VfGH B415/82

VfGHB415/8229.9.1983

Staatsvertrag von Wien; Art7 Z3 Satz 1 gewährleistet als Sonderregelung zugunsten und zum Schutz sprachlicher Minderheiten ein subjektives öffentliches Recht; keine Verletzung durch die abschlägige Bebandlung des Begehrens auf Herstellung einer Übersetzung von Verwaltungsakten zum Zweck der Akteneinsicht; keine Verletzung des Gleichheitsrechtes

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AVG §17
StV Wien 1955 Art7 Z3 erster Satz
StV St Germain 1919 Art67
VolksgruppenG
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AVG §17
StV Wien 1955 Art7 Z3 erster Satz
StV St Germain 1919 Art67
VolksgruppenG

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1.1. Der österreichische Staatsbürger und Angehörige der slowenischen Minderheit im Bundesland Ktn. M D wohnhaft in R, Gemeinde B, wurde am 25. April 1981 von Organen der Bundespolizeidirektion Klagenfurt wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretungen nach ArtIX Abs1 Z1 EGVG 1950 igF und §42 Eisenbahngesetz 1957 - begangen am 25. April 1981 (gegen 13.40 Uhr) in der Halle des Hauptbahnhofes Klagenfurt dadurch, daß er Reisende wegzudrängen und wegzustoßen versuchte, um sie am Fahrkartenkauf zu hindern - schriftlich angezeigt.

Die Bundespolizeidirektion Klagenfurt trat diese Anzeige am 28. April 1981 gemäß §29a VStG 1950 der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt ab, die den Beschuldigten nach den §§40 Abs2 und 42 VStG 1950 am 12. Mai 1981 zur Z 41341/1/81-II unter ausdrücklicher und detaillierter Bekanntgabe des Anzeigevorwurfs sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache aufforderte, sich entweder bis zum 2. Juni 1981 schriftlich zu rechtfertigen oder an diesem Tag beim Amtstag in Völkermarkt zur Vernehmung zu erscheinen. Daran schloß sich der Hinweis, daß das Verwaltungsstrafverfahren im Fall der Nichtbefolgung dieser Aufforderung gemäß §42 Abs1 litb VStG 1950 ohne Anhörung des Beschuldigten durchgeführt werden.

1.1.1.2. Am 3. Juni 1981 stellte M D bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt durch Rechtsanwalt Dr. M G den Antrag, ua. den Strafakt Z 41341/1/81-II in die slowenische Sprache zu übersetzen und diese Übersetzung der Bundespolizeidirektion Klagenfurt mit der Mitteilung zuzuleiten, seinem mit Vollmacht ausgewiesenen Rechtsvertreter Akteneinsicht zu gewähren.

Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt übersandte den Verwaltungsakt laut Verfügung vom 11. Juni 1981 ohne Anschluß einer Übersetzung in das Slowenische der Bundespolizeidirektion Klagenfurt mit dem Ersuchen, dem Beschuldigtenvertreter (Dr. G) Einsichtnahme zu ermöglichen und ihm unter Androhung von Kontumazfolgen eine vierzehntägige Frist zur Äußerung einzuräumen.

Aufgrund eines "Beschuldigten-Ladungsbescheides" der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 20. Juli 1981 nahm Dr. M G daraufhin am 24. Juli 1981 für den Beschuldigten Akteneinsicht. Innerhalb der dabei bestimmten vierzehntägigen Rechtfertigungsfrist wiederholte er in einer Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 3. August 1981 den Antrag, die Verwaltungsstrafakten in die slowenische Sprache zu übersetzen und ihm im Weg der Bundespolizeidirektion Klagenfurt neuerlich Akteneinsicht zu ermöglichen.

1.1.1.3. Mit Schreiben vom 19. Oktober 1981 gab die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt dem Rechtsvertreter des Beschuldigten - in slowenischer Sprache - ua. folgendes bekannt:

"Die Behörde ist gemäß §16 (Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976) verpflichtet, in allen Fällen, in denen von der Partei vom Recht der Verwendung der Volksgruppensprache Gebrauch gemacht worden ist, alle Entscheidungen und Verfügungen (auch Zwischenerledigungen) sowohl in der Volksgruppensprache als auch in deutscher Sprache auszufertigen. Eine Verpflichtung der Behörde, den gesamten Akteninhalt in die Volksgruppensprache zu übersetzen, besteht nicht."

1.1.1.4. In einer Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 10. November 1981 gab der Beschuldigte durch seinen Rechtsvertreter die Erklärung ab, daß er sich ohne Übersetzung der Strafakten in die slowenische Sprache zu einer Rechtfertigung außerstande sehe.

1.1.2.1. Mit Straferkenntnis vom 4. Feber 1982, Z 41341/81-II, verhängte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach §42 Eisenbahngesetz 1957 gemäß §54 Abs1 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 800 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe von zwei Tagen, weil er am 25. April 1981 gegen

13.40 Uhr in der Halle des Hauptbahnhofes Klagenfurt an einem Fahrkartenschalter den Eisenbahnbetrieb gestört habe, indem er andere Reisende durch Wegdrängen bzw. Wegstoßen am Kauf von Fahrkarten zu hindern versuchte.

1.1.2.2. Begründend wurde ua. wörtlich ausgeführt:

"Der Beschuldigte macht, ohne auf den Sachverhalt als solchen einzugehen, geltend, daß er nicht in der Lage ist, eine Rechtfertigung abzugeben, solange der Verwaltungsstrafakt nicht in die slowenische Sprache übersetzt ist. Nun sieht das Volksgruppengesetz BGBl. Nr. 396/1976 zwar vor, daß bei den durch V bezeichneten Dienststellen und Behörden die Sprache der Volksgruppe gebraucht werden kann, jedoch eine Verpflichtung der Behörde, den gesamten Akteninhalt in die Volksgruppensprache zu übersetzen, besteht nicht."

1.1.2.3. Das Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten in deutscher und slowenischer Sprache zugestellt.

1.1.3.1. Der Beschuldigte ergriff gegen diesen Strafbescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, welche mit Bescheid des Landeshauptmannes von Ktn. vom 26. Mai 1982, Z 8 V-2586/3/82, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen wurde.

1.1.3.2. In der Begründung dieses Bescheides, der dem Beschuldigten gleichfalls sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache zuging, heißt es ua.:

"Die Berufungsbehörde vermag keine Veranlassung zu erblicken, das angefochtene Straferkenntnis einer Abänderung - etwa iS des Berufungsantrages - zu unterziehen. Die Berufungsbehörde nimmt vielmehr die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses als zutreffend zur Gänze in die gegenständliche Berufungsentscheidung auf. Hiezu ist die Berufungsbehörde im Hinblick darauf, daß es keine Mangelhaftigkeit eines Verwaltungsverfahrens bedeutet, wenn sich das Berufungserkenntnis bloß auf die Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz beruft, sofern der erstinstanzliche Bescheid ausreichend begründet war, berechtigt ... Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides (Straferkenntnis) erscheint ausreichend, umsomehr, als dieser Entscheidung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens schlüssig und in keiner Weise ergänzungsbedürftig zugrunde gelegt wurden. Da im vorliegenden Fall die Übersetzung der Anzeige der Bundespolizeidirektion Klagenfurt - iS des ... Volksgruppengesetzes - nicht erforderlich ist, konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein und es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

1.2.1. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des M D an den VfGH, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, nämlich des Rechtes auf (rechtliche und faktische) Gleichbehandlung von Angehörigen einer Minderheit nach Art67 des Staatsvertrages von Saint-Germain, StGBl. 303/1920, auf Gebrauch des Slowenischen als Amtssprache nach Art7 Z3 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG), ferner die Verletzung des Rechtes nach Art7 Abs1 (gemeint: Z1) des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

1.2.2. Der Landeshauptmann von Ktn. als bel. Beh. erstattete unter Vorlage der Administrativakten eine Gegenschrift und begehrte darin die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Art67 des Staatsvertrages von Saint-Germain vom 10. September 1919, StGBl. 303/1920, der als Bestandteil des Abschnittes V des III. Teiles dieses Vertrages kraft Art149 Abs1 B-VG als Verfassungsgesetz gilt, bestimmt in seinem vom Bf. der Sache nach bezogenen ersten Halbsatz, daß österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, dieselbe Behandlung und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen genießen, enthält also das Verbot der Minderheitsdiskriminierung (s. auch ArtI des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973).

2.1.2. Vorliegend ergeben sich keinerlei Hinweise, daß die bel. Beh. mit dem bekämpften Verwaltungsakt den Zweck verfolgte, den Bf. wegen seines Bekenntnisses zur slowenischen Minderheit im Bundesland Ktn. zu diskriminieren, dh. schlechterzustellen als österreichische Staatsbürger, die sich nicht zu einer solchen Minderheit bekennen (vgl. VfSlg. 8145/1977, 8146/1977).

2.1.3. Der Bf. wurde darum in seinem durch Art67 des Staatsvertrages von Saint-Germain, StGBl. 303/1920, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nicht verletzt.

2.2. Der Bf. beruft sich ferner auf Art7 Z1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, doch läßt sich damit die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes allein schon deshalb nicht dartun, weil Art7 Z1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, nicht Verfassungsrang genießt; denn dieser Artikel scheint nicht unter jenen Bestimmungen auf, die durch ArtII Z3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 4. März 1964, BGBl. Nr. 59, gemäß Art50 Abs2 iVm. Art44 Abs1 B-VG genehmigt wurden.

2.3.1. Nach Art8 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik. Dies bedeutet, daß sie die offizielle Sprache bildet, in der die Anordnungen der Staatsorgane ergehen müssen und in der alle Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben (VfSlg. 9233/1981; s. Ringhofer "Die österreichische Bundesverfassung", S 25). Gemäß der (kraft ArtII Z3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 4. März 1964, BGBl. Nr. 59) auf Verfassungsstufe stehenden Bestimmung des Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, wird in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Ktn., des Bgld. und der Stmk. mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen.

Nach §2 Abs1 Z3 des BG vom 7. Juli 1976, BGBl. Nr. 396, über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz), idF der Druckfehlerberichtigung BGBl. Nr. 575/1976 sind die Behörden und Dienststellen, bei denen zusätzlich zur deutschen Amtssprache die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe zugelassen wird, durch V der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen. Die aufgrund des §2 Abs1 Z3 Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates erlassene V der Bundesregierung vom 31. Mai 1977, BGBl. Nr. 307, über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, läßt demzufolge in ihrem §3 Abs1 Z2 die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache für Personen, die in einer der im §2 genannten Gemeinden - dazu zählt auch die Ortschaft R in der Gemeinde B, dem Wohnsitz des Bf. - wohnhaft sind, vor den Bezirkshauptmannschaften Villach Land, Klagenfurt Land - mit Ausnahme der Expositur Feldkirchen - und Völkermarkt zu.

2.3.2. Davon ausgehend, daß ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht dann vorliegt, wenn an der Einhaltung einer objektiven Verfassungsnorm ein hinlänglich individualisiertes Parteiinteresse besteht (zB VfSlg. 723/1926), weiters davon, daß es sich bei der Verfassungsvorschrift des Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, um eine - Art8 B-VG ergänzende - Sonderregelung zugunsten und zum Schutz sprachlicher Minderheiten handelt, kann sich diese staatsvertragliche Bestimmung - wie grundsätzlich schon die Überschrift des Art7 litc, lautend: "Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten", zeigt - nicht in einem bloßen Auftrag an Staatsorgane erschöpfen; sie garantiert vielmehr darüber hinaus ua. österreichischen Staatsbürgern, die der slowenischen Minderheit (Volksgruppe) angehören (ua. in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Ktn. mit slowenischer oder gemischter Bevölkerung), das Recht auf Gebrauch der slowenischen Sprache im Verkehr mit Behörden (vgl. auch Ringhofer, aaO): Dem Bf. ist daher zuzustimmen, wenn er geltend macht, daß ihm Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrages von Wien im hier dargelegten Umfang ein subjektives öffentliches Recht gewährleistet (s. VfGH vom 28. Juni 1983 B499/82).

2.3.3.1. Angesichts der vom Bf. behaupteten Verletzung dieses Grundrechtes, die in der Ablehnung der Aktenübersetzung gesehen wird, brachte die bel. Beh. in ihrer Gegenschrift ua. wörtlich vor:

"Die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 12. Mai 1981 wurde dem Bf. sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache zugestellt. Aus dieser ist das dem Bf. zur Last gelegte Verhalten ersichtlich."

2.3.3.2. In der Tat kann der Bf. durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, nach Lagerung dieses Falles allein schon aus folgenden Überlegungen nicht verletzt worden sein:

Der Bf. erblickt in der Verweigerung der Herstellung einer Übersetzung der Akten des gegen ihn angestrengten Verwaltungsstrafverfahrens eine Verweigerung der Akteneinsicht überhaupt und folglich eine (keinem sofortigen Rechtsmittel unterliegende) Verfahrensanordnung nach §17 Abs4 AVG 1950, die er erst bei Anfechtung des in der Sache ergangenen Bescheides in Beschwerde zu ziehen vermochte.

Die Frage, ob diese prozessuale Wertung des Verwaltungsgeschehens richtig ist, kann hier allerdings auf sich beruhen. Denn es wurde dem Bf. - wie die bel. Beh. aktengetreu einwendet - im Administrativverfahren in Wahrheit ohnedies der gesamte verfahrensrelevante Akteninhalt in slowenischer Sprache zugänglich gemacht. Daß die Behörde dabei das Anzeigeblatt, anders als die übrigen Aktenteile, nicht gesondert übersetzen ließ, bleibt im gegebenen Zusammenhang - unter dem allein maßgebenden Aspekt des Grundrechtes nach Art7 Z3 Satz 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955 - ohne Belang, weil der wesentliche Anzeigeinhalt in dem - dem Beschwerdevertreter sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache zugegangenen - "Beschuldigten-Ladungsbescheid" vom 20. Juli 1981 Aufnahme fand. Angesichts dieser - in der Beschwerde vernachlässigten - Sachlage kann nicht mit Grund gesagt werden, die Behörde habe dem Bf. eine Übersetzung des entscheidungswesentlichen Akteninhaltes in die slowenische Sprache verweigert, sodaß das entsprechende Beschwerdevorbringen schon vom Ansatz her verfehlt ist.

Nach Ansicht des Bf. hat also die Zulassung des Slowenischen als Amtssprache unter dem Blickwinkel des Rechtes auf Akteneinsicht zur Folge, daß nicht - auch - schon in slowenischer Sprache vorliegende Akten oder Aktenteile auf Verlangen des Beschuldigten übersetzt werden müssen. Dieser Ansicht kann der VfGH aber nicht beipflichten. Ein allgemeines Recht auf Übersetzung von Akten oder Aktenteilen zum Zweck der Akteneinsicht sieht das Volksgruppengesetz nicht vor und ist auch durch Art7 Z3 des Staatsvertrages von Wien nicht geboten. Denn die Zulassung des Slowenischen als Amtssprache kann nur bedeuten, daß das Recht auf Gebrauch dieser Sprache auch im Verkehr mit Behörden besteht, nicht aber, daß alle für eine Angelegenheit irgendwie - möglicherweise - maßgeblichen Texte, die einzusehen und gegebenenfalls zu benutzen der Betroffene ohne Rücksicht auf ihr Zustandekommen berechtigt ist und deren Maßgeblichkeit festzustellen zunächst ihm selbst obliegt, in Slowenisch zur Verfügung gestellt werden müßten. Schon die Beschränkung auf bestimmte Verwaltungs- und Gerichtsbezirke zwingt Angehörige der Minderheit hinzunehmen, daß Bundes- und Landesgesetze und sonstige Akte übergeordneter Staatsorgane allein in der Staatssprache ergehen und die in anderen Bezirken geführten Verwaltungs- oder Gerichtsakten ausschließlich in der Staatssprache angelegt werden. Nicht die Unverständlichkeit der Staatssprache für die Minderheit, sondern die Möglichkeit der Bewahrung und Pflege der eigenen Sprache ist der Grund für die Zulassung des Slowenischen als Amtssprache. Art7 Z3 des Staatsvertrages stellt bloß sicher, daß der Angehörige der Minderheit sich auch im Verkehr mit den lokalen Behörden oder Gerichten seiner angestammten Sprache bedienen kann. Nur das Gespräch und der Schriftwechsel mit den staatlichen Organen hat - auf Verlangen - in slowenischer Sprache stattzufinden.

Nach Lage der Sache kann es freilich erforderlich sein, Slowenischsprechenden auch für Zwecke der Akteneinsicht einen Dolmetsch beizugeben, wenn Teile der Akten eines gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahrens unter Umständen zustandegekommen sind, die keinen Anlaß zum Gebrauch des Slowenischen gegeben haben (vgl. §15 Abs3 Volksgruppengesetz). Ob ein solcher Fall hier vorliegt, hat der VfGH aber nicht zu entscheiden, weil der Bf. nicht die Beistellung eines Dolmetsch, sondern die Herstellung einer Übersetzung beantragt hat, und in der abschlägigen Behandlung seines Begehrens eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gebrauch des Slowenischen im Verkehr mit Behörden keinesfalls liegen kann.

2.4.1. Steht der angefochtene Bescheid aber mit Art7 Z3 des Staatsvertrages von Wien nicht in Widerspruch, dann ist es auch ausgeschlossen, daß er den Gleichheitssatz verletzt. Wenn nämlich das Volksgruppengesetz eine Übersetzung von Akten zum Zweck der Akteneinsicht nicht vorsieht (was die Beschwerde unzutreffend als ein "Verbot" bezeichnet) und damit Slowenischsprechende nicht anders behandelt als jedermann, ist das im Hinblick auf die dargestellte Verfassungslage keine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

2.4.2. Daß die Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides aus anderen als den bereits als unzutreffend erkannten Gründen im Widerspruch zum Gleichheitsgebot des Art7 Abs1 B-VG stünden, behauptet der Bf. gar nicht; auch der VfGH hegt aus dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalles keine solchen Bedenken.

2.4.3. Demnach könnte die geltendgemachte Grundrechtsverletzung bloß gegeben sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.

Derartiges bringt der Bf. konkret nicht vor; auch die Aktenlage bietet keine wie immer gearteten Anhaltspunkte für eine der bel. Beh. anzulastende willkürliche Gesetzeshandhabung (s. auch Punkt 2.1.2.).

2.4.4. Der Bf. wurde somit durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt.

2.5. Die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wurde nicht behauptet und kam auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervor; ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (s. 2.4.2.); der Bf. wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.6. Die Beschwerde war darum als unbegründet abzuweisen.

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