Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EinzugsgebietsV für die Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung des Milchwirtschaftsfonds vom 07.08.75
HartkäsetauglichkeitsV des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds, beschlossen am 25.06. und 22.07.87
MOG §13 Abs2 idF BGBl 138/1987
MOG §14 Abs2 idF BGBl 330/1988
MOG §16 Abs4 u Abs6 idF BGBl 138/1987
MOG §17 Abs1
MOG §71 Abs6 u Abs7 idF BGBl 138/1987
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EinzugsgebietsV für die Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung des Milchwirtschaftsfonds vom 07.08.75
HartkäsetauglichkeitsV des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds, beschlossen am 25.06. und 22.07.87
MOG §13 Abs2 idF BGBl 138/1987
MOG §14 Abs2 idF BGBl 330/1988
MOG §16 Abs4 u Abs6 idF BGBl 138/1987
MOG §17 Abs1
MOG §71 Abs6 u Abs7 idF BGBl 138/1987
Spruch:
I. §13 Abs2 und §14 Abs2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210 (§13 Abs2 idF BGBl. Nr. 138/1987, §14 Abs2 idF BGBl. Nr. 330/1988) werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 29. Februar 1992 in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
§13 Abs2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210 idF BGBl. Nr. 138/1987 ist auch auf jenen Sachverhalt nicht mehr anzuwenden, der der beim Verfassungsgerichtshof zu G116-121/91 anhängigen Rechtssache (Antrag des Verwaltungsgerichtshofes A22/91) zugrunde liegt.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
II. Die Z2 und 3 der "Bestimmungen über die Übernahme von hartkäsetauglicher Milch durch Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe und über die Auszahlung eines Zuschlages für die zur Erzeugung von Emmentaler, Bergkäse und Parmesan geeignete Milch", beschlossen vom geschäftsführenden Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds am 25. Juni und am 22. Juli 1987, kundgemacht in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 14 (zu Heft 16) vom 21. August 1987, Punkt 69, und die "Kundmachung des Milchwirtschaftsfonds über die Beschränkung der Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch hinsichtlich des Einzugsgebietes der Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung, reg.Gen.m.b.H., Fügen im Zillertal, Tirol", kundgemacht in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 7 (zu Heft 15) vom 7. August 1975, Punkt 26, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 29. Februar 1992 in Kraft.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
III. Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zu G116-121/91 (A 22/91) wird zurückgewiesen, soweit er §16 Abs4 und Abs6 und §71 Abs6 und Abs7 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210 idF BGBl. Nr. 138/1987, betrifft.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Milchwirtschaftsfonds ist zur Erreichung näher bezeichneter Ziele der Milchmarktordnung (§2 Abs1 Z4 und 5 MOG 1985, BGBl. 210) unter anderem befugt, Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieben und deren wirtschaftlichen Zusammenschlüssen durch Verordnung Einzugsgebiete zuzuweisen (§14 Abs1 MOG 1985 idF BGBl. 330/1988). Einzugsgebiete sind nach §13 Abs2 MOG 1985 idF BGBl. 138/1987 geographisch begrenzte Gebiete, aus denen bestimmte Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe oder deren wirtschaftliche Zusammenschlüsse die von den Erzeugern zur Abgabe gelangende Milch oder die Erzeugnisse aus Milch zu beziehen berechtigt und zu übernehmen verpflichtet sind. Die Erzeuger sind - außer bei Vorliegen bestimmter Ausnahmen - verpflichtet, Milch und Erzeugnisse aus Milch dem festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb oder wirtschaftlichen Zusammenschluß zu liefern. Eine Übernahmspflicht nach §13 Abs2 MOG 1985 besteht nur, soweit die von den Milcherzeugern angelieferten Waren "den vom Fonds festgesetzten Bestimmungen über die Beschaffenheit von Milch und Erzeugnissen aus Milch entsprechen und bei hartkäsetauglicher Milch überdies die vom Fonds festgelegten Erzeugungsbedingungen eingehalten wurden (§17 Abs1)".
Unter "hartkäsetauglicher Milch" ist nach §14 Abs2 letzter Satz MOG 1985 idF BGBl. 330/1988 Rohmilch zu verstehen, die ohne besondere Behandlung zur Herstellung von Hartkäse (insbesondere Emmentaler und Bergkäse) in einwandfreier guter Beschaffenheit geeignet ist. Der Fonds hat nach §14 Abs2 MOG 1985 für das gesamte Einzugsgebiet oder für Teile desselben die Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch zu beschränken, soweit dies zur Erfüllung von Produktionsaufträgen erforderlich und mit den jeweiligen örtlichen Verhältnissen bei der Milcherzeugung vereinbar ist.
Der Fonds hat nach §17 Abs1 MOG 1985 idF BGBl. 330/1988 unter Bedachtnahme auf die Ziele der Milchmarktordnung und auf die diesbezüglich handelsüblichen Gebräuche die Eigenschaften festzusetzen, die Milch oder Erzeugnisse aus Milch aufweisen müssen, damit ein Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zur Übernahme dieser Waren im Sinne des §13 Abs2 verpflichtet ist. Für "hartkäsetaugliche Milch" gilt dies nach dem letzten Satz des §17 Abs1 mit der Maßgabe, daß der Fonds unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen auch die Bedingungen festzulegen hat, die bei der Erzeugung von Milch einzuhalten sind.
2.a) Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B409/89 folgendes Beschwerdeverfahren anhängig:
aa) Mit dem in Erledigung einer Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 10. Februar 1989 wurde unter anderem festgestellt, daß der Beschwerdeführer berechtigt und verpflichtet ist, hartkäsetaugliche Milch an die Sennereigenossenschaft Fügen als "zuständigen" Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb abzugeben und die Sennereigenossenschaft Fügen verpflichtet ist, die im Betrieb des Beschwerdeführers erzeugte Milch zu übernehmen, soferne der Beschwerdeführer genau bestimmte Auflagen bei der Milcherzeugung einhält. Dieser Bescheid stützte sich unter anderem auf die "Kundmachung des Milchwirtschaftsfonds vom 30.6.1975 betreffend die Festlegung des Einzugsgebietes der Sennereigenossenschaft Fügen und Beschränkung der Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch hinsichtlich des gesamten Einzugsgebietes, verlautbart in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 7 zu Heft 15 vom 7.8.1975" und auf die Verordnung "des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 25.6. und 22.7.1987 (verlautbart in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 14 zu Heft 16 vom 21.8.1987, Pkt. 69) betreffend Bestimmungen über die Übernahme von hartkäsetauglicher Milch durch Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe und über die Auszahlung eines Zuschlages für die zur Erzeugung von Emmentaler, Bergkäse und Parmesan geeignete Milch".
Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.
bb) Unter anderem aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 7. Dezember 1989 gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "Verordnungen (allgemein verbindliche Anordnungen) der Verwaltungskommissionen der Fonds gelten als Bundesgesetze bis zur Erlassung neuer Verordnungen durch die zuständigen Organe der Fonds weiter und" in ArtVII Abs1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. 330, ein. Mit Erkenntnis vom 3. März 1990, G2/90 ua., hob er diese gesetzliche Bestimmung als verfassungswidrig auf.
cc) Im nach Fällung dieser Entscheidung fortgesetzten Beschwerdeverfahren sind beim Verfassungsgerichtshof neuerlich Normbedenken entstanden, weswegen er mit Beschluß vom 28. Juni 1990 von Amts wegen das gegenständliche Verfahren auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §13 Abs2 und des §14 Abs2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. 210 (§13 Abs2 idF BGBl. 138/1987, §14 Abs2 idF BGBl. 330/1988) und der Gesetzmäßigkeit der Z2 und 3 der "Bestimmungen über die Übernahme von hartkäsetauglicher Milch durch Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe und über die Auszahlung eines Zuschlages für die zur Erzeugung von Emmentaler, Bergkäse und Parmesan geeignete Milch", beschlossen vom geschäftsführenden Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds am 25. Juni und am 22. Juli 1987, kundgemacht in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 14 (zu Heft 16) vom 21. August 1987, Punkt 69, sowie der "Kundmachung des Milchwirtschaftsfonds über die Beschränkung der Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch hinsichtlich des Einzugsgebietes der Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung, reg.Gen.m.b.H., Fügen im Zillertal, Tirol", kundgemacht in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 7 (zu Heft 15) vom 7. August 1975, Punkt 26, einleitete.
b) Mit Beschluß vom 11. Dezember 1990, A95/90 (89/17/0008), stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG den beim Verfassungsgerichtshof zu G195/90 protokollierten Antrag, §13 Abs2 des MOG 1985, BGBl. 210 idF BGBl. 138/1987, als verfassungswidrig aufzuheben.
Nach der Begründung dieses Antrages ist beim Verwaltungsgerichtshof ein Beschwerdeverfahren gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft anhängig, mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Ausnahme von der Einzugsgebietsregelung gemäß §13 Abs2 Z5 MOG 1985 idF BGBl. 138/1987 letztinstanzlich abgewiesen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof habe bei Entscheidung über diese Beschwerde §13 Abs2 MOG 1985 anzuwenden. Inhaltlich teilt der Verwaltungsgerichtshof die vom Verfassungsgerichtshof im Beschluß vom 28. Juni 1990, B409/89, dargelegten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des (gesamten) §13 Abs2 MOG 1985 in der genannten Fassung.
c) Mit Antrag vom 21. Dezember 1990, A22/91 (89/17/0120), beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 25. Februar 1991 und protokolliert zu G116-121/91, begehrt der Verwaltungsgerichtshof unter anderem (Spruchpunkt 1. des verwaltungsgerichtlichen Antrages) die Aufhebung des §13 Abs2, §16 Abs4 und Abs6 und §71 Abs6 und Abs7 MOG 1985, BGBl. 210, idF der MOG-Novelle 1987, BGBl. 138, aus den vom Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß zu G147/90 genannten Gründen, und zwar aus Anlaß des folgenden, bei ihm anhängigen Verfahrens:
Der Spruch des sowohl an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb als auch an die Beschwerdeführerin des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erlassenen Bescheides des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 24. Jänner 1989 laute folgendermaßen:
"Gemäß §71 Abs7 Marktordnungsgesetz (MOG, BGBl. Nr. 210/1985 i. d.F. BGBl. Nr. 138/1987) in Verbindung mit §§16 Abs4 und 6, 71 Abs6 sowie 79 MOG wird die Beitragsschuld für die Abhofpauschale für die in der Zeit vom 1. Juli 1987 bis 30. November 1987 von der landwirtschaftlichen Produktionsstätte 'Dult' über die Freimenge hinaus ab Hof abgegebene Menge von 48.050 kg Milch mit S 72.075,-- festgestellt und dem Milchhof Graz zur Bezahlung an den Milchwirtschaftsfonds vorgeschrieben, wobei der Milchhof Graz gemäß §80 Abs6 in Verbindung mit §71 Abs7 MOG berechtigt ist, die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul als Betriebsführer mit diesem Betrag zu belasten.
Festgestellt wird, daß der Milchhof Graz den eben erwähnten Betrag gegenüber dem Milchwirtschaftsfonds bereits entrichtet hat."
Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin sinngemäß mit der Begründung Berufung erhoben, die Beitragsschuld bestehe deswegen nicht, weil keine Abhofverkäufe vorlägen, sondern "Eigenverbrauch und Selbstversorgung" im Rahmen der Ordensgemeinschaft.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid sei die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen worden, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, nach §79 des MOG sei Beitragsschuldner für Milch und Erzeugnisse aus Milch, die ein Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb übernehme oder die von diesem gemäß §16 verrechnet würden, derjenige, für dessen Rechnung der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb geführt werde (Betriebsinhaber), in allen übrigen Fällen der Milcherzeuger. Wie sich aus dem Spruch des mit Berufung bekämpften Bescheides eindeutig ergebe, sei im vorliegenden Fall das Abhofpauschale dem Milchhof Graz als Abgabenschuldner vorgeschrieben worden. Der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf §80 Abs6 MOG 1985 betreffend die Überwälzbarkeit der Beitragsschuld auf den einzelnen Milcherzeuger habe nur deklaratorische Bedeutung, weswegen die Beschwerdeführerin nicht Partei sei.
Der Verwaltungsgerichtshof führt unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1989, G237-240/89, aus, im Verfahren über die Entrichtung der Abhofpauschale sei nicht nur nach §79 Z1 MOG und §80 Abs6 und §81 Abs6 MOG der zuständige Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb, sondern auch der betreffende Milcherzeuger Partei. Dessen Parteistellung ergebe sich aber "aus den die rechtliche Betroffenheit des Milcherzeugers enthaltenden materiell-rechtlichen Vorschriften", sodaß diese im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes präjudiziell seien. Als solche Vorschriften nennt der Verwaltungsgerichtshof §13 Abs2 MOG 1985 idF BGBl. 138/1987, §16 Abs4 und 6 MOG 1985 idF BGBl. 138/1987, §71 Abs6 und 7 MOG 1985 idF BGBl. 138/1987.
Mit diesem Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof weiters (Spruchpunkte 2 bis 6 des Antrages) die Aufhebung der vom Verfassungsgerichtshof in den Gesetzesprüfungsverfahren G227-231/90 ua. geprüften gesetzlichen Bestimmungen. Insoweit wird der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes gesondert, und zwar gemeinsam mit den Verfahren G227-231/90 ua., erledigt.
3. Die Bundesregierung hat von einer Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren Abstand genommen.
Im Verordnungsprüfungsverfahren legte der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds die Verwaltungsakten betreffend die in Prüfung gezogenen Verordnungen vor, bezweifelte in einer Äußerung die Präjudizialität der HartkäsetauglichkeitsV für das beim Verfassungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren und verteidigte die Gesetzmäßigkeit der EinzugsgebietsV. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gab keine Äußerung ab.
II. Zur Rechtslage und zu den Prozeßvoraussetzungen:
1.a) Die in Prüfung stehenden Gesetzesbestimmungen lauten:
aa) §13 Abs2 MOG 1985 idF BGBl. 138/1987:
"(2) Einzugsgebiete sind geographisch begrenzte Gebiete, aus denen bestimmte Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe oder deren wirtschaftliche Zusammenschlüsse die von den Erzeugern zur Abgabe gelangende Milch oder die Erzeugnisse aus Milch zu beziehen berechtigt und - soweit diese Waren den vom Fonds festgesetzten Bestimmungen über die Beschaffenheit von Milch und Erzeugnissen aus Milch entsprechen und bei hartkäsetauglicher Milch überdies die vom Fonds festgelegten Erzeugungsbedingungen eingehalten wurden (§17 Abs1) - zu übernehmen verpflichtet sind. Die Erzeuger sind verpflichtet, Milch und Erzeugnisse aus Milch dem festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb oder wirtschaftlichen Zusammenschluß zu liefern, sofern nicht
1. Milch und Erzeugnisse aus Milch im
eigenen Haushalt und im eigenen
landwirtschaftlichen Betrieb
verbraucht werden,
2. Milch und Erzeugnisse aus Milch auf
Grund vertraglicher Verpflichtung an
frühere Verfügungsberechtigte über den
milcherzeugenden Betrieb sowie an jene
Personen, die zum früheren
Verfügungsberechtigten in einem in Z3
umschriebenen Naheverhältnis stehen,
zu deren Selbstversorgung abgegeben
werden,
3. Milch und Erzeugnisse aus Milch
unentgeltlich an den Ehegatten,
Verwandte in gerader Linie
einschließlich der Wahlkinder und
Geschwister des Milcherzeugers zu
deren Selbstversorgung und zur
Versorgung der mit diesen Personen im
gemeinsamen Haushalt lebenden Personen
abgegeben werden,
4. Milch und Erzeugnisse aus Milch für
die Verpflegung von eigenen Gästen im
Umfang der Privatzimmervermietung
abgegeben werden,
5. der Fonds im Einzelfall zur
Selbstversorgung von Justizanstalten,
Krankenanstalten, Schülerheimen und
vergleichbaren Einrichtungen aus
Gründen der Billigkeit Ausnahmen
bewilligt,
6. §16 anzuwenden ist.
Eine Pflicht zur Übernahme von Milch besteht nicht, wenn die angelieferte Milch zur Herstellung von Qualitätserzeugnissen in dem festgesetzten Betrieb nicht geeignet ist. Für Verwendungen gemäß Z1 bis 3 sind keine Beiträge nach diesem Bundesgesetz zu entrichten."
bb) §14 Abs2 MOG 1985 idF BGBl. 330/1988:
"(2) Die Übernahmspflicht im Sinne des §13 Abs2 erstreckt sich auf frische Rohmilch, frischen Rohrahm, Landbutter oder Käse. Die Übernahmspflicht besteht für Rohmilch jedenfalls, für Rohrahm, Landbutter oder Käse nur, soweit sie vom Fonds als Bestandteil einer Einzugsgebietsregelung festgesetzt ist. Eine solche Festsetzung hat für Teile des Einzugsgebietes zu erfolgen, aus denen die Lieferung von frischer Rohmilch unwirtschaftlich ist, wobei hinsichtlich der Produkte, für die die Übernahmspflicht festgesetzt wird, auf die in diesen Gebietsteilen übliche Art der Verwertung der Rohmilch durch die Milcherzeuger Bedacht zu nehmen ist. Ferner hat der Fonds für das gesamte Einzugsgebiet oder für Teile desselben die Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch zu beschränken, soweit dies zur Erfüllung von Produktionsaufträgen (§15 Abs1 Z3) erforderlich und mit den jeweiligen örtlichen Verhältnissen bei der Milcherzeugung vereinbar ist. Als hartkäsetaugliche Milch gilt Rohmilch, die ohne besondere Behandlung zur Herstellung von Hartkäse (insbesondere Emmentaler und Bergkäse) in einwandfreier guter Beschaffenheit geeignet ist."
b) Die in Prüfung stehenden Verordnungsbestimmungen lauten:
aa) Z2 und 3 der "Bestimmungen über die Übernahme von hartkäsetauglicher Milch durch Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe und über die Auszahlung eines Zuschlages für die zur Erzeugung von Emmentaler, Bergkäse und Parmesan geeignete Milch" (kundgemacht in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 14 (zu Heft 16) vom 21. August 1987, Punkt 69; im folgenden "HartkäsetauglichkeitsV" genannt):
"2. Übernahmspflicht der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe für hartkäsetaugliche Milch.
Gemäß §17 Abs1 MOG wird bestimmt:
2.1. Wenn für das gesamte Einzugsgebiet eines Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes oder für Teile desselben der Milchwirtschaftsfonds gemäß §14 Abs2 MOG die Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt hat, ist der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zur Übernahme der von den in Betracht kommenden Erzeugern zur Abgabe gelangenden Milch nur dann verpflichtet, wenn die gemäß Punkt 1. festgesetzten Eigenschaften der Milch vorhanden und die Erzeugungsbedingungen eingehalten sind.
2.2. Wenn gemäß Punkt 1. die angelieferte Milch die festgesetzten Eigenschaften nicht aufweist oder die festgelegten Erzeugungsbedingungen nicht eingehalten wurden, so ist der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zur Übernahme der Milch für den Zeitraum nicht verpflichtet, welcher bei der im Einzelfall in Betracht kommenden Ziffer des Punktes 1. angegeben ist.
3. Maßnahmen zur Erreichung bestmöglicher Qualität von Emmentaler, Bergkäse und Parmesan, die anläßlich der Gewährung von Zuschüssen beachtet werden müssen (Übernahmeverbot der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe).
Gemäß §§5 Abs3 und 17 Abs2 MOG wird bestimmt:
3.1. Wenn für das gesamte Einzugsgebiet eines Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes oder für Teile desselben der Milchwirtschaftsfonds gemäß §14 Abs2 MOG die Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt hat, so darf der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb Milch von den in Betracht kommenden Erzeugern nicht übernehmen, wenn entweder diese Milch den gemäß Punkt 1.1. festgesetzten Bestimmungen über die Beschaffenheit der Milch nicht entspricht oder die in den Punkten 1.2.1., 1.2.2., 1.2.4., 1.3., 1.4., 1.5. (im Wiederholungsfalle), 1.8.1., 1.8.2., 1.8.3. und 1.8.5. festgelegten Erzeugungsbedingungen nicht eingehalten wurden.
3.2. Dieses Übernahmeverbot besteht für denjenigen Zeitraum, welcher bei der im Einzelfall in Betracht kommenden Ziffer des Punktes 1. angegeben ist.
3.3. Nimmt ein Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb vorsätzlich entgegen dem Übernahmeverbot gemäß Punkt 3.1. und 3.2. Milch an, so sind die ihm vom Milchwirtschaftsfonds zu gewährenden Zuschüsse auf die Dauer des Verstoßes, mindestens jedoch für ein Monat zu entziehen. Bei wiederholter Übertretung des Verbotes ist der Entzug der Zuschüsse auf einen entsprechend längeren Zeitraum auszudehnen.
3.4. Die gleichen Sanktionen gelten auch für Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe, die Milch, welche gemäß Punkt 3.1. und 3.2. nicht angenommen werden darf, entgegen diesen Bestimmungen aus dem Einzugsgebiet eines anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes direkt übernehmen (Einzugsgebietsverletzung gemäß §13 Abs2 MOG) oder von einem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb ohne Weisung des Fonds zukaufen."
bb) Kundmachung des Milchwirtschaftsfonds über die Beschränkung der Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch hinsichtlich des Einzugsgebietes der Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung, reg.Gen.m.b.H., Fügen im Zillertal, Tirol (kundgemacht in der Österreichischen Milchwirtschaft, Beilage 7 (zu Heft 15) vom 7. August 1975, Punkt 26; im folgenden "EinzugsgebietsV" genannt):
"Gemäß §12 Abs2 MOG wird mit Wirkung ab 1. Juli 1975 die Übernahmspflicht der Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung, reg.Gen.m.b.H., Fügen im Zillertal, für Rohmilch hinsichtlich des gesamten Einzugsgebietes auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt."
Daran anschließend folgt die Verpflichtung der Bürgermeister der betreffenden Gemeinden, die Verordnung des Milchwirtschaftsfonds kundzumachen (damals entsprechend §12 Abs3 MOG 1967, nunmehr §14 Abs3 MOG 1985).
2.a) Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im unter I.2.a)bb) genannten Erkenntnis vom 3. März 1990, G2/90 ua., festgestellt, daß das Anlaßbeschwerdeverfahren zulässig ist.
b) Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. November 1990, V181-184/90, ausgesprochen hat, haben Verordnungen, die durch ArtVII Abs1 MOG-Novelle 1988, BGBl. 330, in Gesetzesrang gehoben wurden, nach Aufhebung dieser gesetzlichen Bestimmung durch das Erkenntnis vom 3. März 1990, G2/90 ua., wieder den Charakter von Verordnungen, weil die aufgehobene gesetzliche Bestimmung nicht eine inhaltliche Grundlage der Verordnungen bildete, sondern nur deren Rang im Stufenbau der Rechtsordnung veränderte.
Dies gilt auch für die HartkäsetauglichkeitsV und die EinzugsgebietsV.
c) Der Verfassungsgerichtshof ging im Einleitungsbeschluß zur Frage der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen von folgenden vorläufigen Annahmen aus:
"Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds hat mit Bescheid vom 17. Jänner 1989 im wesentlichen festgestellt, daß eine Übernahme hartkäsetauglicher Milch vom milcherzeugenden Betrieb des Beschwerdeführers so lange nicht möglich sei, als auf der benachbarten Liegenschaft Silage gelagert und verfüttert werde. Die zuständige Sennereigenossenschaft Fügen sei folglich nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Übernahme der im Betrieb des Beschwerdeführers gewonnenen Milch zu verweigern. Diesem Bescheid lag ein Antrag des Beschwerdeführers zugrunde, der Fonds wolle feststellen, daß die Sennereigenossenschaft Fügen zur Übernahme der Milch unabhängig davon verpflichtet sei, ob im - benachbarten - Betrieb seines Vaters Silofutter erzeugt, gelagert oder verwendet werde. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid beantragte der Beschwerdeführer, die Berufungsbehörde wolle in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides feststellen, daß die Sennereigenossenschaft Fügen zur Übernahme der im Betrieb des Beschwerdeführers erzeugten Milch unabhängig davon verpflichtet sei, ob im Betrieb des Vaters des Beschwerdeführers Silofutter erzeugt, gelagert oder verwendet werde; in eventu wolle die Berufungsbehörde feststellen, daß die Gefahr einer Infektion der im Betrieb des Beschwerdeführers erzeugten Milch mit anaeroben Sporenbildnern mit Sicherheit auszuschließen sei.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat mit dem angefochtenen Bescheid den erstinstanzlichen Bescheid gemäß §66 Abs4 AVG aufgehoben und festgestellt, der Beschwerdeführer sei - bei Einhaltung einer Reihe näher bezeichneter Bedingungen - "berechtigt und verpflichtet", an die zuständige Sennereigenossenschaft Fügen hartkäsetaugliche Milch abzugeben und die Sennereigenossenschaft Fügen sei unter den genannten Bedingungen als zuständiger Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zur Übernahme dieser Milch verpflichtet.
Die belangte Behörde hat also verfügt, daß der Beschwerdeführer die in seinem Betrieb erzeugte Milch der Sennereigenossenschaft Fügen - ausschließlich an diese und nur dann - abzuführen hat, wenn er eine Anzahl bestimmter Bedingungen erfüllt. Diese Verpflichtung bringt mit sich, daß der Beschwerdeführer, wenn er diese Bedingungen nicht einhält, die Milch weder an die Sennereigenossenschaft Fügen noch an einen anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb liefern darf.
Grundlage für diese Entscheidung scheint einerseits jene Verordnung des Milchwirtschaftsfonds zu sein, mit der die Übernahmspflicht der Sennereigenossenschaft Fügen und Umgebung hinsichtlich des gesamten Einzugsgebietes (innerhalb dessen der Betrieb des Beschwerdeführers liegt) auf "hartkäsetaugliche Milch" beschränkt wird (also die EinzugsgebietsV), andererseits die in der Z2 der HartkäsetauglichkeitsV festgelegte Übernahmspflicht der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe und das in der Z3 statuierte Übernahmeverbot bei Nichteinhaltung der festgelegten Erzeugungsbedingungen. Die im angefochtenen Bescheid aufgezählten Voraussetzungen für die Lieferberechtigung des Beschwerdeführers und die Übernahmspflicht der Molkerei sind offensichtlich nur im Zusammenhang mit diesem Verbot zu verstehen.
Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, daß die genannten Verordnungen im vorliegenden Fall präjudiziell sind, und zwar im Falle der Z2 und 3 der HartkäsetauglichkeitsV wegen des untrennbaren Zusammenhanges jeweils die ganze Ziffer."
Ausgehend von seiner Ansicht, die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen träfen deswegen nicht zu, weil nach §14 Abs2 MOG ein Landwirt nur dann zur Lieferung hartkäsetauglicher Milch verpflichtet werden könne, wenn dies in seinem Betrieb aufgrund der örtlichen Verhältnisse möglich und zumutbar sei, bestreitet der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds die Präjudizialität der HartkäsetauglichkeitsV mit der Begründung, soferne ein Landwirt zu Unrecht in ein derartiges Einzugsgebiet einbezogen würde, verstoße nur die EinzugsgebietsV gegen das Gesetz, nicht aber die Vorschrift über die Erzeugung von hartkäsetauglicher Milch.
Damit verkennt der geschäftsführende Ausschuß, daß für die Präjudizialität ausschließlich maßgebend ist, ob eine generelle Norm von der Behörde bzw. dem Verfassungsgerichtshof im Zuge des verfassungsgerichtlichen Verfahrens anzuwenden ist, nicht kommt es aber auf mögliche Auswirkungen einer allfälligen Gesetzwidrigkeit der Verordnung an. Im Hinblick darauf, daß der im Anlaßverfahren bekämpfte Bescheid sich denkmöglich auf die HartkäsetauglichkeitsV stützt, kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Verfassungsgerichtshof diese Verordnung bei Beurteilung der Beschwerde anzuwenden hätte.
In diesem Zusammenhang meint der geschäftsführende Ausschuß auch, bei Annahme der Präjudizialität der HartkäsetauglichkeitsV wären dann nicht nur deren Z2 und 3, sondern auch Teile der Z1 in Prüfung zu ziehen gewesen, nämlich jene Teile, die einen Entfall der Übernahmspflicht des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes während eines bestimmten Zeitraumes für den Fall vorsehen, daß ein Landwirt gegen eine der in Z1 jeweils festgelegten Erzeugungsbedingungen verstößt.
Zwar trifft es zu, daß diese Teile der Z1 sich ebenfalls auf §13 Abs2 MOG 1985 stützen und ein Verbot der Übernahme nicht hartkäsetauglicher Milch beinhalten, doch sind diese Teile der Verordnung für den zugrundeliegenden Anlaßbeschwerdefall nicht präjudiziell: Sie sehen jeweils eine konkrete Sanktion für den Fall eines Verstoßes gegen eine der Bedingungen der Erzeugung hartkäsetauglicher Milch vor. Im Anlaßbeschwerdeverfahren ist aber ein Bescheid angefochten, mit dem allgemein Bedingungen festgelegt werden, die der Beschwerdeführer bei der Milcherzeugung einzuhalten hat, und im Zusammenhang damit wird im Bescheid ausgesprochen, daß dann, wenn irgendeine dieser Bedingungen nicht eingehalten wird, die Übernahmspflicht des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes entfällt bzw. es dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb verboten ist, diese Milch zu übernehmen. Grundlage dieser generellen bescheidmäßigen Verpflichtungen sind nur die Z2 und 3 der Verordnung. Die vom geschäftsführenden Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds bezogenen Teile der Z1 wären nur dann präjudiziell, wenn es in einem Verfahren um konkrete Verstöße gegen die Erzeugungsbedingungen ginge.
d) Zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen gesetzlichen Vorschriften ging der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß von folgenden Annahmen aus:
"Diese gesetzlichen Bestimmungen scheinen die Grundlage für die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen zu sein, sodaß sie der Verfassungsgerichtshof bei Prüfung ihrer Gesetzmäßigkeit anzuwenden haben dürfte. §13 Abs2 definiert nämlich den Begriff Einzugsgebiet bereits im Zusammenhang damit, daß die Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe berechtigt und verpflichtet sind, Milch von den Erzeugern im Einzugsgebiet zu übernehmen, gleichzeitig wird im zweiten Satz des §13 Abs2 der Erzeuger verpflichtet, Milch und Erzeugnisse aus Milch dem festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern, sofern nicht eine der im folgenden genannten Ausnahmen vorliegt. Diese Bestimmung scheint das Verbot mitzuumfassen, Milch an einen anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern. §14 Abs2 führt die Übernahmspflicht nach §13 Abs2 näher aus und sieht insbesondere vor, daß die Übernahmspflicht für Rohmilch auf "hartkäsetaugliche Milch" beschränkt werden kann (soweit dies zur Erfüllung von Produktionsaufträgen erforderlich und mit den jeweiligen örtlichen Verhältnissen bei der Milcherzeugung vereinbar ist). Diese Bestimmungen scheinen das Verbot zu enthalten, nicht hartkäsetaugliche (im übrigen aber einwandfreie) Milch an einen anderen als den festgesetzten, für die Verwertung solcher Milch geeigneten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern (was überdies nach §15 Abs3 MOG sanktioniert zu sein scheint)."
Im Verfahren ist nichts vorgebracht worden und auch sonst nichts hervorgekommen, was diese vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes widerlegte. Angesichts der vom Verwaltungsgerichtshof in dem bei ihm anhängigen, den Anlaß zum Antrag G195/90 bildenden Beschwerdeverfahren zu beurteilenden Rechtsfragen ist es auch keineswegs ausgeschlossen, daß der Verwaltungsgerichtshof §13 Abs2 MOG anzuwenden hätte.
e) Im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Antrag zu G116-121/91 erscheint es ebenfalls nicht ausgeschlossen, daß der Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren §13 Abs2 MOG anzuwenden hat. Allerdings ist der Antrag so spät eingelangt, daß die Durchführung eines förmlichen Gesetzesprüfungsverfahrens nicht mehr möglich ist (der Verfassungsgerichtshof macht allerdings davon Gebrauch, die Wirkung der Aufhebung auf den diesem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt zu erstrecken, siehe unten III.4.b).
Hingegen ist es dem Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar, inwieweit sich - wie der Verwaltungsgerichtshof meint - die gegen §13 Abs2 MOG geäußerten Bedenken auch gegen §16 Abs4 und 6 und §71 Abs6 und 7 Marktordnungsgesetz 1985, jeweils in der Fassung der Marktordnungsgesetz-Novelle 1987, BGBl. 138, richten sollen. Diese Bestimmungen knüpfen zwar an die - hier allein bedenkliche - Einzugsgebietsregelung des §13 Abs2 MOG an, enthalten aber im übrigen trennbare Bestimmungen über die in solchen Fällen zu entrichtende Abhofpauschale.
Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist daher insoweit zurückzuweisen.
f) Da auch alle übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Gesetzesprüfungs- und Verordnungsprüfungsverfahren ansonsten zulässig.
III. Zur Sache:
1.a) Das Regelungssystem des Marktordnungsgesetzes 1985 betreffend die Milchwirtschaft (insbesondere die bereits oben unter Pkt. I.1. beschriebenen Vorschriften der §§13, 14 und 17) bringt weitgehende Eingriffe in die Erwerbsausübungsfreiheit der Milcherzeuger (aber auch der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe) mit sich.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dem von ihm im Einleitungsbeschluß aus seiner Rechtsprechung zur Erwerbsausübungsfreiheit im allgemeinen (vgl. aus jüngerer Zeit etwa das Erkenntnis VfSlg. 11503/1987) entwickelten Prüfungsmaßstab für derartige Vorschriften betreffend die Milchwirtschaft. Für die Adäquanz und sachliche Rechtfertigung in die Milchwirtschaft - selbst verhältnismäßig weitgehend - eingreifender Vorschriften im Sinne dieser Judikatur sprechen eine Reihe von Umständen, wie etwa die "Garantie" der Milchabnahme zu einem möglichst einheitlichen Erzeugerpreis (s. auch die in §2 Abs1 MOG angeführten Ziele der Milchmarktregelung); dies einerseits im öffentlichen (volkswirtschaftlichen) Interesse an der Stärkung und Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes (auch in Gebieten, in denen im wesentlichen nur die Viehwirtschaft und diese nur unter ungünstigen Voraussetzungen betrieben werden kann; zur Bedeutung der Landwirtschaft in der Raumordnung vgl. VfSlg. 8701/1979 S. 391), andererseits im öffentlichen Interesse an einer funktionierenden, ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Milch und Erzeugnissen aus Milch. Dazu kommt, daß - wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 20. Juni 1989, B941/88, S. 10 (zum Viehwirtschaftsgesetz) zum Ausdruck brachte - die besonderen Verhältnisse im Bereich der Landwirtschaft und der hier bestehenden öffentlichen Interessen (wie sie etwa im Bereich der Milchwirtschaft im Zielkatalog des §2 MOG zum Ausdruck kommen) weitergehende Einschränkungen der Erwerbsausübungsfreiheit sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen als in anderen Wirtschaftszweigen.
b) Davon ausgehend legte der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß folgende Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen dar:
"Das hier zu betrachtende System im Bereich der Milchwirtschaft ermöglicht (mit unterschiedlichen Sanktionen) vorzuschreiben, an welchen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb ein Landwirt Milch zu bestimmten Bedingungen zu liefern berechtigt ist.
Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt nun nicht (s. oben Punkt a), daß solche schwerwiegende Einschränkungen der Erwerbsausübungsfreiheit im Bereich der Milchwirtschaft an sich im öffentlichen Interesse gelegen sind. Sie dürften aber nur dann adäquat sein, wenn zugleich die Möglichkeit besteht, daß in jenen - keineswegs seltenen - Einzelfällen, bei denen der Eingriff zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung führt, andere Wege der Verwertung offen bleiben. Es dürfte also einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit bedeuten, ein Regelungssystem zu schaffen, das eine dem Erwerb dienende wirtschaftliche Nutzung einwandfreier landwirtschaftlicher Produkte nicht zuläßt.
Dem scheint das in §13 Abs2 und §14 Abs2 festgelegte System nicht zu entsprechen. Diese Bestimmungen sehen vor, daß immer dann, wenn es zur Erfüllung von Produktionsaufträgen an den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb (gemeint ist ein Auftrag des Milchwirtschaftsfonds an den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb, bestimmte Mengen an Hartkäse zu erzeugen) erforderlich ist, die Landwirte eines bestimmten Gebietes ausnahmslos zur Lieferung von hartkäsetauglicher Milch verpflichtet sind, sofern dies die örtlichen Verhältnisse gestatten. Ab diesem Zeitpunkt darf der Landwirt unter keinen Umständen die - im übrigen einwandfreie - Milch an einen anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb liefern, der diese verwerten könnte.
Diese Lieferpflicht von hartkäsetauglicher Milch mag vielfach wegen des damit verbundenen höheren Entgeltes ("Hartkäsetauglichkeitszuschlag") auch im Interesse der Landwirte liegen, doch ermöglicht das Gesetz nicht zu berücksichtigen, daß die Beschränkung der Übernahmspflicht auf hartkäsetaugliche Milch die Interessen von Landwirten in unverhältnismäßiger Weise verletzen kann, wenn etwa der Landwirt wegen der für die Erzeugung von hartkäsetauglicher Milch geltenden Erzeugungsbestimmungen, insbesondere dem Verbot der Verwendung von Silos, verschiedene (und für ihn wesentlich vorteilhaftere) Bewirtschaftungsformen des Betriebes von vornherein nicht wählen kann, auch wenn an sich im Einzelfall eine andere Verwertung oder Verwendung der Milch möglich wäre.
Zusammengefaßt scheinen die §§13 Abs2 und 14 Abs2 MOG deswegen mit Art6 StGG in Widerspruch zu stehen, weil sie eine äußerst weitgehende Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit bewirken, ohne gleichzeitig vorzusehen, daß zumindest im Wege der Vollziehung ausreichend auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht genommen wird, sodaß die Gestaltung des gesetzlichen Eingriffes in die Erwerbsausübung insofern nicht mehr als sachlich gerechtfertigt angesehen werden kann.
Diese Verfassungswidrigkeit scheint jeweils durch den ganzen Abs2 der §§13 und 14 MOG bewirkt zu werden, weil in diesen Bestimmungen keine entsprechend flexible Regelung der Liefer- und Übernahmspflicht enthalten ist. Bei dieser Beurteilung hat außer Betracht zu bleiben, daß ein verfassungsmäßiger Zustand möglicherweise auch durch die Änderung anderer Bestimmungen des Marktordnungsgesetzes herbeigeführt werden könnte."
Der Verfassungsgerichtshof warf weiters die Frage auf, ob die gesetzlichen Bestimmungen einer verfassungskonformen Interpretation (die dem Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar war) dahingehend zugänglich wären, daß sie kein generelles Verbot enthalten, nicht hartkäsetaugliche Milch an einen anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern oder bescheidmäßige Ausnahmen zu bewilligen.
2. Angesichts des Wortlautes des §13 Abs2 MOG ("Die Erzeuger sind verpflichtet, Milch und Erzeugnisse aus Milch dem festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb oder wirtschaftlichen Zusammenschluß zu liefern, ..."), der in §15 Abs3 MOG enthaltenen Sanktion und dem mit der gesamten Einzugsgebiets- und Versorgungsgebietsregelung verfolgten Zweck, die Versorgung der Bevölkerung mit Milch und Milchprodukten unter Vermeidung überflüssiger Transportwege zu sichern, ist eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, das Gesetz enthalte kein generelles Verbot, nicht hartkäsetaugliche Milch an einen anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern, nicht möglich. Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds geht in seiner Äußerung offenkundig davon aus, das Gesetz sehe ein solches generelles Verbot vor. Auch die Annahme des Gerichtshofes, das Gesetz ermögliche nicht eine bescheidmäßige Ausnahme aus dem zugewiesenen Einzugsgebiet oder eine bescheidmäßige Entbindung von der Verpflichtung zur Ablieferung hartkäsetauglicher Milch, wurde im Verfahren nicht entkräftet.
3.a) Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds meint aber, das Gesetz ermögliche deswegen keinen im Einzelfall unverhältnismäßigen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit eines zur Lieferung hartkäsetauglicher Milch verpflichteten Landwirtes, weil nach §14 Abs2 vorletzter Satz MOG die Beschränkung der Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch nur insoweit erfolgen dürfe, als dies "mit den jeweiligen örtlichen Verhältnissen bei der Milcherzeugung vereinbar ist."
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß es hiebei nach den Ausführungen des geschäftsführenden Ausschusses selbst nicht auf die individuellen Verhältnisse des einzelnen Milcherzeugers ankommt, sondern auf die objektiven "örtlichen Verhältnisse bei der Milcherzeugung". (Davon ausgehend führt der geschäftsführende Ausschuß zur Gesetzmäßigkeit der Einzugsgebietsverordnung aus, das gesamte Zillertal, in dem der Betrieb des Beschwerdeführers liege, sei von einer "silofreien Wirtschaftsweise" geprägt und alle anderen der 156 Landwirte würden auf den Einsatz eines Silos verzichten). Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gehen aber nun gerade dahin, daß im Falle eines derart schwerwiegenden Eingriffes in die Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen ist, ob dieser Eingriff in die Rechtssphäre des Erwerbsausübenden im Einzelfall durch die damit verfolgten öffentlichen Interessen gerechtfertigt ist. Diesem Erfordernis würde nicht entsprochen, wenn auf die bloß objektiv gegebene Möglichkeit, die vorgeschriebene Bewirtschaftungsform einzuhalten, abgestellt wird.
Art6 StGG verbürgt dem Einzelnen das Recht, den von ihm gewählten Erwerb in der von ihm bestimmten Art auszuüben. Einschränkungen dieser Freiheit sind nach der bereits vorhin wiedergegebenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nur insoweit zulässig, als sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind. Im Rahmen der Adäquanz und der Sachlichkeit des Eingriffs ist auch zu beurteilen, ob die damit verfolgten öffentlichen Interessen die Intensität des Eingriffs rechtfertigen.
Dies läßt sich nur nach dem Gesamtbild der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beurteilen. Hiebei kann der Gesetzgeber freilich von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen, darf dabei aber Fallgruppen nicht völlig außer Acht lassen, die in nennenswertem Maß vorkommen (können). Je intensiver nämlich der Eingriff ist, desto eher kann es zu unverhältnismäßigen Beschränkungen der Erwerbsausübungsfreiheit im Einzelfall kommen. Dies erfordert, daß der Gesetzgeber bei besonders schwerwiegenden Eingriffen Vorkehrungen zu treffen hat, welche bewirken, daß zumindest im Wege der Vollziehung ausreichend Bedacht auf die Umstände des Einzelfalles genommen werden kann.
b) Die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen nun eine solche weitgehende Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit und sehen nicht gleichzeitig eine ausreichende Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles (im Wege der Vollziehung) vor. Einerseits nämlich kann ein Landwirt verpflichtet werden, die in seinem Betrieb erzeugte Milch an einen bestimmten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu liefern, und es wird ihm verboten, Milch an einen anderen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu veräußern (§13 Abs2 MOG). Andererseits kann ihm auch vorgeschrieben werden, wie die Milch - im Ergebnis bei sonstigem Verbot der Veräußerung - zu erzeugen ist. Die Hartkäsetauglichkeitsverordnung enthält in Ausführung der §14 Abs2 und §17 Abs1 MOG weitgehende Vorschriften für die Bewirtschaftung eines solchen Betriebes, so unter anderem über die Düngung (Pkt. 1.4.) und Fütterung (Pkt. 1.5. und Pkt. 1.6.). Von besonderem Gewicht ist weiters das Verbot, in einem solchen Betrieb bestimmte Futtermittel zu erzeugen, zu lagern und zu verwenden (Pkt. 1.8.), insbesondere Gärfutter (Silofutter) jeglicher Art (Pkt. 1.8.1.). Dieses Verbot der Verwendung von Silos bzw. des in Silos erzeugten Futters beschränkt im Ergebnis den Landwirt nachteilig nicht nur in der Erzeugung von Milch, sondern auch in anderen landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsformen, etwa der Viehzucht, und kann möglicherweise sogar dazu führen, daß einzelne Wirtschaftszweige von einem Landwirt wirtschaftlich gar nicht mehr ausgeübt werden können.
Auch wenn die beschriebenen Nachteile der Verpflichtung zur Erzeugung hartkäsetauglicher Milch vielfach durch das dafür gewährte höhere Entgelt ("Hartkäsetauglichkeitszuschlag") ausgeglichen werden mögen und den allgemeinen Beschränkungen der Landwirte im Bereich der Milchwirtschaft auch Vorteile gegenüberstehen, wie insbesondere die Abnahmegarantie und der garantierte Erzeugerpreis, ändert dies nichts daran, daß die in Rede stehenden Beschränkungen einem Verbot der Ausübung bestimmter Erwerbsarten nahekommen oder zumindest im Ergebnis damit vergleichbare Beschränkungen mit sich bringen und sich auch auf die sonstigen Bewirtschaftungsmöglichkeiten eines Landwirts auswirken können. Der Landwirt ist nämlich zusätzlich hinsichtlich der Menge der in seinem Betrieb zu erzeugenden Milch beschränkt (vgl. die Einzelrichtmengenregelung der §§71ff MOG) und kann aufgrund des Siloverwendungsverbotes daran gehindert sein, seine wegen der Milchkontingentierung nicht für die Milcherzeugung verwendbaren landwirtschaftlichen Flächen in anderer Weise wirtschaftlich zu nutzen.
Dies bedeutet freilich nicht, daß eine Verminderung oder ein Wegfall von Beschränkungen zwingend zur Folge haben muß, daß einem Landwirt die sonst aus der Beschränkung folgenden Vorteile weiterhin voll zugute kommen.
4.a) Abschließend betont der Verfassungsgerichtshof abermals, daß er gegen das Regelungssystem des Marktordnungsgesetzes 1985 betreffend die Milchwirtschaft als solches keine verfassungsrechtlichen Bedenken hat (s. die Ausführungen oben unter III.1.a). Es erweist sich aber ungeachtet dessen das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes als begründet, §13 Abs2 und §14 Abs2 MOG stünden deswegen mit Art6 StGG in Widerspruch, weil sie eine äußerst weitgehende Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit bewirken, ohne gleichzeitig vorzusehen, daß zumindest im Wege der Vollziehung hinsichtlich der Lieferpflicht auf die Umstände von Einzelfällen Bedacht genommen wird.
Da diese Verfassungswidrigkeit sowohl durch das Verbot, die Milch an einen anderen als den festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu veräußern, als auch durch die Vorschriften über die Erzeugung hartkäsetauglicher Milch herbeigeführt wird, sind beide Bestimmungen aufzuheben, und zwar wegen ihres untrennbaren Zusammenhanges jeweils zur Gänze. Im übrigen ist Sitz dieser Verfassungswidrigkeit nicht - wie der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds meint - §17 Abs1 MOG, weil diese Bestimmung nur zur näheren Regelung der Erzeugungsbedingungen und der Qualitätsanforderungen an Milch ermächtigt, wogegen als solches keine Bedenken bestehen. Bei dieser Beurteilung hat außer Betracht zu bleiben, daß ein verfassungsgemäßer Zustand selbstredend auch durch die Änderung anderer Bestimmungen des Marktordnungsgesetzes herbeigeführt werden könnte.
§13 Abs2 und §14 Abs2 MOG in der im Spruch angeführten Fassung sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.
b) Die förmliche Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens über den unter anderem gegen §13 Abs2 MOG gerichteten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zu G116-121/91 war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr möglich.
Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch beschlossen, von der ihm gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und (mit dem vorletzten Absatz des Spruchpunktes I.) die Anlaßfallwirkung auch für diese beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdesache herbeizuführen.
Damit erübrigt sich insoweit eine weitere Erledigung des vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages.
c) Die übrigen Aussprüche zu Spruchpunkt I. stützen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.
5. Bei diesem Ergebnis sind die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen mangels gesetzlicher Grundlage wegen Widerspruchs zu Art18 B-VG aufzuheben.
Die Verpflichtung zur Kundmachung des Spruchpunktes II. stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG. Im Hinblick darauf, daß wegen Aufhebung der gesetzlichen Grundlage gesetzliche Vorkehrungen erforderlich sind, wurde gemäß Art139 Abs5 letzter Satz B-VG für das Außerkrafttreten eine einjährige Frist bestimmt.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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