VfGH B265/82

VfGHB265/8228.11.1985

LMG 1975; Rechtsverletzung im Anlaßfall nach Aufhebung des ersten Satzes des §48 als verfassungswidrig

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ vom 3. März 1982, Z SanRB-4998/1-1982, wurde festgestellt, daß F W als verantwortlicher Geschäftsführer der H-KG am 12. November 1979 in einer Filiale in Wien eine Seife unter der Bezeichnung "Grüner Apfel - frische Seife" zum Verkauf bereitgehalten habe, welche als falsch bezeichnet iS des §8 litf des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) zu beurteilen gewesen sei. Die auf der Verpackung befindliche Anpreisung "Grüner Apfel - frische Seife" und "mit dem natürlichen Duft" sei für Käufer irreführend, da die Seife weder die wertbestimmenden Bestandteile noch die natürlichen Düfte des Apfels, sondern lediglich nach Apfel riechende ätherische Öle enthalte. Über W wurde eine Geldstrafe bzw. eine Ersatzarreststrafe verhängt. Der Landeshauptmann berief sich in der Begründung des Bescheides auf das Sachverständigengutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in Wien, mit dem die Anzeige gegen W erstattet wurde, und verwarf das von W vorgelegte Gutachten eines Hochschullehrers.

2. Gegen diesen Bescheid erhob F W Beschwerde an den VfGH, in der er die Verletzung bestimmt bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§9 VStG 1950) behauptete und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragte. Der Landeshauptmann von OÖ hingegen erstattete eine Gegenschrift, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. Ua. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Halbsatzes des ersten Satzes des §48 LMG 1975 ein und hob mit Erk. vom heutigen Tage, VfSlg. 10701/1985, den gesamten ersten Satz des §48 LMG 1975 als verfassungswidrig auf.

III. Wie aus den Entscheidungsgründen des eben angeführten Erk. hervorgeht, wendete die bel. Beh. die als verfassungswidrig befundene Vorschrift an. Auch auf diese Bestimmung stützte sich die Verhängung der unter I. 1. angeführten Verwaltungsstrafe über den Bf.

Jedenfalls ist nicht ausgeschlossen, daß nach der Aufhebung des ersten Satzes des §48 LMG 1975 eine Änderung der Rechtslage für den Bf. im Verwaltungsstrafverfahren eintritt (vgl. VfSlg. 10285/1984).

Der Bf. ist somit durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

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