VfGH B384/77

VfGHB384/771.10.1981

Denkmalschutzgesetz; keine Bedenken gegen §§1 und 3 idF vor BGBl. 167/1978; keine denkunmögliche und keine willkürliche Anwendung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
DMSG §1
DMSG §3
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
DMSG §1
DMSG §3

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 6. November 1975, Z 9074/75, wurde festgestellt, daß die Erhaltung des Wohnhauses 1030 Wien, L-straße Nr. 13, gemäß §§1 und 3 DenkmalschutzG, BGBl. 533/1923 (in der hier maßgebenden Fassung vor der Nov. BGBl. 167/1978), im öffentlichen Interesse gelegen sei.

1.2. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gab der von A.D. und R.K. als den grundbücherlichen Eigentümern des betreffenden Objektes gegen den eingangs bezeichneten Bescheid des Bundesdenkmalamtes ergriffenen Berufung mit Bescheid vom 29. August 1977, Z 22.437/6/33/77, teilweise Folge, indem er "die Erhaltung der Erscheinung des Inneren der Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten sowie des Bestandes der darin befindlichen leichten (nicht tragenden) Zwischenwände" von der Unterschutzstellung ausnahm, bestätigte den angefochtenen Bescheid im übrigen aber vollinhaltlich (§66 Abs4 AVG 1950).

1.3.1. In der dagegen erhobenen, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den VfGH kämpfen die Beschwerdeführer A.D. und R.K. lediglich gegen den abweislichen Teil des Berufungsbescheides an. Sie behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art, 7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) verletzt worden zu sein und begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ferner hilfsweise, und zwar mit Bezug auf Art144 Abs2 B-VG idF vor dem BVG BGBl. 350/1981, die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.

1.3.2. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht wird durch einen bescheidmäßigen Eigentumseingriff - so eine Eigentumsbeschränkung nach den §§1 und 3 DenkmalschutzG (s. VfSlg. 7306/1974) - gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur dann verletzt, wenn der Bescheid auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht oder gesetzlos ist, wobei eine denkunmögliche Gesetzesanwendung einer Gesetzlosigkeit gleichkommt (zB VfSlg. 5206/1966).

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechts kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7619/1975, 8275/1978) nur vorliegen, wenn sich der Bescheid auf eine dem Gleichheitsgebot widersprechende Rechtsvorschrift stützt oder wenn die belangte Behörde bei der Bescheiderlassung Willkür übte.

2.1.1. Das Verwaltungsgeschehen bietet keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt dafür, daß der in materiellrechtlicher Hinsicht insbesondere auf die §§1 und 3 DenkmalschutzG gegründete, also keinesfalls jeder gesetzlichen Grundlage entbehrende Bescheid vom 29. August 1977 in denkunmöglicher oder willkürlicher Gesetzeshandhabung erlassen worden wäre. Auch die beschwerdeführenden Parteien erhoben in dieser Richtung keinen Vorwurf. Zur Prüfung der - von beiden Beschwerdeführern bestrittenen - einfachgesetzlichen Rechtsrichtigkeit des bekämpften Bescheides ist der VfGH aber nicht zuständig; diese Aufgabe kommt ausschließlich dem gemäß Art129 B-VG zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufenen VwGH zu.

2.1.2. Das Vorbringen der Beschwerdeführer zielt denn auch insgesamt auf den Nachweis ab, daß der angefochtene Bescheid auf verfassungswidrigen Rechtsvorschriften (§§1 und 3 DenkmalschutzG) beruhe.

Wie die folgenden Ausführungen zeigen, ist diese Einrede aber offenkundig nicht stichhältig; der VfGH sieht sich weder auf Grund der Beschwerdeausführungen noch aus anderen Erwägungen zur amtswegigen Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt:

Der VfGH sprach bereits wiederholt aus, daß gegen die §§1 und 3 DenkmalschutzG in der Fassung vor der Nov. BGBl. 167/1978 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, insbesondere auch nicht unter dem von den Beschwerdeführern besonders hervorgekehrten Blickpunkt des Art5 StGG (s. VfSlg. 5206/1966, 5453/1967, 7306/1974, 7446/1974, 7519/1975, 7625/1975, 8759/1980). Der VfGH hält an dieser Rechtsauffassung fest: Nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu VfSlg. 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur) gilt der erste Satz des Art5 StGG, lautend: "Das Eigentum ist unverletzlich", auch für Eigentumsbeschränkungen, so auch für die in den erwähnten Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes enthaltenen (s. dazu VfSlg. 5991/1969), auf die sich allerdings auch der im zweiten Satz des zitierten Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt erstreckt. Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt. Dies trifft - entgegen der in der Beschwerdeschrift verfochtenen Ansicht der beiden Beschwerdeführer - auf die Bestimmungen der §§1 und 3 DenkmalschutzG nicht zu.

Denn diese Vorschriften - mag auch ihre Handhabung, wie die Beschwerdeführer weitwendig darzutun trachten, unter Umständen eine mehr oder weniger empfindliche Minderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der betroffenen Gebäude nach sich ziehen - bringen schon der offenkundigen Zielsetzung nach keinesfalls eine verfassungswidrige Aushöhlung des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums mit sich (vgl. dazu VfSlg. 7770/1976, 7996/1977, 8981/1980). Daran vermag auch die von den Beschwerdeführern ausdrücklich herangezogene Vorschrift des §5 DenkmalschutzG nichts zu ändern, die zwar eine Denkmalzerstörung von der Zustimmung des Bundesdenkmalamtes abhängig macht, aber keine spezifische Erhaltungspflicht statuiert und dem Eigentümer - dem Beschwerdevorbringen zuwider - keine über den schon an sich gegebenen Erhaltungsaufwand hinausgehende Belastung auferlegt, wie auch die in der Beschwerdeschrift erwähnte Norm des §59 der Bauordnung für Wien - über die Einlösung von Liegenschaften nach bestimmten Abänderungen des Bebauungsplans - im gegebenen Zusammenhang ohne jedwede erkennbare Bedeutung bleibt. Dem weiteren, unter dem Aspekt einer Verletzung des Gleichheitsrechtes sinngemäß vorgetragenen Beschwerdeeinwand, die strittige Regelung des DenkmalschutzG treffe und belaste nur einzelne, nicht alle Hauseigentümer, ist entgegenzuhalten, daß die in Betracht kommende gesetzliche Beschränkung in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung und die damit verbundene verschiedene Behandlung der Eigentümer von schutzwürdigen Gütern einerseits und von nichtschutzwürdigen anderseits schon im offensichtlichen und unbestreitbaren öffentlichen Interesse an der Erhaltung von Denkmalen ihre sachliche Rechtfertigung findet.

2.1.3. Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums noch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt wurden und daß auch eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm nicht stattfand.

2.2. Da im Beschwerdeverfahren vor dem VfGH auch die Verletzung anderer als der von den Beschwerdeführern genannten Grundrechte nicht hervorkam, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

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