VfGH V239/91

VfGHV239/913.12.1992

Verletzung im Gleichheitsrecht durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Mauerbach betreffend die Umwidmung eines Grundstückes von "Bauland-Wohngebiet" in "Grünland-Parkanlage" mangels sachlicher Begründung angesichts intensiver Nutzungsbeschränkung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerbach vom 28.09.90. Top 4, über die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes
Nö ROG 1976 §22 Abs1 Z2
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerbach vom 28.09.90. Top 4, über die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes
Nö ROG 1976 §22 Abs1 Z2

 

Spruch:

Die in §2 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerbach vom 28. September 1990, TOP 4, über die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Dezember 1990, Z R/1-R-383/010, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Mauerbach in der Zeit vom 18. Dezember 1990 bis 3. Jänner 1991, enthaltene Zahlenfolge "90/203" wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Die Marktgemeinde Mauerbach ist schuldig, den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 15.000,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Antragsteller sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 173, Grundstücksnummer 245/4, KG Mauerbach. Mit Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerbach vom 28. September 1990, TOP 4, wurde die Widmungs- und Nutzungsart auf dieser Liegenschaft von "Bauland-Wohngebiet" und "Grünland-Grüngürtel" in die einheitliche Widmungs- und Nutzungsart "Grünland-Parkanlage" abgeändert. In dem auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller die Aufhebung dieser Verordnung insoweit, als "durch §2 der Verordnung verfügt wurde, daß die Planblätter des örtlichen Raumordnungsprogrammes insoferne geändert wurden, als der Plan 90/203 des Architekten Dipl.-Ing. R K und zwar die Plandarstellung, die als Schwarz-Rot-Darstellung ausgeführt werden, von der bisher geltenden Fassung abweichen. Es wird sohin bekämpft, daß die o.a. Liegenschaft dadurch in Grünland - Parkanlage umgewidmet wurde."

Die Gesetzwidrigkeit der Verordnung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes begründen die Antragsteller damit, daß keine nach §2 Niederösterreichisches Raumordnungsgesetz (NÖ ROG 1976), NÖ LGBl. 8000, erforderliche Grundlagenforschung in einem größeren räumlichen Bereich stattgefunden hat. Die Liegenschaft stelle eine Baulücke, sohin einen bloßen Teil einer Planungszone und nicht etwa "eine überdimensionierte, isoliert gelegene Baulandreserve" dar. Sämtliche erforderliche Infrastruktur sei vorhanden. Der mit der Planung beauftragte Architekt, der die "Dokumentation und Erläuterung zur Flächenwidmungsplanänderung" verfaßte, hätte sich "im wesentlichen lediglich auf die Wiedergabe bloßer Meinungen (ja oft bloßer Vorschläge für Arbeitskonzepte)" beschränkt. Ein durch die Gemeinde eingeholtes fachliches Gutachten sei, weil es sich gegen die Rückwidmung aussprach, ebenso unberücksichtigt geblieben, wie die Stellungnahme der Antragsteller.

Die Rückwidmung sei aber auch schon deshalb gesetzwidrig, weil sie im Widerspruch zu den gesetzlichen Leitzielen stehe. Die Änderung "zerreißt eine einheitliche Wohngebietszone" und nehme entgegen §1 Abs2 Z1 NÖ ROG 1976 nicht Bedacht auf die "Ordnung des Gesamtraumes", bei der "die Gegebenheiten und die Erfordernisse seiner Planungsregionen und Planungszonen zu berücksichtigen sind". Dadurch sinke im Widerspruch zu §14 Abs4 NÖ ROG 1976 die vorgeschriebene Wohndichte auf unter 30 Personen pro ha. Wenn §1 Abs2 Z6 NÖ ROG 1976 weiters fordere, daß isolierte Lagen zu vermeiden sind, so bedeute dies argumento e contrario, daß Baulücken und Siedlungsräume mit einer bestehenden Infrastruktur zu verbauen und nicht rückzuwidmen sind.

Schließlich bestehe auch der von der Gemeinde angenommene Widerspruch der Baulandreserven zu den Zielen des örtlichen Raumordnungsprogrammes von 1979 nicht. Von einer "drastischen Bevölkerungsentwicklung" könne keine Rede sein, wenn im örtlichen Raumordnungsprogramm von 1979 von einer angestrebten ständigen Einwohnerzahl von mindestens 2.500 Personen ausgegangen wird. Außerdem rechtfertige eine solche auch nicht die Einschränkung des Baulandes. Die Liegenschaft der Antragsteller sei "wahllos herausgegriffen" und unter Heranziehung einer unrichtigen Bewertung in einem "einseitig(en) und verzerrend(en)" Vergleich mit nur vier weiteren Grundstücken für eine Rückwidmung geeignet befunden worden. Auch das für die Flächenwidmungsplanänderung herangezogene Argument der "Biotopvernetzung" erweise sich als eine "bloße Worthülse", da "letztlich jeder Hausgarten sowie jeder sonstige von bestimmten Lebewesen besiedelte Naturraum ein Biotop dar(stelle)" und die auf der Liegenschaft befindliche "geringe Senke mit Schilf" weder zur Anlegung noch zur Vernetzung eines Biotops eigne, zumal dieser Teil der Liegenschaft bereits im früheren, nunmehr geänderten Flächenwidmungsplan als "Grüngürtel" gewidmet war. Ebensowenig bestehe ein Bedarf nach einer öffentlichen Grünfläche in der Nähe des "neuen Gemeindezentrums", das im übrigen an jenem Ort bleibe, auf dem es sich immer befand. Die Neuerrichtung eines Gemeindezentrums sei nicht vorgesehen und die Liegenschaft der Antragsteller ca. 0,5 km vom bestehenden Gemeindezentrum entfernt. In gesetzwidriger Weise maße sich der Gemeinderat durch die "angebliche Ersetzung quantitativer Weiterentwicklung durch qualitative Gestaltungsmaßnahmen" an, "selbstverschuldete Verhüttelung zu Lasten von Privatpersonen ortsbildpflegend dadurch zu sanieren, daß eine Baulücke von ca. 12.000 m2 Bauland in Grünland rückgewidmet" wird.

Die Änderung des Flächenwidmungsplanes sei daher nicht aufgrund der sich aus der geforderten Untersuchung der gegebenen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen ergebenden Änderungen erfolgt, sondern liege ausschließlich im Interesse der Bewohner der angrenzenden Siedlung (, insbesondere auch des für die Ausarbeitung der Planänderung zuständigen geschäftsführenden Gemeinderatsmitgliedes), die (bzw. der) die Liegenschaft als Spielplatz oder als Wegabkürzung benützten (bzw. benütze).

2. Sowohl der Gemeinderat der Marktgemeinde Mauerbach als auch die Niederösterreichische Landesregierung haben eine Äußerung erstattet, in der sie die Abweisung, die Niederösterreichische Landesregierung teilweise auch die Zurückweisung des Antrages begehren.

a. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Mauerbach führt zur Verteidigung der Verordnung vom 28. September 1990, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm unter anderem betreffend das den Antragstellern gehörende Grundstück EZ 173, Grundstücksnummer 245/4, KG Mauerbach, geändert wurde, aus, daß "diese Maßnahme ... einen Mosaikstein eines Bildes dar(stellt), das sich die Gemeinde durch die Annahme der Wienerwald-Deklaration zu verwirklichen verpflichtet hat". Die Wohnbevölkerung Mauerbachs steige - wie sich auch aus einer vorläufigen Auswertung der Volkszählung 1991 ergibt - weiter drastisch (Steigerung gegenüber 1981 um ca. 43,15 % auf 3.188 Personen). Die Flächenbilanz des örtlichen Raumordnungsprogrammes habe eine Baulandreserve von ca. 16 ha ergeben. Die Baulandreserven von Mauerbach seien geprägt von rund 10 ha unbebauten "Baulücken-Parzellen" und "einigen wenigen großflächigen zusammenhängenden freien Grundstücken", darunter das Grundstück der Antragsteller im Umfang von ca. 1,18 ha, das schon deshalb keine "Baulücke" bilde. Für die geordnete Siedlungsentwicklung sollten die vorhandenen "Baulücken-Parzellen" (rund 10 ha) prinzipiell ausreichen. In der "Wienerwald-Deklaration" vom 21. Oktober 1987, erarbeitet von der Planungsgemeinschaft Ost, die die Marktgemeinde Mauerbach angenommen hat und die Schutzmaßnahmen für den Wienerwald aufzeigt, sei unter anderem ein klares Bekenntnis zur "Einschränkung der Siedlungsentwicklung" - auch durch Reduzierung vorhandenen Baulandes - dokumentiert. Ebenso halte der "Landschaftsrahmenplan Wien-Umland" aus 1985, Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abt. R/2, fest, daß "eine weitere Siedlungsentwicklung (Baulanderweiterung) nicht mehr, bzw. nur in äußerst maßvoller Weise ... erfolgen (soll): ... Erstellung eines Konzeptes zur Rückwidmung ev. überdimensionierten Baulandflächen

...".

Aus diesem Grund seien bei der der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vorangehenden Grundlagenforschung sechs zusammenhängende Baulandflächen (ab 0,4 ha Größe) auf eine mögliche Rückwidmung in Grünland untersucht worden. "Klassische Baulücken" (einige wenige Parzellen zwischen zwei bestehenden Bebauungszeilen) seien vernünftigerweise aus dieser Bewertung auszuklammern gewesen. Die Bewertung der untersuchten Baulandreserven nach gemeindeplanerischen Gesichtspunkten (NÖ ROG 1976, Ortsbild, Topographie - Ökologie, Infrastruktur) sei nach unterschiedlichen Kriterien erfolgt und die drei, für eine mögliche Rückwidmung vorgesehenen Baulandbereiche seien dann fachlich diskutiert worden. Im Ergebnis wären im Zuge der Flächenwidmungsplanänderung insgesamt rund 5,38 ha von Bauland in Grünland umgewidmet worden.

Entsprechend der budgetären Situation der Gemeinde werde es in den nächsten Jahren außerdem zu einem "Neubau des Gemeindezentrums (Gemeindeamt, Mutterberatung, Gendarmarie, Feuerwehr, Bauhof, verschiedene Geschäfte usw.)" kommen. Einzelne Projekte seien bereits verwirklicht; jedenfalls ergebe sich aus den festgelegten Widmungen sowie den bereits bestehenden zentralen Einrichtungen eine "eindeutig definierte, gegenüber den letzten Jahren geänderte Zentrumstruktur". In dem durch die bauliche Entwicklung der letzten zehn Jahre in Mauerbach entstandenen "verdichteten" Siedlungsbereich im Ortszentrum fehle es trotz vorhandender Hausgärten an öffentlichen Grünflächen.

Die Liegenschaft der Antragsteller eigne sich insbesondere für eine Biotopvernetzung, deren Entwicklung sich an der bestehenden Vegetation orientiert. Die Achsen "Hirschengartenstraße-Sulzwiesen-Sportplatz" und "Auf der Sulz-Hirschengartenstraße-nördlich des Schloßparkes" bildeten dabei die wichtigsten Verbindungen. Zur Sicherung dieser möglichen Biotopvernetzung und zur Erhaltung des Ortsbildes sollte die derzeit als Grünland genützte Baulandfläche, Parzellennummer 245/4 (Sulzwiesen), unverbaut bleiben.

Die Parzelle der Antragsteller sei zwar aus der Sicht der optimalen Ausnutzung technischer Infrastrukturleistungen gut für eine Baulandnutzung geeignet. Da das Grundstück aufgrund des Verhaltens der Besitzer rund 10 Jahre dem Bodenmarkt nicht zur Verfügung stand, habe sich die Siedlungserweiterung auf verfügbaren Grundstücken vollzogen. Die Bewertung des Grundstücks als Nutzungspotential habe sich daher entschieden geändert.

Es wird daher beantragt, dem Aufhebungsantrag nicht Folge zu geben.

b. Die Niederösterreichische Landesregierung weist in ihrer Äußerung zunächst darauf hin, daß der Antrag insoweit als unzulässig zurückzuweisen wäre, "als er sich auf den Wortteil des §2 der angefochtenen Verordnung bezieht sowie jenen Teil des Grundstückes Nr. 245/4 der KG Mauerbach zum Gegenstand hat, der vor Änderungsverordnung als 'Grünland-Grüngürtel' gewidmet war".

Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der festgelegten Widmungs- und Nutzungsart führt die Niederösterreichische Landesregierung aus, daß sich die Grundlagen, die zur Aufstellung dieses örtlichen Raumordnungsprogrammes von 1979 geführt hätten, inzwischen wesentlich (iSd §22 Abs1 Z2 des NÖ ROG 1976) geändert hätten. Einerseits sei in den letzten Jahren die Bevölkerung sprunghaft angestiegen, andererseits seien überörtliche Bemühungen und Interessen zum Schutze des Wienerwaldes und damit zur Einschränkung der Siedlungsentwicklung in diesem Raum in den Vordergrund gerückt. Eine geänderte Bewertung von Freiräumen, Landschaftselementen, Landschaftsbild und Ortsbild im Rahmen eines wesentlich geänderten Umweltbewußtseins habe dazu geführt, daß den noch vorhandenen freien Flächen innerhalb des Siedlungsgebietes heute eine wesentlich stärkere Bedeutung zugemessen wird als dies bei der Erlassung der Stammfassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Fall war.

Die naturräumliche Situation der Liegenschaft weise die typischen Elemente einer Wienerwaldlandschaft (Wechsel aus Wald- und Wiesenflächen, wobei die Wiesen durch kleinräumige Landschaftselemente wie Bachläufe, Gehölzstreifen, Feuchtmulden und dgl. gegliedert sind) auf und eigne sich besonders als Erholungsfläche, wonach nach Verbauung der umliegenden Grundstücke Bedarf bestehe. Die vorgenommene Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart "Grünland-Parkanlage" sei jedenfalls auch ein taugliches Mittel, die Ziele der Umwidmung zu erreichen, nämlich die Wirkung des Grundstücks für das Orts- und Landschaftsbild sowie für das ökologische Gefüge zu erhalten und zu steigern. Dem von den Antragstellern vorgebrachten Argument, die zentrale Lage sowie die Lage innerhalb des Siedlungsgebietes würden eine Erschließung zwingend verlangen, entgegnet die Niederösterreichische Landesregierung, daß Freiräume ganz wesentliche Elemente in der Stadt- und Ortsplanung sind und als solche viele Funktionen innehaben, wie insbesondere die Ortsgliederung, die Ortsgestaltung, die Erhaltung der typischen Landschaft innerhalb von Siedlungsstrukturen, die Manifestation der Ortsgeschichte bis zur positiven Beeinflussung des Kleinklimas und der Ökologie.

Aus einer Gesamtsicht seien nicht nur für das Grundstück der Antragsteller, sondern auch an anderen Stellen des Gemeindegebietes Mauerbach Grünlandwidmungen vorgenommen worden. Der Gemeinderat habe sich dabei sowohl von generellen Gesichtspunkten (Beschränkung der Siedlungsentwicklung, "Wienerwald-Deklaration", Dorferneuerung) leiten lassen als auch von den lokalen Besonderheiten des Grundstücks, die wiederum mit der Gesamtstruktur des Gemeindegebietes in Verbindung zu setzen waren (Grünraumvernetzung).

Nach Ansicht der Niederösterreichischen Landesregierung seien daher die vorhandenen Grundlagen ausreichend und deren Bewertung schlüssig, sodaß die vorgenommene Änderung als dem NÖ ROG 1976 entsprechend angesehen werden müsse und der Antrag, soweit er nicht zurückzuweisen, als unbegründet abzuweisen sei.

II. 1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach (VfSlg. 8463/1978, 8697/1979, 11743/1988) ausgesprochen hat, kommt den Eigentümern einer kraft Flächenwidmungsplan nach dem NÖ ROG 1976 für bestimmte Nutzungen gewidmeten Liegenschaft die Legitimation gemäß Art139 Abs1 B-VG zu, den als Verordnung geltenden Flächenwidmungsplan diesbezüglich vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten.

Der Antrag ist daher zulässig. Die Antragsteller als Eigentümer der Liegenschaft EZ 173, Grundstücksnummer 245/4, KG Mauerbach, begehren die Aufhebung der mit Plan Nr. 90/203 gemäß §2 der Änderungsverordnung vom 28. September 1990 verfügten Umwidmung der genannten Liegenschaft von "Bauland-Wohngebiet" und "Grünland-Grüngürtel" in "Grünland-Parkanlage".

Daß eine darüber hinausreichende Antragstellung, wie die Niederösterreichische Landesregierung meint, vorliegt, die mangels aktueller Betroffenheit oder mangels entsprechender, von den Antragstellern gemäß §57 Abs1 VerfGG vorgebrachter Bedenken unzulässig wäre, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen.

2. Gemäß §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 (- sonstige gesetzliche Voraussetzungen für die Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes scheiden im vorliegenden Fall von vornherein aus -) darf ein örtliches Raumordnungsprogramm nur "wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen" abgeändert werden.

Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 11374/1987 zum, seinem Inhalt nach dem niederösterreichischen vergleichbaren burgenländischen Raumplanungsrecht unter Berufung auf VfSlg. 9361/1982 ausgesprochen hat, bewirkt nicht jede Änderungsabsicht schlechthin, sondern begründen nur neue Zielsetzungen allgemeiner Art eine wesentliche, eine Umwidmung rechtfertigende Änderung der Planungsgrundlagen. Es reicht sohin nicht aus, "wenn der Gemeinderat zur Auffassung gelangt, eine andere Widmung als die von ihm seinerzeit festgelegte wäre die bessere, vernünftigere und zweckmäßigere". Wenn sich ein Gemeinderat - bei mehr als einer ihm im Rahmen seines Planungsermessens offenstehenden Möglichkeit - für eine bestimmte Lösung entschlossen hat, dann genügt es für eine Änderung des Planes nicht, wenn sich in der Folge herausstellt, eine andere Widmung wäre die bessere und sinnvollere (gewesen). Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg. 11374/1987 ferner ausdrücklich betont, daß

"hiebei nämlich entscheidend ins Gewicht (fällt), daß mit der verbindlichen Festlegung der Widmung durch den Verordnungsgeber auch jenes Maß an Rechtssicherheit einzutreten hat, welches es dem Rechtsunterworfenen ermöglichen soll, im Vertrauen auf die Rechtslage seine individuellen Planungsabsichten zu gestalten und mit der Rechtslage zu koordinieren".

In seinem, von den Antragstellern des vorliegenden Verfahrens zur Rechtmäßigkeit der der nunmehrigen Umwidmung vorangehenden Bausperre erwirkten Erkenntnis VfSlg. 11744/1988 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen:

"Ob Aspekte der Rechtssicherheit und des Vertrauens auf die durch eine rechtsverbindliche Widmung geschaffene Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks eine Änderung der Grundstückswidmung gemäß §22 Abs1 Z2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 verhindern ..., kann anläßlich der Prüfung der Verordnung über die Bausperre vom Verfassungsgerichtshof nicht festgestellt werden, sondern kann erst im Falle der Anfechtung des geänderten Flächenwidmungsplanes Prüfungsthema des Gerichtshofs sein."

Schließlich ist der Verfassungsgerichtshof in seinem (zum Vorarlberger Raumplanungsgesetz ergangenen) Erkenntnis VfSlg. 11914/1988 zur Meinung gelangt, daß eine Umwidmung von "Bauerwartungsland" in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" zulässig ist, wenn eine Gemeinde auf Grund neuer Erfahrungen schlüssig zur Überzeugung gelangt, daß die notwendige Erschließung des relevanten Gebietes vor allem wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten für die Errichtung eines Abwasserkanals und infolge der unzulänglichen Verkehrsverbindungen unangebracht wäre.

Zur Notwendigkeit einer Reduzierung des Baulandes hat der Verfassungsgerichtshof (in den zum Tiroler Raumordnungsrecht ergangenen Erkenntnissen VfSlg. 9975/1984 und 10277/1984) ausgesprochen, daß diese Notwendigkeit "es allein (noch) nicht rechtfertigt, ein beliebiges Grundstück ... in Freiland zu widmen". Der Verfassungsgerichtshof hat vielmehr darauf hingewiesen, daß die bisherige Widmungsart und Nutzung zweifellos zu den bei der Bestandsaufnahme bedeutsamen Gegebenheiten gehören und entsprechend zu berücksichtigen sind sowie eine Abwägung in die Richtung verlangen, "ob die Widmung des vorliegenden Grundstückes als Freiland in bezug auf dessen Lage der bestmöglichen Anordnung und Gliederung des Baulandes ... entspricht". Auch aus dem Gleichheitssatz, an dem Planänderungen vom Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 3809/1960, 4240/1962, 8163/1977, 11075/1986 und insbesondere 8259/1978) stets gemessen wurden, ist abzuleiten, daß die Auswahl der für eine Rückwidmung in Betracht kommenden Liegenschaften nach sachlichen Kriterien zu erfolgen hat, mag auch die Verringerung des Baulandes in Anbetracht neuer, legitimer planerischer Zielsetzungen einen an sich zulässigen Grund für eine Flächenwidmungsplanänderung bilden. Das bedeutet aber, daß die für den jeweiligen Grundeigentümer mit einer Flächenwidmungsplanänderung einhergehende Beeinträchtigung seiner Nutzungsmöglichkeiten und (auch wirtschaftlichen) -interessen bei der Umwidmung nicht außer Betracht bleiben darf. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gesetzgeber nicht durch besondere Regelungen (, etwa durch die Festlegung der Verpflichtung zur Leistung einer, wenn auch möglicherweise nicht vollen Entschädigung,) die aus einer Planänderung für den Grundstückseigentümer resultierenden Nachteile ausgleicht und diesen Ausgleich die Allgemeinheit tragen läßt, in deren Interesse die wesentliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Liegenschaft durch deren Umwidmung liegt.

3. a. Als neue Zielsetzung allgemeiner Art, welche eine "wesentliche Änderung der Grundlagen" im Sinne des §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 mit sich brachte, nennt die Gemeinde Mauerbach die "Wienerwald-Deklaration" vom 21. Jänner 1987, (- eine von der mit Vereinbarung, NÖ LGBl. 0800-0, zwischen den Ländern Burgenland, Niederösterreich und Wien eingerichteten Planungsgemeinschaft erarbeitete Empfehlung -), der "beizutreten" der Gemeinderat der Gemeinde Mauerbach in seiner Sitzung vom 17. Juni 1987 beschloß. Die danach als planerische Zielvorstellung angestrebte "Einschränkung der Siedlungsentwicklung" erforderte ua. die Umwidmung von Bauland in Grünland trotz anhaltender Baulandnachfrage. Die Gemeinde Mauerbach beschloß sohin - in Übereinstimmung mit dem vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung erarbeiteten "Landschaftsrahmenplan Wien-Umland" aus dem Jahre 1985 - die Erstellung eines Konzeptes zur Rückwidmung "überdimensionierter" Baulandflächen.

Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß die infolge der behaupteten Bedrohung des Wienerwaldes durch die Siedlungsentwicklung erarbeiteten neuen Planungsziele eine wesentliche Änderung der Planungsgrundlagen bedeuten und daher gemäß §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 im Einzelfall auch die Umwidmung von Bauland in Grünland rechtfertigen können.

b. Zu prüfen bleibt jedoch, ob die Auswahl gerade des Grundstücks der Antragsteller für die Umwidmung von Bauland in Grünland rechtmäßig war (vgl. VfSlg. 10277/1984).

Rechtswidrig ist die konkrete Umwidmung trotz der Änderung der Planungsgrundlagen dann, wenn ihr keine entsprechende, auf das konkrete Grundstück bezogene Grundlagenforschung vorangegangen ist oder wenn die bei der Auswahl der für eine Umwidmung in Betracht kommenden Grundstücke aus der Baulandreserve der Gemeinde Mauerbach notwendige Interessenabwägung fehlerhaft vorgenommen wurde. Dabei waren die Interessen der Gemeinde an einer bestmöglichen Anordnung und Gliederung des Baulandes sowie der Erhaltung des Grünlandes einerseits gegenüber dem Interesse an einer Baulandnutzung infrastrukturell entsprechend aufgeschlossener Flächen (durch die der Gefahr der Zersiedelung begegnet wird) und den wirtschaftlichen Interessen der Grundstückseigentümer und -nutzer andererseits gehörig abzuwägen. Die zuletzt genannten Interessen sind im Falle der Umwidmung freilich nur soweit zu berücksichtigen, als sie durch Entschädigungsregelungen raumordnungsrechtlich nicht gesondert behandelt und abgegolten werden.

Zwar reichte die von der Gemeinde Mauerbach durchgeführte, der Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanänderung vom 28. September 1990 vorangehende Grundlagenforschung, deren Ergebnisse in einer Dokumentation des planenden Architekten Dipl.-Ing. R K vom Juli 1990 niedergelegt sind, durchaus aus, dem Gemeinderat die Meinungsbildung zu ermöglichen und eine gehörige Interessenabwägung hinsichtlich der Auswahl der umzuwidmenden Baulandgrundstücke vorzunehmen. Die mit der angefochtenen Verordnung vorgenommene Widmungsänderung der Liegenschaft der Antragsteller von "Bauland-Wohngebiet" in "Grünland-Parkanlage" ist gleichwohl rechtswidrig. Sie widerspricht dem Gleichheitssatz. Die mit der Umwidmung des ganzen Grundstücks der Antragsteller, das vorher großteils rechtsverbindlich als Bauland gewidmet war, in Grünland bewirkte Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten entbehrt angesichts der Intensität dieser Beschränkung einer hinreichenden sachlichen Begründung. Das Grundstück ist wegen seiner Lage, umschlossen von "Bauland-Wohngebiet" (und an einer Seite sogar von "Bauland-Betriebsgebiet"), sowie wegen seiner infrastrukturellen Aufschließung für eine Baulandwidmung besonders geeignet. Ein wesentlicher, ökologisch besonders schützenswerter Teil der Liegenschaft der Antragsteller war ohnedies bereits vor Umwidmung (zwecks Erhaltung eines Biotops) als "Grünland-Grüngürtel" gewidmet. Die zusätzliche Umwidmung der Restfläche in Grünland bedeutet keinen besonderen ökologischen Nutzen für die Gemeinde, für die Grundstückseigentümer jedoch die weitestgehende wirtschaftliche Entwertung ihres Grundbesitzes. Dazu kommt, daß die Gemeinde Mauerbach, wie von ihrem Vertreter in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt wurde, unter Berufung auf die "Wienerwald-Deklaration" andere Grundstücke der Widmung "Bauland-Wohngebiet" in "Bauland-Betriebsgebiet" umwidmete, eine gleiche Vorgangsweise beim Grundstück der Antragsteller aber offenbar nicht einmal in Erwägung zog. Die Auswahl dieses Grundstücks aus der sogenannten Baulandreserve und seine gänzliche Umwidmung in Grünland ist sohin unsachlich. Sie widerspricht im Hinblick auf die völlig fehlende Bedachtnahme auf die Interessenlage der Grundstückseigentümer dem Gleichheitssatz, zumal die aus der Umwidmung resultierende wirtschaftliche Entwertung ihrer Liegenschaft (die durch die Regelungen des §24 NÖ ROG 1976 über den Ersatz tatsächlich getätigter Aufwendungen keinesfalls ausgeglichen wird) nicht berücksichtigt wurde.

4. Der Ausspruch über die Kundmachung beruht auf Art139 Abs5 B-VG.

5. Der Kostenspruch gründet sich auf §61 a VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-

enthalten.

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