VfGH B245/88

VfGHB245/884.10.1988

Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Bad Leonfelden vom 04.02.80; keine Bedenken gegen die Widmung von Grundflächen als Verkehrsfläche nach §17 Oö RaumordnungsG für einen - in der Planung noch nicht festgelegten Verlauf - einer Bundesstraße

Normen

Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Bad Leonfelden vom 04.02.80
Oö RaumOG 1972 §15 Abs11
Oö RaumOG 1972 §17
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Bad Leonfelden vom 04.02.80
Oö RaumOG 1972 §15 Abs11
Oö RaumOG 1972 §17

 

Spruch:

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

und dem VwGH zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad

Leonfelden vom 29. Jänner 1987 wurde das Ansuchen des

(nunmehrigen) Bf. abgewiesen, die - im Eigentum des Bf. stehenden -

Grundstücke ... (Acker) und ... (Wiese), KG L, zu Bauplätzen zu

erklären. Der Bürgermeister begründete die Abweisung des Ansuchens

damit, daß die betreffenden Grundstücke im Flächenwidmungsplan als

Grünland bzw. Teile dieser Grundstücke als

Bundesstraßen-Planungsgebiet gewidmet seien.

Die gegen diesen Bescheid vom Bf. erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates Bad Leonfelden vom 24. Juli 1987 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte der Gemeinderat unter anderem aus, bei dem im Flächenwidmungsplan dargestellten Bundesstraßenplanungsgebiet bzw. Bundesstraßenbaugebiet handle es sich nicht um Planungen des Bundes, welche die Gemeinde im Sinne des §15 Abs11 OÖ ROG im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen gehabt habe, sondern um Planungswünsche der Gemeinde für eine Umfahrungsstraße, welche der Kurort Bad Leonfelden brauche. Bei der Umfahrungsstraße werde es sich um eine Bundesstraße handeln. Die Gemeinde könne aber nicht als Planer des Bundes auftreten.

Der gegen den letztinstanzlichen Gemeindebescheid erhobenen Vorstellung hat die OÖ Landesregierung mit Bescheid vom 30. Dezember 1987 keine Folge gegeben. Die Vorstellungsbehörde stellte fest, "daß sich die beiden Grundstücke größtenteils im Achsenbereich des Bundesstraßenplanungsgebietes befinden und das Bundesstraßenplanungsgebiet als solches im Flächenwidmungsplan ausgewiesen ist". Weiters hielt die Landesregierung im Bescheid fest, daß eine Erklärung des hier maßgeblichen Straßenstückes zum Bundesstraßenplanungsgebiet gemäß §14 Bundesstraßengesetz 1971 bisher nicht erfolgt ist.

2. Gegen den Vorstellungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

In der Beschwerde wird im wesentlichen ausgeführt, daß seit dem Jahre 1980 hinsichtlich der Grundstücke Gp. ... und ..., KG L, "die Widmung als Bundesstraßenplanungsgebiet ersichtlich gemacht" sei. Diese Ersichtlichmachung entfalte lediglich innerhalb von drei Jahren ab der Erklärung zum Bundesstraßenplanungsgebiet Rechtsfolgen; ab dem Ablauf dieser Frist sei die Aufrechterhaltung der Widmung rechtswidrig. Dies bedeute, daß die Versagung der Bauplatzerklärung auf einem Flächenwidmungsplan beruhe, der spätestens seit dem Jahr 1983 rechtswidrig sei, zumal eine V nach dem Bundesstraßengesetz 1971 nicht erlassen worden sei. Seit nunmehr acht Jahren werde eine Ersichtlichmachung als Bundesstraßenplanungsgebiet aufrechterhalten, obwohl gemäß §14 Abs4 Bundesstraßengesetz 1971 die mit Erklärung zum Bundesstraßenplanungsgebiet verbundenen Rechtsfolgen auf höchstens drei Jahre beschränkt seien. Der Gemeinderat habe dies nicht wahrgenommen, obwohl gemäß §22 OÖ ROG der Flächenwidmungsplan alle fünf Jahre "genau zu überprüfen" wäre.

3. Die OÖ Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Landesregierung verweist auf den §17 OÖ ROG, wonach in Flächenwidmungsplänen Flächen für den fließenden und ruhenden Verkehr mit besonderer Verkehrsbedeutung einschließlich der dazugehörigen Anlagen als "Verkehrsflächen" vorzusehen seien. Wenn bei der Marktgemeinde Bad Leonfelden die Überzeugung bestehe, daß eine Umfahrung im Zuge der B 126 Leonfeldener Straße aufgrund der örtlichen Verhältnisse nur an der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Stelle möglich und sinnvoll erscheine, könne den Bestimmungen des OÖ ROG nicht entnommen werden, daß eine solche Planungsabsicht nicht auch im Flächenwidmungsplan festgehalten werden könne.

Es bestehe entgegen der Ansicht des Bf. - heißt es in der Gegenschrift - sehr wohl eine konkrete Planungsabsicht der Bundesstraßenverwaltung. Zum Beweis dafür verweist die Landesregierung darauf, daß eine Vorstudie "Umfahrung Bad Leonfelden-Nord" aus dem Jahr 1974 genehmigt worden sei und ein daraufhin erstelltes generelles Projekt der Bundesstraßenverwaltung beim Amt der OÖ Landesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bauten und Technik vom 12. Mai 1976 "ebenfalls einer Genehmigung fähig war und daher jederzeit (bei Sicherstellung der Finanzierung) mit der Detailplanung und Ausführung begonnen werden könnte". Die Marktgemeinde Bad Leonfelden habe daher die diesbezüglich notwendige Fläche sinnvollerweise bereits "ersichtlich gemacht", da es sicherlich auch im Interesse dieser Marktgemeinde gelegen sei, die maßgeblichen Grundstücke von einer Bebauung freizuhalten.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Bad

Leonfelden vom 4. Februar 1980 ist - quer über die beiden Grundstücke Gp. ... und ... - der Verlauf einer (geplanten Bundes-)Straße eingezeichnet.

§15 Abs11 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. 18/1972 (OÖ ROG), schreibt vor, daß die Gemeinde bei der Aufstellung des Flächenwidmungsplanes festgelegte Planungen des Bundes und des Landes, insbesondere festgelegte Flächennutzungen (sodann werden im Gesetz Beispiele hiefür aufgezählt, darunter unter anderem Bundesstraßen) und Nutzungsbeschränkungen zu berücksichtigen und diese im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen hat.

Nach §17 OÖ ROG sind als Verkehrsflächen für den fließenden und ruhenden Verkehr bestimmte Flächen mit besonderer Verkehrsbedeutung einschließlich der dazugehörigen Anlagen vorzusehen.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Bad Leonfelden hat wie bereits oben unter Pkt. I.1. ausgeführt - die Festlegung der Bundesstraße im Flächenwidmungsplan nicht als Ersichtlichmachung im Sinne des §15 Abs11 OÖ ROG beurteilt.

2. Der VfGH teilt die Auffassung des Gemeinderates von Bad Leonfelden, daß die Aufnahme des Verlaufes der Bundesstraße in den Flächenwidmungsplan nicht als Ersichtlichmachung im Sinn des §15 Abs11 OÖ ROG - welche eine (hier nicht vorhandene) "festgelegte" Planung des Bundes zur Voraussetzung hätte - zu werten ist, sondern als Widmung des vom Straßenverlauf umfaßten Gebietes als Verkehrsfläche gemäß §17 dieses Gesetzes. Die Möglichkeit, Grundflächen für derartige (auch noch nicht abgeschlossene) Planungen zu "reservieren", steht dem Verordnungsgeber im Rahmen seines Planermessens durchaus zu (siehe VfGH 4.10.1988 V138/87, vgl. Rill, Die Stellung der Gemeinden gegenüber Bund und Ländern im Raumordnungsrecht, Wien 1974, S. 38f und Fröhler/Oberndorfer, Österreichisches Raumordnungsrecht, Linz 1975, S. 92; zur Funktion der Erklärung zu Vorbehaltsflächen im Interesse der Reservierung von Flächen für andere Planungsträger vgl. Korinek, Rechtliche Probleme der Anwendung von Raumordnungsgesetzen, Linz 1975, S. 34f).

Diese Auslegung des Gesetzes führt zu keinem kompetenzwidrigen Ergebnis, weil nach der Rechtsprechung des VfGH die Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Bundesstraßenrechts nicht bedeutet, daß es dem Landesgesetzgeber verwehrt ist, die Gemeinden unter dem Gesichtspunkt des Baurechts zu ermächtigen, bei der Normierung von Bauverboten und Baubeschränkungen auf Projekte oder Planungen Bedacht zu nehmen, die Bundesstraßen betreffen (s. VfSlg. 7658/1975, S. 193). Der VfGH hat in diesem Erkenntnis darauf hingewiesen (S. 194), daß der zur Regelung des Baurechts zuständige Landesgesetzgeber öffentliche Interessen berücksichtigen dürfe, deren Wahrung dem Bund obliegt. Der Landesgesetzgeber dürfe auch bei der Erlassung von Normen, die die Bewilligung zur Errichtung von Baulichkeiten regeln, im öffentlichen Interesse und im Interesse der Bauwerber Vorsorge treffen, daß nicht Baulichkeiten errichtet werden, die voraussichtlich wieder abzutragen sein werden.

3. Die Auffassung des Bf., daß im Flächenwidmungsplan seit acht Jahren eine Ersichtlichmachung als Bundesstraßenplanungsgebiet aufrecht erhalten werde, obwohl gemäß §14 Abs4 Bundesstraßengesetz 1971 die mit Erklärung zum Bundesstraßenplanungsgebiet verbundenen Rechtsfolgen auf höchstens drei Jahre beschränkt seien, trifft daher im vorliegenden Fall schon vom Ansatz her nicht zu.

Der VfGH hat gegen die Festlegung der Verkehrsfläche auf den beiden hier maßgebenden Grundstücken auch keine Bedenken in die Richtung, daß diese Widmung mit den Grundgedanken des Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23. September 1982, Fall Sporrong und Lönnroth gegen Schweden (EuGRZ 1983, S. 523 ff) in Widerspruch stünde. Anlaß für diese Entscheidung waren nämlich zwei seit langem bebaute Liegenschaften, über die - wegen geplanter, aber durch Jahrzehnte nicht verwirklichter - Verkehrsbauvorhaben ein Bauverbot verhängt worden war. Im vorliegenden Fall aber besteht - abgesehen vom wesentlich kürzeren Zeitraum der Unverbaubarkeit - für die beiden Grundstücke als solche eine Grünlandwidmung, gegen die nichts vorgebracht wurde und auch keine Bedenken bestehen. Der Bf. könnte also, auch wenn der Straßenverlauf im Flächenwidmungsplan nicht enthalten wäre, auf diesen Grundstücken - abgesehen von den in §18 Abs5 OÖ ROG angeführten Bauten und Anlagen - ohnehin keine Baubewilligung erwirken.

4. Da somit aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides bestehen und in die Verfassungssphäre reichende Fehler der bel. Beh. im Vollzugsbereich weder behauptet wurden noch im Verfahren vor dem VfGH hervorgekommen sind, ist die Beschwerde abzuweisen.

Die antragsgemäße Abtretung der Beschwerde an den VwGH stützt sich auf Art144 Abs3 B-VG.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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