Spruch:
Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte schloß am 1. Jänner 1975 mit dem praktischen Arzt Dr. W G - auf Grund der Bestimmungen eines Gesamtvertrags iS des ASVG - einen sog. Einzelvertrag (für konservierend-chirurgische Zahnbehandlung "Auchzahnarzt"-Vertrag) iS des §343 ASVG ab.
Mit Schreiben vom 26. August 1985 kündigte die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte den Einzel-("Auchzahnarzt"-)vertrag zum 30. September 1985 auf.
1.1.2. Die Landesschiedskommission für Niederösterreich gab dem dagegen von Dr. W G fristgerecht erhobenen Einspruch mit Entscheidung vom 19. Feber 1986, Z Cg 8/85-9, statt und hob die (Vertrags-)Kündigung auf.
1.2.1.1. Gegen die Entscheidung der Landesschiedskommission ergriff die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung, welchem die Bundesschiedskommission mit Bescheid vom 8. Feber 1988, Z R 3-BSK/86-8, Folge gab und den angefochtenen Verwaltungsakt dahin abänderte, daß das Begehren (des Dr. W G), die Kündigung des Einzelvertrags (zum 30. September 1985) für unwirksam zu erklären, abgewiesen wird.
1.2.1.2. Zur Begründung führte die Bundesschiedskommission ua. aus:
" . . . Die Berufung der Antragstellerin ist berechtigt. Unbestritten ist, daß der Antragsteller die Zahnbehandlung der Versicherten nicht persönlich durchführt, sondern durch eine bei ihm beschäftigte Dentistin. Nach §4 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Einzelvertrages ergeben sich deren Rechte und Pflichten aus dem Gesamtvertrag, dessen Inhalt der Antragsteller gemäß §1 Abs2 des Einzelvertrages zur Kenntnis genommen hat. Gemäß §10 Abs1 des Gesamtvertrages ist die vertragsärztliche Behandlung der Anspruchsberechtigten grundsätzlich durch den Vertragsarzt selbst auszuüben. Gemäß §33 Abs2 ÄrzteG hat der Arzt seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten, auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.
Für die Entscheidung im vorliegenden Fall kann unerörtert
bleiben, ob es gemäß §10 des Gesamtvertrages - abgesehen von den im
§9 geregelten Fällen der Stellvertretung - unter gewissen
Voraussetzungen zulässig ist, daß der Vertragsarzt sich bei der
vertragsärztlichen Behandlung der Anspruchsberechtigten eines
Vertreters bedient. Keinesfalls ist es aber nach dem Gesamtvertrag
zulässig, daß der Arzt seine gesamte vertragsärztliche Tätigkeit -
und sei es auch nur wie hier in der Sparte Zahnbehandlung - durch
einen Vertreter ausüben läßt, noch dazu, wenn es sich dabei nicht um
einen Arzt, sondern um einen Dentisten handelt. Daß Dentisten
grundsätzlich zu einer derartigen Behandlung berechtigt sind, ändert
daran nichts. Das Vorgehen des Antragstellers, der ungeachtet . . .
(eines) Schreibens der Antragsgegnerin . . . weiterhin die
Zahnbehandlung der Versicherten durch eine bei ihm beschäftigte
Dentistin vornehmen ließ, stellt daher eine so wesentliche
Verletzung des Einzelvertrages dar, daß die Aufrechterhaltung des
Vertragsverhältnisses für die Antragsgegnerin nicht mehr zumutbar
ist. Eine soziale Härte kann dann nicht mehr berücksichtigt werden;
sie liegt auch schon deshalb nicht vor, weil sich die Kündigung nur
auf den Vertrag als 'Auchzahnarzt' erstreckt, der Vertrag als
praktischer Arzt davon unberührt geblieben und der Antragsteller
durch diesen ohnehin ausgelastet ist, was sich schon daraus ergibt,
daß er durch Jahre vom Auchzahnarztvertrag gar nicht Gebrauch
machte. Daß der Antragsteller erhebliche Investitionen getätigt hat,
ist dann unbeachtlich. . . "
1.2.2. Diesen (Berufungs-)Bescheid bekämpft Dr. W G beim VfGH mit Beschwerde nach Art144 (Abs1) B-VG. Darin werden eine Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen, so des §346 Abs4 Z4 ASVG, und im Recht nach Art6 EMRK, ferner in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes begehrt.
1.2.3. Die Bundesschiedskommission als bel. Beh. legte die Administrativakten beider Instanzen vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Entscheidungen der Bundesschiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungsweg (§346 Abs7 ASVG). Der administrative Instanzenzug ist darum ausgeschöpft (VfSlg. 8692/1979, 10800/1986 ua.). Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist die Beschwerde zulässig.
2.2.1. Der Bf. wendet zunächst ein, daß ihm die - dem angefochtenen Bescheid (mit-)zugrundeliegende - Norm des §346 Abs4 Z4 ASVG, BGBl. 189/1955 idF der 43. Nov. BGBl. 158/1987, über die Amtsenthebung von Mitgliedern der Bundesschiedskommission, soweit sie einen Zusammenhang mit der Berufsausübung (der Kommissionsmitglieder) herstellt, sachlich ungerechtfertigt erscheine.
Nach dieser Gesetzesstelle hat der Bundesminister für Justiz ein Mitglied der Bundesschiedskommission oder einen Stellvertreter seines Amtes zu entheben, wenn "das Mitglied (der Stellvertreter) seine Berufstätigkeit durch Übertritt in den Ruhestand beendet oder selbst um seine Amtsenthebung ersucht". Aus §346 Abs2 (idF der 44. Nov. BGBl. 609/1987) iVm Abs4 Z 4 ASVG geht hervor, daß die Funktion eines Mitglieds der Bundesschiedskommission bloß aktiv Berufstätigen, also Personen vorbehalten ist, die sich noch nicht im (hier bei verfassungskonformer Interpretation nicht nur streng dienstrechtlich zu begreifenden) "Ruhestand" befinden:
Eine derartige Regelung liegt offenkundig innerhalb des freien rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Bundesgesetzgebers, der es für wünschenswert findet, daß Mitglieder des in Rede stehenden Spruchkörpers während der Zeit ihrer Funktionsausübung (noch) im Berufsleben stehen und ihre Verbundenheit mit der Praxis im Hauptberuf nicht verloren haben:
Es ist darum der Auffassung des Bf. zuwider grundsätzlich nicht unsachlich, eine aktive Berufstätigkeit als besonderes Bestellungserfordernis zu normieren und die Funktionsperiode mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben (Übertritt in den "Ruhestand") enden zu lassen. Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §346 Abs4 Z4 ASVG aus den eingangs herausgestellten Gründen bestehen den Umständen nach also nicht. Daß der Gesetzesauftrag in bestimmter Konstellation mißbräuchlich vollzogen werden könnte - wie der (von einer möglichen "Manipulation der Amtsperioden" sprechende) Bf. zu befürchten scheint -, wirkt nicht auf die - nach dem Gesagten unbedenkliche - Regelung selbst zurück: Es könnte sich dann lediglich um Rechtswidrigkeiten auf Vollzugsebene handeln. (Eine derart mißbräuchliche Gesetzeshandhabung bei Bestellung jener Mitglieder der Bundesschiedskommission, die im Fall des Bf. einschritten, wird in der Beschwerdeschrift aber nicht konkret und substantiiert dargetan. Es finden sich auch in den Akten keine wie immer beschaffenen Hinweise in diese Richtung).
Wenn der Bf. schließlich meint, §346 Abs4 Z4 ASVG gefährde die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder überhaupt, so genügt der Hinweis auf §346 Abs6 ASVG, wonach diese Organe "in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden" sind. Daß nach §346 Abs2 ASVG je zwei (Kommissions-)Beisitzer von der Österreichischen Ärztekammer und vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nominiert werden, ist gleichfalls - auch unter dem Aspekt des Art6 EMRK - verfassungsrechtlich unbedenklich, wie sich schon aus den im Erkenntnis VfSlg. 9887/1983 angestellten Überlegungen ergibt. Der VfGH hält an dieser damals vertretenen Auffassung unverändert fest. Allein aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung läßt sich eine - auch nur scheinbare - Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten (s. auch das Urteil des EGMR vom 16. Juli 1971 im Fall Ringeisen): Denn weisungsfreie Interessenvertreter, die in einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iS des Art133 Z4 (Art20 Abs2) B-VG vertreten sind, fungieren keinesfalls als persönliches Sprachrohr der einen oder anderen Partei; sie sollen vielmehr in den Entscheidungsvorgang sachliche Gesichtspunkte einbringen, die sich aus ihrer jeweiligen Berufsstellung ergeben, und in wechselseitiger Auseinandersetzung mit den übrigen (Kommissions-)Mitgliedern zu einer die spezifische Interessenlage (mit-)berücksichtigenden Entscheidung beitragen.
2.2.2. Der Bf. hängt ferner der Rechtsmeinung an, daß mit der Einrichtung der Bundesschiedskommission zur Entscheidung über bestimmte privatrechtliche Streitigkeiten die ordentliche Zivilgerichtsbarkeit verfassungswidrig partiell verdrängt worden sei.
Auch dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Wie der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 11591/1987 aussprach, ist die ausnahmsweise Zuweisung bürgerlicher Rechtssachen an ein unabhängiges und unparteiisches Tribunal mit dem österreichischen Rechtssystem verträglich: Eine solche Maßnahme hat keine wesentliche Umgestaltung des österreichischen Staatsorganisationsrechts zur Folge und bedeutet keine entscheidende Veränderung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern.
2.2.3. Über die bereits als unbegründet befundene Behauptung von Verstößen gegen das B-VG und die EMRK hinaus wurde nicht eingewendet, daß die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides verfassungswidrig seien. Auch der VfGH hegt - aus der Sicht dieses Beschwerdefalles - keine solchen Bedenken.
2.3. Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) kann der Bf. schon deshalb nicht verletzt worden sein, weil die zuständige bel. Beh. mit dem bekämpften Bescheid eine Sachentscheidung traf und ihr dabei möglicherweise unterlaufene inhaltliche oder verfahrensrechtliche Fehler auf dieses Grundrecht ohne Einfluß bleiben (VfSlg. 10482/1985 uvam.).
2.4. Wenn der Bf. dem Sinn nach vermeint, die bel. Beh. habe dem angewendeten Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nur Zahnärzte zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet erachtet, so verläßt er damit den Boden der Begründung des angefochtenen Bescheides, die im gegebenen Kontext zwischen Ärzten und Zahnärzten überhaupt nicht unterscheidet, sodaß sich das entsprechende, auf aktenwidriger Prämisse beruhende Beschwerdevorbringen jeder weiteren Erörterung entzieht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 8275/1978 uvam.) könnte nach Lage dieses Falles (siehe Abschnitt 2.2.3.) eine Verletzung des Gleichheitsrechts lediglich in einer willkürlichen Gesetzeshandhabung gefunden werden.
Daß die bel. Beh. Willkür geübt habe, macht der Bf. gar nicht konkret geltend. Es finden sich auch keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür, daß die Berufungsinstanz bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Erwägungen geleitet worden wäre. Auch von willkürlicher Gesetzesanwendung kann demnach nicht die Rede sein.
2.5. Die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wurde nicht besonders releviert und kam auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervor.
3.1. Die Beschwerde war darum als unbegründet abzuweisen.
3.2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
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