VfGH B404/82

VfGHB404/8228.9.1985

Oö. GVG 1975; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §4 Abs1; Offenkundigkeit der landwirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke - keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter; denkmögliche Annahme, daß für den entfernt lebenden Bf. Eigenbewirtschaftung der Grundstücke nicht in Betracht kommen kann; keine Eigentumsverletzung; keine Willkür

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Oö GVG 1975 §1 Abs1
Oö GVG 1975 §4 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Oö GVG 1975 §1 Abs1
Oö GVG 1975 §4 Abs1

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Die Bezirksgrundverkehrskommission Frankenmarkt hat mit dem Bescheid vom 7. Jänner 1982 der im Kaufvertrag vom 4. bzw. 10. September 1981 vorgesehenen Übertragung des Eigentums an 14/24 und 3/24 (insgesamt 17/24 Anteilen an der Liegenschaft EZ ..., KG Attersee, an den in Klagenfurt wohnhaften Bf. die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.

Bei der um einen Kaufpreis von zirka 100000 S veräußerten Liegenschaft handelt es sich um ein 1921 Quadratmeter großes Wiesengrundstück, das innerhalb der 500 m Schutzzone des Attersees liegt. Die vorgesehene Übertragung des Eigentumsrechtes wurde im wesentlichen mit der Begründung versagt, daß das Kaufobjekt nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Attersee im Grünland liege und deshalb auch keine Zufahrt besitze. Es müsse daher eine spekulative Kapitalsanlage iS des §6 lite des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG 1975, LGBl. 53/1975 - angenommen werden.

b) Der vom Bf. gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Frankenmarkt erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 22. März 1982 keine Folge gegeben.

Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Nach den Feststellungen der Bezirksgrundverkehrskommission, die auf einer Auskunft der Gemeinde Attersee beruhen, wurde das Kaufobjekt bisher von einem Landwirt im Rahmen seines Betriebes genutzt. Es besteht daher kein Zweifel über die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde im Sinne des §1 Abs1 Oö. GVG 1975.

Das Kaufobjekt liegt nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Attersee im Grünland. Eine Umwidmung zum Bauland kommt infolge der Lage des Grundstückes innerhalb der 500 m Schutzzone nur mit Zustimmung der Naturschutzbehörde in Frage, wenn ein öffentliches Interesse hierfür gegeben ist. Die zuständige Gemeinde Attersee zieht eine derartige Umwidmung nur in Betracht, wenn ein unabweislicher Bedarf zur Schaffung von Bauland zur Errichtung von Dauerwohnsitzen für die einheimische Bevölkerung besteht. Von diesen Tatsachen ausgehend ist daher das Rechtsgeschäft zumindest derzeit nur unter den Gesichtspunkten des landwirtschaftlichen Grundverkehrs zu beurteilen. Wird dies getan, ist für die Genehmigung des Rechtsgeschäftes die landwirtschaftliche Selbstbewirtschaftung des Kaufobjektes durch den Käufer von maßgeblicher Bedeutung. Es kann nicht angenommen werden, daß der in Klagenfurt lebende Käufer das Kaufobjekt selbst landwirtschaftlich nutzt. Damit verstoßt das Rechtsgeschäft schon aus diesen Gründen gegen die in §4 Abs1 Oö. GVG 1975 angeführten öffentlichen Interessen.

Es muß der Bezirksgrundverkehrskommission aber auch beigepflichtet werden, daß der Versagungsgrund des §6 lite Oö. GVG 1975 vorliegt. Der in Klagenfurt lebende Käufer hat das Grundstück zu einem Preis erworben, der für landwirtschaftlichen Nutzgrund in dieser Gegend bezahlt wird. Er selbst gibt an, daß er das Grundstück erworben hat, um im Falle einer Umwidmung ein Eigenheim zu erwerben. Eine derartige Umwidmung kommt derzeit, wie ausgeführt, nicht in Betracht. Im Falle einer späteren Umwidmung des innerhalb der 500 m Schutzzone des Attersees liegenden Grundstückes in Bauland tritt aber eine Vervielfachung des Wertes ein. Da eine landwirtschaftliche Selbstnutzung des Grundstückes durch den Käufer aber nicht in Betracht kommt, eine Verbauung ebenfalls nicht möglich ist, muß daher angenommen werden, daß der Käufer das Kaufobjekt im Sinne des §6 lite Oö. GVG 1975 erworben hat."

2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 22. März 1982 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde.

Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den näher in der Beschwerde beschriebenen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein.

Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) In der Beschwerde wird vorgebracht, daß der gegenständliche Kaufvertrag, mit dem nicht einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmete Grundstücke veräußert wurden, nicht den Beschränkungen des Oö. GVG 1975 unterliege. Da die bel. Beh. dies verkannt habe, habe sie eine Befugnis in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zukomme, und dadurch den Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

b) Der Bf. hat in seinem Ansuchen an die Bezirksgrundverkehrskommission um Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung ausgeführt, daß "das Kaufobjekt ... derzeit eine Wiese" ist, "welche von einem Landwirt abgemäht wird". Die Gemeinde Attersee hat in ihrer Information für die Bezirksgrundverkehrskommission bestätigt, daß "das Grundstück ... zum größten Teil ein Obstgarten" ist und "von einem Landwirt" im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes "betreut wird".

Auch in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ist vom Bf. nicht behauptet worden, daß den Grundstücken, an denen er ideelle Anteile erwirbt, die Eigenschaft als landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nicht zukäme.

Erst in der Beschwerde an den VfGH wird behauptet, daß die Grundstücke nicht landwirtschaftlich genutzt würden.

Für die bel. Beh. bestand demnach bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf das Vorbringen des Bf. im Antrag und aufgrund der von der Gemeinde Attersee abgegebenen Bestätigung keine Veranlassung zu einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Frage, ob es sich bei den Grundstücken um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt. Im Hinblick auf die gegebenen Verhältnisse kann der bel. Beh. nicht zum Vorwurf gemacht werden, einen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen zu haben, wenn sie sich mit dem Problem der Qualifikation der Kaufgrundstücke als landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nicht weiter auseinandergesetzt hat.

Im übrigen wird auch im Beschwerdevorbringen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das auf den Grundstücken anfallende Obst gepflückt und das Gras gemäht wird, und damit dargetan, daß die Nutzung der Grundstücke in der Art einer landwirtschaftlichen Nutzung vorgenommen wird.

Es kann daher der Behörde nicht vorgeworfen werden, bei der Beurteilung, daß es sich bei den Grundstücken, die den Gegenstand des Kaufvertrages vom 4. bzw. 10. September 1981 gebildet haben, um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt, einen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen zu haben. Die bel. Beh. hat bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zugekommen wäre.

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden (VfSlg. 8766/1980, 9765/1983).

2. Die bel. Beh. hat die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung in erster Linie auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975 gestützt. Nach dieser Bestimmung müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung sind in der Beschwerde weder geltend gemacht worden noch im Verfahren vor dem VfGH hervorgekommen (vgl. VfSlg. 9180/1981, 10047/1984).

3. a) In der Beschwerde wird vorgebracht, daß dann, wenn der gegenständliche Kaufvertrag den Beschränkungen des Oö. GVG 1975 unterliege, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht, allenfalls das Gleichheitsrecht, verletzt worden sei. Im Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission sei betont worden, daß ein Nichtlandwirt dieses Grundstück erwerben solle. Im Bescheid der Landesgrundverkehrskommission sei ohne weitere Prüfung dieser Frage und ohne den Bf. hiezu anzuhören, ausgeführt worden, es könne nicht angenommen werden, daß der Bf. als in Klagenfurt lebender Käufer das Kaufobjekt selbst landwirtschaftlich nutzen werde. Richtig sei, daß es im Grundverkehrsrecht darauf ankomme, ob ein ausreichender Grund zur Annahme vorliege, daß der Erwerber das Gut nicht selbst bewirtschaften werde. Der Bf. habe in der Berufung gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Frankenmarkt ausgeführt, daß er voraussichtlich Ende dieses Jahres in den Ruhestand gehen werde. Die Obsternte eines Obstgartens von weniger als 2000 Quadratmeter sei sicher keine Angelegenheit, die eine ständige Betreuung eines Gründstückes erfordert, welche auch derzeit nicht stattfinde. Die Annahme der bel. Beh., der Bf. würde die Liegenschaft nicht selbst bewirtschaften, sei denkunmöglich, wobei eben nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch auf die nahe Zukunft Bedacht zu nehmen sei. Der Bf. habe nicht nur jetzt, sondern in der Folgezeit zweifelsohne die Möglichkeit, das gegenständliche Obst selbst zu pflücken und diesen Obstgarten selbst zu "bewirtschaften". Er könne auch ohne weiteres selbst das Gras mähen, wozu er darauf verweise, daß er bis zu seinem 20. Lebensjahr bei seiner Großmutter auf einem Bauernhof gelebt habe.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung in das Eigentumsrecht des Erwerbers (Käufers) eingegriffen. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte dieser Eingriff nur dann verfassungswidrig sein, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 9047/1981).

Im Gleichheitsrecht könnte der Bf. nur verletzt worden sein, wenn die Behörde dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte (vgl. VfSlg. 9186/1981).

c) Nun hatte die bel. Beh., wie der Bf. selbst ausführt, nach den im Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen tatsächlichen Verhältnissen, und nicht nach eventuellen zukünftigen Möglichkeiten zu entscheiden. Wenn sie aus diesen Verhältnissen und insbesondere daraus, daß der Bf. in Klagenfurt lebt, die Schlußfolgerung gezogen hat, daß das Rechtsgeschäft gegen die in §4 Abs1 Oö. GVG 1975 angeführten öffentlichen Interessen verstößt, weil eine Eigenbewirtschaftung der Grundstücke durch den Bf. nicht in Betracht kommen kann, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, das Gesetz so fehlerhaft angewendet zu haben, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte.

Es liegt aber auch der vom Bf. behauptete, eine Gleichheitsverletzung bewirkende Verfahrensmangel nicht vor. Die Unterlassung der Anhörung des Bf. und insbesondere der Umstand, daß die Mitteilung der Gemeinde Attersee über die Lage und den Zustand des Grundstückes dem Bf. nicht zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme nicht geboten wurde, kann allenfalls ein einfachgesetzlicher Verfahrensmangel sein. Ein in die Verfassungssphäre reichender Mangel des Ermittlungsverfahrens kann darin nicht erblickt werden.

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid auch im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.

4. Zu der in der Beschwerde nicht näher begründeten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, Liegenschaften jeder Art zu erwerben (Art6 StGG), verweist der VfGH auf seine ständige Rechtsprechung, nach der allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, durch die Bestimmungen des Art6 StGG nicht ausgeschlossen sind (vgl. VfSlg. 8309/1978).

5. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid, soweit sich dieser auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975 stützt, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, deren Verletzung vom Bf. behauptet wurde, nicht verletzt worden ist. Damit erübrigt sich eine Prüfung, ob der angefochtene Bescheid denkmöglich auch auf §6 lite Oö. GVG 1975 gestützt werden konnte (vgl. VfSlg. 9765/1983).

6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen sonstigen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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