Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
BStG 1971 §4 Abs1
BStG 1971 §15 Abs1
Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 10 Tauern Autobahn im Bereich der Gemeinden Stockenboi. Paternion. Weißenstein. Villach und Treffen, BGBl 508/1981
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
BStG 1971 §4 Abs1
BStG 1971 §15 Abs1
Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 10 Tauern Autobahn im Bereich der Gemeinden Stockenboi. Paternion. Weißenstein. Villach und Treffen, BGBl 508/1981
Spruch:
Dem Antrag wird keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke 1007/2, 1007/5, 1007/11 mit 1007/3, 1007/12 mit 1007/10 und 164 der EZ 165 KG G, Stadtgemeinde V, die im rechtsverbindlichen Flächenwidmungsplan teilweise als Bauland und teilweise als Grünland/Landwirtschaft ausgewiesen sind. Er beantragt die Aufhebung des zweiten Satzes der Bestimmung des Straßenverlaufs in der V des Bundesministers für Bauten und Technik vom 10. November 1981, BGBl. Nr. 508/1981, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 10 Tauern Autobahn im Bereich der Gemeinden Stockenboi, Paternion, Weißenstein, Villach und Treffen, welcher lautet:
"Die Trasse umfährt in der Folge die Stadt Villach im Norden durch den Oswaldiberg Tunnel, überquert nördlich von St. Ruprecht bei Villach die B 94 Ossiacher Straße und die Bahnlinie der ÖBB Amstetten-Tarvis, unterfährt sodann die Ossiachersee Südufer Landesstraße Nr. 49 und endet östlich der Ortschaft Landskron bei Plan-km 181,420 = km 2,1 der Spur 100 des mit Verordnung vom 20. September 1974, BGBl. Nr. 598, im Zuge der A 2 Süd Autobahn festgelegten Knoten Villach (A 2/A 10/A 11)."
Der Antragsteller bringt vor, daß durch die genannte Trassenfestlegung unmittelbar und nachteilig in seine Rechtssphäre eingegriffen werde. Aus §15 Abs1 BundesstraßenG 1971 ergebe sich, daß nach Bestimmung des Straßenverlaufes gemäß §4 leg. cit. auf dem von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteil (Bundesstraßenbaugebiet) Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden dürfen. Da seine Liegenschaft in jenem Bundesstraßenbaugebiet liege, das durch die angefochtene V geschaffen werde, werde durch diese V unmittelbar und nachteilig in seine Rechtssphäre eingegriffen. Es stehe ihm aber auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der genannten V zu erreichen. Der vom VfGH in VfSlg. 8059/1977 aufgezeigte Weg, für eine Bebauung einer im Straßenbaugebiet gelegenen Liegenschaft um eine Ausnahmegenehmigung anzusuchen und gegen die die Ausnahmegenehmigung verweigernden Bescheidenach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben, komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil nach Durchlaufen des Instanzenzuges das Autobahnprojekt schon weitgehend realisiert sein werde. Im konkreten Fall sei der mit dem Verfahrensumweg verbundene Zeitablauf daher so gravierend, daß es dem Antragsteller nicht zumutbar sei, diesen Weg zu gehen.
Die Trassenführung erachtet der Antragsteller zum einen deshalb für gesetzwidrig, weil die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers nicht in ausreichendem Maße erkennbar seien und zum anderen deswegen, weil die festgelegte Trasse den Anforderungen des §4 Abs1 BundesstraßenG hinsichtlich der sicheren Benützbarkeit der Straßen, dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Bedachtnahme auf die funktionale Bedeutung des Straßenzuges nicht entspreche.
2. Der Bundesminister für Bauten und Technik hat in einer Äußerung die Zulässigkeit, aber auch die inhaltliche Berechtigung des Antrags bestritten und die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrags begehrt.
3. Über Aufforderung durch den VfGH hat der Rechnungshof, der die Trassenführung der A 10 Tauern Autobahn im Bereich der Nordumfahrung Villach einer Gebarungsprüfung unterzogen hat, dem VfGH eine Ausfertigung des dem Bundesminister für Bauten und Technik bekanntgegebenen "vorläufigen Überprüfungsergebnisses" übermittelt.
II. Der VfGH hat zur Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der VfGH in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung - in der er die für die Zulässigkeit von Individualanträgen auf Gesetzesprüfung seit VfSlg. 8009/1977 angestellten Erwägungen auf Verordnungsprüfungsanträge übertragen hat - ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die V in die Rechtssphäre der betreffenden Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der VfGH vom Antragsvorbringen auszugehen und zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 8974/1980).
Der Antragsteller bringt vor, daß die ihm gehörigen Liegenschaften, die von der Trassenfestlegungsverordnung betroffen sind, durch diese V zum Bundesstraßenbaugebiet werden und daß es ihm verwehrt sei, auf den unbebauten Grundstücken baubewilligungspflichtige Neubauten zu errichten und an dem auf dem Grundstück 164 Baufläche gelegenen Wohnhausobjekt Umbauten oder Zubauten durchzuführen. Die angefochtene V greife daher in seine Rechtssphäre ein.
Dies trifft zu. Die Grundstücke des Antragstellers liegen - unbestrittenermaßen - innerhalb jenes Gebiets, das durch die V BGBl. Nr. 508/1981 zum Bundesstraßenbaugebiet erklärt wurde. Mit dieser Qualifikation ist gemäß §15 Abs1 erster Satz BStG 1971 die Wirkung verbunden, daß auf solchen Grundstücken Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden dürfen. Diese rechtliche Auswirkung bedarf eines weiteren Konkretisierungsaktes nicht mehr. Die Rechtssphäre des Antragstellers wird daher durch die in Rede stehende V - soweit sie sich auf die ihm gehörigen Grundstücke bezieht - unmittelbar beeinträchtigt.
2. Seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 hat der VfGH sowohl in Gesetzes- als auch in Verordnungsprüfungsverfahren, denen ein Individualantrag zugrunde lag, den - in erster Linie auf der Entstehungsgeschichte der B-VG-Novelle BGBl. Nr. 302/1975 beruhenden - Standpunkt eingenommen, daß dieser Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 8890/1980).
a) In dem mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall, der zum Beschluß VfSlg. 8059/1977 geführt hat, ist der VfGH davon ausgegangen, daß die Möglichkeit des Antragstellers, eine Ausnahme von der oben geschilderten baurechtlichen Wirkung zu erwirken, einen solchen zumutbaren Weg darstellt. Im einzelnen hat der Gerichtshof dazu ausgeführt:
"Nach §15 Abs1 BStG 1971 dürfen nach Bestimmung des Straßenverlaufes (§4 Abs1) auf den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßenbaugebiet) Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden; ein Entschädigungsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. §14 Abs2 und Abs3 BStG 1971 gelten sinngemäß. Danach hat die Behörde nach Anhörung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) vom Verbot nach §15 Abs1 Ausnahmen zuzulassen, wenn diese den geplanten Straßenbau nicht erheblich erschweren oder wesentlich verteuern oder zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Personen notwendig sind.
Demnach steht den Antragstellern die Möglichkeit offen, für eine Bebauung ihrer im Straßenbaugebiet gelegenen Grundstücke um eine Ausnahmegenehmigung anzusuchen. Über dieses Ansuchen hat die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Den Antragstellern steht es frei, gegen diese Bescheidenach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes kann die Gesetzwidrigkeit der auf den §4 Abs1 BStG 1971 gestützten Verordnung geltend gemacht und auf diese Weise die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung der Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.
Daraus ergibt sich, daß den Antragstellern ein durchaus zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheide, mit denen eine Ausnahme vom Bauverbot iS des §15 Abs1 BStG 1971 nicht erteilt wird, die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihnen bekämpften Verordnung zu erreichen.
Dem Vorbringen der Antragsteller kann kein Umstand entnommen werden, aus dem sich die Unzumutbarkeit der Einhaltung des aufgezeigten Weges ergäbe."
b) In seinem Verordnungsprüfungsantrag bringt der Antragsteller jedoch vor, daß dieser vom VfGH in VfSlg. 8059 ins Auge gefaßte Weg schon deshalb nicht zumutbar sei, weil nach Durchlaufen des Instanzenzuges das Autobahnprojekt schon weitgehend realisiert sein könnte. Selbst wenn dann der VfGH zur Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung käme, käme dieses Ergebnis faktisch zu spät, da in der Zwischenzeit schon erhebliche Kosten für die Errichtung einer der bekämpften Trassenfestlegung entsprechenden Straße aufgewendet worden wären.
c) Hintze hat sich in einem in der ZfV 1982, 217 ff., publizierten Aufsatz mit der Problematik des Zeitfaktors bei der Prüfung von Trassenfestlegungsverordnungen befaßt. Er hat gezeigt, daß zeitliche Verzögerungen der Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Trassenfestlegungsverordnung leicht dazu führen können, daß bis zur Entscheidung über die Gesetzmäßigkeit schon Baukosten in namhafter Höhe aufgewendet werden, etwa dadurch, daß - rechtmäßig und zweckmäßig - Bauarbeiten auf einem Teil der Trasse durchgeführt werden, bevor der Verfahrensweg zu einer verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle führt. Hintze legt dar, daß in einem solchen Fall auch dann, wenn der VfGH die Trassenverordnung als gesetzwidrig erkennen sollte, eine neue Trassenverordnung den inzwischen eingetretenen Stand der Bauarbeiten und die hiefür aufgewendeten Investitionskosten werde berücksichtigen müssen; aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen werde daher eine andere Trassenvariante nicht mehr in Frage kommen.
d) Der VfGH stimmt diesen Gedanken im Ergebnis zu. Die geschilderte spezifische Situation bei der Festlegung von Trassen gemäß §4 BStG 1971 führt dazu, daß es einem Antragsteller - beachtet man den Zeitfaktor - nicht zumutbar ist, die Verzögerung, die mit dem in VfSlg. 8059/1977 ins Auge gefaßten Weg verbunden ist, auf sich zu nehmen, um zu einer Überprüfung der ihn rechtlich belastenden Trassenfestlegungsverordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit zu gelangen.
e) Da die Unzumutbarkeit in concreto im Verzögerungseffekt begründet ist, der einträte, müßte der Antragsteller zuvor einen Bescheid erwirken, um zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der ihn rechtlich belastenden V zu gelangen, scheidet auch jeder andere Weg (etwa der, einen Enteignungsbescheid abzuwarten, um gegen diesen mit dem Argument der Gesetzwidrigkeit der diesem Bescheid zugrunde liegenden
V im Verwaltungsweg anzukämpfen und nach Erschöpfung des Instanzenzuges die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes anzurufen - vgl. VfSlg. 8058/1977) als unzumutbar aus.
3. Soweit sich die Trassenfestlegung auf die dem Antragsteller gehörenden Grundstücke bezieht, entfaltet sie für den Antragsteller die von ihm als beschwerend erachtete Wirkung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides. Infolge des untrennbaren Zusammenhangs des angefochtenen Satzes, der auch im Text der normativen Festlegung selbst zum Ausdruck kommt - insoweit unterscheidet sich eine Trassenverordnung von einem Flächenwidmungsplan (vgl. zum Umfang der Anfechtungslegitimation bei Flächenwidmungsplänen VfSlg. 8463/1978), bei dem der spezifischen Form der Kundmachung zufolge eine grundstücksbezogene Festlegung durch den Plan zum Ausdruck kommt - ist der Antrag jedoch insgesamt zulässig.
III. In der Sache hat der VfGH zu den vom Antragsteller vorgebrachten Bedenken - ausschließlich diese sind Gegenstand dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. VfSlg. 8212/1977) - erwogen:
1. Zum einen behauptet der Antragsteller die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen V "mangels erkennbarer Entscheidungsgrundlagen". Der Antragsteller beruft sich hiebei auf das zu einem Flächenwidmungsplan nach dem nö. ROG ergangene Erk. VfSlg. 8280/1978, in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, daß den Vorschriften des Gesetzes über die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen dann besondere Bedeutung zukomme, wenn das Gesetz die vom Verordnungsgeber zu erlassenden Planungsnormen ihrem Wesen nach nur final determinieren kann. Der Antragsteller meint, daß Gleiches auch für die Festlegung einer Straßentrasse gemäß §4 Abs1 BundesstraßenG 1971 gelte. Man müsse iS der Judikatur des VfGH zum Raumordnungsrecht davon ausgehen, daß auch vor Erlassung einer derartigen V die für eine bestimmte Trassenvariante maßgeblichen Voraussetzungen erforscht werden und die Ergebnisse dieser Forschungen auch bei der endgültigen Entscheidung berücksichtigt werden. Werde diese Sorgfalt bei der Entscheidungsfindung gänzlich vernachlässigt, dann könne eine den Straßenverlauf bestimmende V mangels erkennbarer Entscheidungsgrundlagen auch nicht als dem Gesetz entsprechend qualifiziert werden. Im vorliegenden Fall mangle es nun der angefochtenen V an erkennbaren Entscheidungsgrundlagen.
Sollte der Antragsteller mit diesem Vorbringen von der Ansicht ausgehen, der VfGH verlange für die Gesetzmäßigkeit von Planungsakten auf Verordnungsebene das Vorhandensein bestimmter Unterlagen, aus denen sich die planerische Entscheidung ableiten lasse, so wäre ihm folgendes entgegenzuhalten: Der VfGH hat in dem vom Antragsteller herangezogenen Erk. nicht eine unabhängig von der konkreten Gesetzeslage bestehende Pflicht zur Erarbeitung bestimmter Entscheidungsgrundlagen als bestehend angesehen, sondern in Ansehung des nö. ROG 1974, das in §10 Abs2 eine besondere Grundlagenforschung vorsieht und im §2 Abs3 bestimmt, daß die Gemeinde den Zustand des Gemeinderaums durch Untersuchung der gegebenen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen zu erforschen sowie deren Veränderungen ständig zu beobachten hat, für einen aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Planungsakt in Verordnungsform eine strenge Prüfung der Frage postuliert, ob die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers in ausreichendem Maße erkennbar sind, wobei auch zu prüfen sei, ob der Verordnungsgeber die im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehene Vorgangsweise eingehalten habe.
Im BundesstraßenG 1971 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Nov. BGBl. Nr. 63/1983 sind solche das Verordnungserlassungsverfahren betreffende gesetzliche Vorschriften insbesondere in den Abs3 und 5 des §4 enthalten; diese Bestimmungen lauten im Zusammenhang:
"§4. Bestimmung des Straßenverlaufes und Auflassung von Straßenteilen
(1) Vor dem Bau einer neuen Bundesstraße und vor der Umlegung von Teilen einer bestehenden Bundesstraße hat der Bundesminister für Bauten und Technik unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§7 und 20 Abs1, erster Satz, nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges den Straßenverlauf im Rahmen der Verzeichnisse durch Verordnung zu bestimmen.
...
(3) Vor Erlassung einer Verordnung nach Abs1 ... sind die berührten
Länder und Gemeinden zu hören; die Gemeinden werden hiebei im eigenen Wirkungsbereich tätig.
(4) Die Verordnungen nach Abs1 ... können den Hinweis auf
Planunterlagen enthalten, welche beim Bundesministerium für Bauten und Technik, bei dem Amt der Landesregierung des betroffenen Landes und bei den berührten Gemeinden zur Einsicht aufliegen.
(5) Vor Erlassung einer Verordnung nach Abs1 sind die Planunterlagen (Abs4) oder bei Ermangelung solcher der Entwurf der Verordnung durch sechs Wochen in den berührten Gemeinden zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Zeit und Ort der Auflage sind durch einmalige Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wr. Zeitung und durch Anschlag an den Amtstafeln des Amtshauses (Rathauses) der berührten Gemeinden kundzumachen. Innerhalb dieser Auflagefrist können von den Eigentümern, den Servitutsberechtigten und den Bestandnehmern der durch die künftige Straßentrasse betroffenen Grundstücksteile (§15 Abs2) schriftlich Äußerungen bei der Gemeinde eingebracht werden. Diese hat die Äußerungen zu prüfen und mit dem Ergebnis der Prüfung gesammelt dem Bundesminister für Bauten und Technik zu übermitteln."
Der VfGH hat keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen; insbesondere bezweifelt er nicht, daß durch sie das Verordnungserlassungsverfahren in ausreichender Weise vorherbestimmt ist.
Fehler in dem durch die zitierten Bestimmungen geregelten Verordnungserlassungsverfahren vermag der Antragsteller nicht darzutun. Wenn im Verfahren behauptet wird, daß aus den aufgelegten Unterlagen nicht hervorgeht, ob die Autobahn dort, wo sie nach der Planung in einem Einschnitt verlaufen soll, als überdeckte Unterflurtrasse geführt werden soll oder nicht, und wenn darauf hingewiesen wird, daß den Betroffenen durch die Auflage der Planunterlagen nicht alle Auswirkungen der Trassenführung deutlich gemacht wurden, so vermag der VfGH darin keine Mängel des Verfahrens zu erblicken, weil diese Umstände die vollständige Erörterung dieser Sache nicht verhindert haben. Auch andere vom Antragsteller gerügte Vorgänge im Verfahren der Verordnungserlassung (wie Variantenänderung vor Durchführung des Auflageverfahrens, die Frage der ausreichenden Information des vom Lande zur Trassenfestlegung befragten Raumordnungsbeirats oder die Tatsache, daß ein Sachverständigengutachten erst nach dem Auflageverfahren dem Bundesminister vorgelegt wurde) haben - weil sie sich auf Phasen der Verordnungserlassung beziehen, die im Gesetz nicht näher geregelt sind - keinen Einfluß auf die Gesetzmäßigkeit des Verordnungserlassungsverfahrens.
Sollte das Vorbringen des Antragstellers jedoch so zu verstehen sein, daß dem verordnungserlassenden Bundesminister - ungeachtet der Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften - eine Gleichheitsverletzung bei der Verordnungserlassung durch leichtfertiges, auf keinerlei Grundlagen beruhendes Vorgehen (vgl. für den Bereich der Bescheiderlassung etwa VfSlg. 8808/1980) zur Last falle, so könnte der VfGH diesem Vorwurf schon deswegen keine Berechtigung zuerkennen, weil die vorgelegten Verwaltungsakten eine eingehende, viele Aspekte berücksichtigende und abwägende Entscheidungsvorbereitung erkennen lassen.
2. a) Gemäß §4 Abs1 BundesstraßenG 1971 in der hier maßgeblichen Fassung vor der Nov. BGBl. Nr. 63/1983 ist der Straßenverlauf durch V nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges zu bestimmen. Durch die Verweisung auf die §§7 und 20 BundesstraßenG 1971 ist zum Ausdruck gebracht, daß der Straßenverlauf auch eine sichere Benützbarkeit der Straße gewährleisten muß (vgl. §7 Abs1 leg. cit.) und daß vorzusorgen ist, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den künftigen Verkehr so weit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand ermöglicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist (§7 Abs2 leg. cit.) sowie schließlich, daß auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprochen werden muß (vgl. VfSlg. 8200/1977).
b) Der Antragsteller bringt vor, daß die gewählte Trasse (die sog. Trasse 4/II) nach einem von der Ktn. Landesregierung über Veranlassung des Bundesministers für Bauten und Technik in Auftrag gegebenen Gutachtens des Univ.-Prof. Dr. K den gesetzlichen Anforderungen nicht bestmöglich entspreche und daß nach diesem Gutachten andere Varianten, insbesondere die Variante 5/I, die eine wesentlich kürzere Tunnelführung durch den Oswaldiberg vorsehe, sowohl nach einer Nutzwertanalyse als auch aufgrund einer Kosten-Nutzen-Analyse den gesetzlichen Anforderungen besser entspreche. Aus diesem Grund sei die gewählte Trasse als den Anforderungen des BundesstraßenG 1971 widersprechend gesetzwidrig.
c) Der Bundesminister für Bauten und Technik entgegnet diesem Vorwurf mit dem Hinweis darauf, daß aus raumordnungs- und umweltpolitischen Gründen nur eine Tunnelführung in Frage kam, die das Siedlungsgebiet
W vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schütze; dies habe eine Trassenführung mit einem längeren Tunnel erfordert, und zwar so, daß die Autobahn schon vor Erreichen dieses Siedlungsgebiets im Tunnel durch den Oswaldiberg geführt werde. Dementsprechend seien nur mehr die Varianten II für eine Trassenfestlegung in Frage gekommen, bei denen die Autobahn von Spittal an der Drau kommend zirka 2 km früher (also drauaufwärts gelegen) als bei den Varianten I durch ein Tunnel durch den Oswaldiberg geführt werde.
Zwischen der (verordneten) Variante 4/II und der Variante 5/II aber bestünden - auch unter Heranziehung des von Prof. K erarbeiteten Variantenvergleichs - nur geringe Unterschiede in der Bewertung. Bei dieser Entscheidung habe sich der Bundesminister unter raumordnungspolitischen Gesichtspunkten der Siedlungsentwicklung und unter dem Aspekt der politischen Durchsetzbarkeit der Trasse für die Variante 4 entschieden.
d) Der VfGH hält die angefochtene Verordnungsbestimmung unter den vom Antragsteller vorgebrachten Gesichtspunkten nicht für gesetzwidrig.
Dem Bundesminister für Bauten und Technik ist für die Bestimmung der Trassenführung durch die oben angeführten Bestimmungen des BundesstraßenG 1971 ein Ermessensbereich eingeräumt. Der Bundesminister hat die Trasse unter Abwägung der Kriterien der Verkehrserfordernisse, der Verkehrssicherheit, der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges und der Vermeidung unzumutbarer Belästigungen der Nachbarn (insoweit hat auch die Fassung des BundesstraßenG 1971 vor der Novelle BGBl. Nr. 63/1983, durch die die Bedeutung dieses Kriteriums besonders unterstrichen wurde, schon auf Aspekte des Umweltschutzes Bedacht genommen) und der Wirtschaftlichkeit festzulegen. Der VfGH kann nicht finden, daß der Bundesminister den ihm eingeräumten Spielraum bei der Erlassung der angefochtenen V überschritten oder unsachlich genützt hätte.
Wenn der Bundesminister bei der Erlassung der V für die Variante II (mit der längeren Untertunnelung) entschieden und damit dem Schutz der Siedlung W besonderes Gewicht beigemessen hat und dafür auch höhere Errichtungs- und Erhaltungskosten, die durch die längere Tunnelführung entstehen, in Kauf genommen hat, so kann ihm auch auf Grundlage der vor der Nov. BGBl. Nr. 63/1983 geltenden Fassung des BundesstraßenG 1971 angesichts des damals geltenden §7 Abs2 nicht entgegengetreten werden. Ebensowenig stellt es eine Gesetzwidrigkeit dar, wenn sich der Bundesminister bei der Trassenführung im Treffener Feld zwischen den Gemeinden V und L aus Gründen der Siedlungsentwicklung und der Beschränkung der Beeinträchtigung der Nachbarn für die Variante 4 entschieden und damit gewisse Mehrkosten und einen Verzicht auf eine kosten- und lagemäßig besonders günstige Anschlußstelle "Villach Nord" in Kauf genommen hat. Auch diese Entscheidung des Bundesministers bleibt innerhalb des ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessens.
Wenn der Antragsteller ausführt, daß man auf Basis des von Univ.-Prof. Dr. K erstellten Variantenvergleichs zu einer anderen Bewertung kommen müßte, so ist ihm entgegenzuhalten, daß dieses Gutachten - wie auch andere im Verfahren eingeholte gutächtliche Äußerungen - für den Bundesminister nur eine Entscheidungsgrundlage bildet und daß der Bundesminister bei der Bewertung und Abwägung der verschiedenen vom Gesetz als relevant erklärten Kriterien für die Trassenfestlegung nicht an die von einem bestimmten Gutachten zugrunde gelegte Bewertung der einzelnen Kriterien gebunden ist. Davon, daß der Bundesminister aber bei seiner Abwägung den gesetzlich vorgegebenen Rahmen verletzt hätte, kann - wie bereits dargelegt wurde - keine Rede sein.
3. Die im Antrag ausgeführten Bedenken haben sich daher nicht als stichhältig erwiesen, weshalb dem Antrag keine Folge zu geben war.
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