Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art4
Tir GVG §4 Abs1
Tir GVG §6 Abs1 litc
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art4
Tir GVG §4 Abs1
Tir GVG §6 Abs1 litc
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Bf. erwarb von J H, J S und G T mit Kaufvertrag vom 10. Feber bzw. 13. April 1982 die Grundparzelle ... der EZ ... KG Auffach um einen Kaufpreis von 70000 S.
1.2. Die Bf. ist Eigentümerin eines großen Sägewerkes und besitzt des weiteren ein Waldgrundstück im Ausmaß von rund 257 Hektar sowie Wiesengrundstücke im Ausmaß von 3000 bzw. 8000 Quadratmeter. Die Verkäufer der Grundparzelle ... sind Bauern.
2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Wildschönau vom 31. August 1982 wurde dem Rechtsgeschäft gemäß "§3 Abs1, §4 Abs1, §6 Abs1c und Abs2 des Tir. Grundverkehrsgesetzes 1970 idF des LGBl. 6/1974" - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - die Zustimmung versagt.
Beim Kaufgrundstück handle es sich um ein landwirtschaftliches Grundstück (Almweide) mit Jagdhütte. Die Erwerberin sei Geschäftsfrau und nicht im Besitze eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, es sei daher eine Selbstbewirtschaftung nicht zu erwarten. Das Grundstück würde somit ohne zureichenden Grund einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb entzogen.
2.2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verweist die Bf. zunächst darauf, daß sie sehr wohl Eigentümerin von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken sei. Da eine Bewirtschaftung der Kaufliegenschaft für sie selbst im Hinblick auf die Entfernung und die Geringfügigkeit der Fläche nicht wirtschaftlich sei, habe sie den Verkäufern mündlich das Nutzungsrecht eingeräumt; die Kaufliegenschaft werde somit keinesfalls der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Da ihr ärztlicherseits ein Aufenthalt in 1000 m Seehöhe empfohlen sei, benötige sie die Jagdhütte auch aus gesundheitlichen Gründen.
Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde vom 4. Feber 1983, Z LGv-711/2-82, wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Bei dem Kaufobjekt handle es sich um ein Alpgrundstück, das land- und forstwirtschaftlich genutzt werde, was auch die Nutzungsvereinbarung zwischen der Bf. und den Verkäufern erweise. Die Zuständigkeit der bel. Beh. sei daher gegeben. Durch die Übergabe des Grundstückes an die Bf. würde diese Fläche den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben der Verkäufer entzogen. Die Bf. beabsichtige wohl, die auf dem Grundstück errichtete Hütte als Jagdhütte zu verwenden; im Falle des Ablaufes des Jagdpachtverhältnisses der Bf. würde aber eine Verwendung als Jagdhütte entfallen, was bedeuten würde, daß das Objekt sodann nur mehr Ferien- oder Freizeitwohnzwecken dienen würde. Damit entstünde aber eine widmungsfremde Enklave inmitten des Alpgebietes mit Problemen iZm. der Zufahrt, Ver- und Entsorgung mit Wasser, Abfallbeseitigung und Lärmbelästigung, was den Zielsetzungen des GVG widerspreche. Daß die Bf. eigenen land- und forstwirtschaftlichen Grund besitze, sei unerheblich, weil sie an eine Selbstbewirtschaftung nicht denke, weil dies für sie unwirtschaftlich sei.
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freizügigkeit des Vermögens und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Ua. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH mit Beschl. vom 1. März 1985 von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita, c, d, e und f des §13 Abs4 Z1 GVG 1983 gemäß Art140 Abs1 B-VG ein.
Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei im Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
5. Im Hinblick auf das Ergebnis des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat sohin über die Beschwerde erwogen:
5.1.1. Zur behaupteten Verletzung des Gleichheitsrechtes bringt die Bf. im wesentlichen vor: Das Ausmaß eines bereits vorhandenen land- und forstwirtschaftlichen Besitzes sei für die Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Personenkreis unmaßgeblich. Da die Bf. dem Kreis der land- und forstwirtschaftlichen Grundeigentümer zuzurechnen sei, hätte die bel. Beh. dem Grunderwerb schon aus diesem Grunde zuzustimmen gehabt. Wenn die bel. Beh. dennoch die Zustimmung zum vorliegenden Rechtsgeschäft verweigert habe, weil die Bf. eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Kaufliegenschaft als unwirtschaftlich erachte, habe sie die "Gleichheit der Antragstellerin als Zugehörige zum besonderen land- und forstwirtschaftlichen Personenkreis vor dem Gesetz verletzt". Wenn die Bf. das Grundstück, das mit Steinen übersät sei, derzeit als unwirtschaftlich ansehe und nicht bewirtschafte, so sei das allein ihre Sache. Die Grundfläche, auf der die (Jagd-)Hütte errichtet sei, sei einer grundverkehrsbehördlichen Beurteilung überhaupt entzogen, da eine landwirtschaftliche Nutzung an ihr nicht in Frage komme; infolge der Mitbenützung als Jagdhütte könne man allerdings von einer neben-forstwirtschaftlichen Benützung sprechen.
5.1.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9474/1982) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde ua. dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf. aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 9726/1983).
Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG. Daß gegen diese Bestimmungen verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen, hat der VfGH wiederholt ausgesagt (vgl. VfSlg. 7538/1975, 7544/1975, 7546/1975, 7881/1976, 8718/1979, 9063/1981).
Gemäß §4 Abs1 GVG darf die nach §3 Abs1 leg. cit. erforderliche Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nur erteilt werden, "wenn der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht".
§6 Abs1 GVG führt einzelne Tatbestände an, bei deren Vorliegen einem Rechtserwerb iS des §3 Abs1 GVG insbesondere nicht zuzustimmen ist und konkretisiert derart den nur allgemein formulierten Inhalt des §4 Abs1 GVG. Als spezieller Versagungstatbestand ist im §6 Abs1 GVG unter litc genannt: "... wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke ... jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird". Im Grundverkehrsrecht war seit jeher (§5 Abs1 Z1, StGBl. 583/1919) auch der Gedanke tragend, es komme darauf an, ob ein "ausreichender Grund zur Annahme vorliegt, daß der Erwerber das Gut nicht selbst ... bewirtschaften wird" (VfSlg. 5683/1968). Demnach ist es in den durch das GVG zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke von den Erwerbern selbst bewirtschaftet werden (VfSlg. 7927/1976, 8245/1978, 8518/1979).
Die Bf. verweist selbst darauf, daß sie eine Selbstbewirtschaftung des kaufgegenständlichen Grundstückes als unwirtschaftlich betrachtet und daß sie aus diesem Grunde den Verkäufern die landwirtschaftliche Nutzung überlassen habe. Der bel. Beh. kann eine willkürliche Annahme dieses Sachverhaltes schon deshalb nicht angelastet werden, weil sie hiemit vom eigenen Parteivorbringen der Bf. ausgeht. Auch die übrigen Sachverhaltsannahmen der bel. Beh. finden in der Aktenlage Deckung. Der bel. Beh. kann auch keinesfalls der Vorwurf gemacht werden, daß ihre Rechtsauffassung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften im Widerspruch stünde; die bel. Beh. hat sich vielmehr an die ständige Rechtsprechung des VfGH gehalten, daß die Nicht-Selbstbewirtschaftung nach §6 Abs1 litc GVG einen speziellen Versagungstatbestand bildet (vgl. VfSlg. 8245/1978).
Die behauptete Gleichheitsverletzung liegt somit nicht vor.
5.2.1. Die Bf. behauptet weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt zu sein, da es letztendlich jedem Liegenschaftseigentümer überlassen bleiben müsse, wie er seine Grundflächen bewirtschaftet.
5.2.2. Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit nur dann berührt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen
(VfSlg. 9070/1981).
Dies liegt offensichtlich nicht vor.
5.3.1. Die Bf. behauptet schließlich, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit des Vermögens verletzt zu sein.
5.3.2. Hiezu genügt es darauf zu verweisen, daß durch einen Bescheid, mit dem eine behördliche Zustimmung zu einem Grundstückserwerb versagt wird, in das Recht auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens überhaupt nicht eingegriffen werden kann, da sich Art4 StGG nur auf die örtliche Bewegung der Person und des Vermögens bezieht, eine solche aber bei Liegenschaften schon begrifflich nicht in Frage kommt (vgl. VfSlg. 7535/1975).
5.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden.
Ein Verstoß gegen Art6 MRK, wie er im Fall Sramek gerügt wurde, liegt schon deshalb nicht vor, weil der Landesgrundverkehrsreferent im Beschwerdefall vor der Landesgrundverkehrsbehörde nicht eingeschritten ist.
Das Verfahren hat aber auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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