Normen
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- u Zwangsausübung unmittelb
StGG Art8
PersFrSchG §4
VStG §53
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- u Zwangsausübung unmittelb
StGG Art8
PersFrSchG §4
VStG §53
Spruch:
Die Bf. ist dadurch, daß sie nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft am 9. August 1983 um ungefähr 15.45 Uhr von Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Klagenfurt festgenommen, in das Polizeigefangenenhaus überstellt und dort bis etwa 17.30 Uhr im Arrest angehalten wurde, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde bringt die Einschreiterin im wesentlichen folgendes vor:
Während sie im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Klagenfurt in Untersuchungshaft angehalten worden sei, habe sie vom Strafamt der Bundespolizeidirektion Klagenfurt eine mit 25. März 1983 datierte Aufforderung zum Antritt einer von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land verhängten Ersatzfreiheitsstrafe erhalten. Gegen die Aufforderung zum Strafantritt habe sie "Beschwerde" mit der Begründung erhoben, daß keine Aufforderung zur Zahlung der Geldstrafe ergangen sei, daß eine Ersatzfreiheitsstrafe unmittelbar im Anschluß an eine Haft unzulässig sei sowie daß überhaupt kein Versuch zur Einbringung der Geldstrafe unternommen worden sei; die "Beschwerde" sei nicht erledigt worden. Nachdem am 9. August 1983 mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt ihre Enthaftung angeordnet worden sei, sei sie tatsächlich nicht aus der Untersuchungshaft entlassen, sondern es sei bloß die Beendigung der Untersuchungshaft im "Hauptbuch" eingetragen worden. Sie sei durch einige Zeit in Verwahr gehalten worden, bis sie Beamte der Bundespolizeidirektion Klagenfurt abgeholt und in das Polizeigefangenenhaus eingeliefert hätten; hier habe sie eine Stunde verbringen müssen, bis Freunde die Geldstrafe für sie bezahlt hätten.
Die Bf. beurteilt ihre weitere Anhaltung im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Klagenfurt, "obwohl die Enthaftung bereits angeordnet war", sowie die zum Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe getroffenen Maßnahmen als in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangene Verwaltungsakte und begehrt die Feststellung, daß sie hiedurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei.
2. Der Leiter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Klagenfurt sowie die durch die Finanzprokuratur vertretene Bundespolizeidirektion Klagenfurt erstatteten unter Aktenvorlage Gegenschriften, in denen die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. In der beim Landesgericht Klagenfurt gegen die Bf. anhängig gewesenen Strafsache wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §159 Abs1 Z1 und 2 StGB fand (wie aus dem vom VfGH beigeschafften Akt 30 E Vr 3287/82-Hv 220/83 des Landesgerichtes Klagenfurt hervorgeht) am 9. August 1983 die Hauptverhandlung statt, welche um 9.15 Uhr endete. Die Bf., welche sich schuldig bekannte, wurde mit dem (nicht in Rechtskraft erwachsenen) Urteil iS des Strafantrages schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die Vorhaft angerechnet wurde. Am selben Tag faßte der Einzelrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Beschluß, die Bf. gegen Leistung des Gelöbnisses nach §180 Abs5 Z1 und 4 StPO zu enthaften. Dieser Beschluß wurde der Bf., welche in der Folge das Gelöbnis leistete, vom Einzelrichter mündlich bekanntgemacht; die Amtshandlung endete um
15.25 Uhr.
Nach Durchführung der Entlassungsformalitäten wurde die Bf. gegen
15.45 Uhr von Justizwachebeamten im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Klagenfurt übergeben, die von der bevorstehenden Entlassung der Bf. verständigt worden waren. Die Sicherheitswachebeamten überstellten die Bf. in das Polizeigefangenenhaus, wo diese ab etwa 16.30 Uhr zur Vollstreckung einer mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. November 1981 (für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe von 1200 S) verhängten (Ersatz-)Arreststrafe angehalten wurde. Die Bf. wurde, nachdem die Geldstrafe (im aliquoten Teilbetrag) von einem Dritten bezahlt worden war, um ungefähr 17.30 Uhr enthaftet.
Auch bei diesen weiteren Sachverhaltsannahmen konnte sich der VfGH auf den nicht in Zweifel zu ziehenden Inhalt der beigeschafften Akten des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Klagenfurt sowie der Bundespolizeidirektion Klagenfurt im Zusammenhalt mit dem Akt des Landesgerichtes Klagenfurt stützen; der Akteninhalt stimmt mit dem Parteienvorbringen in allen wesentlichen Punkten überein. Lediglich der in beiden Gegenschriften aufgestellten Behauptung, die Bf. sei (erst) um 16.30 Uhr von den Sicherheitswachebeamten zur Vollstreckung der Ersatzarreststrafe übernommen worden, kann der VfGH nicht beipflichten. Wie aus einem Vermerk des Polizeigefangenenhauses Klagenfurt vom 9. August 1983 hervorgeht, wurde die Bf. dort von
16.30 bis 17.30 Uhr, also (rund) eine Stunde lang, angehalten; diese Dauer der Anhaltung entspricht auch dem eigenen Vorbringen der Bf. Der Gerichtshof nimmt im Hinblick darauf, daß die Übernahme der Bf. und ihre Überstellung vom landesgerichtlichen Gefangenenhaus in das Polizeigefangenenhaus ebenfalls eine gewisse Zeit beanspruchten, als erwiesen an, daß die Bf. bereits um 15.45 Uhr von den Sicherheitswachebeamten in Verwahrung genommen wurde, mithin zu einem Zeitpunkt, der sowohl im Akt des landesgerichtlichen Gefangenenhauses als auch in dessen Bericht an das Landesgericht als Enthaftungszeitpunkt angeführt ist.
2. Die Bf. ist anscheinend der Meinung, daß die Untersuchungshaft, in der sie angehalten worden war, bereits in jenem Zeitpunkt endete, in dem ihr der die Aufhebung der Haft verfügende Gerichtsbeschluß bekanntgemacht wurde. Diese Auffassung ist jedoch verfehlt. Wie der Gerichtshof nämlich bereits ausgesprochen hat (B251, 252/86 vom 26. September 1986) ist auch der zur Durchführung der Enthaftung erforderliche (angemessene) Zeitraum der (weiteren) Anhaltung im gerichtlichen Auftrag begründet und es ist eine solche weitere Anhaltung dem Gericht und nicht der Verwaltungsbehörde (dh. dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus) zuzurechnen.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Anhaltung der Bf. bis zur Übernahme ihrer Person in die Verwahrung durch Sicherheitswachebeamte (im festgestellten Zeitraum von 15.25 bis etwa 15.45 Uhr) richtet, war sie, da sie sich nicht gegen einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt richtet, wegen der Unzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.
3. Was die der Bundespolizeidirektion Klagenfurt zuzurechnenden Maßnahmen zur Vollstreckung der über die Bf. verhängten Ersatzarreststrafe anlangt, ist die Ansicht der Bf. verfehlt, daß die Voraussetzungen für diesen Strafvollzug nicht vorgelegen seien. Die (von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land um Durchführung des Strafvollzugs ersuchte) Bundespolizeidirektion Klagenfurt konnte schon im Hinblick auf das gerichtliche Strafverfahren wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida iS des §53 VStG von der Annahme ausgehen, daß die verhängte Geldstrafe uneinbringlich sein werde; sie kam auch der aus den Abs1 und 4 dieses Paragraphen folgenden Verpflichtung nach, die Bf. zum sofortigen Antritt der (Ersatz-)freiheitsstrafe aufzufordern (vgl. zB VfSlg. 8770/1980), wobei in der Aufforderung auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, den Vollzug der Ersatzarreststrafe durch Bezahlung der Geldstrafe abzuwenden.
Die von Organen der Bundespolizeidirektion Klagenfurt gegen die Bf. ergriffenen Maßnahmen entsprachen somit dem Gesetz, weshalb entgegen den Beschwerdebehauptungen eine Verletzung des durch §4 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht stattfand.
4. Das Beschwerdeverfahren erbrachte schließlich auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Bf. durch die bekämpften Amtshandlungen der Bundespolizeidirektion Klagenfurt in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wäre. Soweit sich die Beschwerde gegen diese Amtshandlungen richtet, war sie sohin abzuweisen.
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