshof eine sachliche Rechtfertigung für die Haftung des Herausgebers neben dem Medieninhaber nicht zu finden. Als 'Herausgeber' wird im §1 Abs1 Z. 9 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, jene Person definiert, welche die grundlegende Richtung des periodischen Mediums bestimmt. Hartmann-Rieder (Kommentar zum Mediengesetz, 1985, S. 33 f) sehen darin eine 'Richtlinienkompetenz'. Sie bedeute, daß der Herausgeber die grundlegende Richtung des periodischen Mediums bestimme. Die grundlegende Richtung umfasse die politische, konfessionelle, weltanschauliche, künstlerische und wissenschaftliche Ausrichtung des Mediums.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag keinen Anhaltspunkt dafür zu finden, daß der Wiener Landesgesetzgeber von einem anderen Begriffsverständnis des Wortes 'Herausgeber' ausgegangen wäre.

Auch im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer als (Mit-)Herausgeber nur einen Einfluß auf die Blattlinie ausgeübt hat und ihm keinerlei Einfluß auf die wirtschaftliche Gestion des Medienunternehmens zugekommen ist. Sowohl im Verfahren vor den Abgabenbehörden als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird vom Beschwerdeführer auch hervorgehoben, daß ihm keinerlei Vorteile aus den Anzeigeneinnahmen zugeflossen seien - die in Frage stehende Haftungsregelung sieht ja eben als Tatbestandsvoraussetzung vor, daß dem Haftungspflichtigen die Zahlung des Entgeltes für die Veröffentlichung oder Verbreitung der Anzeige nicht geleistet wird.

Im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles hat der Verwaltungsgerichtshof das Bedenken, daß der Herausgeber bei der in Frage stehenden Haftungsregelung für etwas einzustehen hat, womit ihn nichts verbindet, also für Umstände, die außerhalb seiner Interessen- und Einflußsphäre liegen (vgl. dazu auch Wittmann, Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983 idF der Novelle LGBl. 1984/29 in:

Medien und Recht, Jg. 1984, Heft 4, S. 10; ihm folgend Höld, Kommentar zu den Anzeigeabgabe- und Ankündigungsabgabegesetzen, 1987, S. 65). Der Gesetzgeber scheint damit den Rahmen der ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit überschritten und dadurch das sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende Sachlichkeitsgebot verletzt zu haben.

Auch wenn Umstände bestünden - der Verwaltungsgerichtshof vermag hiefür keinen Anhaltspunkt zu finden -, die eine Haftung des Herausgebers für Abgabenschulden des Medieninhabers (noch) rechtfertigen könnten, so besteht das weitere Bedenken, daß das Haftungsausmaß weder betragsmäßig noch zeitlich beschränkt und die dem Umfang nach unbegrenzte Haftungsregelung also exzessiv ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1988, VfSlg. Nr. 11921)."

3. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung mit dem Begehren, dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofs nicht stattzugeben, im Fall der Aufhebung der angefochtenen Gesetzesstelle jedoch eine Frist von einem Jahr zu setzen. Im einzelnen hielt sie dem Antrag folgendes entgegen:

"Der Umstand, daß dem Herausgeber eines Medienwerkes nach den Bestimmungen des Medienrechtes ein bestimmter Aufgabenbereich zugewiesen ist, schließt dessen Haftung für die aus Anlaß der Aufnahme von Anzeigen entstehende Anzeigenabgabe nicht aus. Aus der vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ergibt sich nämlich nicht, daß das Interesse des Haftpflichtigen unmittelbar und direkt an den eine Abgabepflicht auslösenden Vorgängen bestehen muß. Ebenso muß sich sein Einfluß nicht unmittelbar und direkt auf diese Vorgänge erstrecken. Ganz deutlich ist dies daran erkennbar, daß der Verfassungsgerichtshof die abgabenrechtliche Nachfolgerhaftung dem Grunde nach als nicht gleichheitswidrig erkannt hat. Hier haftet der Nachfolger für Abgabenrückstände aus Vorgängen, an denen er kein konkretes Interesse hatte und auf die er nicht Einfluß nehmen konnte. Es wird also nicht gefordert, daß ein Haftender ein gleich enges Verhältnis zum abgabenpflichtigen Sachverhalt hat wie der Abgabepflichtige selbst.

Nun ist aber das Interesse eines Herausgebers an den im Medienwerk erscheinenden Inseraten als vital einzustufen, sodaß es sehr verwundern muß, daß der Verwaltungsgerichtshof hiefür keinen Anhaltspunkt zu finden vermochte. Das Interesse des Herausgebers liegt darin, ein bestimmtes Meinungsspektrum einem größeren Publikum mitzuteilen. Dieses Interesse ist aber nur bei einer entsprechenden wirtschaftlichen Grundlage des gesamten Vorhabens zu erreichen. Damit ist aber zwangsläufig auch das Interesse an den wirtschaftlichen Existenzgrundlagen des Medienwerkes verbunden, zu denen unverzichtbar auch die Einnahmen aus Anzeigen gehören. Daher läßt sich das Interesse des Herausgebers an den Anzeigenerträgen auch dann nicht verneinen, wenn er an diesen selbst nicht beteiligt ist.

Die vom Verwaltungsgerichtshof ins Treffen geführte Richtlinienkompetenz des Herausgebers nach dem Mediengesetz ist somit kein geeigneter Nachweis für das Fehlen eines Interessenzusammenhanges zwischen der Herausgabe und der wirtschaftlichen Führung eines Medienwerkes; im Wirtschaftsleben ist vielmehr sogar häufig ein Einfluß des Herausgebers nicht nur auf den redaktionellen, sondern auch auf den Anzeigenteil des Medienwerkes,

u. zw. sowohl den Inhalt der Anzeigen als auch die Inseratenvergabe selbst betreffend, feststellbar und zuweilen auch vertraglich vereinbart.

Die Sachlichkeit der Haftung ist daher dem Grunde nach gegeben.

Zu den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich der dem Umfang nach unbegrenzten Haftungsregelung ist festzuhalten, daß in der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keineswegs strikt und generell gefordert wurde, daß eine Haftung vom Gesetz zeit- und betragsmäßig eingeschränkt sein müsse. Eine solche Beschränkung hat auch letztlich geprüfte Gesetzesstellen nicht vor deren Aufhebung bewahrt. Wesentlich erschien dem Verfassungsgerichtshof vielmehr, daß der Haftende sein Risiko einigermaßen verläßlich einschätzen kann. Dies ist aber hier gegeben. Denn einerseits ist das Ausmaß der Abgabe auf Grund des für die Anzeigen zur Verfügung stehenden Raumes, der Anzahl der aufgenommenen Anzeigen und des dafür geltenden bekannten Tarifs ausreichend bestimmbar. Andererseits hat der Herausgeber bei Begründung des Rechtsverhältnisses zwischen ihm und dem Medieninhaber (Verleger) durchaus die Möglichkeit, sich durch entsprechende privatrechtliche Vereinbarungen (z.B. durch die Vereinbarung von Einschaurechten, allenfalls verbunden mit Kündigungsmöglichkeiten) im vorhinein einen ausreichenden Einfluß auf die steuerliche Gebarung zu sichern. Da der Herausgeber wegen seiner spezifischen Interessen (Richtung des Mediums) in ständigem zeitnahen (begleitenden) Kontakt mit dem Medium steht, stößt eine Wahrnehmung der seiner Absicherung gegen eine Haftung dienenden Vorsichtsmaßnahmen auch auf keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Bei dieser vollen Verflochtenheit mit den wirtschaftlichen Aspekten des Mediums verlangt die Sachlichkeit der Regelung keine Limitierung der Haftung."

II. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.

Der von der Landesregierung erhobene Einwand, ausschließlich der letzte Satzteil des §3 Abs2 ("während der andere zur ungeteilten Hand mit ihm für die Entrichtung der Abgabe haftet") sei präjudiziell, ist unter Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu der in einem Gerichtsantrag angenommenen Präjudizialität der angefochtenen Norm (s. zB VfSlg. 12572/1990) berechtigt. Der antragstellende Verwaltungsgerichtshof geht nämlich selbst davon aus, daß er nur die im letzten Satzteil getroffene Regelung über die Haftung anzuwenden habe, und ficht den gesamten Abs2 lediglich unter dem (schon erwähnten) Aspekt an, daß die Vorschrift eine untrennbare Einheit darstelle. Dies trifft jedoch offenkundig nicht zu, weil die in den ersten beiden Halbsätzen des §3 Abs2 enthaltenen (nicht die Haftung sondern) ausschließlich die Abgabepflicht festlegenden Anordnungen sprachlich von dem zur Aufhebung beantragten letzten Satzteil ohne Sinnänderung des verbleibenden Satzteiles isoliert werden können.

Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofs war daher insoweit, als er über den letzten Satzteil im §3 Abs2 Wr AnzeigenabgabeG 1983 hinausgeht, zurückzuweisen.

III. Im zulässigen Umfang erweist sich der Antrag des Verwaltungsgerichtshofs als gerechtfertigt.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat auch in seiner jüngeren Rechtsprechung (s. VfSlg. 11771/1988) an seiner - im Antrag des Verwaltungsgerichtshofs zitierten - Entscheidung VfSlg. 2896/1955 ausdrücklich festgehalten, wonach dem Gesetzgeber bei der Umschreibung der für die Steuer haftenden Personen durch den Gleichheitsgrundsatz insofern eine Grenze gezogen ist, als er nur solche Personen für haftpflichtig erklären kann, bei denen eine Haftung sachlich begründet ist. Hiebei ist der Gerichtshof in seiner Judikatur grundsätzlich davon ausgegangen, daß sich die sachliche Rechtfertigung für die Haftung als solche einerseits aus dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit der Abgabe und andererseits aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und der des Haftungspflichtigen ergibt (VfSlg. 11942/1988); den gleichen Standpunkt hat der Verfassungsgerichtshof auch bezüglich der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge eingenommen (VfSlg. 12008/1989). In diesem Sinn hat der Gerichtshof grundsätzlich (- was im folgenden also unter Außerachtlassung anderer verfassungsrechtlich relevanter weiterer (allenfalls sogar zur Gesetzesaufhebung führender) Umstände, wie etwa die Ausgestaltung der Haftung im einzelnen oder deren Umfang, festgehalten wird -) die Haftung des Geschäftsführers einer GesmbH für von dieser geschuldete Sozialversicherungsbeiträge, die aus Verschulden des Geschäftsführers nicht bezahlt wurden, als sachlich begründet befunden (VfSlg. 12008/1989), die Haftung des Verpächters für Getränkesteuerschulden (oder für geschuldete Vergnügungssteuer) des früheren Pächters (VfSlg. 2896/1955, 11921/1988, 12572/1990), die Haftung des Grundeigentümers für Abwassergebühren von Personen, die auf seinem Grundstück Wasser entnehmen und in einen öffentlichen Kanal einleiten (VfSlg. 11942/1988), die Haftung des Wasserabnehmers für Wassergebühren des früheren (auch eines mit ihm in keinem Vertragsverhältnis stehenden) Wasserabnehmers (VfSlg. 6903/1972) oder des neuen Hauseigentümers als Wasserabnehmer für die Wassergebühren des früheren Hauseigentümers (VfSlg. 11478/1987) oder die allgemeine Haftung des Erwerbers eines Unternehmens für die bestehenden Abgabenschulden (VfSlg. 12764/1991, 12844/1991), nicht dagegen die Haftung des Pächters für Getränkesteuerschulden des früheren Pächters (VfSlg. 11771/1988). Geht man von diesen Wertungen im Rahmen des vorhin dargestellten Grundgedankens der Rechtsprechung aus, so läßt sich eine adäquate, die Haftung sachlich begründende rechtliche Beziehung zwischen dem Herausgeber und dem Medieninhaber (Verleger) in der Tat nicht finden. Der Verwaltungsgerichtshof hebt zu Recht hervor, daß der Herausgeber lediglich die sog. Richtlinienkompetenz hat, ihm aber weder (wie der antragstellende Gerichtshof unter Bezugnahme auf die Lage im Anlaßfall ausführt) ein Einfluß auf die wirtschaftliche Gestion des Medienunternehmens noch Vorteile aus den Anzeigeneinnahmen zukommen. Mit dieser - vom Verfassungsgerichtshof geteilten - Ansicht befindet sich der Verwaltungsgerichtshof auch in Übereinstimmung mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 63/89 vom 23.5.1989), welcher die Stellung des Herausgebers - nach Darlegungen über dessen Richtlinienkompetenz - wie folgt umschreibt:

"Dem Wesen dieser Funktion entspricht es daher, für das Unternehmen eines anderen - nämlich des Medieninhabers -, wenn auch in leitender Stellung, zu wirken. Eine von dem jeweiligen Medienunternehmen unabhängige Tätigkeit des Herausgebers ist begrifflich unmöglich; seine wirtschaftliche Stellung zum Medienunternehmen hängt von der Vertragslage im einzelnen Fall ab. Aus der Funktion als 'Herausgeber' folgt nicht, daß damit eine selbständige unternehmerische Tätigkeit neben dem Medienunternehmer verbunden wäre."

Auf Fallgestaltungen, die aufgrund des Vertrages zwischen Medieninhaber und Herausgeber hievon abweichen und dem Herausgeber - wie immer geartete - Einflußmöglichkeiten auf die Gestion des Unternehmens bezüglich des Anzeigengeschäfts gewähren, braucht der Verfassungsgerichtshof im hier gegebenen Zusammenhang nicht Bedacht zu nehmen, weil es auf das typische, im Mediengesetz definierte und vom Wr AnzeigenabgabeG 1983 daraus übernommene Erscheinungsbild des Herausgebers ankommt. Wenn die Wiener Landesregierung das Interesse des Herausgebers an den wirtschaftlichen Existenzgrundlagen des Medienwerkes ins Treffen führt und daraus ein Interesse des Herausgebers an den Anzeigenerträgen ableitet, so kann diese - an sich richtige - Argumentation ihren Standpunkt deshalb nicht stützen, weil es nicht um eine allgemeine Interessenlage geht, sondern um eine - im allgemeinen nicht gegebene - spezifische, aus der Rechtsbeziehung zum Medieninhaber resultierende Teilhabe an der Unternehmensgestion im betreffenden kommerziellen Bereich.

2. Die in Prüfung stehende Wortfolge verstößt aus diesen Gründen gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot und ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Die übrigen Entscheidungen stützen sich auf Art140 Abs6 erster Satz und Abs5 erster Satz B-VG. Von der Setzung einer Frist für das Außerkrafttreten der als verfassungswidrig befundenen Gesetzesvorschrift iS des Art140 Abs5 dritter Satz B-VG ist abzusehen, weil ein Erfordernis hiefür weder erkennbar ist noch von der Wiener Landesregierung dargetan wurde.

IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

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