VfGH G175/84

VfGHG175/8429.11.1985

Art140 Abs1 B-VG; "Nichtregelung" kann im Zusammenhang eine implizit getroffene normative Regelung darstellen - Präjudizialität des §15 Abs5 HochschülerschaftsG 1973

HochschülerschaftsG 1973; keine Verfassungswidrigkeit des §15 Abs5 infolge der unmittelbaren Anwendbarkeit des §3 VerbotsG durch alle staatlichen Organe im Rahmen ihres Wirkungsbereiches; der unmittelbaren Anwendbarkeit steht weder das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung noch Art26 Abs5 B-VG entgegen; keine Verpflichtung des Gesetzgebers, das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung in Wahlgesetzen zu wiederholen oder besondere Vorschriften über die Vorgangsweise bei Verdacht einer Wiederbetätigung zu erlassen; Erfüllung der in Art9 Staatsvertrag von Wien enthaltenen Verpflichtungen durch §15 Abs5 HSchG 1973 angesichts der unmittelbaren Anwendbarkeit des §3 VerbotsG nicht in Frage gestellt

Normen

B-VG Art26 Abs5
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
MRK 1. ZP Art3
EMRK Art17
ABGB §879
HochschülerschaftsG 1973 §15
HochschülerschaftsG 1973 §15 Abs5
ParteienG 1975 §1 Abs3
StV Wien 1955 Art9
VerbotsG §3
VerbotsG §3g
VerbotsG §3a ff
VerbotsG §3a
VerbotsG §3d
VerG §6
B-VG Art26 Abs5
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
MRK 1. ZP Art3
EMRK Art17
ABGB §879
HochschülerschaftsG 1973 §15
HochschülerschaftsG 1973 §15 Abs5
ParteienG 1975 §1 Abs3
StV Wien 1955 Art9
VerbotsG §3
VerbotsG §3g
VerbotsG §3a ff
VerbotsG §3a
VerbotsG §3d
VerG §6

 

Spruch:

§15 Abs5 Hochschülerschaftsgesetz 1973, BGBl. 309/1973 idF der Nov. BGBl. 141/1978, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim VfGH ist ein Verfahren über die Beschwerde zweier wahlwerbender Gruppen an der Hochschülerschaftswahl 1981 anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

a) Für die Wahl des Zentralausschusses der Österreichischen Hochschülerschaft im Mai 1979 hatte die wahlwerbende Gruppe "Aktion Neue Rechte (ANR)" einen Wahlvorschlag eingebracht. Diesen Wahlvorschlag hat die Wahlkommission bei der Österreichischen Hochschülerschaft mit Bescheid vom 10. Mai 1979 wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Art4 und 9 des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. 152/1955 (im folgenden: Staatsvertrag von Wien), und der §§3, 3a und 3d des VerbotsG, StGBl. 13/1945 idF des NationalsozialistenG BGBl. 25/1947, nicht zugelassen.

Nach durchgeführter Wahl hat die "Aktion Neue Rechte" durch ihren Zustellungsbevollmächtigten wegen der Nichtzulassung ihres Wahlvorschlages Einspruch gegen das Wahlergebnis gemäß §16 Abs12 HochschülerschaftsG 1973, BGBl. 309/1973 (in der Folge: HSchG), iVm.

§42 Abs1 Hochschülerschaftswahlordnung 1973, BGBl. 546/1973 (in der Folge: HSchWO), wegen Verletzung der Bestimmungen über das Wahlverfahren erhoben und beantragt, die Wahl für ungültig zu erklären.

Da vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung über diesen Einspruch innerhalb der Frist des §73 AVG 1950 nicht entschieden worden war, ging aufgrund der von der "Aktion Neue Rechte" erhobenen Säumnisbeschwerde die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Einspruch auf den VwGH über. Von diesem erging das Erk. vom 22. September 1980, VwSlg. 10231 A, mit dem dem Einspruch "wegen der durch den Bescheid der Wahlkommission bei der Österreichischen Hochschülerschaft vom 10. Mai 1979 erfolgten Verletzung der Bestimmung des §20 Abs1 der Hochschülerschaftswahlordnung über das Wahlverfahren" stattgegeben wurde. Die Wahl wurde für ungültig erklärt.

b) Die Wiederholungswahl wurde am 20. und 21. Mai 1981 (iS des §15 Abs9 iVm. §15 Abs1 HSchG, idF der Nov. BGBl. 141/1978 und 482/1980, gleichzeitig als Neuwahl) durchgeführt. Nach dem am 26. Mai 1981 kundgemachten Wahlergebnis entfiel auf den Wahlvorschlag der "Aktion Neue Rechte" ein Mandat für den Zentralausschuß der Österreichischen Hochschülerschaft.

Mit einem Schriftsatz vom 9. Juni 1981 erhoben die wahlwerbende Gruppe "Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ)" und die wahlwerbende Gruppe "Kommunistischer Studentenverband (KSV)" durch ihre Zustellungsbevollmächtigten gemäß §16 Abs12 HSchG iVm. §42 HSchWO Einspruch gegen das Wahlergebnis wegen Verletzungen der Bestimmungen über das Wahlverfahren.

Mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 30. Juni 1981 wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid ist Gegenstand des eingangs erwähnten unter B416/81 protokollierten verfassungsgerichtlichen Verfahrens.

2. Bei der Beratung über diese Beschwerde sind beim VfGH Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §15 HSchG 1973, BGBl. 309/1973 idF der Nov. BGBl. 141/1978 und BGBl. 482/1980, entstanden. Der VfGH hat daher beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung dieser Gesetzesstelle einzuleiten (Beschl. vom 10. Dezember 1984, B416/81-32).

3. Die Bundesregierung hat dem VfGH mitgeteilt, daß sie beschlossen hat, im Gesetzesprüfungsverfahren von einer Äußerung abzusehen. Die im Anlaßverfahren beteiligte wahlwerbende Gruppe der Hochschülerschaftswahl 1981 "Aktion Neue Rechte" hat als Beteiligte im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung erstattet, in der sie sich gegen die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen ausspricht; die gleichfalls beteiligten wahlwerbenden Gruppen "Verband Sozialistischer Studentinnen und Studenten Österreichs" und "Kommunistischer Studetenverband" haben in ihrer Äußerung die Aufhebung beantragt.

Im Hinblick auf die besondere, über den Bereich des Hochschülerschaftswahlrechts hinausgehende Bedeutung der im Einleitungsbeschluß aufgeworfenen Rechtsfragen hat der VfGH den Landesregierungen anheim gestellt, eine Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren zu erstatten. Von dieser Möglichkeit haben die Landesregierungen der Bundesländer OÖ, Stmk., Tir., Vbg. und Wien Gebrauch gemacht und sich ebenfalls gegen eine Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung ausgesprochen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. §15 HSchG regelt die Wahlen der Organe der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaften an den Hochschulen. Er lautet in der hier maßgeblichen Fassung der Nov. BGBl. 141/1978 und BGBl. 482/1980 (die letztangeführte Nov. bezieht sich bloß auf §15 Abs9 HSchG):

"§15. (1) Die Wahlen in alle Organe der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaften an den Hochschulen, mit Ausnahme der Wahlkommissionen, sind alle zwei Jahre in der in Abs8 genannten Zeit für ganz Österreich gleichzeitig, auf Grund des allgemeinen, gleichen und geheimen Verhältniswahlrechtes gesondert für jedes dieser Organe durchzuführen. Das Wahlrecht ist persönlich auszuüben.

(2) Die Wahlen in den Zentralausschuß, die Hauptausschüsse und die Fakultäts(Abteilungs)vertretungen erfolgen unbeschadet der Bestimmungen des Abs3 nach einem Listenwahlrecht. Die Anzahl der auf die einzelnen wahlwerbenden Gruppen entfallenden Mandate ist mittels der Wahlzahl zu ermitteln. Hiebei ist nach dem d'Hondtschen Verfahren, wie folgt vorzugehen:

a) Die Zahlen der für jede wahlwerbende Gruppe abgegebenen gültigen Stimmen werden, nach ihrer Größe geordnet, nebeneinandergeschrieben; unter jede dieser Zahl wird die Hälfte, unter diese ihr Drittel, Viertel und nach Bedarf auch ihr Fünftel, Sechstel usw. geschrieben. Als Wahlzahl gilt, wenn drei Mandate des Organes zu wählen sind, die drittgrößte, bei vier Mandaten die viertgrößte usw. der angeschriebenen Zahlen.

b) Auf jede wahlwerbende Gruppe entfallen so viele Mandate, als die Wahlzahl in der Summe der für die wahlwerbenden Gruppen abgegebenen gültigen Stimmen enthalten ist.

c) Haben nach dieser Berechnung mehrere wahlwerbende Gruppen den gleichen Anspruch auf das letzte zu vergebende Mandat, so entscheidet über die Verteilung dieses Mandates das Los. Die auf eine wahlwerbende Gruppe entfallenden Mandate sind den im Wahlvorschlag angegebenen Bewerbern nach der Reihe ihrer Nennung zuzuteilen. Die den auf einem Wahlvorschlag gewählten Mandataren des Organes folgenden Wahlwerber gelten als Ersatzmänner dieser Mandatare. Ist der Wahlvorschlag erschöpft, so kann die betreffende wahlwerbende Gruppe zusätzliche Ersatzmänner nominieren.

(3) Bei den Wahlen der Studienrichtungs-, Institus-, Klassen(Schul)- und Studienabschnittsvertretungen sind die Kandidaten als Personen zu wählen. Ist die Fakultät einer Hochschule mit der Durchführung nur einer Studienrichtung betraut (§11 Abs1), so hat auch die Wahl der Fakultätsvertretung mittels Personenwahl zu erfolgen, sofern für die Studierenden an dieser Fakultät keine Instituts- oder Studienabschnittsvertretungen zu wählen sind (§11 Abs2 bis 4). Bei Personenwahl darf kein Wähler mehr Kandidaten wählen, als Mandate für das jeweilige Organ zu vergeben sind. Mehrfachnennungen eines Kandidaten sind nur einmal zu zählen.

(4) Die Mandate für die gemäß Abs3 zu wählenden Organe werden an die Kandidaten nach der Zahl der erhaltenen Stimmen derart vergeben, daß das erste Mandat dem Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl, das zweite Mandat dem Kandidaten mit der zweithöchsten Stimmenzahl usw. zufällt. Haben nach dieser Berechnung mehrere Kandidaten den gleichen Anspruch auf ein Mandat, weil sie die gleiche Stimmenzahl erhalten haben und sind mehr Kandidaten als noch zur Vergabe gelangende Mandate vorhande, so entscheidet das Los. Es sind jedoch nur jenen Kandidaten Mandate zuzuweisen, die zumindest 30 v.H. der Stimmen des Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl erhalten haben. Können auf diese Weise nicht mindestens die Hälfte der zu vergebenden Mandate zugewiesen werden, so haben die Zuweisung der Mandate und die Verständigung der Gewählten zu unterbleiben und ist gemäß Abs10 zweiter Satz vorzugehen.

(5) Die Wahlausschließungsgründe richten sich nach jenen der Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. Nr. 391/1980, mit Ausnahme der Bestimmungen über die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Wählbarkeit richtet sich nach den Bestimmungen der Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. Nr. 391/1970, mit Ausnahme der Bestimmung über das Wahlalter. Für das aktive und passive Wahlrecht gelten weiters die §§1 Abs2 bis 5, 6 Abs2, 7 Abs3, 8 Abs4, 9 Abs3 und 4 sowie 10 Abs3.

(6) Ein Mandat erlischt, wenn der Mandatar aufhört, ordentlicher Hörer zu sein oder auf das Mandat verzichtet.

(7) Bei Hochschülerschaftswahlen sind amtliche Stimmzettel zu verwenden. Für die Beurteilung der Gültigkeit von Stimmen und die Form der Stimmabgabe sind die Bestimmungen der Nationalrats-Wahlordnung 1971 sinngemäß anzuwenden.

(8) Hochschülerschaftswahlen sind jeweils an einem Dienstag und Mittwoch oder Mittwoch und Donnerstag in der Zeit von Mitte April bis Mitte Juni durchzuführen. Einer der beiden Tage ist von der zuständigen akademischen Behörde als vorlesungs- und prüfungsfrei zu erklären. Die Wahltage sind nach Anhörung der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaften an den Hochschulen vom Bundesminister für Wissenschaft unf Forschung durch Verordnung zu bestimmen.

(9) Ist auf Grund eines Einspruches wegen Verletzung der Bestimmungen über das Wahlverfahren die Wiederholung einer Wahl notwendig, so ist diese Wahl unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Abs8 innerhalb von zwei Monaten anzuberaumen und durchzuführen. Ferien und die ordentliche Inskriptionsfrist (§19 Abs1 und 3 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes) sind in diesen Zeitraum nicht einzurechnen. Die Abhaltung von Wahlen während der Ferien und innerhalb der ordentlichen Inskriptionsfrist ist unzulässig. Bei der Berechnung von Fristen ist ein Monat mit 30 Tagen zu berechnen. Wird die die Wiederholung einer Wahl notwendig machende Entscheidung nicht im Semester der aufgehobenen Wahl oder in den beiden folgenden Semestern rechtswirksam, so sind die zu wiederholenden Wahlen als Wahlen gemäß Abs1 durchzuführen. Solchen Wahlen liegen die zur aufgehobenen Wahl zuzulassenden Wahlvorschläge zugrunde, soweit diese nicht spätestens am 9. Tage vor der Wahl zurückgezogen werden. Die Einbringung und Zulassung von Wahlvorschlägen gemäß §16 ist zulässig. Wird ein Wahlvorschlag gemäß §16 zugelassen, so gilt ein von der jeweiligen wahlwerbenden Gruppe bei den aufgehobenen Wahlen eingebrachter Wahlvorschlag als zurückgezogen. Die Bestimmungen dieses Absatzes sind sinngemäß auch auf Kandidaturen bei Personenwahlen anzuwenden.

(10) Gibt es weniger als drei Kandidaten für ein gemäß Abs3 zu wählendes Organ, so hat die Wahl zu unterbleiben. In diesem Fall oder wenn die Funktionsperiode vorzeitig endet (§4 Abs3), so ist im nächsten Studienjahr unter sinngemäßer Anwendung des Abs8 eine Nachwahl durchzuführen.

(11) Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Wahlen der im Abs1 und 2 genannten Organe sind durch Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung zu erlassen."

§15 Abs1 HSchG normiert Grundsätze für die Wahlen in alle Organe der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaften an den Hochschulen, die Abs2 bis 4 sowie 7 und 9 regeln das Wahlverfahren. Abs6 betrifft das Erlöschen von Mandaten, Abs9 die Durchführung von Wiederholungswahlen, Abs11 regelt Sonderfälle iZm. Wahlen gemäß Abs3; Abs5 betrifft die Wahlausschließungsgründe.

Die im dritten Satz des §15 Abs5 HSchG bezogenen Bestimmungen dieses Gesetzes umschreiben den Kreis der aktiv und passiv Wahlberechtigten zu den einzelnen Wahlen im Bereich der Hochschülerschaft. Aus dem so umschriebenen Kreis der passiv Wahlberechtigten sind nach dem zweiten Satz des Abs5 bestimmte Personen von der Wählbarkeit ausgeschlossen. Der Kreis der von der Wählbarkeit ausgeschlossenen Personen wird durch einen Verweis auf die Bestimmungen der Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. 391/1970 (NR-WO 1971), umschrieben, wobei ausdrücklich bestimmt ist, daß die Bestimmung der NR-WO 1971 über das Wahlalter für Wahlen im Bereich der Hochschülerschaft nicht gelten soll.

Der unter der Rubrik "Wählbarkeit" stehende erste Abschn. des III. Hauptstückes der NR-WO 1971 (§44) in der vom HSchG zitierten Fassung lautet:

"Wählbar sind alle Männer und Frauen, die am Stichtage die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, vor dem 1. Jänner des Jahres der Wahl das 25. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrechte nicht ausgeschlossen sind."

Die Wahlausschließungsgründe sind ihrerseits im zweiten Abschn. des II. Hauptstückes der NR-WO 1971 (§§22 bis 25) enthalten. Diese Bestimmungen normieren den Wahlausschluß wegen bestimmter gerichtlicher Verurteilungen, wegen Maßnahmen aufgrund gerichtlicher Verurteilungen und wegen mangelnder Handlungsfähigkeit.

Diese Bestimmungen lauten in der vom §15 Abs5 HSchG rezipierten Fassung:

"§22

(1) Vom Wahlrecht ist ausgeschlossen, wer durch ein inländisches Gericht wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Ausschluß endet fünf Jahre nachdem die verhängte Freiheitsstrafe und die allenfalls angeordnete Unterbringung in einem Arbeitshaus vollzogen sind oder als vollzogen gelten; ist keine Strafe ausgesprochen oder die ausgesprochene Strafe zur Gänze durch Anrechnung einer Vorhaft verbüßt worden, so beginnt die Frist von fünf Jahren mit Rechtskraft der Verurteilung.

(2) Ist die Verurteilung ausschließlich wegen eines der im §6 Abs2 Z1 bis 9 des Gesetzes vom 15. November 1867, RGBl. Nr. 131, in der geltenden Fassung, angeführten Verbrechens oder wegen eines Verbrechens nach dem Staatsschutzgesetz, BGBl. Nr. 223/1936, erfolgt oder ist die Verurteilung ausschließlich wegen eines Verbrechens nach dem Militärstrafgesetz, BGBl. Nr. 344/1970, erfolgt, das nicht mit einer fünf Jahre übersteigenden Kerkerstrafe bedroht ist, so endet der Ausschluß vom Wahlrecht bereits mit dem Zeitpunkt, in dem sonst nach Abs1 die Frist von fünf Jahren beginnt.

(3) Hat eine Verurteilung keine Rechtsfolgen nach sich gezogen, sind die Rechtsfolgen erloschen oder sind dem Verurteilten alle Rechtsfolgen oder der Ausschluß vom Wahlrecht nachgesehen worden, so ist er auch vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen. Der Ausschluß vom Wahlrecht tritt ferner nicht ein, wenn das Gericht die Vollziehung der Strafe nach dem Gesetz über die bedingte Verurteilung 1949, BGBl. Nr. 277, in der geltenden Fassung, vorläufig aufgeschoben hat. Wird der Aufschub widerrufen, so tritt mit dem Tage der Rechtskraft dieses Beschlusses der Ausschluß vom Wahlrecht ein.

§23

Vom Wahlrechte sind ferner Personen, die in ein Arbeitshaus abgegeben wurden, bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Erlöschen dieser Maßnahme, ausgeschlossen.

§24

Vom Wahlrechte sind weiters ausgeschlossen:

1. Personen, die voll oder beschränkt entmündigt sind;

2. Personen, denen die väterliche Gewalt über ihre Kinder entzogen wurde, bis zur Aufhebung dieser Verfügung oder solange die Kinder unter fremder Vormundschaft stehen, im letztgenannten Falle jedenfalls bis zum Ablauf eines Jahres nach Erlassung der Verfügung."

(Die in der Zwischenzeit erfolgten Änderungen der NR-WO sind im Hinblick auf statische Verweisung in §15 Abs5 HSchG für das Hochschülerschaftswahlrecht ohne Bedeutung geblieben.)

2. a) Der VfGH hat in dem dieses Verfahren einleitenden Beschluß vorläufig angenommen, daß die Beschwerde zulässig ist und daß er die in Prüfung gezogene Bestimmung des §15 HSchG bei der Behandlung der Beschwerde anzuwenden hat. Diese Bestimmung schien ihm nämlich insofern eine der gesetzlichen Grundlagen für den bekämpften Bescheid zu bilden, als der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung - in Übereinstimmung mit der Ansicht des VwGH - die Auffassung vertreten hat, daß die Wahlbehörden bei der Entscheidung über die Zulassung von wahlwerbenden Gruppen eine inhaltliche Prüfung der von der jeweiligen Gruppe oder von den wahlwerbenden Personen verfolgten Ziele nicht vorzunehmen haben.

b) Die Beschwerde ist - wie der VfGH schon in seinem Erk. VfSlg. 10090/1984, das aus Anlaß desselben Beschwerdeverfahrens ergangen ist, ausgeführt hat - zulässig.

c) Die Stmk. Landesregierung bezweifelt, daß der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens Thema eines Gesetzesprüfungsverfahrens nach Art140 B-VG sein kann. Sie führt dazu ua. folgendes aus:

"Die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §15 Hochschülerschaftswahlgesetz 1973 gründen sich darauf, daß diese Bestimmung den aus Art9 des Staatsvertrages von Wien und §3 des Verbotsgesetzes in der Fassung des Nationalsozialistengesetzes folgenden Geboten, eine Beteiligung von nichtzulässigen Organisationen an Wahlen zu verhindern, nicht Rechnung trägt. Es wird also die Verfassungswidrigkeit einer einfachgesetzlichen Vorschrift wegen Nichterfüllung eines 'Verfassungsauftrages' angenommen, weil diese Vorschrift eine Regelung bestimmten Inhalts nicht enthält und es wird als von der Verfassung vorgesehene Sanktion für eine solche Nichterfüllung eines Verfassungsauftrages die Aufhebung der betreffenden einfachgesetzlichen Vorschrift angesehen.

Damit wird aber nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung die Funktion der österreichischen Bundesverfassung im Hinblick auf die Gesetzgebung und damit der Begriff des verfassungswidrigen Gesetzes verkannt. Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung ist die österreichische Bundesverfassung als eine Rechtserzeugungsregel zu verstehen, die Organe und Verfahren der Rechtserzeugung regelt, die Zuständigkeiten zuweist und inhaltliche Schranken für die Ausübung von Zuständigkeiten errichtet. Die Bundesverfassung determiniert den Inhalt der Ergebnisse des Rechtserzeugungsprozesses unterhalb der Verfassungsstufe negativ, indem sie - wie z.B. durch Bestimmungen über die Grundrechte - bestimmte inhaltliche Ergebnisse ausschließt. Sie erteilt der einfachen Gesetzgebung insoweit 'Aufträge' als sie Schranken für den möglichen Inhalt einfacher Gesetze normiert und vorsieht, daß Rechtsvorschriften, die unter Verletzung dieser Schranken erzeugt worden sind, vom VfGH aufgehoben werden sollen."

Hingegen seien Verfassungsaufträge in der Form positiver inhaltlicher Gestaltungsaufträge an den Gesetzgeber, deren Nichterfüllung vom VfGH zu ahnden wäre, der österreichischen Bundesverfassung fremd. Sodann führt die Landesregierung weiter aus:

"Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung kann dem nicht entgegengehalten werden, daß staatsvertragliche Regelungen im Verfassungsrang ausdrücklich von Verpflichtungen sprechen, die durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen sind. Eine derartige 'Verpflichtung' kann für den innerstaatlichen Bereich auch nur als eine rechtlich nicht durchsetzbare programmatische Erklärung bzw. eine Ermächtigung an die Gesetzgebung und als eine Schrankenziehung für den möglichen Inhalt von Gesetzen verstanden werden.

Es fehlt nämlich - und dies gilt für staatsvertragliche Verpflichtungen genauso wie für sonstige Vorschriften, die als 'Aufträge' an die Gesetzgebung im vorhin genannten Sinn verstanden werden sollen - an jeglicher Möglichkeit zur Durchsetzung einer derartigen Verpflichtung bzw. zur Erzwingung der Erfüllung eines derartigen Auftrages, wenn die Gesetzgebung auf dem betreffenden Gebiet gänzlich untätig bleibt. Die vom VfGH ins Auge gefaßte Sanktion, nämlich die Aufhebung einfachgesetzlicher Regelungen wegen Unvollständigkeit infolge Nichterfüllung eines positiven inhaltlichen Gestaltungsauftrages ist nicht adäquat. Eine derartige Konstruktion würde nämlich auf folgende Konsequenz hinauslaufen:

Ignoriert die einfache Gesetzgebung einen Verfassungsauftrag im Hinblick auf einen bestimmten Regelungsgegenstand völlig, könnte eine derartige 'Verfassungswidrigkeit' nicht sanktioniert werden. Erläßt die Gesetzgebung jedoch in diesem Gegenstandsbereich Regelungen, die zwar gegen keine von der Verfassung gezogenen Schranken verstoßen, aber auch keine Bestimmungen enthalten, die eine Erfüllung des Verfassungsauftrages wären, so könnte die Sanktion gegen diese Säumigkeit die gesamte Regelung aufgehoben werden. Das Ergebnis einer solchen Aufhebung wäre aber genau das gleiche wie im Fall einer völligen Ignorierung des Verfassungsauftrages seitens des Gesetzgebers durch Untätigkeit."

Soweit die Landesregierung aus diesen Erwägungen ableitet, daß die vom VfGH als Maßstab herangezogenen Bestimmungen nicht den Inhalt haben können, den ihnen der VfGH im Einleitungsbeschluß zumißt, wird darauf bei der Erörterung der Sache noch näher eingegangen werden.

Wenn die Stmk. Landesregierung nun meint, daß es dem VfGH verwehrt sei, Gesetzesbestimmungen aufzuheben, weil sie Regelungen eines bestimmten Inhalts nicht enthalten (und daraus ableitet, daß die verfassungsrechtlichen Normierungen nicht als unter Sanktion stehende Aufträge zur Realisierung durch den einfachen Gesetzgeber gesehen werden können), so übersieht sie die jüngere Judikatur des Gerichtshofes: So ist der VfGH in VfSlg. 8017/1977 (dieses Erk. hat zur Aufhebung des §19 VStG 1950 idF BGBl. 275/1964 geführt) davon ausgegangen, daß eine Gesetzesbestimmung, die ausdrücklich Regelungen über einen bestimmten Gegenstand (dort: Anrechnung von Haftzeiten; hier: inhaltliche Prüfung von Wahlvorschlägen) nicht trifft, damit gleichzeitig bestimmt, daß die nicht geregelten Aspekte nicht berücksichtigt werden dürfen. Insofern stellt sich eine "Nichtregelung" als eine - zwar nur implizit getroffene, aber doch - normative Regelung dar. Der VfGH hat diese Ansicht auch in weiteren Entscheidungen beibehalten (vgl. etwa VfSlg. 8533/1979, 8806/1980 und 10384/1985) und sieht auch im vorliegenden Verfahren keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzugehen.

Sie führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis: Im §15 Abs5 HSchG sind - iVm. den von dieser Bestimmung rezipierten Bestimmungen der NR-WO 1971 - die Wahlausschließungsgründe geregelt. Eine inhaltliche Prüfung der Wahlvorschläge darauf, ob es sich bei den Kandidierenden um Personen oder Gruppierungen handelt, die nationalsozialistisches, faschistisches oder antidemokratisches Gedankengut vertreten, ist nicht vorgesehen. Damit wäre gleichzeitig normiert, daß eine solche Überprüfung bei der Entscheidung über die Zulassung zur Wahl nicht stattzufinden hat. Es ist daher die genannte Bestimmung für die Entscheidung im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren präjudiziell.

Die Tir. Landesregierung ist daher im Recht, wenn sie zur Frage der Präjudizialität folgendes ausführt:

"Sollten die bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen des Art9 des Staatsvertrages von Wien und des §3 des Verbotsgesetzes in der Fassung des Nationalsozialistengesetzes den Inhalt haben, den ihr der VfGH im gegenständlichen Beschluß unterstellt, so wäre die Verfassungswidrigkeit des Hochschülerschaftsgesetzes 1973 darin zu sehen, daß es keine Bestimmungen enthält, nach denen Organisationen und Personen, die Tätigkeiten entfalten, die mit dem Verbot einer Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne nach den beiden genannten bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen im Widerspruch stehen, von den Hochschülerschaftswahlen auszuschließen sind.

Der Bundesgesetzgeber hätte also im Hochschülerschaftsgesetz 1973 die Wahlausschließungsgründe entsprechend erweitern müssen.

Weiters führt die Tir. Landesregierung folgendes aus:

"Der Kreis der von den Hochschülerschaftswahlen ausgeschlossenen Personen ist derzeit im §15 Abs5 dieses Gesetzes geregelt, und zwar durch eine Verweisung auf die Bestimmungen der Nationalrats-Wahlordnung 1971. Der Umfang des gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahrens müßte sich daher auf den Abs5 des §15 des Hochschülerschaftsgesetzes 1973 beschränken, da die übrigen Absätze dieses Paragraphen mit der Frage des aktiven und des passiven Wahlrechtes bei den Hochschülerschaftswahlen in keinem unmittelbarem sachlichen Zusammenhang stehen."

Auch mit diesem letzten Hinweis ist die Tir. Landesregierung im Recht. Der VfGH kann seine vorläufige Annahme, daß die Regelung des §15 HSchG eine nicht weiter trennbare normative Einheit bildet, die insgesamt ein Regelungssystem begründet, das im Widerspruch mit den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art9 Staatsvertrag von Wien und des §3 VerbotsG idF NationalsozialistenG zu stehen scheint, nicht weiter aufrecht erhalten. Es besteht zwischen der Regelung der Wahlausschließungsgründe im §15 Abs5 HSchG und dem übrigen Regelungsinhalt des §15 HSchG kein derart untrennbarer Zusammenhang, der es rechtfertigen würde, den gesamten §15 HSchG als präjudiziell anzusehen.

d) Es ist daher das Verfahren betreffend §15 Abs5 HSchG in der für das verfassungsgerichtliche Bescheidprüfungsverfahren maßgeblichen Fassung der Nov. BGBl. 141/1978, weil alle Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig. Das Verfahren hinsichtlich der übrigen Bestimmungen des §15 HSchG ist wegen Fehlens der Präjudizialität aus den genannten Gründen einzustellen.

III. 1. In der Sache hatten den VfGH folgende Erwägungen zur Einleitung dieses Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt:

"a) Der im Verfassungsrang stehende (BGBl. 59/1964) Art9 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, (...) lautet:

'1. Österreich wird die bereits durch die Erlassung entsprechender und von der Alliierten Kommission für Österreich genehmigter Gesetz begonnenen Maßnahmen zur Auflösung der nationalsozialistischen Partei und der ihr angegliederten und von ihr kontrollierten Organisationen einschließlich der politischen, militärischen und paramilitärischen auf österreichischem Gebiet vollenden. Österreich wird auch die Bemühungen fortsetzen, aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen, um zu gewährleisten, daß die obgenannten Organisationen nicht in irgendeiner Form wieder ins Leben gerufen werden, und um alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern.

2. Österreich verpflichtet sich, alle Organisationen faschistischen Charakters aufzulösen, die auf seinem Gebiete bestehen, und zwar sowohl politische, militärische und paramilitärische, als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind.

3. Österreich verpflichtet sich, unter der Androhung von Strafsanktionen, die umgehend in Übereinstimmung mit den österreichischen Rechtsvorschriften festzulegen sind, das Bestehen und die Tätigkeit der obgenannten Organisationen auf österreichischem Gebiete zu untersagen.'

Dementsprechend ist Österreich von Verfassungs wegen nicht nur zur Auflösung nationalsozialitischer Organisationen verpflichtet, sondern unter anderem auch dazu, die Bemühungen fortzusetzen, alle Spuren des Nazismus zu entfernen, um zu gewährleisten, daß nazistische Organisationen nicht in irgendeiner Form wieder ins Leben gerufen werden und um alle nazistische Tätigkeit und Propagande in Österreich zu verhindern. Weiters ist Österreich verpflichtet, alle faschistischen Organisationen sowie alle jene Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind, aufzulösen.

Durch das Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945 über das Verbot der NSDAP (VerbotsG), StGBl. 13/1945 idF des BVG vom 6. Februar 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten (NS-G, BGBl. 25/1947), wurden die NSDAP und ihre Gliederungen und Verbände sowie alle nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen aufgehoben; in §3 wurde ein allgemeines Wiederbetätigungsverbot ausgesprochen:

'Es ist jedermann untersagt, sich, sei es auch außerhalb dieser Organisationen, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen.'

Weiters enthält das Gesetz Bestimmungen über die Registrierung von Nationalsozialisten, Strafbestimmungen sowie Bestimmungen über sonstige gegenüber Nationalsozialisten eintretende Rechtsfolgen.

b) Der VfGH geht vorläufig davon aus, daß das bundesverfassungsgesetzliche Wiederbetätigungsverbot des §3 VerbotsG idF des NS-G und das bundesverfassungsgesetzliche Verbot nazistischer Tätigkeit, wie es sich aus Art9 Z1 StV Wien ergibt, als umfassende Verbote zu verstehen sind, deren Übertretung zwar strafrechtlich zu sanktionieren ist (Art9 Z3 StV Wien) und auch sanktioniert ist (vgl. insb. §§3a ff. und 10 ff. VerbotsG idF NS-G), die aber auch darüber hinaus von rechtlicher Bedeutung sind. Auch geht der VfGH davon aus, daß das aus Art9 Z2 StV Wien erfließende Gebot, alle Organisationen faschistischen Charakters und alle Organisationen aufzulösen, die eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder die die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind, Österreich nicht nur zur strafrechtlichen Sanktion einer verbotswidrigen Tätigkeit verpflichtet, sondern eine darüber hinausgehende Bedeutung hat. Die genannten im Range eines Bundesverfassungsgesetzes stehenden Normen scheinen auch für die Beteiligung an Wahlen relevant zu sein und scheinen die Bestimmungen des Art26 Abs5 B-VG zu ergänzen. Die Verfassung scheint zu verlangen, daß eine Beteiligung von gemäß Art9 StV Wien und §3 VerbotsG idF NS-G nicht zulässigen (in welcher Form auch immer gebildeten) Organisationen an öffentlichen Wahlen als Wahlparteien ebenso untersagt werden muß, wie die Kandidatur einzelner Personen, die nazistisches Gedankengut zu verbreiten beabsichtigen; denn auch das scheinen Erscheinungsformen verbotener nazistischer bzw. antidemokratischer Tätigkeit zu sein. Dies dürfte auch mit dem Grundsatz des freien Wahlrechts (Art8 StV Wien), der bestimmte Einschränkungen des passiven Wahlrechts zuzulassen scheint, in Einklang stehen (vgl. Art3 (1.) ZP MRK iVm. Art17 MRK).

c) Der VfGH geht - insofern in Übereinstimmung mit dem VwGH (VwSlg. 10231 A/1980) - weiter davon aus, daß den Wahlbehörden nach dem geltenden Hochschülerschaftswahlrecht (§15 HSchG und die diese Bestimmung konkretisierenden Bestimmungen der HSchWO) keine Kompetenz zukommt, die Frage zu prüfen, ob eine wahlwerbende Gruppe oder eine kandidierende Person den genannten verfassungsgesetzlichen Verboten widerspricht und bejahendenfalls den Wahlvorschlag nicht zuzulassen. Vielmehr scheint die Rechtsauffassung zuzutreffen, die der VwGH vertritt, daß nämlich ein Wahlvorschlag dann, wenn er den formellen Voraussetzungen entspricht, die die Hochschülerschaftswahlordnung aufstellt, also in bestimmter Form eingebracht ist sowie den in der Verordnung im einzelnen angeführten Anforderungen hinsichtlich der Bezeichnung der wahlwerbenden Gruppe, der Kandidatenliste, der Zustimmungserklärung der Kandidaten, der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten und der Beibringung von Unterstützungsvorschlägen entspricht, zur Wahl zugelassen werden muß. Die genannten Bestimmungen des Art9 StV Wien und des §3 VerbotsG idF NS-G scheinen zu unbestimmt zu sein, um von den Wahlbehörden unmittelbar angewendet werden zu können. Auch scheint die abschließende Formulierung in §15 Abs5 HSchG und in den dort bezogenen Bestimmungen der NR-WO 1971 gegen eine derartige Auffassung zu sprechen.

d) Wenn es die Regelung des Hochschülerschaftswahlrechts nicht zuläßt, die eingereichten Wahlvorschläge in der genannten Hinsicht zu prüfen, die Bundesverfassung aber den Inhalt hat, den der VfGH ihr vorläufig unterstellt, so scheint dies verfassungswidrig zu sein."

2. Im Verfahren haben die Landesregierungen von OÖ, Stmk., Tir., Vbg. und Wien dem VfGH folgendes entgegengehalten:

a) In der Äußerung der Oö. Landesregierung wird zunächst ausgeführt, daß nach der Judikatur des VwGH Slg. 10231 A zum Hochschülerschaftswahlrecht und der Judikatur des VfGH zum Parteienrecht (B195/82 vom 1. März 1983 - VfSlg. 9648/1983 - und B477/79 vom 9. Juni 1983) eine Zuständigkeit von Verwaltungsorganen zur Entscheidung über eine Zulassung bestimmter Personen oder Gruppen als politische Parteien bzw. Wahlberechtigte nicht vorgesehen ist.

Sodann führt die Oö. Landesregierung folgendes aus:

"Nunmehr nimmt der VfGH an, daß z.B. die klare und eindeutige Regelung des Art26 Abs5 B-VG ('Die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung oder Verfügung sein') durch Art9 Z1 bzw. Z3 STV Wien und §3 Verbotsgesetz derart als ergänzt anzusehen ist, daß die Wahlgesetzgeber bei der Regelung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Wahlvorschläge das Wiederbetätigungsverbot des §3 Verbotsgesetz bzw. des Art9 Z1 STV Wien berücksichtigen müssen, um bundesverfassungskonform zu sein. Den Wahlbehörden wäre es so zur Pflicht zu machen, kraft eigener Beurteilung Wahlparteien, die sich im Sinne des §3 Verbotsgesetz bzw. Art9 Z1 STV Wien betätigen, nicht zur Wahl zuzulassen.

Es scheint aber, daß sich darartiges aus Art9 Z1 STV Wien nicht ableiten läßt. Dem Wortlaut des Art9 Z1 STV Wien läßt sich nämlich mit einer im Normtext selbst enthaltenen Begründung (siehe Satzteil 'um zu gewährleisten ...') entnehmen, daß 'Österreich ... die Bemühungen fortsetzen (wird), aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen'. Keineswegs ist darin aber konkretisiert, in welcher Form dies zu geschehen hat.

Dies deckt sich mit der vom VfGH in seinem Beschluß vertretenen Auffassung, wonach 'Art9 STV Wien und §3 Verbotsgesetz i.d.F. NS-Gesetz zu unbestimmt zu sein (scheinen), um von den Wahlbehörden unmittelbar angewendet werden zu können'. Die bundesverfassungsrechtlichen Regelungen des Art9 STV Wien bzw. des Verbotsgesetzes lassen dem einfachen Gesetzgeber sichtlich einen Gestaltungsraum, der es keinesfalls zwingend erscheinen läßt, die Wahlbehörden mit Zuständigkeiten dieser Art auszustatten. Dies gilt umsomehr, als im Wege des Art26 Abs5 B-VG nach einer gerichtlichen Verurteilung ohnedies das Wiederbetätigungsverbot dadurch unmittelbar wirksam wird, daß mangels aktiven oder passiven Wahlrechts Personen, die das Wiederbetätigungsverbot verletzt haben, von der Teilnahme an Wahlverfahren auszuschließen sind.

Die einschlägigen Rechtsvorschriften enthalten für solche Fälle in der Folge auch Mandatsverlusttatbestände, sodaß eine gerichtliche Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Wiederbetätigungsverbot nach der Wahl im Bereich der Gesetzgebungsorgane ebenfalls wirksam wird (vgl. z.B. §2 Abs1 Z3 GO des NR).

Zweifelsfrei läßt sich aus Art9 STV Wien wohl unmittelbar nur erschließen, daß entsprechende Maßnahmen effektiv sein müssen. Dem genügt das bestehende System der österreichischen Rechtsordnung wohl jedenfalls im Sinne eines Mindeststandards.

Bedenkt man weiters die Organisation der Wahlbehörden, ihre Pflicht, in sehr kurzen Zeiträumen Entscheidungen treffen zu müssen sowie die Tatsache, daß die Entscheidungssituation kurz vor Wahlen in jedem Fall rechtlich einwandfreie Entscheidungen betreffend das Wiederbetätigungsverbot nicht gerade begünstigt, dann müssen auch aus rechtspolitischer Sicht ernste Bedenken dagegen geltend gemacht werden, daß Wahlbehörden in Zukunft neben den Gerichten Fragen dieser Art zu beurteilen haben."

b) Die Stmk. Landesregierung vertritt die Ansicht, die vom VfGH dem Art9 Staatsvertrag von Wien und dem §3 VerbotsG idF NationalsozialistenG zugemessene Bedeutung eines "Verfassungsauftrages" widerspreche dem Konzept der österreichischen Bundesverfassung. Aus diesem Grund vertritt sie die Ansicht, daß weder §3 VerbotsG idF NationalsozialistenG noch Art9 Staatsvertrag von Wien "Verfassungsaufträge" enthalten, deren Nichterfüllung durch die Aufhebung "unvollständiger" gesetzlicher Bestimmungen zu sanktionieren wäre.

Im übrigen - führt die Stmk. Landesregierung aus - könne sie sich aus folgenden Gründen den Bedenken des VfGH nicht anschließen:

"Durch die Regelungen des Verbotsgesetzes bzw. des Nationalsozialistengesetzes ist ein spezifisches Instrumentarium zur Abwehr der nationalsozialistischen Gefahr geschaffen worden, das von zwei Prinzipien bestimmt ist:

1. strafrechtliche Sanktionen und deren Rechtsfolgen gegen jede Form der Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn und

2. Sühnefolgen gegen Personen, die sich vor der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Österreichs im Interesse des Nationalsozialismus betätigt haben.

Diese Prinzipien wurden in zahlreichen Rechtsvorschriften konkretisiert. Im Wahlrecht fanden sie im Wahlgesetz 1945, BGBl. (richtig: StGBl.) Nr. 198 (insbesondere in den §§7 und 36 Abs3), und in der Nationalratswahlordnung 1949, BGBl. Nr. 129 (§§24, 27, 48) ihren Ausdruck. Nach diesen beiden Gesetzen waren jeweils Personen, gegen die sich im Verbotsgesetz bzw. im Nationalsozialistengesetz angeordneten Maßnahmen gerichtet haben, vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen.

Nach diesen beiden Gesetzen waren die Wahlbehörden ermächtigt, zu prüfen, ob im Einzelfall ein Grund für den Ausschluß vom aktiven bzw. vom passiven Wahlrecht vorlag. Die Prüfung hatte sich aber darauf zu beschränken, ob einer der in den beiden Gesetzen genannten Wahlausschließungsgründe gegeben war. Die Wahlbehörden waren hingegen nicht ermächtigt, zu beurteilen, ob eine Person, die weder wegen ehemaliger Zugehörigkeit zu einer nationalsozialistischen Organisation vom Wahlrecht ausgeschlossen war, noch wegen einer Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn gerichtlich verurteilt war, als potentieller Nationalsozialist vom passiven Wahlrecht auszuschließen sei.

Es ist also weder 1945 noch 1949 das bundesverfassungsgesetzliche Wiederbetätigungsverbot des §3 Verbotsgesetz (sowohl in seiner ursprünglichen Fassung als auch in der Fassung des Nationalsozialistengesetzes) im Sinn eines Gebotes verstanden worden, Wahlbehörden zu ermächtigen, die Zulassung eines Bewerbers zur Wahl vom Ergebnis einer durch sie selbst vorgenommenen Prüfung, ob im Hinblick auf den Wahlwerber der Verdacht einer Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn bestehe, abhängig zu machen. Im Hinblick auf diese Gegebenheit vermag sich die Steiermärkische Landesregierung nicht der Ansicht anzuschließen, §3 des Verbotsgesetzes sei im Sinne eines derartigen Gebotes zu verstehen.

Zu diesem Ergebnis führt noch eine andere Überlegung: §3 litg des Verbotsgesetzes in der Fassung des Nationalsozialistengesetzes erklärt jede Betätigung im nationalsozialistischen Sinn zum Verbrechen. Eine Ermächtigung an Wahlbehörden, darüber zu befinden, ob in einem konkreten Fall eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn vorliegt oder nicht, würde bedeuten, daß eine Verwaltungsbehörde darüber zu befinden hätte, ob jemand ein Verbrechen begangen hat und daß diese Behörde ermächtigt wäre, an diese Beurteilung Rechtsfolgen zu knüpfen. Durch die Qualifikation der Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn als Verbrechen ist aber die rechtliche Beurteilung, ob in einem konkreten Fall eine Wiederbetätigung gegeben ist oder nicht, Sache der Gerichte.

Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung kann ein Gebot, gegen eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn andere rechtliche Instrumente als die strafgerichtliche Veruteilung und die an eine solche geknüpften Rechtsfolgen einzusetzen, auch nicht aus Art9 des Staatsvertrags von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, abgeleitet werden. Aus der in Rede stehenden Bestimmung ist unbestreitbar eine völkerrechtliche Verpflichtung abzuleiten, strafrechtliche Sanktionen gegen eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn vorzusehen sowie alle Organisationen faschistischen Charakters sowie alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung Österreichs ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind, aufzulösen.

Darin ist aber nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung kein Auftrag enthalten, in besonderem Maße Wahlbehörden zu ermächtigen, die Entscheidung darüber zu treffen, ob in einem konkreten Fall eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn oder eine Organisation des genannten Charakters vorliegt."

c) Die Tir. Landesregierung hält dem Gerichtshof folgendes entgegen:

"Der Staatsvertrag von Wien ist in erster Linie ein völkerrechtlicher Vertrag, in dem Österreich gegenüber den Alliierten und Assoziierten Mächten bestimmte Verpflichtungen übernommen hat (folgt der Text des Art9).

Die Frage, inwieweit Österreich diesen Verpflichtungen nachgekommen ist, stellt somit ein völkerrechtliches Problem dar. Der Staatsvertrag von Wien ist jedoch nicht nur ein völkerrechtlicher Vertrag. Einzelne Bestimmungen dieses Staatsvertages (darunter auch der Art9) stehen darüber hinaus auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 59/1964 seit ihrem Inkrafttreten im Verfassungsrang. Die Erhebung einzelner Bestimmungen des Staatsvertrages von Wien in den Verfassungsrang hat jedoch am grundsätzlichen Charakter dieser Bestimmungen als völkerrechtliche Verpflichtungen nichts geändert. Insbesondere kann daraus nicht abgeleitet werden, daß die von Österreich nach außen den Alliierten und Assoziierten Mächten gegenüber eingegangenen Verpflichtungen auch als - im Verfassungsrang stehende - innerstaatlich wirksame Verpflichtungen (insbesondere der gesetzgebenden Organe) anzusehen sind. Die im Art9 des Staatsvertrages von Wien und im §3 des Verbotsgesetzes in der Fassung des Nationalsozialistengesetzes normierten Verbote der Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne sind zwar - als im Verfassungsrang stehende Normen - als inhaltlicher Maßstab für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von bestehenden Gesetzes durch den VfGH heranzuziehen. Diese Verbote sind jedoch nicht als Verfassungsauftrag an den einfachen Bundes- oder Landesgesetzgeber zu verstehen, in allen das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben (vgl. Art9 Z2 zweiter Satz des Staatsvertrages von Wien) regelnden Gesetzen entsprechende Bestimmungen vorzusehen, um eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne hintanzuhalten."

In ähnlicher Weise wie die Stmk. Landesregierung meint die Tir. Landesregierung, dem österreichischen Verfassungsrecht sei ein Auftrag an den einfachen Gesetzgeber zur Erlassung von Gesetzen bestimmten Inhalts grundsätzlich fremd. Nur wenn eine solche Verpflichtung ausdrücklich angeordnet sei, führe ein Untätigbleiben des Gesetzgebers zur Verfassungswidrigkeit bestehender Gesetze, die in einem Gesetzesprüfungsverfahren geltend gemacht werden können.

d) Die Vbg. Landesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren folgende Äußerung:

"1. Der VfGH geht in seinem Beschluß zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens davon aus, daß das bundesverfassungsgesetzliche Verbot nazistischer Wiederbetätigung gemäß §3 des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des BVG über die Behandlung der Nationalsozialisten, BGBl. Nr. 25/1947, im Zusammenhang mit Art9 Z1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, nicht nur strafrechtliche Wirkung erzeuge, sondern eine darüber hinausgehende Bedeutung habe, insbesondere die Bestimmungen des Art26 Abs3 B-VG zu ergänzen scheine. Andererseits lasse der §15 des Hochschülerschaftsgesetzes eine inhaltliche Prüfung der eingereichten Wahlvorschläge auf allfällige verbotene Wiederbetätigungen im nationalsozialistischen Sinne nicht zu, weshalb diese Bestimmung im Widerspruch mit den erwähnten bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen zu stehen scheine.

2. Der §15 Abs5 des Hochschülerschaftsgesetzes verweist bezüglich der Wahlausschließungsgründe für Hochschülerschaftswahlen auf jene der Nationalrats-Wahlordnung, BGBl. Nr. 391/1970. Diese in den §§22 bis 25 enthaltenen Regelungen normieren eine Wahlausschließung u.a. bei Vorliegen bestimmter gerichtlicher Verurteilungen (Verbrechen).

Die Vorarlberger Landesregierung räumt ein, daß die Regelungen des Hochschülerschaftgesetzes im Zusammenhang mit den Wahlausschließungsgründen der Nationalrats-Wahlordnung tatsächlich keine Möglichkeit bieten, eine inhaltliche Prüfung der Ziele von wahlwerbenden Gruppen und Parteien vorzunehmen. Der Wahlausschließungsgrund wegen verbotener Wiederbetätigung ist erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung nach dem Verbotsgesetz bzw. dem Nationalsozialisten-Gesetz gegeben.

Die im Prüfungsbeschluß des VfGH dem Art9 des Staatsvertrages und dem §3 des Verbotsgesetzes unterstellte, über die strafrechtliche Sanktion hinausgehende Bedeutung des Wiederbetätigungsverbotes scheint der Vorarlberger Landesregierung dennoch nicht zwingend zu sein.

Die Regelungen des Hochschülerschaftsgesetzes im Zusammenhang mit den Wahlausschließungsgründen der Nationalrats-Wahlordnung, welche die Überprüfung der Wahlwerber auf verbotene Wiederbetätigung den Gerichten überlassen, genügen nach der ho. Auffassung den verfassungsgesetzlichen Geboten sowohl des Staatsvertrages wie auch des Verbots- bzw. Nationalsozialisten-Gesetzes.

3. Auch wenn der VfGH zur Auffassung gelangen sollte, daß das verfassungsgesetzlich verankerte Wiederbetätigungsverbot über die strafrechtlichen Sanktionen hinausgehende Wirkungen für den einfachen Gesetzgeber erzeugt, so kann darin kein Grund für eine Aufhebung des §15 des Hochschülerschaftsgesetzes erblickt werden.

Wenn ein einfaches Gesetz innerhalb der verfassungsgesetzlich festgelegten Schranken eine bestimmte inhaltliche Regelung nicht enthält, obwohl von verfassungswegen eine solche geboten wäre, dann besteht nach dem bisherigen Verfassungsverständnis über die Zuständigkeit des VfGH keine Möglichkeit, gesetzgeberische Untätigkeit zu pönalisieren. Dies geht insbesondere aus dem Erkenntnis Slg. Nr. 4213/1962 hervor, wonach 'der Umstand, daß ein einfaches Ausführungsgesetz hinter einem Verfassungsgesetz zurückbleibt, für sich allein noch nicht das Teilwerk verfassungwidrig macht. Da dem VfGH die Kompetenz abgeht, anstelle des Gesetzgebers eine ausstehende Regelung zu erlassen, ist er auch nicht berechtigt, darüber zu erkennen, ob der einfache Gesetzgeber hinter dem Verfassungsgesetzgeber zurückgeblieben ist. In Fällen dieser Art ist allein die erlassene Regelung als solche einer Prüfung auf ihre Verfassungsmäßigkeit zugänglich'. In diesem Verfahren hatte der VfGH über das Zurückbleiben des Besatzungsschädengesetzes gegenüber dem Staatsvertrag 1955 zu erkennen.

4. Außerdem scheint es aus praktischen Gründen ausgeschlossen, daß die in einem umfangreichen und zeitaufwendigen Verfahren zu prüfenden Fragen nach dem Vorliegen einer verbotenen Wiederbetätigung von einer Wahlbehörde, welche lediglich in Wahlzeiten und nur für wenige Wochen besteht, beurteilt oder entschieden werden können. Mit derartigen Aufgaben und insbesondere in der gebotenen Eile wären Wahlbehörden jedenfalls überfordert, wenn bedacht wird, welche Zeit weit weniger schwierig nachzuweisende Delikte bei der Ahndung durch die Gerichte in Anspruch nehmen.

Wenn daher die vom VfGH dem Art9 des Staatsvertrages und des §3 des Verbotsgesetzes unterstellte, über die strafrechtlichen Sanktionen hinausgehende weitere Bedeutung als zutreffend erkannt würde, wo wären die Regelungen zur Erfüllung eines solchen Verfassungsauftrages eher anderswo als im Bereich der Wahlausschließungsgründe anzusiedeln."

e) In ähnlichem Sinn wie die Stmk. Landesregierung führt die Wr. Landesregierung insbesondere folgendes aus:

"Das Verbotsgesetz und das Nationalsozialistengesetz enthalten ein spezifisches Instrumentarium zur Abwehr der nationalsozialistischen Gefahr. Es sind dies einerseits strafrechtliche Sanktionen und deren Rechtsfolgen gegen jede Form der Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn und andererseits Sühnefolgen gegen Personen, die sich vor der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Österreichs im Interesse des Nationalsozialismus betätigt haben.

Diese Prinzipien wurden in zahlreichen Rechtsvorschriften - z.B. im Wahlgesetz 1945, BGBl. (richtig: StGBl.) Nr. 198, und in der Nationalratswahlordnung 1949, BGBl. Nr. 129 - konkretisiert. Die genannten Gesetze haben die Wahlbehörden ermächtigt, zu prüfen, ob im Einzelfall einer der in den beiden Gesetzen angeführten Gründe für den Ausschluß vom aktiven oder passiven Wahlrecht vorlag. Eine Ermächtigung der Wahlbehörden, eine Beurteilung vorzunehmen, ob eine Person, die weder wegen ehemaliger Zugehörigkeit zu einer nationalsozialistischen Organisation vom Wahlrecht ausgeschlossen noch wegen einer Wiederbetätigung in nationalsozialistischem Sinn gerichtlich verurteilt war, als potentieller Nationalsozialist vom passiven Wahlrecht auszuschließen sei, war jedoch nicht gegeben.

Das bundesverfassungsgesetzliche Wiederbetätigungsverbot des §3 Verbotsgesetz ist demnach nicht im Sinn eines Gebotes verstanden worden, Wahlbehörden zu ermächtigen, die Zulassung eines Bewerbers zur Wahl vom Ergebnis einer von ihnen selbst durchgeführten Prüfung, ob in bezug auf den Wahlwerber der Verdacht einer Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn bestehe, abhängig zu machen. Aus den dargelegten Gründen kann die Auffassung, §3 des Verbotsgesetzes sei im Sinne eines derartigen Gebotes zu verstehen, nicht geteilt werden.

Es sei in diesem Zusammenhang auch noch auf folgenden Umstand hingewiesen:

Durch das Verbotsgesetz in der Fassung des Nationalsozialistengesetzes wird jede Betätigung im nationalsozialistischen Sinn zum Verbrechen erklärt. Eine Ermächtigung an Wahlbehörden, darüber zu befinden, ob in einem konkreten Fall eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn vorliegt oder nicht, würde bedeuten, daß eine Verwaltungsbehörde zu beurteilen hätte, ob jemand ein Verbrechen begangen hat, und daß diese Behörde ermächtigt wäre, an diese Beurteilung Rechtsfolgen zu knüpfen. Dadurch, daß die Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn als Verbrechen qualifiziert wird, ist aber die rechtliche Beurteilung, ob in einem konkreten Fall eine Wiederbetätigung gegeben ist, Sache der Gerichte.

Ein Gebot, gegen eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn andere rechtliche Instrumente als die strafrechtliche Verurteilung und die an eine solche geknüpften Rechtsfolgen einzusetzen, kann auch nicht aus Art9 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, abgeleitet werden. Auch diese Bestimmung enthält nämlich nach Ansicht der Wiener Landesregierung keinen Auftrag, Wahlbehörden zu ermächtigen, eine Beurteilung vorzunehmen, ob in einem konkreten Fall eine Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn oder eine Organisation des genannten Charakters vorliegt.

Bei einer anderen Auslegung des Art9 des Staatsvertrages müßte konsequenterweise die Verpflichtung abgeleitet werden, einer allfälligen Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn nicht nur repressiv, sondern auch präventiv zu begegnen. Dies würde bedeuten, daß nicht nur vor der Zulassung eines Staatsbürgers zu irgendeiner politischen Tätigkeit geprüft werden müßte, ob der Betreffende sich nicht im nationalsozialistischen Sinn betätigen könnte, sondern daß eine derartige Prüfung auch vor jeglicher Zulassung zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu erfolgen hätte. Im übrigen müßte dann auch die gesamte Presse und jede kulturelle Tätigkeit unter Präventivzensur gestellt werden."

3. Von den im Verfahren beteiligten wahlwerbenden Gruppen wurden gegensätzliche Meinungen vertreten.

a) Die "Aktion Neue Rechte" spricht sich gegen eine Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung aus:

"Zum Beschluß des VfGH vom 10. Dezember 1984, wird bemerkt, daß die Wiederbetätigungsverbote des §3 VG und des Artikel 9 des Staatsvertrages Behörden und Gerichten nicht gestattet, nach Belieben festzulegen, welche Rechtsfolge eine vermutete Übertretung dieses Verbotes haben sollte. Das Bestehen eines gesetzlichen (auch verfassungsgesetzlichen) Verbotes an sich ist nicht automatisch mit jeder beliebigen Rechtsfolge verknüpft. Es bedarf dazu vielmehr in inhaltlicher und verfahrensmäßiger Hinsicht einer gesetzlichen Regelung - wie aus dem Legalitätsprinzip des Artikel 18 B-VG hervorgeht. Die Festlegung derartiger Rechtsfolgen steht nun ausschließlich dem Gesetzgeber zu, ohne daß ihn eine verfassungsmäßige Verpflichtung dazu trifft. In welchen Fällen der Gesetzgeber welche Folgen an eine Übertretung eines gesetzlichen Verbotes knüpft, bleibt ihm überlassen - umso mehr wenn der Verfassungsgesetzgeber wie im gegenständlichen Fall selbst die Erlassung der verfassungsgesetzlichen Verbote eben nicht mit der Festsetzung jener Rechtsfolgen, deren Erzwingung im Wege des Gesetzesprüfungsverfahrens offenbar Ziel der die gegenständliche Wahlanfechtung betreibenden wahlwerbenden Gruppe ist, verbunden hat und die Entscheidung darüber also einfachgesetzlichen Regelungen überlassen hat.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Auswirkungen eines allfälligen Verstoßes gegen das Wiederbetätigungsverbot auf das Wahlrecht ohnehin klar gesetzlich geregelt sind. Eine Verurteilung nach den §§3a - 3g VG kann einen Wahlausschließungsgrund bilden, der von den Wahlkommissionen durch Streichung des betroffenen Kandidaten wahrzunehmen wäre. Sollten alle Kandidaten einer wahlwerbenden Gruppe davon betroffen sein, könnte sie auch keinen Mandatar stellen. Die Kompetenz der Wahlkommission, festzustellen, ob eine einen Wahlausschließungsgrund darstellende Verurteilung vorliegt, erscheint so zur Wahrnehmung des Wiederbetätigungsverbotes ausreichend. Es besteht keine Veranlassung (gerade auch aus Sicht der verfassungsmäßigen Gewaltentrennung), hier den Wahlkommissionen inhaltliche Entscheidungen, die den Gerichten übertragen sind, zuzusprechen.

Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, weitere Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Wiederbetätigungsverbot festzulegen (bzw. die bestehenden verfahrens- und kompetenzmäßig anders zu organisieren) ist auch aus dem Verfassungsrang dieser Verbote nicht ableitbar.

Gerade im Hinblick auf die Auslegung des Artikel 9 des Staatsvertrages ist - neben den bereits in der Stellungnahme der Tiroler Landesregierung S. 5/6 zutreffend angeführten grundsätzlichen Bedenken gegen eine innerstaatlich wirksame Verpflichtung insbesondere der gesetzgebenden Organe - darauf hinzuweisen, daß derselbe Vertrag in Artikel 8 'allen Staatsbürgern ein freies, gleiches und allgemeines Wahlrecht' zuspricht, eine Einschränkung dieses Rechtes durch den Staatsvertrag offenbar nicht erfolgen sollte. Sogar während der physischen Anwesenheit der Besatzungstruppen war keine derartige Bestimmung in den - in dieser Hinsicht damals gleichlautenden - Wahlordnungen verankert, seit dreißig Jahren hat keine Signatarmacht trotz einiger angeblicher Anlaßfälle gegen die unveränderte Handhabung der bisherigen Wahlordnungen protestiert oder dies in völkerrechtlich relevanter Weise als Vertragsverletzung bezeichnet. Es besteht sohin auch aus dieser Sicht kein Anlaß, in der Auslegung dieser Bestimmung sozusagen alliierter zu sein als die Alliierten und in Artikel 9 des Staatsvertrages eine noch weitergehende Einschränkung der österreichischen Souveränität und Handlungsfreiheit hineinzuinterpretieren als dies bisher der Fall ist.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Tätigkeit wahlwerbender Gruppen, soweit sie das in der Wahlordnung geregelte Wahlverfahren betrifft, ausschließlich in den dortvorgesehenen Rechtshandlungen zur formalen Wahlteilnahme besteht. Diese Teilnahme an den Wahlen zu österreichischen Vertretungskörpern an sich stellt nun sicher keine verbotene Wiederbetätigung dar. Was andere - wenn auch in zeitlichem oder logischem Zusammenhang mit einer Wahl stehende - Handlungen, also Erlassung eines Wahlprogrammes, Propaganda in Wort und Schrift oder Äußerungen in Sitzungen solcher Gremien betrifft, so fällt deren Behandlung ohnehin nicht unter die Bestimmungen der Wahlordnung, sondern unter die des Strafrechtes, des Versammlungsrechtes, der Geschäftsordnung des jeweiligen Gremiums usw. Es bestünde daher auch aus dieser Überlegung kein Anlaß zur Änderung der Wahlordnungen.

Es stellt sich aus diesem Anlaß überhaupt die Frage der Gültigkeit und Anwendbarkeit des Verbotsgesetzes und der Verbotsbestimmungen des Staatsvertrages.

Das Verbotsgesetz stellt nicht bloß eine einfache Verfassungsänderung, sondern eine Gesamtänderung der Verfassung dar, zu der das verfassungsmäßig vorgeschriebene Verfahren gemäß Artikel 44 (2) B-VG nicht eingehalten wurde. Die Gesamtänderung ergibt sich aus der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Zusammenhang mit der weitgehenden Außerkraftsetzung der Grund- und Freiheitsrechte sowie der Verletzung des demokratischen Prinzips der Volkssouveränität. Demokratie bedeutet innere Selbstbestimmung nach jeder Richtung hin. Dem widerspricht die Ausschließung des Volkes nach freier Meinungs- und Willensbildung über grundlegende Status-Entscheidungen wie über das Gesellschaftssystem und den Bestand des Staates überhaupt (Anschlußfrage).

Das Argument, dies wäre 'zum Schutz der Demokratie' geschehen, geht ins Leere, da dies einerseits eine politische Doktrin ohne rechtliche Relevanz darstellt, die man je nach politischer Einstellung glaubt oder nicht, andererseits, da es hier nur um die TATSACHE der Verletzung des demokratischen Prinzips der Volkssouveränität geht, und nicht um das Motiv dafür. Das demokratische Prinzip kann wohl kaum durch seine Außerkraftsetzung geschützt werden. Gerade der Dissidentenprozeß gegen führende Persönlichkeiten der ANR in 1. Instanz - wo der Vorsitzende der ANR vom Vorwurf der Ablehnung der Demokratie ausdrücklich freigesprochen, aber dennoch für sein Bekenntnis zur deutschen Nation wegen Wiederbetätigung verurteilt wurde - beweist, daß in entscheidenden Fällen kein Zusammenhang zwischen 'Schutz der Demokratie' und Anwendung des Verbotsgesetzes besteht.

Es mag nun verschiedene Interpretationen des Begriffes 'Demokratie' geben, es ist jedoch einigermaßen objektivierbar, was das demokratische Prinzip nach Artikel 1 B-VG besagt. Der Satz: 'Ihr Recht geht vom Volk aus' setzt ein Selbstverständnis und eine Rangordnung der Werte fest, die die Volkssouveränität über den Bestand des Staates und des Gesellschaftssystems stellen. Auch die Erklärungen bei Gründung der 1. Republik und die Materialien zum Bundesverfassungsgesetz bei seiner Erlassung geben keinerlei Anhaltspunkte für ein damit vereinbartes Verbot der innerstaatlichen freien Meinungs- und Willensbildung des Volkes über elementare Status-Entscheidungen. Das Verbotsgesetz stellt daher eine Verletzung dieses Prinzips dar.

Es ergibt sich daher folgender Komplex an Änderungen der Grundlagen der österreichischen Rechtsordnung durch das Verbotsgesetz:

1. Abschaffung des Gleichheitsgrundsatzes durch Diskriminierung eines nach politischen Gesichtspunkten erfaßten Personenkreises

2. Abschaffung, zumindest tiefgreifende Verletzung des demokratischen Verfassungsprinzips der Volkssouveränität durch Ausschluß der freien Meinungs- und Willensbildung des Volkes zu elementaren Status-Entscheidungen

3. Qualitativer Rückschritt unter den bei Einführung des B-VG gegebenen Standard an Grund- und Freiheitsrechten

4. Einführung von Strafbestimmungen derart unbestimmten Inhalts, daß Prof. Rittler zu §3g VerbotsG feststellte, 'Alle rechtsstaatlichen Garantien fehlen' (Lehrbuch des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil, S. 355). Die Bestimmtheit strafrechtlicher Vorschriften ist zwar formal nicht Verfassungsinhalt, greift jedoch materiell weit in die Grundrechtssphäre ein. Dieser Gesichtspunkt ist daher ebenfalls für die Frage, ob insgesamt eine Gesamtänderung der Verfassung vorliegt, relevant.

Die Gesamtheit dieser Eingriffe in die Grundlagen der Rechtsordnung stellt eine Gesamtänderung der Verfassung dar. Da das dafür vogesehene Verfahren nicht eingehalten wurde, ist das Verbotsgesetz nicht gültig zustandegekommen und daher unanwendbar.

Bei den Bestimmungen des Staatsvertrages handelt es sich - trotz ihrer Transformation im Verfassungsrang - um völkerrechtliche Normen. Aus völkerrechtlicher Sicht wurde inzwischen das Selbstbestimmungsrecht der Völker als zwingendes Recht anerkannt (vgl. Ermacora, Österreichisches Verfassungsrecht II, S. 18/19) und vertraglich verankert, insbesondere in dem sowohl von Österreich als auch von den Signatarmächten des Staatsvertrages ohne Vorbehalt hinsichtlich der einschlägigen Verbotsbestimmungen des Staatsvertrages unterzeichneten Internationalen Pakt über politische und bürgerliche Rechte (BGBl. 591/1978; in welcher Form und in welchem Rang die Transformation ins innerstaatliche Recht vorgenommen wurde, spielt aus völkerrechtlicher Sicht keine Rolle), der in Artikel 1 (1) lautet:

'Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechtes entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.'

Es kann sich sohin kein Staat auf frühere, dem widersprechende Einschränkungen der österreichischen Souveränität und Handlungsfreiheit berufen. Mit dem Wegfall derartiger Bestimmungen als völkerrechtliche Verpflichtungen endet auch ihre innerstaatliche Anwendbarkeit, da sie - ungeachtet ihres Verfassungsranges - eben nur transformiertes Völkerrecht dargestellt haben.

Aus diesen Gründen erscheinen Verbotsgesetz und Staatsvertrag im gegenständlichen Fall nicht anwendbar und keine Änderungen der Bestimmungen der ÖH-Wahlordnung geboten."

b) Der "Verband Sozialistischer Studentinnen und Studenten Österreichs und der "Kommunistische Studentenverband" sprechen sich in einer gemeinsamen Äußerung für die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung aus. Sie leiten vom Wortlaut des VerbotsG und des Staatsvertrages von Wien zunächst folgendes ab:

"Sowohl VerbotsG wie auch StV differenzieren zwischen Normen, welche ein Organisationsverbot statuieren und Normen, welche die Wiederbetätigung von Personen zum Gegenstand des Verbotes haben. Es ist daher einerseits der verfassungsrechtliche Auftrag abzuleiten, Kompetenzen vorzusehen, um die Konstituierung neonazistischer Organisationen, insbesondere als Wahlparteien, zu verhindern und andererseits Normen zu erlassen, welche entsprechende Einschränkungen des passiven Wahlrechtes vorsehen.

Da Organisationsverbote nicht durch strafrechtliche Normen allein, welche sich bloß an Einzelpersonen richten, realisiert werden können, verlangt das verfassungsrechtliche System eine über strafrechtliche Normen hinausgehende Verbotsordnung.

Da im Teil I des Staatsvertrages ('politische Bestimmungen') sowohl die die Demokratie betreffenden Regelungen als auch die antifaschistischen Verbotsregelungen des StV enthalten sind, zwingt eine harmonisierende Auslegung dieser Bestimmungen dazu, den antifaschistischen Auftrag geradezu als konstituierendes Element des demokratischen Systems in Österreich anzusehen. Insbesondere muß davon ausgegangen werden, daß das wesentlichste Teilelement eines demokratischen Systems, nämlich Regelungen über Wahlen, in diesem speziellen Zusammenhang in Verbindung mit dem antifaschistischen Auftrag des StV gesehen werden müssen. Eine - auf die unzutreffende Argumentation der ANR, das demokratische Prinzip gebiete auch die Zulassung neonazistischer Parteien zu Wahlen - gestützte Argumentation würde diesen einheitlichen Auftrag zur Errichtung einer antifaschistischen Demokratie in Österreich geradezu konterkarieren."

und schließen dem folgende historische Betrachtung an:

"Bereits in der Moskauer Erklärung über Österreich vom 1. 11. 1943 wurde als erstrangiges Ziel der Regierungen Großbritanniens, der Sowjetunion sowie der Vereinigten Staaten von Amerika ein freies, unabhängiges Österreich genannt, welches frei von deutscher Herrschaft sein sollte. Dies bedeutet, daß die Grundlage der Entwicklung Österreichs zu einem souveränen Staat in der Befreiung von nationalsozialistischer Herrschaft sowie in der Verwirklichung des Anschlußverbotes zu erblicken ist.

Mit dem Abkommen über die Alliierte Kontrolle in Österreich vom 4. 7. 1945 ('Erstes Kontrollabkommen') wurde ein alliiertes Kontrollsystem errichtet, welches aus der Alliierten Kommission für Österreich sowie dem Alliierten Rat und anderen Gremien bestand. Dieses wurde sodann durch das 'Zweite Kontrollabkommen' vom 28. 6. 1946 ergänzt, welches Grundlage des alliierten Besatzungsregimes bis zum 27. 7. 1955, dem Tage des Inkrafttretens des StV und der Auflösung der Alliierten Kommission, war. Neben dem generellen Einspruchsrecht (Veto) jeder alliierten Macht und dem späteren Einspruchsrecht des Alliierten Rates gegen vom österreichischen Parlament beschlossene Gesetze, war eine der Aufgaben des Alliierten Rates, politische Parteien, die sich der Wahl stellen wollten, anzuerkennen. So konnten sich die politischen Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ nur aufgrund der Anerkennung durch den Allierten Rat von 11. 9. 1945 und der VdU nur aufgrund der Anerkennung im Jahre 1949 an Wahlen beteiligen.

Insbesondere bei der Gründung des VdU entfaltete sich eine Diskussion zur Frage der Voraussetzungen der Beteiligung von Parteien bei Wahlen, wenn diese Parteien den antifaschistischen Charakter der österreichischen Verfassung im Sinne des VerbotsG und des NS-G nicht verwirklichen. Die Zulassung des VdU erfolgte schließlich nur im Hinblick darauf, daß übereinstimmend das Parteiprogramm des VdU als mit diesen Grundsätzen nicht in Widerspruch stehend anerkannt wurde.

'Am 24. Juni 1949 wurde dem Alliierten Rat ein neues, vom Nationalrat beschlossenes Wahlgesetz zur Billigung vorgelegt ... Swiridow und Galloway waren dafür, das Gesetz zu billigen. Keyes und ich stellten uns auf denselben Standpunkt, doch mit der Bedingung, es sollte schriftlich festgelegt werden, daß die früheren Entscheidungen des Alliierten Rates hinsichtlich der Vorgenehmigung neuer Parteienbildungen in Kraft blieben.' (General Emile Marie Bethouart, französischer Hochkommissar und Oberkommandierender der französischen Truppen in Österreich in 'Die Schlacht um Österreich', Hiro Production International, Seite 139).

Sowohl zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über das Verfassungsgesetz vom 9. Oktober 1945 über die erste Wahl des Nationalrates (BGBl. 198/1945) als auch des Bundesgesetzes vom 18. 5. 1949 über die Wahl des Nationalrates (NRWO BGBl. Nr. 129/49) war aufgrund des Kontrollabkommens keine juristische Möglichkeit gegeben, die Frage der Zulassung von wahlwerbenden Gruppen bzw. Parteien in diesen Gesetzen innerstaatlich zu regeln.

Die Argumente des Amtes der Steiermärkischen LReg ..., des Amtes der Wiener LReg ... sowie der ANR ..., wonach aus der Tatsache der Nichtregelung dieser Frage in dem Wahlgesetz 1945 sowie in der NRWO 1949 geschlossen werden könne, daß dies vom historischen Wortsinn nicht erfaßt war, ist somit falsch. Die Behauptung der ANR ..., womit kein Anlaß bestünde, in der Auslegung der entsprechenden Normen, 'sozusagen alliierter zu sein als die Alliierten' ist daher unrichtig.

Im Gegenteil: die NRWO 1949 entstand unter der ausdrücklichen Bedingung, die Zulassung von Parteien zu Wahlen an die Genehmigung durch den Alliierten Rat zu binden.

Die Vertragspartner des StV mußten im Hinblick auf das bevorstehende Auslaufen des Kontrollabkommens eine Regelung aufnehmen, die es für alle Zeiten garantiere, daß neonazistische Gruppierungen nicht wieder entstehen und sich an Wahlen nicht beteiligen können. Daher wurde neben den Bestimmungen des Art4, 8 und 9 StV ausdrücklich der Art10 in den StV aufgenommen, der Österreich in die Verpflichtung einbindet, diese Lücke, die bis dahin durch den Alliierten Rat besetzt war, zu schließen.

...

Es sei angemerkt, daß Österreich durch das Bundesverfassungsgesetz vom 4. 3. 1964 (BGBl. 59/1964), 9 Jahre nach Ende der Besatzung, ohne jede äußere Einwirkung sich zu diesen Normen bekannt hatte und neuerlich ihren Verfassungsrang dokumentierte.

...

Daß der historische Gesetzgeber bei der Formulierung der Staatsvertragsbestimmungen und insbesondere des Art10 vor allem die Regelung der Wahlgesetze im Auge hatte und die Verpflichtung kodifiziert sehen wollte, daß Organisationen neofaschistischen Charakters weder entstehen, noch sich an Wahlen beteiligen können, ergibt sich in Ergänzung des Obgesagten aus der historischen Analyse der Genesis dieses Vertrages" (wird näher ausgeführt).

Zusammenfassend wird in dieser Äußerung festgehalten:

"Die antifaschistischen Bestimmungen des österreichischen Staatsvertrages sind nach wie vor aufrechter Bestand der Österreichischen Rechtsordnung.

Diese Verfassungsbestimmungen sind nach den Rechtserzeugungsregeln des B-VG rechtmäßig zustandegekommenes österreichisches Verfassungsrecht.

Die Wortinterpretation der antifaschistischen Bestimmungen des österreichisches Verfassungsrechtes ergibt, daß sämtliche den Prüfungsmaßstab bildenden Normen die Beteiligung von neonazistischen Gruppen an Wahlen ausschließen.

Die systematische Interpretation der einschlägigen Bestimmungen des Staatsvertrages und des VerbotsG schließt den Kreis der Argumentation insoweit ab, als nachgewiesen wurde, daß die zu schaffenden Wahlrechtsbestimmungen die letzte, aber entscheidende Lücke in der Bekämpfung des Neonazismus im österreichischen Rechtssystem schließt. Hiebei muß nochmals darauf hingewiesen werden, daß es kein Zufall ist, daß Art9 StV unmittelbar auf Art8 StV folgt und somit der Zusammenhang von demokratischen Wahlen und Neonaziverbot dokumentiert wurde und Art10 StV gerade als logische Folge davon die gesetzliche Regelung des Wahlrechtes in diesem Sinne gebietet.

Die historische Auslegung erbringt schließlich den Beweis, daß die im Prüfungsbericht beabsichtigte Wahlrechtsänderung sowohl von den Signatarmächten als auch von Österreich gewünscht war.

Eine Abkehr des VfGH von seiner im Prüfungsbeschluß vertretenen Rechtsansicht würde einen wesentlichen Teil des österreichischen Staatsvertrages außer Kraft setzen und die vom VfGH in seiner Entscheidung vom 1. 3. 1983 (B195/82) formulierten Erkenntnis der Rechtswirksamkeit des antifaschistischen Normenkomplexes widersprechen. Ein derartiges Abgehen vom Prüfungsbeschluß würde - im Gegensatz zum 'Erkenntnis Honsik' - Rechtsgrundlage neonazistischer Wiederbetätigung in Österreich sein."

4. Der VfGH ist im Prüfungsbeschluß davon ausgegangen, daß das geltende Hochschülerschaftswahlrecht der Behörde verbiete, die Frage zu prüfen, ob die Kandidatur einer wahlwerbenden Gruppe dem verfassungsgesetzlichen Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung widerspreche. Diese Prämisse hält einer näheren Prüfung nicht stand. §3 VerbotsG muß auch von der Wahlbehörde beachtet werden.

a) §3 VerbotsG enthält ein unmittelbar wirksames, von jedem Staatsorgan im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu beachtendes Verbot.

§3 untersagt jedermann, sich für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen. Die §§3a bis 3g (idF des NationalsozialistenG, BGBl. 25/1947) stellen sodann verschiedene Formen nationalsozialistischer Wiederbetätigung unter Strafe; sie ersetzen den ursprünglichen Abs2 des §3 (Fassung StGBl. 13/1945), der ganz allgemein denjenigen mit dem Tode bedroht hatte, der weiterhin "dieser Partei" angehört oder sich für sie oder ihre Ziele betätigt. In ihrer Stammfassung sahen sie teils wiederum die Todesstrafe, teils auch schweren Kerker von 10 bis 20 Jahren und den Verfall des Vermögens vor. Nach §3d ist insbesondere zu bestrafen, wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen zu einer nach §1 oder nach §3 verbotenen Handlung auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, insbesondere zu diesem Zweck die Ziele der NSDAP, ihre Einrichtungen oder Maßnahmen verherrlicht oder anpreist. Wer sich auf andere als die in den §§3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialisitschen Sinn betätigt, wird nach dem Generaltatbestand des §3g Abs1 in der Stammfassung mit schwerem Kerker von 5 bis zu 10 Jahren bestraft. §3g Abs2 bedroht sogar denjenigen mit gleicher Strafe, der von einem Unternehmen der in §3a, 3b, 3d oder 3e bezeichneten Art oder von einer Person, die sich in ein solches Unternehmen eingelassen hat, zu einer Zeit, in der ein Schaden verhütet werden konnte, glaubhafte Kenntnis erhält und es vorsätzlich unterläßt, der Behörde Anzeige zu erstatten.

Mit Ausnahme des §3d sind alle Straftatbestände in sich abschließend formuliert, nehmen nicht auf §3 bezug und bedürfen auch keiner Ergänzung aus der Formulierung des §3. Nichts spricht dafür, daß §3 bloß ein Programm aufstellen will und seine Bedeutung sich etwa darin erschöpfen könnte, die in der Folge ausformulierten Straftatbestände einzuleiten oder stichwortartig zusammenzufassen. Es kann nicht unterstellt werden, daß §3 nach Beseitigung des anschließenden Abs2 allen Straftatbeständen vorausgestellt blieb, nur um das in §3d verpönte Verhalten vorweg näher zu umschreiben. Auch ist auszuschließen, daß es seine Aufgabe sein könnte, die Gestaltung der einfach-gesetzlichen Rechtslage zu bestimmen ("Verfassungsauftrag"). Das in §3 verbotene Verhalten wäre im Gegenteil ohne Verfassungsverstoß einer einschränkenden Konkretisierung auf der Stufe genereller Normen gar nicht zugänglich. Der Verfassungsgesetzgeber hat ganz bewußt alle zur Lösung des Nationalsozialistenproblems für erforderlich gehaltenen gesetzlichen Regelungen selbst getroffen (Heller - Leobenstein - Werner, Kommentar zu den NS-Gesetzen, 1948, 17: "Nur in der Kodifikation ist der gesamte Fragenbereich geregelt, für Sonderregelungen außerhalb des Rahmens des von der Kodifikation erfaßten Rechtsstoffes ist kein Platz."). Novellierungen der getroffenen Regelungen sind nur durch Bundesverfassungsgesetz möglich, und zwar selbst dort, wo das durch die Regelungen novellierte Gesetz ein einfaches BG geblieben ist (XXI. Hauptstück des NationalsozialistenG - Schlußbestimmungen - Z2), und im Wege der Landesgesetzgebung können darüber hinausgehende Bestimmungen gegen Nationalsozialisten nicht getroffen werden (XXI. Hptst. Z3). Würde ein Gesetz aus dem Kreis der verbotenen Wiederbetätigung nur bestimmte Verhaltensweisen herausheben wollen, wäre es offenkundig verfassungswidrig. Selbst der allgemeine Straftatbestand des §3g muß ohne nähere Konkretisierung durch ein einfaches Gesetz vollzogen werden. All das zeigt, daß §3 über die Straftatbestände der §§3a ff. hinaus Bedeutung hat. Sie liegt darin, daß er ausnahmslos jeden Akt der Wiederbetätigung für rechtswidrig erklärt. Mit dieser Absicht wäre es unvereinbar, wenn ein Akt nationalsozialistischer Wiederbetätigung dennoch Schutz und Förderung der Rechtsordnung erlangen könnte. Kein Rechtsakt kann Wirksamkeit entfalten, der nationalsozialistische Wiederbetätigung darstellt.

Unter diesen Umständen kann nicht zweifelhaft sein, daß §3 VerbotsG von jeder staatlichen Behörde im Rahmen ihres Wirkungsbereiches unmittelbar anzuwenden ist. Wer eine Verbindung gründet, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben oder die öffentliche Ruhe und den Wiederaufbau Österreichs zu stören, der begeht nicht nur ein (nach der ursprünglichen Fassung) todeswürdiges Verbrechen; die Gründung einer solchen Vereinigung in der Form eines Vereines müßte von der Behörde allein schon kraft des §3 VerbotsG untersagt werden, auch wenn §6 VereinsG nicht jeglichen nach Zweck und Einrichtung gesetz- oder rechtswidrigen Verein verbieten würde. Alle auf nationalsozialistische Wiederbetätigung gerichteten Verträge sind nichtig iS des des §879 ABGB, keine staatliche Unterstützungs- oder Förderungsmaßnahme darf für Zwecke nationalsozialistischer Wiederbetätigung gewährt und keine Bewilligung für ein solches Unternehmen erteilt werden.

b) §3 VerbotsG ist auch dann anwendbar, wenn das für die Behörde maßgebliche Gesetz seine Beachtung nicht ausdrücklich oder durch einen allgemeinen Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Vorhabens oder Begehrens vorschreibt. Als allgemeine Generalklausel steht dieses Verbot neben und über allen Einzelvorschriften.

Da §3 VerbotsG in Sinngehalt und Anwendungsbereich umfassend ist, wäre es sinnlos, seine neuerliche Verkündung in jedem einzelnen Gesetz zu verlangen. Es ist eine Sache gesetzestechnischer Ökonomie, das Verbot der Mitwirkung an einer nationalsozialistischen Wiederbetätigung nicht in allen Zusammenhängen stereotyp zu wiederholen, sondern neben allen Einzelvorschriften mit umfassendem Anwendungsbereich gelten zu lassen. Der Rang des Verbotes als unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht erübrigt einen ständig erneuerten Hinweis. Das Wiederbetätigungsverbot ist auch nicht bloßer Teilzweck der staatlichen Tätigkeit für einen bestimmten Bereich, der hinter anderen Teilzwecken anderer Bereiche zurückstehen müßte, sondern umfassende Maßgabe jeglichen staatlichen Verhaltens. Die kompromißlose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede Staatstätigkeit hat sich an diesem Verbot zu orientieren. Es darf kein behördlicher Akt gesetzt werden, der eine Mitwirkung des Staates an nationalsozialistischer Wiederbetätigung bedeuten würde.

Das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung steht dieser Annahme nicht im Weg. Denn jede Behörde hat §3 VerbotsG nur in dem für die Bewältigung ihrer Aufgaben vorgesehenen rechtsstaatlich geordneten Verfahren zu beachten. Daß niemand ohne ordentliches Verfahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt werden darf, kann kein Hindernis für die Feststellung einer Verbotsverletzung sein, wenn von dieser Vorfrage die Beachtlichkeit eines Vorhabens oder Begehrens abhängt. Denn anders als die Verurteilung hat eine solche Feststellung nur jene Rechtsfolgen, die Gegenstand des vor der Behörde jeweils durchzuführenden Verfahrens sind. Die Rechtsordnung darf auch dann der nationalsozialistischen Wiederbetätigung keine Unterstützung gewähren, wenn eine Verurteilung noch nicht ergangen ist. Im Bereich des Vereins- und Versammlungswesens steht das übrigens außer Streit. Nicht nur die Vereinsbehörde hat das Vorliegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu prüfen. Auch der Vorbehalt des §1 Abs2 ParteienG dient nur der Klarstellung, daß §3 VerbotsG durch die nachfolgende Verfassungsbestimmung des ParteienG für diesen Bereich nicht aufgehoben wurde. Wie daher jede Behörde, wenn sie in den bei ihr anhängigen Verfahren inzidenter zu beurteilen hat, ob einer politischen Partei wegen Erfüllung der formellen Voraussetzungen des §1 ParteienG Rechtspersönlichkeit zukommt, auch das Nichtvorliegen der durch §3a VerbotsG untersagten Zielsetzungen feststellen muß (VfSlg. 9648/1983), so hat auch jede andere Behörde zu beurteilen, ob der ihrer Beurteilung unterliegende Akt dem VerbotsG widerspricht.

Der VwGH hat im Erk. Z 1001/80 vom 22. September 1980 (VwSlg. 10231 A), womit dem Einspruch der "Aktion Neue Rechte" gegen die Hochschülerschaftswahlen 1979 stattgegeben wurde, einen anderen Standpunkt vertreten und folgendes ausgeführt:

"Nicht ausschlaggebend ist nämlich in diesem Zusammenhang die im Verfahren wiederholt (etwa auch in der von der Österreichischen Studenten Union als Partei erstatteten Äußerung) aufgeworfene Frage, inwieweit das Verbotsgesetz 1947 in seiner derzeit geltenden Fassung neben ausschließlich von den Behörden der Strafrechtspflege zu vollziehenden auch andere Vorschriften enthält, die von österreichischen Behörden - ob sie solche des Bundes oder einer autonomen Selbstverwaltung sind, wäre hier an sich gleichgültig - bei den ihnen übertragenen Aufgaben der Vollziehung zu beachten sind. Denn sicher ist, daß die in den einschlägigen Rechtsvorschriften enthaltenen Bestimmungen über die (hier vor allem sachlichen) Kompetenzen dieser Behörde weder durch das Verbotsgesetz 1947 noch durch die anderen im Verfahren genannten, gegen Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne gerichteten Rechtsvorschriften (einschließlich des Staatsvertrages von Wien) geändert oder sonst irgend berührt werden. Glaube also die Wahlkommission - materiell gesehen aus auch dem VwGH nicht unverständlichen Gründen - eine Verletzung solcher Rechtsvorschriften erkennen zu können, so durfte sie dies in ihrer Entscheidung doch nur im Rahmen der ihr übertragenen Kompetenzen berücksichtigen. Diese aber ließen - wie schon oben aufgezeigt - eine Prüfung der von einer wahlwerbenden Gruppe verfolgten politischen oder gesellschaftspolitischen Ziele - mögen sie noch so eindeutig der Struktur der Grundrechts- und Verfassungsordnung der Republik Österreich widersprechen - durch die Wahlkommission nicht zu."

Angesichts des §3 VerbotsG kann der VfGH der Meinung des VwGH, daß die gegen eine nationalsozialistische Wiederbetätigung gerichteten Vorschriften ohne Einfluß auf die Tätigkeit der Wahlbehörden wären, nicht beipflichten. Der Maßstab, den diese Behörden bei Entscheidung über die Zulässigkeit eines Wahlvorschlages anzuwenden haben, wird eben durch das dort ausgesprochene Verbot der Wiederbetätigung ergänzt. Ob eine solche Ergänzung anzunehmen ist, kann nicht aus den - vom VwGH allein herangezogenen - Bestimmungen des HochschülerschaftsG (und der an das Gesetz gebundenen DurchführungsV), sondern nur aus dem für eine solche Ergänzung in Betracht kommenden VerbotsG entnommen werden, dessen nähere Betrachtung der VwGH ausdrücklich ablehnt.

Fraglich kann nur sein, ob die der Behörde kraft ihrer allgemeinen Aufgabe zur Verfügung stehenden Mittel jeweils ausreichen, um das Vorliegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung in dem ihr vorliegenden Geschehen verläßlich feststellen zu können. Diese Frage ist aber nur im konkreten Fall zu beantworten. Allgemeine Aussagen über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit dieser Feststellung lassen sich nicht treffen. Ob etwa im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens aus den vorzulegenden Urkunden die Nichtigkeit des ins Register einzutragenden Rechtsgeschäftes festgestellt werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wo materielle Mängel des einzutragenden Aktes nur aufgrund der vorliegenden Urkunden wahrzunehmen sind, wird sich regelmäßig nicht feststellen lassen, daß ein Verstoß gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung vorliegt. Allein es ist nicht auszuschließen, daß ein solcher Befund auch einmal im Urkundenverfahren zutage tritt, und es wäre dann aus dem Blickwinkel des §3 VerbotsG schlechterdings unerträglich, wenn das Gericht die Eintragung gleichwohl vornehmen müßte.

c) Art26 Abs5 B-VG steht der unmittelbaren Anwendbarkeit des §3 VerbotsG nicht entgegen. Die Zurückweisung eines Wahlvorschlages wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ist der Ausschließung von der Wählbarkeit iS dieser Bestimmung des B-VG nicht gleichzuhalten.

Nach Art26 Abs5 B-VG kann die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung oder Verfügung sein. Unter der Ausschließung vom Wahlrecht oder von der Wählbarkeit iS dieser Verfassungsbestimmung ist ein Akt zu verstehen, der ein bestehendes Wahlrecht aus Gründen in der Person oder im Verhalten des einzelnen Wahlberechtigten ganz oder auf bestimmte Zeit entzieht. Nicht jede Zurückweisung eines Wahlwilligen oder Wahlwerbers fällt unter diesen Begriff. So ist die Nichtzulassung eines Wahlvorschlages wegen Fehlens einer im Wahlgesetz vorgesehenen Voraussetzung ungeachtet ihrer Auswirkungen ganz offenkundig kein solcher Ausschluß von der Wählbarkeit: sie ist vielmehr die ureigenste Aufgabe der Wahlbehörden. Einer solchen Voraussetzung ist kraft §3 VerbotsG gleichzuhalten, daß die Wahlwerbung keinen Akt nationalsozialistischer Wiederbetätigung darstellen darf. Ob die positiven und negativen Voraussetzungen der Teilnahme an einer bestimmten Wahl erfüllt sind, haben auch dann, wenn vergleichsweise materielle Fragen zu prüfen sind, nicht die Gerichte, sondern die Wahlbehörden zu beurteilen.

Die Wahlbehörden haben allerdings nicht das allgemeine Verhalten der Bürger zu prüfen. Es käme einem unzulässigen administrativen Ausschluß vom Wahlrecht oder von der Wählbarkeit gleich, wenn ein Wahlvorschlag deshalb zurückgewiesen oder jemand vom Vorschlag gestrichen würde, weil Wahlwerber sich entgegen dem Verbot des §3 VerbotsG betätigt haben oder eine solche Betätigung nach der Wahl zu befürchten ist. Die Fähigkeit zu wählen oder gewählt zu werden, darf als solche nur durch gerichtlichen Akt genommen werden. Daher darf auch niemand allein deshalb von der Beteiligung an Wahlen ausgeschlossen werden, weil ihm nationalsozialistische Wiederbetätigung zur Last gelegt wird. Ein solcher Vorwurf könnte sich auf das Wahlrecht nur dann auswirken, wenn eine Verurteilung erfolgt ist, die den Ausschluß vom Wahlrecht nach sich zieht.

Anders aber, wenn das Einbringen des Wahlvorschlages selbst einen Akt nationalsozialistischer Wiederbetätigung darstellt. Denn dann wäre die Zulassung dieses Wahlvorschlages - objektiv gesehen - entweder eine Mitwirkung an einer solchen Wiederbetätigung oder doch die Nichtverhinderung eines solchen Vorhabens. Zu einem Verhalten, das von Verfassungs wegen ausdrücklich verboten ist und jedermann als Verbrechen zugerechnet wird, kann die Wahlbehörde auch angesichts des Art26 Abs5 B-VG nicht verpflichtet sein. Sie darf sich in einem solchen Fall nicht mit der Anzeige begnügen, sondern muß durch Zurückweisung des Wahlvorschlages verhindern, daß der Wiederbetätigungsversuch auch nur vorläufig Erfolg hat. Daß ein nationalsozialistisch ausgerichteter Wahlvorschlag zugelassen werden müßte und erst die Verurteilung wegen Wiederbetätigung - unter Beachtung allfälliger Immunität - den Erfolg einer solchen verpönten Wahlwerbung zunichte machen könnte, ist dem Verfassungsgeber der Nachkriegsjahre nicht zusinnbar. Ein Wahlvorschlag unter der Bezeichnung "NSDAP" oder einer offenkundig gleichgedeutenden Parteibezeichnung oder ein Wahlvorschlag, der von einer offenen Verherrlichung oder Anpreisung der Ziele der NSDAP, ihrer Einrichtungen und Maßnahmen durch die Wahlwerber begleitet wird, darf aufgrund des §3 VerbotsG nicht zugelassen werden.

Es ist einzuräumen, daß zwischen dem in Art26 Abs5 B-VG verankerten Grundsatz des gerichtsförmigen Ausschlusses vom Wahlrecht und der Notwendigkeit der Prüfung von Wahlvorschlägen durch die Wahlbehörden ein gewisses Spannungsverhältnis besteht, das umso deutlicher wird, je schwieriger die maßgeblichen Fragen zu beantworten sind. Aber die Spannung kann nicht dadurch aufgehoben werden, daß §3 VerbotsG ungeachtet seines Verfassungsranges unbeachtet bleibt. Zwischen vergleichsweise "formellen" und eher "materiellen" Hindernissen der Zulassung zu unterscheiden, macht gerade §3 VerbotsG unmöglich. Das eigentliche Problem liegt eben nicht darin, welche Voraussetzungen für die Wählbarkeit der Gesetzgeber mit der Wirkung aufstellen darf, daß die Wahlbehörden bei deren Fehlen einen Wahlvorschlag zurückweisen müssen, sondern an welche Erfordernisse die Teilnahme an einer bestimmten Wahl überhaupt geknüpft werden darf. Hier läßt die Bundesverfassung nur wenig Spielraum. Die negative Voraussetzung des §3 VerbotsG hat aber selbst Verfassungsrang.

Die Ansicht der beteiligten "Aktion Neue Recht", die Regelung des VerbotsG stellten eine Gesamtänderung der Verfassung dar und seien daher ohne Abhaltung einer Volksabstimmung verfassungswidrig zustandegekommen (Art44 Abs2 B-VG), entbehrt jeder Grundlage. Daß die Möglichkeit nationalsozialistischer Wiederbetätigung kein wesentliches Element der Bundesverfassung ist, bedarf keiner näheren Begründung. Schon in VfSlg. 1708/1948 hat der VfGH einer ähnlichen Argumentation entgegengehalten, "daß eine solche grundlegende Änderung nicht gegeben sein kann, wenn, wie hier, der Gesetzgeber ein Verfassungsgesetz mit der erklärten Absicht geschaffen hat, die Grundlagen der demokratischen Republik Österreich sicherzustellen, die durch die NS-Bewegung beseitigt worden war." Der VfGH ist in seiner späteren Judikatur bei dieser Auffassung geblieben (vgl. zB VfSlg 1783/1949) und sieht nicht den geringsten Anlaß, von ihr abzugehen.

Da nach Art17 MRK keine Bestimmung dieser Konvention dahin ausgelegt werden darf, daß sie für den Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der darin festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf die weitergehende Beschränkung dieser Rechte und Freiheiten hinzielt, als darin vorgesehen, kann die Nichtzulassung eines nationalsozialistischen Wahlvorschlages - entgegen der Auffassung der "Aktion Neue Rechte" - auch keinen Verstoß gegen die in Art3 des (1.) Zusatzprotokolles zur MRK verankerte Pflicht zur Abhaltung freier Wahlen bilden.

Der VfGH verkennt nicht, daß die Einbringung eines Wahlvorschlages für sich allein gesehen schwer als Akt der verpönten Wiederbetätigung erkannt werden kann und daß die Wahlbehörden mit ihren Mitteln die erforderlichen Feststellungen selten werden treffen können. Aber daraus können die wahlwerbenden Parteien keinen Freibrief gewinnen. Ausschlaggebend darf nur die Greifbarkeit des Verstoßes sein. Die Schwierigkeit des Urteils kann sich nur in einer äußersten Zurückhaltung und Beschränkung auf Gegenstand und Möglichkeiten des Wahlverfahrens niederschlagen. Nur ein der Wahlbehörde evidenter oder mit ihrem Mitteln innerhalb des eng begrenzten zeitlichen Rahmens offenzulegender - liquider - Verstoß gegen §3 VerbotsG, begangen durch Einbringung des Wahlvorschlages selbst (wenngleich unter Heranziehung der begleitenden Wahlwerbung), kann - und muß - schon im Wahlverfahren aufgegriffen werden. Vermag sich die Wahlbehörde so kein abschließendes Urteil zu bilden, hat sie den Wahlvorschlag zuzulassen und ihren Verdacht zum Anlaß einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu machen.

Legt man dieses Verständnis des §3 VerbotsG zugrunde, ist den im Prüfungsbeschluß aus dieser Verfassungsbestimmung abgeleiteten Bedenken der Boden entzogen. Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht verhalten, das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung in Wahlgesetzen zu wiederholen oder besondere Vorschriften über die Vorgangsweise bei Verdacht einer Wiederbetätigung zu erlassen.

5. Was Art9 Staatsvertrag von Wien betrifft - der entgegen der Behauptung der beteiligten "Aktion Neue Rechte" von Österreich in freier Selbstbestimmung vorbereitet, unterzeichnet, ratifiziert und (teilweise) in Verfassungsrang gehoben wurde -, ist zunächst festzuhalten, daß die Erfüllung des in Z1 ausgesprochenen Gebotes, die Maßnahmen zur Auflösung der nationalsozialistischen Partei und der ihr angegliederten und von ihr kontrollierten Organisationen zu vollenden und die Bemühungen fortzusetzen, alle Spuren des Nazismus zu entfernen, um zu gewährleisten, daß solche Organisationen nicht in irgendeiner Form wieder ins Leben gerufen werden, und um alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und Propaganda zu verhindern, durch die in Prüfung stehende Vorschrift angesichts der unmittelbaren Anwendbarkeit des §3 VerbotsG nicht in Frage gestellt wird.

Die in Z2 enthaltene Pflicht zur Auflösung aller in Österreich bestehenden Organisationen faschistischen Charakters, und zwar sowohl politische, militärische, paramilitärische als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind, kann in Vollziehung des §3 VerbotsG jedenfalls insoweit erfüllt werden, als diese Verfassungsbestimmung auch die bloße Betätigung für die Ziele der NSDAP untersagt (und in Übereinstimmung mit Z3 des Art9 durch die §§3a ff. VerbotsG strafrechtlich sanktioniert ist). Der VfGH geht davon aus, daß Art9 Z2 Österreich nicht verpflichtet, sein Wahlrecht so auszugestalten, daß irgendwelche möglicherweise sich bildende - von §3 VerbotsG nicht erfaßte - faschistische Organisationen deshalb von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen werden, weil die Wahlbehörden Wahlvorschläge allein aufgrund einer allgemeinen Generalklausel derart vagen Inhaltes zurückweisen müßten. Der Gerichtshof geht daher davon aus, daß die Bestimmungen über den Ausschluß vom Wahlrecht aufgrund einer gerichtlichen Verurteilung iVm. den einschlägigen Vorschriften des Strafrechtes den Erfordernissen des Staatsvertrages auch in diesem Punkt genügen.

Dieses Ergebnis wird auch durch die Entstehungsgeschichte des Art9 Staatsvertrag von Wien bestätigt:

Die in der beschlossenen Formulierung des Art9 enthaltenen Abs2 und 3 dieser Bestimmung gehen auf einen Vorschlag zurück, den der sowjetische Delegierte am 26. April 1950 auf der 252. Sitzung der Sonderbeauftragten für die Verhandlungen um den österreichischen Staatsvertrag vorgebracht hatte (vgl. Gerald Stourzh, Gesichte des Staatsvertrages 1945 bis 1955, 74 f.). Über diesen Vorschlag der Sowjetdelegation gab es zunächst - wie aus dem Protokoll dieser Sitzung hervorgeht - keine Einigung. Eine solche wurde erst bei der ersten Sitzung der Botschafterkonferenz von Wien am 2. Mai 1955, an der auch eine österreichische Delegation unter Führung des österreichischen Außenministers teilgenommen hat, erreicht. In dieser Sitzung wurde - wie aus dem Protokoll dieser Sitzung hervorgeht - vom sowjetischen Botschafter der Wunsch vorgetragen, Art9 in der erweiterten (der heutigen entsprechenden) Fassung anzunehmen. Der österreichische Außenminister Dr. Figl brachte vor, "daß die Bestimmungen dieses Artikels durch die österreichische Gesetzgebung bereits überholt sind. Aber wenn sich die vier Mächte einigen, sind wir auch bereit, zuzustimmen." Diese Erklärung wurde kommentarlos zur Kenntis genommen und der Vorsitzende stellte, ohne daß es zu einer weiteren Diskussion kam, die Annahme dieser Bestimmung fest.

Daß die tatsächlichen Verhältnisse sich derart geändert hätten, daß über §3 VerbotsG hinaus Maßnahmen für den Bereich des Wahlrechtes zu treffen wären, hat das Verfahren nicht aufgezeigt.

Bei diesem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, wieweit Art9 des Staatsvertrages zufolge seines Verfassungsranges auch nach innerstaatlichem Recht überhaupt zu bestimmten Gesetzgebungsakten verpflichtet.

Ingesamt erweisen sich also die im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken als unbegründet.

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