VfGH B65/81

VfGHB65/8129.6.1981

Tir. Campingplatzgesetz 1967; keine Bedenken gegen §14 Abs2; keine Verletzung des Rechtes auf Erwerbsausübungsfreiheit durch Auftrag zur Entfernung von Mobilheimen; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung; keine Gleichheitsverletzung; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art20 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Tir CampingplatzG 1967 §1 Abs1
Tir CampingplatzG 1967 §14 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art20 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Tir CampingplatzG 1967 §1 Abs1
Tir CampingplatzG 1967 §14 Abs2

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Fügen (Tirol) vom 5. September 1980, Z 4-71/80, wurde dem Gastwirt F.D. gemäß §14 Abs2 des Gesetzes vom 30. Mai 1967, mit dem Bestimmungen über Campingplätze in Tirol erlassen wurden (Tir. Campingplatzgesetz), LGBl. 28/1967, "aufgetragen, die in seinem Campingplatz 'Freischwimmbad' in Fügen zur Aufstellung gelangten Mobilheime bis zum 30. September 1980 aus dem Campingplatzbereich zu entfernen".

Begründend wurde ausgeführt:

"Im §1 des Tir. Campingplatzgesetzes wird ausdrücklich festgelegt, daß ein Campingplatz für die Bereitstellung eines Grundstückes zum Aufstellen von Zelten oder Wohnwagen im Rahmen des Fremdenverkehrs für die Unterbringung von mehr als zehn Personen und für das Abstellen ihrer Fahrzeuge dient.

Bei den auf dem Campingplatz 'Freischwimmbad' aufgestellten strittigen Wohnobjekten handelt es sich nach den Ausführungen des kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen um Wohnmobile, d.s. nicht zum Verkehr zugelassene Anhänger, da sie vom Bau und der Konstruktion her nicht den Bestimmungen für Wohnwagen entsprechen. Eine Klassifizierung konnte auch vom kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen nicht erfolgen, da ja jegliche Merkmale für einen Anhänger fehlen.

Nach der Judikatur des VwGH ist als Wohnwagen iS des Gesetzes ein Objekt nur dann anzusehen, wenn es den regelmäßig vorausgesetzten Merkmalen eines auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verwendenden Anhängers iS des Kraftfahrzeuggesetzes 1967 entspricht.

Da auf Grund der angeführten Überprüfung durch den kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen die Voraussetzung bei den aufgestellten Wohnmobilen nicht erfüllt ist, weiters das Tir. Campingplatzgesetz, LGBl. Nr. 28/1967, die Aufstellung von Wohnmobilen nicht vorsieht und infolgedessen die Bereitstellung von zum Verkehr nicht zugelassenen Anhängern nicht statthaft ist, war wie im Spruche zu entscheiden."

1.2. Die dagegen von F.D. erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 9. Oktober 1980, Z I-1521/1-80, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 in Verbindung mit §14 Abs2 Tir. Campingplatzgesetz als unbegründet abgewiesen.

1.3. Auch gegen diesen Bescheid ergriff F.D. das Rechtsmittel der Berufung, das von der Tir. Landesregierung mit Berufungserkenntnis vom 12. Dezember 1980, Z IIc-487/2, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 in Verbindung mit §14 Abs2 Tir. Campingplatzgesetz als unbegründet abgewiesen wurde, und zwar in Ergänzung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides durch folgenden Beisatz:

"Als Mobilheime gelten jene Wohnobjekte, die vom kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen am 22. 8. 1980 wegen ihrer Konstruktion und fehlender Sicherheitserfordernisse als nicht zugelassene Anhänger qualifiziert wurden."

1.4.1. Gegen diesen Bescheid der Tir. Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des F.D. an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG), sowie eine "Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art18 B-VG)" behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ferner hilfsweise, und zwar mit Bezugnahme auf Art144 (Abs2) B-VG, die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt wird.

1.4.2. Die Tir. Landesregierung als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Der VfGH hält an seiner in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfSlg. 5214/1966, 5287/1966, 5800/1968) vertretenen Auffassung fest, daß aus Art18 Abs1 B-VG kein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung ableitbar ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des Grundsatzes, daß die gesamte Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf, kann daher im Beschwerdeverfahren nach Art144 Abs1 B-VG nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Auf die Art18 B-VG gewidmeten Beschwerdeabschnitte war folglich nicht weiter einzugehen.

2.2. Gemäß Art6 StGG darf jeder Staatsbürger an jedem Ort des Staatsgebietes unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH setzt eine Verletzung dieses Grundrechtes voraus, daß einem Staatsbürger durch verwaltungsbehördlichen Bescheid der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird (zB VfSlg. 1372/1931, 1494/1932, 3404/1958, 4940/1965, 5305/1966).

Dies ist vorliegend nicht der Fall; denn der Beschwerdeführer, der den in Rede stehenden Campingplatz betreibt, wird durch den angefochtenen Bescheid - dessen Objekt auf diesem Platz aufgestellte Mobilheime sind - in seiner Erwerbsbetätigung bloß in faktischer Hinsicht behindert, weil er bei aufrechtem Bestand des bekämpften Verwaltungsaktes die betroffenen Objekte nicht an Ort und Stelle belassen dürfte. Gegen Amtshandlungen, die aber - wie hier - nur die faktische Ausübung eines Erwerbszweiges zum Gegenstand haben, ohne das Recht der freien Erwerbsbetätigung als solches zu negieren, gewährt Art6 StGG keinen Schutz (vgl. VfSlg. 6186/1970).

2.3.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch einen verwaltungsbehördlichen Bescheid ua. dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (vgl. VfSlg. 7728/1975, 8053/1977).

2.3.2. Daß die belangte Tir. Landesregierung zur Entscheidung über die Berufung an sich unzuständig gewesen wäre, behauptet der Beschwerdeführer gar nicht. Der Sache nach vermeint er jedoch, daß die auf seinem Campingplatz aufgestellten Objekte, werde ihnen schon der Wohnwagencharakter iS des Tir. Campingplatzgesetzes abgesprochen, rechtsrichtig als bauliche Anlagen vorübergehenden Bedarfs iS der Bauordnung zu beurteilen seien, sodaß es an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Entfernungsauftrages nach dem Tir. Campingplatzgesetz fehle.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es im gegebenen Zusammenhang keineswegs darauf ankommt, ob die Berufungsbehörde materielle Rechtsvorschriften richtig oder unrichtig anwendete, gewährleistet doch das Grundrecht des Art83 Abs2 B-VG nicht die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes des angefochtenen Verwaltungsaktes; vielmehr wird die Zuständigkeit der Behörde und damit das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine unrichtige behördliche Entscheidung allein nicht berührt (vgl. ständige Rechtsprechung: zB VfSlg. 5472/1967, 5616/1967).

2.3.3. Ebensowenig - und entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - kann aber, wie der VfGH bereits wiederholt aussprach (vgl. VfSlg. 4233/1962, zuletzt: VfSlg. 8790/1980), der Bestand des in Art20 B-VG verankerten Weisungsrechtes einer Oberbehörde an Unterbehörden auf die gesetzliche Behördenzuständigkeit von Einfluß sein.

2.3.4. Der Beschwerdeführer wurde infolgedessen im Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.

Abschließend festzuhalten bleibt, daß die vom Beschwerdeführer nicht aufgeworfene Frage nach der Gesetzmäßigkeit des Einschreitens der Bezirkshauptmannschaft Schwaz als Mittelinstanz (s. Tir. LGBl. 11/1977) hier ungeprüft auf sich beruhen kann, weil nach der Rechtsprechung des VfGH selbst eine gesetzwidrige Einbindung dieser Behörde in das Verfahren in Form der Hinzufügung als weitere Instanz das Grundrecht des Art83 Abs2 B-VG nicht verletzt hätte (vgl. VfSlg. 8939/1980 und die dort zitierte Vorjudikatur).

2.4.1. Eine Verletzung des Gleichheitsrechtes (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Bescheiderlassung Willkür übte.

2.4.2. Daß die den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen, insbesondere §14 Abs2 Tir. Campingplatzgesetz, LGBl. 28/1967, im Widerspruch zum Gleichheitsgebot stünden, wurde vom Beschwerdeführer nicht eingewendet. Auch der VfGH hegt unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles keine derartigen Bedenken.

2.4.3. Sinngemäß behauptend, es sei dem Tir. Campingplatzgesetz zu Unrecht ein gleichheitswidriger Inhalt beigemessen worden, bringt der Beschwerdeführer vorerst vor, die belangte Behörde vertrete die Auffassung, §1 Abs1 Tir. Campingplatzgesetz unterscheide zwischen (erlaubten) "Wohnwagen" und (verbotenen) "Mobilheimen" der gegenständlichen Art, wofür keine Rechtfertigung bestehe.

Nach Auffassung des VfGH wäre es jedoch keineswegs sachfremd und damit gleichheitswidrig, wenn dem Tir. Campingplatzgesetz dieser ihm von der belangten Behörde unterstellte Inhalt tatsächlich zukäme: Da den Bestimmungen dieses Gesetzes (laut §1 Abs1) die Bereitstellung eines Grundstückes zum Aufstellen von Zelten oder Wohnwagen (nur) "im Rahmen des Fremdenverkehrs" unterliegt, wäre es nicht unsachlich, derartige Mobilheime allein angesichts ihrer Zweckbestimmung zur regelmäßig nicht bloß vorübergehenden Aufstellung, wie sie für eine Benützung im Zuge des Fremdenverkehrs typisch ist, anders zu behandeln als auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verwendende Wohnwagen (Anhänger).

2.4.4. Ferner wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde auch Willkür vor, ist damit aber nicht im Recht.

Aus der entsprechenden Beschwerdeeinrede, die Behörde habe in vergleichbaren Fällen anders als hier entschieden, ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers letzten Endes nichts zu gewinnen. Denn selbst wenn in anderen Rechtssachen gesetzwidrig verfahren worden sein sollte, könnte ein solches Vorgehen dem Beschwerdeführer kein Recht auf gleiches behördliches Fehlverhalten einräumen (vgl. zB VfSlg. 6992/1973, 7962/1976).

Der aus den Akten zu ersehende Ablauf des Verwaltungsgeschehens zeigt deutlich, daß die Tir. Landesregierung sich keineswegs von subjektiven, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen oder von anderen unsachlichen Momenten leiten ließ und ihre Entscheidung durchaus nicht leichtfertig fällte, sondern sorgfältig um eine genaue Prüfung und Würdigung des Falles, insbesondere aber um eine Gesetzesauslegung iS der Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 21. 2. 1979 Z 2131/76) bemüht war. Schon ein solches Bemühen um die gesetzmäßige Lösung schließt Willkür aus, mag es auch nicht von Erfolg begleitet sein (vgl. VfSlg. 7860/1976).

Ebensowenig kann der belangten Behörde - unter dem Gesichtspunkt willkürlicher Gesetzesvollziehung - zum Vorwurf gemacht werden, daß sie die Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers nicht bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vom 22. Oktober 1980 über die Errichtung und den Betrieb von Campingplätzen (Tir. Campingplatzgesetz), LGBl. 69/1980, das ist der 1. Jänner 1981, hinausgeschoben habe.

Soweit der Beschwerdeführer einen behördlichen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und eine Verletzung wohlerworbener Rechte behauptet, räumt er letztlich selbst ein, es sei ihm seinerzeit - in einem gemeindeamtlichen Schreiben - nur die Aufstellung von Wohnwagen bewilligt worden, sodaß seinen einschlägigen Ausführungen schon aus diesem Grund der Boden entzogen ist.

Der VfGH hat hier im übrigen nicht zu untersuchen, ob der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und die von der belangten Behörde gewählte Gesetzesauslegung richtig ist: Keinesfalls leidet die Begründung des Berufungsbescheides geradezu an einer - unter Umständen als Indiz für Willkür in Betracht zu ziehenden (VfSlg. 7038/1973, 7962/1976) - Denkunmöglichkeit, und zwar weder in sachverhaltsmäßiger noch in rechtlicher Hinsicht.

Insbesondere ist es nicht schlechterdings denkunmöglich, wenn die belangte Behörde in der strittigen Aufstellung der Mobilheime einen leicht behebbaren Mangel in der Bedeutung des §14 Abs2 Tir. Campingplatzgesetz erblickte, dessen Behebung dem Beschwerdeführer - als Inhaber der Betriebsberechtigung - aufgetragen werden dürfe.

In Wahrheit suchen die Art7 Abs1 B-VG zugeordneten Beschwerdepartien nach Inhalt und Zielsetzung insgesamt lediglich nachzuweisen, daß die Berufungsbehörde auf Grund eines unzulänglichen Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung verfehlter Überlegungen rechtsirrig entschieden habe. Damit wird jedoch nicht ein in die Verfassungssphäre reichendes Fehlverhalten der belangten Behörde dargetan, vielmehr einzig und allein die einfachgesetzliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestritten, worüber ausschließlich der nach Art129 B-VG zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufene VwGH zu befinden hat.

Die in Rede stehenden weitwendigen Beschwerdeausführungen entziehen sich damit im Verfahren vor dem VfGH jeder weiteren Erörterung.

2.4.5. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt wurde.

2.5. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren vor dem VfGH nicht hervor; ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften; der Beschwerdeführer wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.6. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.

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