Normen
B-VG Art83 Abs2
Tir GVG 1962 §1 Abs1
Tir GVG 1962 §3 Abs1 lita
Tir GVG 1962 §8 Abs1
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z2
Tir GVG 1983 §3 Abs1 lita
Tir GVG 1983 §4 Abs2
B-VG Art83 Abs2
Tir GVG 1962 §1 Abs1
Tir GVG 1962 §3 Abs1 lita
Tir GVG 1962 §8 Abs1
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z2
Tir GVG 1983 §3 Abs1 lita
Tir GVG 1983 §4 Abs2
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 28. Jänner 1983 hat der Bf., ein Staatsangehöriger der BRD, von J F die neugebildete Gp. .../2 in EZ ... KG Zellberg im Ausmaß von 469 Quadratmeter um einen Kaufpreis von 30000 S gekauft. Im Vertrag wird ausgeführt, daß zwischen den Vertragspartnern bereits 1964 ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, wonach dem Bf. ein 2500 Quadratmeter großes Grundstück der Grünalm - der nunmehrige Kaufgegenstand sei ein Teil derselben - verkauft worden sei, auf dem der Käufer inzwischen ein Wochenendhaus mit baubehördlicher Bewilligung errichtet habe. In diesem Kaufvertrag vom 9. August 1964 hat sich J F verpflichtet, sobald als möglich einen notariellen Kaufvertrag anfertigen zu lassen; weiters wurde vereinbart, daß der Kaufschilling als Pachtzins für eine Pachtzeit von 99 Jahren zu werten sei, wenn eine Verbücherung aus welchen Gründen immer nicht möglich sein sollte.
2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Zellberg vom 24. Juni 1983 wurde dem mit Kaufvertrag vom 28. Jänner 1983 zur Verwendung als Feriensitz erfolgten Erwerb der Gp. .../2 in EZ ... KG Zellberg gemäß §4 Abs2 GVG idF LGBl. 4/1971 - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - die Zustimmung versagt.
Begründend wurde ausgeführt, der beabsichtigte Eigentumserwerb widerspreche §4 Abs2 GVG, da ein Grunderwerb durch einen Ausländer zu reinen Ferienzwecken dem volkswirtschaftlichen Interesse, die noch vorhandenen Bodenreserven für die einheimische Bevölkerung und deren Bedürfnisse zu erhalten, widerspreche. Darüber hinaus sei es volkswirtschaftlich nicht wünschenswert, wenn ausländische Gäste Grundbesitz zur Deckung ihrer Erholungsbedürfnisse erwerben, zumal eine unkontrollierbare Weitergabe auch an andere Gäste möglich sei, was zu einer Konkurrenzierung von Fremdenverkehrsbetrieben und Privatzimmervermietern führe. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß in Zellberg unter 170 Grundbesitzern bereits drei Ausländer mit 7830 Quadratmeter Grund zu verzeichnen seien. In einer kleinen bäuerlichen Gemeinde wie Zellberg mache "sich bereits eine verhältnismäßig geringe Zahl ausländischer Grundbesitzer mit Überfremdungstendenzen bemerkbar".
2.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 19. Juli 1984 gemäß §66 Abs4 AVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß er sich auf das GVG 1983 stütze.
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Ua. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der lita sowie des Buchstaben "c" in der litb des §13 Abs4 Z2 GVG 1983 ein.
Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:
5.1. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums wird in einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung erblickt. Im Kaufvertrag vom 28. Jänner 1983 werde ausdrücklich festgestellt, daß der tatsächliche Abverkauf des Grundstückes bereits im Jahre 1964 stattgefunden habe. Der Bf. habe bereits damals das Grundstück in seinen "faktischen Besitz" übernommen und darauf mit Genehmigung der Baubehörde ein Wohnobjekt errichtet. Der bel. Beh. sei der Kaufvertrag vom 9. August 1964 auch bekannt, da der Bf. ihn über Aufforderung der Behörde vorgelegt habe. Mit dem Vertrag vom 28. Jänner 1983 sei lediglich das ursprünglich vereinbarte Ausmaß von 2500 Quadratmeter auf 469 Quadratmeter vermindert worden. Die bel. Beh. hätte also bei ihrer Beurteilung die materiell-rechtlichen Bestimmungen des GVG 1962 anzuwenden gehabt, die für einen Vertragsabschluß am 9. August 1964 maßgeblich waren; das GVG 1962 habe aber Bestimmungen über den Ausländergrundverkehr noch nicht enthalten. Durch Anwendung des GVG 1983 sei die bel. Beh. denkunmöglich vorgegangen.
5.2. Die bel. Beh. hat sich im angefochtenen Bescheid der Begründung der Grundverkehrsbehörde erster Instanz unter Hinweis auf das Erk. des VfGH VfSlg. 8436/1978 angeschlossen. Bezugnehmend auf die vom Bf. zum Nachweis dafür, daß eine Genehmigungspflicht hinsichtlich des Kaufvertrages vom 28. Jänner 1983 gar nicht bestehe, vorgelegte Kaufvereinbarung vom 9. August 1964 wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt:
"Sehr wohl hat sich aber die Landesgrundverkehrsbehörde auf Grund des Umstandes, daß eine Vereinbarung hinsichtlich des Grunderwerbes zwischen den Vertragsteilen bereits im Jahre 1964 - sohin vor Inkrafttreten der Ausländerbestimmungen des GVG - getroffen wurde, mit der Frage befaßt, ob allenfalls hier der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben Anwendung zu finden hätte. Dies wäre sicher dann anzunehmen, wenn bereits damals ein Eigentumserwerb vereinbart worden wäre und die grundbücherliche Durchführung des Vertrages ohne Verschulden der Vertragsteile nach Inkrafttreten der zitierten Ausländerbestimmungen möglich geworden wäre. Dazu wurde auch Einsicht in den Kaufvertrag vom 9. 8. 1964 zwischen J und M F und W B genommen. Daraus ergibt sich aber eindeutig, daß der im seinerzeitigen Kaufvertrag vereinbarte Eigentumserwerb jedenfalls der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte, da ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück Gegenstand des Eigentumserwerbes war. Dies ergibt sich eindeutig aus den Punkten VIII. und IX. des Vertrages. Aus diesem Vertragsinhalt geht eindeutig hervor, daß hier eine Umgehung des Grundverkehrsgesetzes stattfinden sollte. Damit erklärt sich aber auch, warum der am 9. 8. 1964 vereinbarte Rechtserwerb nicht im Sinne der Bestimmung des §15 Abs1 GVG fristgerecht der Grundverkehrsbehörde zur Genehmigung vorgelegt wurde, ... Auf die Anwendung des Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben hat sohin der Rechtserwerber keinerlei Anspruch."
5.3. Der VfGH stimmt der bel. Beh. im Ergebnis zu: Würde das Beschwerdevorbringen zutreffen, daß der Kaufvertrag vom 9. August 1964 keiner Genehmigung der Grundverkehrsbehörde bedurfte, weil das damals maßgebliche GVG 1962, LGBl. 10/1963, Bestimmungen für den Ausländergrundverkehr noch nicht vorsah, dann wäre der Beschwerdevorwurf, der angefochtene Bescheid verletze den Bf. in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, tatsächlich begründet, da mit dem Kaufvertrag vom 28. Jänner 1983 nur ein bereits erworbenes Recht grundbuchsfähig verbrieft worden wäre. Damit läge eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vor (vgl. VfSlg. 9181/1981 uva.). Die bel. Beh. hält dieser Auffassung des Bf. jedoch zu Recht entgegen, daß mit dem Kaufvertrag vom 9. August 1964 in bestrittenermaßen ein landwirtschaftliches Grundstück, nämlich 2500 Quadratmeter Almgrund, verkauft wurde, sodaß der Kaufvertrag vom 9. August 1964 einer Genehmigung der Grundverkehrsbehörde gemäß §1 Abs1 iVm. §3 Abs1 lita GVG 1962 bedurft hätte; offensichtlich aus diesem Grund enthielt ja auch der Kaufvertrag vom 9. August 1964 die Eventualvereinbarung, daß der Kaufschilling als Pachtzinszahlung für 99 Jahre zu werten sei, falls eine Verbücherung des Eigentums nicht möglich wäre. Nach §8 Abs1 GVG 1962 wäre der Bf. daher verpflichtet gewesen, die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zum Rechtserwerb einzuholen; da eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung jedoch nicht erteilt wurde, ist die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung vom 9. August 1964 in Schwebe geblieben. Richtig ist wohl, daß die Gp. .../2 als Gegenstand des Kaufvertrages vom 28. Jänner 1983 nach der baubehördlich genehmigten Errichtung eines Wochenendhauses einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung als landwirtschaftliches Grundstück nicht mehr unterlag. Dennoch ist für den Bf. hieraus nichts zu gewinnen, da inzwischen die Novelle zum GVG 1962 vom 23. Mai 1966, LGBl. Nr. 19, in Kraft trat, nach welcher (ua.) der Erwerb des Eigentums an Grundstücken durch natürliche Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf. Da sich der Bf. mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung des Kaufvertrages vom 9. August 1964 auf einen rechtswirksamen Erwerb des Grundstückes somit nicht berufen kann, ist die bel. Beh. daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Kaufvertrag vom 28. Jänner 1983 grundverkehrsbehördlich genehmigungspflichtig war (dies gemäß §1 Abs1 Z2 GVG iVm. §3 Abs1 lita GVG 1983). Der Bf. ist demnach durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Es liegt aber auch kein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums vor. Daß die bel. Beh. bei Anwendung der für den Ausländergrunderwerb maßgeblichen Bestimmung des §4 Abs2 GVG 1983 denkmöglich vorgegangen ist, wird in der Beschwerde gar nicht bestritten. Es genügt hiezu, auf das ebenfalls einen Grundstückserwerb in der Gemeinde Zellberg betreffende Erk. VfSlg. 8436/1978 zu verweisen, auf das schon im Verwaltungsverfahren zu Recht Bezug genommen wurde.
5.4. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums hat somit nicht stattgefunden.
Da im grundverkehrsbehördlichen Verfahren der Landesgrundverkehrsreferent nicht eingeschritten ist, kommt auch eine Verletzung des Art6 MRK, wie sie im Fall Sramek gerügt wurde, nicht in Frage.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)