Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Im Anschluß an eine Beitragsprüfung schrieb die Tiroler Gebietskrankenkasse der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin mit zwei Bescheiden einerseits eine - im Verwaltungsverfahren so bezeichnete - Beitragsnachverrechnungssumme und andererseits einen Beitragszuschlag (iS des §113 Abs1 ASVG) vor. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Einsprüche und beantragte, diesen aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit Bescheid vom 13. Feber 1989 wies der Landeshauptmann von Tirol die Einsprüche ab und erkannte ihnen aufschiebende Wirkung nicht zu. Dieser Einspruchsbescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin (ua.) Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des der Entscheidung über die aufschiebende Wirkung zugrundegelegten §412 Abs2 ASVG (in der vor der 50. Novelle zum ASVG geltenden Fassung) äußert und diesbezüglich auf das hg. Erk. VfSlg. 11196/1986 verweist.
2. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §412 Abs2 ASVG idF der Novelle BGBl. 13/1962 ein. Mit dem heute gefällten Erkenntnis G293/91 (und weitere Zahlen) sprach der Gerichtshof aus, daß diese Gesetzesbestimmung verfassungswidrig war.
3. Aus den dargelegten Umständen folgt, daß der belangte Landeshauptmann eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung anwendete. Nach der Lage des Falles ist es nicht von vornherein auszuschließen, daß die Anwendung dieser Gesetzesvorschrift für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin insgesamt nachteilig war. Es war daher auszusprechen, daß die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt wurde sowie daß dieser Bescheid aufgehoben wird.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.
II. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)