VfGH B590/89

VfGHB590/8929.9.1992

Keine Verletzung im Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung durch die Anwendung von Körperkraft im Zuge einer Anhaltung

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
EMRK Art3
WaffGG
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
EMRK Art3
WaffGG

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch die Art und Weise seiner in der Nacht vom 2. auf den 3. April 1989 in Wien 2., Leopoldsgasse, erfolgten Anhaltung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund zu Handen der Finanzprokuratur die mit 12.500 S bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer begehrt in der vorliegenden, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde die kostenpflichtige Feststellung, er sei dadurch, daß er bei der Anhaltung durch Beamte der belangten Behörde (nämlich der Bundespolizeidirektion - BPD - Wien) am 03.04.1989 geschlagen, mißhandelt und beschimpft wurde, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterzogen zu werden, gemäß Art3 EMRK verletzt worden. Weitere Maßnahmen zieht er nicht in Beschwerde.

2. Die durch die Finanzprokuratur vertretene BPD Wien erstattete - unter Vorlage der Administrativakten - eine Gegenschrift; sie begehrt darin, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die Behörde stellt die Anwendung von Körperkraft gegen den Beschwerdeführer nicht in Abrede, sondern behauptet, daß diese wegen dessen agressiven Verhaltens notwendig gewesen sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Wien, Zl. Pst K 766/L/89 und Zl. II-4666/SB/89 (betreffend die Anhaltung des Beschwerdeführers und deren Modalitäten) sowie in den Akt des Landesgerichtes (LG) für Strafsachen Wien, 25 a Vr 4437/89, 8a Hv 6180/90 (betreffend das strafgerichtliche Verfahren, das gegen jene Beamten eingeleitet worden war, die seinerzeit gegen den Beschwerdeführer eingeschritten waren).

Das LG für Strafsachen Wien hat nach Durchführung eines umfangreichen Beweisverfahrens mit rechtskräftigem Urteil vom 14. Mai 1992, Zl. w.o., alle vier Beamten der BPD Wien (nämlich den Kriminalbeamten C T und die Sicherheitswachebeamten H A H, A W und W K), die gegen den Beschwerdeführer eingeschritten waren, von der gegen sie (wegen §302 Abs1, §83 Abs1 und §313 StGB) erhobenen Anklage, sie hätten in der Nacht zum 4. April 1989 (richtig von 2. auf 3. April 1989) in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken,

"1./

ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht und den Staat in seinem konkreten Recht auf Strafverfolgung sowie B P (den Beschwerdeführer) in seinem konkreten Recht auf persönliche Freiheit und Unterbleiben einer Strafverfolgung ohne Verwirklichung eines strafbaren Tatbestandes geschädigt, indem sie diesen willkürlich festnahmen, widerrechtlich im Polizeikommissariat Leopoldstadt festhielten, ihm die Handschellen anlegten und in einer Zelle des Kommissariates einsperrten, sowie A W schließlich wahrheitswidrig eine Anzeige verfaßte, wonach B P einen Polizisten, nämlich H H verletzt, eine Fensterschreibe eingeschlagen und außerdem durch lautes Schreien an einem öffentlichen Ort Lärm erregt und die Ordnung gestört habe;

2./

B P (den Beschwerdeführer) vorsätzlich am Körper verletzt, indem sie wiederholt auf ihn einschlugen und C T ihm überdies zweimal mit dem Knie gegen die Geschlechtsteile trat, wobei B P beträchtliche Weichteilschwellungen und Blutunterlaufungen an der linken Ohrmuschel, im Bereich der linken Schläfenregion, an beiden Unterarmen und an der rechten vorderen Brustkorbhälfte sowie eine Schädelprellung erlitt"

gemäß §259 Z3 StPO freigesprochen.

In den Entscheidungsgründen dieses Urteils lautet es auszugsweise:

"Aufgrund der Verantwortungen der Angeklagten C T, H A H, A W und W K, Vernehmung der Zeugen B P, Ö T, R W, C P, W Z und Insp. G R sowie Insp. A Z, Einsichtnahme in die Akten 2dEVr 11641/91, Hv 6960/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien sowie der Akten 4c Vr 111/91, 4c Vr 43/91 und 16 U 2307/85 des Bezirksgerichtes Donaustadt hat das Gericht folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

Am 3.4.1989 gegen 2,05 Uhr wurden die Sicherheitswachebeamten W K und A W, als sich diese eben auf Höhe des in Wien 2., Leopoldsgasse 18 etablierten Polizeiwachzimmers befanden, auf den türkischen Staatsangehörigen B P aufmerksam, der von der gegenüberliegenden Straßenseite aus wiederholt und laut 'Hilfe, Polizei' ausrief. B P stand hiebei in Begleitung einer männlichen Person vor dem Eingang zur Gaststätte 'Woodquarter'. Als die Polizeibeamten auf diese Hilferufe hin auf B P zukamen, erklärte er ihnen aufgeregt, man habe ihn kurz zuvor gewaltsam aus dem Lokal verschafft und wolle dies nun zur Anzeige bringen. B P, der ein erregtes und auch lautstarkes Verhalten nach Hinzukommen der Polizeibeamten beibehalten hatte, wurde in der Folge von diesen an den Armen ergriffen und solcherart in das gegenüberliegende Wachzimmer geführt. Mit dieser Vorgangsweise beabsichtigten die Polizeibeamten die anschließende Abgabe des B P in den Arrest sowie eine Anzeigeerstattung gegen diesen wegen Störung der Ordnung und Erregung ungebührlicher Weise störenden Lärms.

Es ist hingegen nicht festzustellen, ob und inwieweit die Erregtheit des B P auch eine ungebührlich störende Lärmentwicklung nach sich gezogen und bei im Umkreis befindlichen Personen berechtigtes Ärgernis hervorgerufen hatte. Desgleichen ist nicht festzustellen, ob und inwieweit der Sicherheitswachebeamte A W vor der obbeschriebenen Verschaffung des B P in das Polizeiwachzimmer dessen Festnehmung ausgesprochen bzw. dieser vorangegangene Abmahnungen durch die Sicherheitswachebeamten erfolgt waren. Letztlich war nicht festzustellen, ob A W dem B P noch vor dem Lokal 'Woodquarter', ohne gerechtfertigem Anlaß, eine Ohrfeige versetzt gehabt hatte.

Im Polizeiwachzimmer nahm vorerst der diensthabende Kriminalbeamte C T Einsicht in den von B P mitgeführten Reisepaß. Der als Arrestantenposten eingesetzte Angeklagte H A H wiederum zog sich Plastikhandschuhe über, um die Kleidung des B P nach mitgeführten Effekten zu durchsuchen und damit die nachfolgende Überstellung des B P in eine Arrestzelle vorzubereiten, die er aufgrund des ihm zuvor von A W erteilten Hinweises 'Abgabe in den Arrest' vornehmen wollte. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhalt mit diesem Vorgehen der Angeklagten C T und H A H setzten Tätlichkeiten zwischen diesen Polizeibeamten sowie auch des weiters anwesenden Polizeibeamten A Z mit B P ein, deren Beginn und Verlauf ebenso nicht näher festzustellen ist, wie ein Umstand dahin, ob die Angeklagten sämtliche - oder einzelne von ihnen - gezielt und aktiv Gewalt gegen B P angewendet hatten, ohne daß dies, auch ihrer Einschätzung gemäß, der Durchsetzung einer ordnungsgemäßen Amtshandlung gedient hätte. Festzustellen ist hingegen, daß in weiterer Folge dem auf den Boden liegenden und auf diesem festgehaltenen B P von den einander unterstützenden Beamten Handfesseln angelegt wurden, womit die tätliche Auseinandersetzung auch beendet worden war. Im Anschluß verblieb B P bis gegen 11.00 Uhr in einer Arrestzelle, in die er über Anordnung des Arrestantenpostens verschafft worden war, worauf er, nach zwischenzeitiger niederschriftlicher Vernehmung, auf freiem Fuß gesetzt wurde.

Gleichfalls am 3.4.1992 suchte B P die in Wien 12., etablierte Ordination des praktischen Arztes Dr. J E auf, der ihm nachfolgend angeführte Verletzungen attestierte: '1.) linke Ohrmuschel: diffus geschwollen und als Gesamtes blau verfärbt im Sinne eines Hämatomes, 2.) linker Schläfenbrereich: diffuse Schwellung, in den Bereich der Kopfbehaarung reichendes, etwas handtellergroßes fleckiges Hämatom, 3.) an beiden Unterarmen (rechts mehr als links) symmetrische, umschriebene, rosarot verfärbte Schwellung, beide Unterarme umgreifend. Ca. 10 cm proximal der Handgelenke, 4.) rechte Toraxhälfte: diffuse Schwellung, mehrere strichförmige Hämatome'. Dem behandelnden Arzt gab B P zudem als subjektive Symptome Kopfschmerzen sowie starke Schmerzen im Bereich des gesamten Brustkorbes an.

Dem Polizeibeamten H A H war, ebenfalls am 3.4.1992, amtsärztlich eine Hautabschürfung und Prellungen des rechten Unterarmes, rechten Zeigefingers und linken unteren Brustkorbseite attestiert worden.

Die vorgenannten Verletzungen hatten B P und H A H sämtlich im Verlaufe der oben festgestellten Tätlichkeiten am Polizeiwachzimmer davongetragen.

Während dieser körperlichen Auseinandersetzung wurde in einer nicht festzustellenden Weise eine Fensterscheibe des Polizeiwachzimmers eingeschlagen.

Letztlich verfaßte der Polizeiwachebeamte A W am 3.4.1989 schriftlich eine Anzeige gegen B P wegen Verdachtes der schweren Körperverletzung, Sachbeschädigung, Störung der Ordnung und Erregung ungebührlicher Weise störenden Lärms, in welchem er B P anlastete, seine Festnehmung durch erregtes, lautstarkes und trotz wiederholter Abmahnungen gleichartig fortgesetzes Verhalten vor dem Lokal 'Woodquarter' veranlaßt und sich danach im Polizeiwachzimmer der erforderlichen Visitierung und Abgabe in den Arrest gewaltsam widersetzt zu haben, worauf ihm von mehreren einander unterstützenden Polizeibeamten die Handfesseln angelegt worden seien, um zu befürchtende Sachbeschädigungen und Personengefährdungen hintanzuhalten. Es ist nicht festzustellen, ob der Inhalt dieser Anzeige, gänzlich oder teilweise, wissentlich falsch verfaßt und im Widerspruch zum tatsächlichen Ereignisablauf steht oder nach Willen des Insp. A W eine tatsachengetreu gebotene Schilderung darstellt.

Bei Vornahme der oben getroffenen Feststellungen hatte sich das Gericht auf jene Aussagen der Beteiligten und jene Verfahrensergebnisse - wie etwa die attestierten Verletzungsfolgen - zu beschränken, die übereinstimmend deponiert worden waren oder sonst unbestritten geblieben sind. Darüber hinaus konnte trotz des aufwendig abgeführten Verfahrens der hier in Untersuchung gezogene Ereignisablauf nicht eindeutig abgeklärt werden und verblieben jeweils Zweifel, die einer gesicherten Feststellung der geprüften Umstände entgegen gestanden hatten. Im Einzelnen waren hiefür folgende Überlegungen des Gerichtes maßgeblich:

. . .

Insgesamt war daher nach Abwägung der maßgeblichen Verfahrensgrundlagen und gemäß dem Grundsatz, im Zweifel zu Gunsten der Angeklagten zu entscheiden, mit deren Freispruch gemäß dem §259 Z3 StPO vorzugehen gewesen."

III. Über die Beschwerde wurde erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

1. Dieses beim Verfassungsgerichtshof im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 (Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988), BGBl. 685, das ist der 1. Jänner 1991 (ArtX Abs1 Z1 des genannten BVG), bereits anhängig gewesene Verfahren ist kraft der Übergangsbestimmung des ArtIX Abs2 leg.cit. nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen (s. dazu ArtII des Bundesgesetzes vom 6. Juni 1990, BGBl. 329 - vgl. zB VfGH 17.6.1992 B1216/90).

2.a) Gemäß Art144 Abs1, zweiter Satz, B-VG idF vor der B-VG-Novelle 1988 erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person.

Bekämpfbar nach dieser Verfassungsbestimmung ist auch die Art und Weise, wie eine Festnahme und Anhaltung durchgeführt wurde (vgl. zB VfSlg. 11809/1988, 12116/1989, 12134/1989), und zwar auch dann, wenn ausschließlich - wie hier - die Modalitäten des Befehls- und Zwangsaktes in Beschwerde gezogen werden (vgl. zB VfSlg. 12190/1989).

b) Demgemäß ist festzuhalten, daß sich die Beschwerde gegen einen behaupteten Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iS des Art144 Abs1 B-VG idF vor der B-VG-Novelle 1988 wendet.

3. Der Verfassungsgerichtshof folgt dem insoweit übereinstimmenden und zutreffenden (vgl. dazu sogleich unten zu III.B.2.) Vorbringen der Beschwerde und der Gegenschrift, daß gegen den Beschwerdeführer unmittelbar verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt iS des Art144 Abs1, zweiter Satz, B-VG idF vor der B-VG-Novelle 1988 durch Anwendung von Körperkraft ausgeübt wurde. Hiedurch unterscheidet sich dieser Fall von jenen Konstellationen, in denen der behauptete Zwangsakt nicht nachweisbar war und in denen daher mit Zurückweisung der Beschwerde vorgegangen wurde (vgl. zB VfSlg. 12116/1989, S 779 ff.).

4. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

B. In der Sache:

1.a) In der Beschwerde wird ausschließlich die behauptete Mißhandlung anläßlich der Anhaltung des Beschwerdeführers bekämpft und geltend gemacht, hiedurch sei das durch Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht verletzt worden.

b) Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, daß nicht jede unzulässige Anwendung von Körperkraft - zwingend - auch Art3 EMRK verletzt, sondern daß physische Zwangsakte gegen das im Art3 EMRK statuierte Verbot "erniedrigender Behandlung" vielmehr nur dann verstoßen, wenn qualifizierend hinzutritt, daß ihnen eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Betroffenen als Person zu eigen ist (zB VfSlg. 8654/1979, 9385/1982, 10546/1985, 11422/1987, 11692/1988, 11809/1988).

Aus den §§2, 4, 5, 6 Abs1 des Waffengebrauchsgesetzes ist abzuleiten, daß auch die als weniger gefährliche Maßregel eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse, die sich als Mittel zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes und zur Erzwingung einer Festnahme vom Waffengebrauch selbst nur graduell unterscheidet, derselben grundsätzlichen Einschränkung wie der Waffengebrauch unterliegt, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig ist und maßhaltend vor sich geht, aber unter diesen Voraussetzungen wie der Waffengebrauch selbst keineswegs gegen Art3 EMRK verstößt (zB VfSlg. 8145/1977, 10321/1985, 11809/1988, 12190/1989).

2. Mit dem (in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. Mai 1992 (s.o. II.2.) wurden alle Polizeibeamte, die einer Mißhandlung des Beschwerdeführers verdächtig waren, von den deshalb gegen sie erhobenen Anklagevorwürfen freigesprochen. In diesem gerichtlichen Strafverfahren wurde der Nachweis nicht erbracht, daß die Polizeibeamten gegen den Beschwerdeführer - rechtswidrige - Aggressionshandlungen begangen hätten. Das aber bedeutet, daß die Polizeibeamten kraft Art6 Abs2 EMRK als schuldlos anzusehen sind. Über den strafgerichtlichen Freispruch der Angeklagten müßte sich der Verfassungsgerichtshof der Sache nach hinwegsetzen, wollte er dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgen, weil der Vorwurf der Grundrechtsverletzung nach Art3 EMRK im verfassungsgerichtlichen Verfahren im wesentlichen dem eingangs umschriebenen Anklagevorwurf (= Mißhandlung des Beschwerdeführers) entspricht, von dem die angeklagten Beamten nach dem bereits Gesagten rechtskräftig freigesprochen wurden. Für dem Urteil des Strafgerichtes widerstreitende Tatsachenfeststellungen fehlt es aber schon an geeigneten (hinreichend verläßlichen und beweiskräftigen) Verfahrensergebnissen (vgl. VfSlg. 12116/1989, S 780).

Der Verfassungsgerichtshof kam zu keiner anderen Auffassung als der im rechtskräftigen strafgerichtlichen Freispruch ausgedrückten; er gelangte vielmehr zur Überzeugung, daß das im strafgerichtlichen Verfahren erhobene Tatsachen- und Beweissubstrat für den zweifelsfreien Nachweis der behaupteten Mißhandlung des Beschwerdeführers (also einer nicht im WaffengebrauchsG 1969 gedeckten Anwendung von Körperkraft) nicht ausreicht. Auch im verfassungsgerichtlichen Verfahren ist sohin nicht erwiesen, daß die von den Polizeibeamten angewendete Körperkraft über jene hinausgegangen wäre, die der Überwindung des auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung zielenden Widerstandes (§2 Z2 iVm §4 WaffengebrauchsG 1969) diente; daran ändert nichts, daß der Beschwerdeführer bei der Amtshandlung verletzt wurde. Bei der geschilderten Beweissituation ist der Verfassungsgerichtshof gehalten, das Vorgehen der Beamten als notwendig und geboten zu bewerten, sollte eine weitere Gefährdung der körperlichen Sicherheit der Polizeibeamten vermieden werden (vgl. zB VfSlg. 11809/1988, S 99). Für diese Annahme spricht im übrigen auch das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. April 1992, Zl. 2dE Vr 11641/91, Hv 6960/91, wegen §§15,229 Abs1, 83 Abs1, 297 1. Fall, 15,105 Abs1, 15, 12, 288 Abs1 StGB, mit dem der Beschwerdeführer deshalb zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt wurde, weil er seine Gattin verletzt und ferner versucht hatte, diese zu einer falschen Zeugenaussage zu verleiten, und weil er schließlich eine andere Person falsch verdächtigt hatte. Dieses Urteil läßt den Beschwerdeführer in einem bezeichnenden Licht erscheinen.

Aufgrund dieses Sachverhaltes steht fest, daß der Beschwerdeführer in seinem durch Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nicht verletzt worden ist.

3. Zu den Behauptungen, der Beschwerdeführer sei von den einschreitenden Beamten beschimpft worden, genügt der Hinweis auf die mit dem Erkenntnis VfSlg. 8654/1979 begonnene ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach unangemessene Ausdrucksweisen von Beamten oder Beschimpfungen durch Beamte als solche keine Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art144 Abs1 B-VG darstellen. Da das diesbezügliche Beschwerdevorbringen jedoch nur einen nicht tragenden Teil der Vorwürfe einer menschenrechtswidrigen Behandlung des Beschwerdeführers bildet, begnügt sich der Verfassungsgerichtshof mit diesem Hinweis, ohne diesbezüglich eine (ausdrückliche) Zurückweisung der Beschwerde auszusprechen (vgl. VfGH 25.2.1992 B1550/89, B1551/89).

4. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde - da die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte weder ausdrücklich behauptet wurde noch im Verfahren hervorkam und da sich ferner keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß eine rechtswidrige generelle Norm angewendet worden wäre - als unbegründet abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung - im Sinne des Antrages der Finanzprokuratur (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, zB VfSlg. 12116/1989, S 781 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur) - fußt auf §88 VerfGG.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

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