VfGH B119/77

VfGHB119/779.5.1980

Nö. Grundverkehrsgesetz 1973; willkürliches Behördenhandeln bei Anwendung des §8 Abs1, Abs2 litb und c

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Nö GVG 1973 §8 Abs1, §8 Abs2 litb, §8 Abs2 litc
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Nö GVG 1973 §8 Abs1, §8 Abs2 litb, §8 Abs2 litc

 

Spruch:

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1.a) Mit Antrag an die Grundverkehrs-Bezirkskommission G. vom 27. August 1975 begehrten die Beschwerdeführer, ihnen die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zum Kaufvertrag vom 22. August 1975 zu erteilen, mit dem sie von der Eigentümerin des F-Hofes in R. im G., M. G., land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (bestehend aus einem Wald in der Größe von zirka 45 ha, einem landwirtschaftlichen Grundstück in der Größe von zirka 7 ha und Baulichkeiten) im Gesamtausmaß von 51,4226 ha um den Kaufpreis von 3300000 S zu erwerben beabsichtigten. Im Antrag wird ua. ausgeführt, daß die landwirtschaftlichen Grundstücke als Sommerweide für Rinder verwendet werden sollen und die Bewirtschaftung durch die Erwerber selbst, und zwar von der auf der Liegenschaft befindlichen Baulichkeit aus, erfolgen soll.

Anläßlich der zu diesem Anbringen durchgeführten Verhandlung am 30. Dezember 1975, in der die Beschwerdeführer und ein weiterer Interessent, F. L., von der Kommission befragt wurden, erklärte das Mitglied der Grundverkehrs-Bezirkskommission J. Sch., selbst Interesse an diesem Kauf zu haben. Die Verhandlung wurde sodann zur "Klärung der Vorlage von schriftlichen Erklärungen von Interessenten", zur Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides und zur Feststellung des ortsüblichen Verkehrswerts vertagt. Die Bezirksbauernkammer G. wurde um Erstellung eines Gutachtens über den ortsüblichen Verkehrswert ersucht.

b) Die Bezirksbauernkammer G. erstattete am 22. Jänner 1976 ein Gutachten, das hinsichtlich des landwirtschaftlichen Grundstücks von einem Kammersekretär, der auch Mitglied der Grundverkehrskommission war, hinsichtlich des forstwirtschaftlichen Grundstücks von einem anderen Kammersekretär ausgearbeitet wurde. Das Gutachten bewertete das Grundstück mit insgesamt 2141000 S, wovon 1710000 S auf den Wert des Waldes und 431000 S auf den Wert der Landwirtschaft entfielen.

In einem ergänzenden Gutachten vom 23. Jänner 1976 wurde von der Nö. Landwirtschaftskammer der Wert der Baulichkeit (inklusive Grundwert des Grundstücks, auf dem sich die Baulichkeit befindet) mit 441625 S geschätzt.

c) Am 27. Jänner 1976 erklärte J. Sch. schriftlich sein Interesse am Erwerb der in Rede stehenden Liegenschaften zum Zweck der Aufstockung des eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zum ortsüblichen Verkehrswert. Eine gleichartige Erklärung gab mit Schreiben vom 2. Feber 1976 auch F. L. ab.

Am 10. Feber 1976 setzte sie Grundverkehrs-Bezirkskommission G. die Verhandlung fort. Am gleichen Tag langten bei der Kommission auch Interessentenerklärungen von P. W. und K. Sch. ein; beide erklärten, die in Rede stehenden Liegenschaften je zur Hälfte zum ortsüblichen Verkehrswert erwerben zu wollen. J. Sch. zog seine Interessentenerklärung anläßlich der Verhandlung der Kommission zurück. Die Kommission befragte die beiden, bei der Sitzung ohne vorherige Ladung anwesenden neuen Interessenten und eröffnete im Anschluß an diese Befragung den Parteien des Verfahrens, daß sich zwei hauptberufliche Landwirte als Interessenten gemeldet hätten. Auf die Fragen der Parteien, wieso die Liegenschaft so niedrig geschätzt worden sei und wieso die Baulichkeit vor der Schätzung nicht besichtigt worden sei, antwortete der Vorsitzende, die Kommission baue auf dem Gutachten auf, den Parteien stehe jedoch das Recht der Berufung offen. Die Frage, ob die Parteien in das Gutachten Einsicht nehmen dürften, bejahte der Vorsitzende.

Unmittelbar im Anschluß an diese Verhandlung beschloß die Kommission - ohne den Parteien die Möglichkeit der Einsicht in die Gutachten und der Stellungnahme hiezu zu geben -, die grundverkehrsbehördliche Zustimmung mit der Begründung zu versagen, daß sich zwei hauptberufliche Landwirte derselben Gemeinde für die Landwirtschaft interessiert hätten und die antragstellenden Parteien keine hauptberuflichen Landwirte seien.

Unter Hinweis darauf sowie auf den überhöhten Kaufpreis wurde mit Bescheid vom 3. März 1976 - den Beschwerdeführern am 5. März 1976 zugestellt - gem. §8 Abs1 iVm §8 Abs2 lita und §8 Abs4 des Grundverkehrsgesetzes 1973, LGBl. 6800-0, die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zum Kaufvertrag nicht erteilt.

2. a) Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer und auch die Grundstücksverkäufer fristgerecht Berufung an die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Nö. Landesregierung. Dabei wurde insb. die Stichhältigkeit der Gutachten bezweifelt.

b) Die belangte Behörde hat ein Gutachten eines Amtssachverständigen des Amtes der Nö. Landesregierung eingeholt, in dem der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft mit 2832000 S geschätzt wurde, wobei der Wert des Waldes mit 1935000 S, der Wert der landwirtschaftlichen Nutzfläche mit 354000 S und der Wert der Gebäude, der Bauflächen und des bebauten Grünlandes mit 543000 S (hinsichtlich dieses Teils stützte sich das Gutachten auf ein Gutachten eines Sachverständigen des Nö. Gebietsbauamtes II) angenommen wurde.

Über die Käufer berichtete das Gutachten sowie ein ergänzendes Gutachten des Amtssachverständigen der Nö. Landesregierung, daß F. St. in A. zirka 15,9 ha Wald und 8,8 ha landwirtschaftliche Nutzfläche besitze und bewirtschafte. Er sei überdies als Arbeiter im Sägewerk seines Schwiegervaters beschäftigt. Nach dem Einkommensteuerbescheid 1974 haben seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 11289 S und aus nichtselbständiger Arbeit 44951 S betragen. F. St. besitze ein Abschlußzeugnis der landwirtschaftlichen Fortbildungsschule A. M. St. führe ein Fuhrwerksunternehmen mit einem LKW.

Zur Frage, ob die Käufer zur Bewirtschaftung der eigenen und der verkehrsgegenständlichen Liegenschaften in der Lage wären, führte das Gutachten aus, daß dies bei einer Entfernung von zirka 70 km zwischen den beiden Liegenschaften hinsichtlich des Waldes durchaus möglich wäre, hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzfläche jedoch sicher große Schwierigkeiten bereiten würde. Hiezu wiesen die Käufer darauf hin, daß sie beabsichtigten, die landwirtschaftliche Nutzfläche als Sommerweide zu nutzen.

Zu den anderen Interessen führte das Gutachten aus, daß es sich bei allen Interessenten um Betriebe iS des §8 Abs7 Nö. GVG 1973 handle. Die Interessenten K. Sch. und P. W. beabsichtigten, den F-Hof als Ganzes gemeinsam zu erwerben und danach einen Grundtausch durchzuführen. Hiebei würde P. W. den F-Hof allein erhalten und dafür einen Teil seines Waldes, welcher an den Waldbesitz des K. Sch. angrenzt, an diesen abtreten. Eine Stärkungsbedürftigkeit erachtete der Gutachter bloß hinsichtlich des Besitzes des P. W. als gegeben.

Zusammenfassend stellte das Gutachten fest, daß bei Betrachtung der Besitzgröße den Käufern der Vorzug zu geben wäre, bei Berücksichtigung der Entfernung zwischen den Liegenschaften jedoch den örtlichen Interessenten.

c) Der Sachverständige berichtete in seinem Gutachten, daß ihm im Zuge der Erhebungen J. Sch. mitgeteilt habe, wieder an einem Kauf interessiert zu sein.

Die Landesgrundverkehrskommission lud daraufhin mit Schreiben vom 2. September 1976 die Interessenten K. Sch., P. W., F. L. und J. Sch. ein, ein allfälliges Kaufinteresse schriftlich zu erklären und die Zahlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. In der Folge langten bei der Behörde entsprechende Erklärungen ein, und zwar von P. W. und K. Sch., die erklärten, die Liegenschaft gemeinsam erwerben zu wollen, von J. Sch., der erklärte, die Liegenschaft für seinen Sohn kaufen zu wollen, und von F. und R. L.

d) Am 30. November 1976 wurde den Parteien des Verfahrens eine Verständigung zugestellt, in der ihnen mitgeteilt wurde, sie könnten innerhalb von zwei Wochen durch Einsicht in den Akt das Ergebnis der ergänzenden Ermittlungen zur Kenntnis nehmen und sich hiezu äußern.

e) Am 15. Dezember 1976 beschloß sodann die Grundverkehrs-Landeskommission, dem Kaufvertrag die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen.

f) In einer Eingabe vom 21. Dezember 1976 setzten sich die Beschwerdeführer mit dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten kritisch auseinander und wiesen insbesondere darauf hin, daß der als Interessent auftretende P. W. hauptberuflich eine Holzkohlenerzeugung betreibe, daß das Mitglied der Grundverkehrs-Bezirkskommission J. Sch. selbst als Interessent aufgetreten sei und damit rechtswidrigerweise an der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides mitgewirkt habe und daß die Schätzung des Sachverständigen - wie sich aus vergleichsweise herangezogenen Kaufverträgen ergebe - zu niedrig angesetzt sei. Sie wiederholten, daß sie die Absicht hätten, ihren Wohnsitz nach R. zu verlegen, was aber erst nach erfolgtem Kauf sinnvoll sei und daß sie beabsichtigten, die gekauften Liegenschaften selbst zu bewirtschaften.

g) Mit Datum vom 4. Feber 1977 erging sodann der Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission, der den Beschwerdeführern am 23. Feber 1977 zugestellt wurde. In der Begründung des Bescheides wird - nach Wiedergabe des Inhaltes der Bestimmungen des §8 Nö. GVG 1973 - festgestellt, "daß der bekämpfte Bescheid allein unter Berufung auf §8 Abs1 Nö. GVG 1973 gestützt werden könnte", denn der Erwerb durch die Käufer diene weder der Erhaltung noch der Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes. Auch die Schaffung eines leistungsfähigen Betriebes wäre zweifelhaft, weil hinsichtlich der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen sicher große Schwierigkeiten entstehen würden. Es widerspreche nämlich "aus mehrfachen Gründen den öffentlichen Interessen, daß mit öffentlichen Mitteln der Ankauf eines Betriebes mitfinanziert werden solle, was sich später als nicht lebensfähig erweisen könnte". Es sei nämlich amtsbekannt, daß sich die Käufer um einen Aufstockungskredit bemühten.

Auf der anderen Seite seien mehrere Landwirte an dem Erwerb interessiert. Diese Tatsache zeige allein, wie notwendig die Stärkung der bäuerlichen Betriebe in dieser Gegend sei. Von diesen Landwirten hätten die Landwirte K. Sch. und P. W. aus R. im G., wie der Amtssachverständige zutreffend ausgeführt habe, stärkungsbedürftige bäuerliche Betriebe. Dazu komme, daß auch die Bezirksbauernkammer in ihrer Stellungnahme meine, der Grundbesitz dieser Interessenten sei "den hiesigen Verhältnissen entsprechend für eine gesicherte Existenz nicht ausreichend" bzw. daß es erforderlich sei, "die wirtschaftliche Existenz durch eine Aufstockung abzusichern".

Aufgrund dieser Ausführungen sei die Grundverkehrs-Landeskommission zu dem Schluß gelangt, daß die Stärkung der bereits im Ort bestehenden Betriebe weit vordringlicher erscheint und im öffentlichen Interesse gelegen ist, als das etwas gewagte Vorhaben der Käufer aus A. Nach der Aktenlage sei es nämlich sehr unsicher, ob die Käufer willens und fähig sein würden, diesen Betrieb selbst zu bewirtschaften. Da die Käufer aufgrund ihrer eigenen Angaben bisher nicht einmal ihre eigenen landwirtschaftlichen Grundstücke bewirtschaftet hätten, sei es zumindest fraglich, ob sie im Hinblick auf die Entfernung, neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Sägewerk bzw. im Fuhrwerksunternehmen, die Bewirtschaftung selbst bewältigen könnten.

Da die beiden bäuerlichen Interessenten P. W. und J. Sch. (gemeint offenbar: K. Sch.) zuletzt am 14. September 1976 schriftlich ihre Kaufbereitschaft um den von Amts wegen ermittelten Wert erklärt und entsprechende Bescheinigungen über ihre Zahlungsfähigkeit vorgelegt hätten, wozu noch der Erlös aus dem Anfall der Schadholzmengen komme, seien die gesetzlichen Voraussetzungen restlos erfüllt. Es bestehe daher kein Zweifel daran, daß diese Interessenten allenfalls erforderliche Kredite aus den Betriebserträgnissen abzahlen könnten, sodaß der Ankauf zur Stärkung und Arrondierung dieser Betriebe dienen könne, was schon der Amtssachverständige festgestellt habe. Überdies könne das Hinzukommen von Waldgrundstücken zur Krisenfestigkeit für bäuerliche Betriebe beitragen, was auch im allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes liege. Auf der anderen Seite könne "keineswegs davon gesprochen werden, daß irgendeinem öffentlichen Interesse gedient werde, wenn den Berufungswerbern die Zustimmung zum Erwerb eines Betriebes gegeben wird, der als Vollerwerbsbetrieb zu klein wäre und ohne entsprechende Betriebsmittel nicht ordnungsgemäß zu bewirtschaften wäre". Es sei zunächst "keine Rede davon, daß die Käufer St. bereits über die zur Schaffung eines Betriebes erforderlichen Betriebsmittel verfügen". Dazu komme, "daß es fraglich sei, ob sie das hiezu notwendige Betriebskapital selbst aufbringen könnten, was allerdings hinsichtlich der Käufer nicht zur Prüfung vorgeschrieben" sei.

Die Grundverkehrs-Landeskommission sei bei Abwägung der Interessen zu dem Schluß gelangt, "daß mit der Aufteilung der genannten Vertragsliegenschaft zum Zwecke der Stärkung der (ortsansässigen) bäuerlichen Betriebe dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes wesentlich besser gedient wäre, als mit dem Erwerb der Liegenschaft durch die Käufer St. aus A.".

3. Gegen diesen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Sie stellen den Antrag, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gegen die Entscheidung der Grundverkehrs-Landeskommission ist gem. §7 Abs8 Nö. GVG 1973 eine Berufung nicht zulässig. Der Instanzenzug ist damit erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht im besonderen auf die Bestimmungen des §8 Abs1, Abs2 litb und c Nö. GVG 1973.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen sind von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht worden. Auch beim VfGH sind solche unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.

3. Bei der Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlage könnten die Beschwerdeführer in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde Willkür geübt hätte. Welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, darüber läßt sich keine allgemeine Aussage machen. Ob Willkür vorliegt, kann nur aus dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage (VfSlg. 5013/1965, 7107/1973), aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt (VfSlg. 5139/1965, 6468/1971, 7328/1974), insb. iVm einem Ignorieren des Parteivorbringens (VfSlg. 5512/1967) und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (VfSlg. 5848/1968, 6468/1971, 7328/1974).

Ein solcher Fall willkürlichen Behördenhandels liegt hier vor:

a) Die belangte Behörde beruft sich in ihrem Bescheid auf §8 Abs1 und Abs2 litb und c Nö. GVG 1973.

Diese Bestimmungen lauten:

§8. (1) Die Grundverkehrskommission hat ihre Zustimmung nicht zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, dem Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren oder kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes oder an dem Bestand eines rationell bewirtschafteten, für die Versorgung der Bevölkerung mit Bodenerzeugnissen wichtigen Großbesitzes widerstreitet.

(2) Ein Rechtsgeschäft widerstreitet jedenfalls dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes, wenn

...

b) der Erwerber, Fruchtnießer oder Pächter eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes kein Landwirt ist und ein oder mehrere Landwirte, oder in Ermangelung solcher Interessenten ein oder mehrere Nebenerwerbslandwirte bereit sind, den ortsüblichen Verkehrswert oder Pachtzins zu bezahlen;

c) das Interesse an der Aufteilung, vorwiegend zum Zwecke der Stärkung oder Schaffung bäuerlicher Betriebe, das Interesse an der einheitlichen Bewirtschaftung der Liegenschaft überwiegt, sofern die Interessenten bereit sind, den ortsüblichen Verkehrswert oder Pachtzins zu bezahlen; ...

Der Tatbestand des §8 Abs2 litc kommt im vorliegenden Fall keinesfalls zum Tragen, da nach der Aktenlage von den in Betracht kommenden Interessenten eine Aufteilung der Liegenschaft gar nicht beabsichtigt gewesen ist.

Für die Anwendung der verbleibenden Tatbestände ist die Frage von zentraler Bedeutung, ob das Rechtsgeschäft den Zielen der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes widerstreitet. Die Behörde war aber, wie das Verfahren und die Begründung des bekämpften Bescheides zeigen, nicht bemüht, dieser Frage nachzugehen; sie hat vielmehr - in Verkennung der Rechtslage - abzuwägen versucht, ob das zur Genehmigung vorgelegte Rechtsgeschäft das allgemeine Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes bestmöglich erreicht oder ob nicht der Erwerb durch andere Interessenten bzw. eine Reihe von beabsichtigten Transaktionen der vorhandenen Interessenten diesen Zielen dienlicher ist.

b) Die belangte Behörde hat sich weiters hinsichtlich der für ihre Entscheidung insb. im Hinblick auf §8 Abs2 litb und Abs5 wesentlichen Frage nach der persönlichen Qualifikation der Käufer für die Bewirtschaftung der Liegenschaft in keineswegs schlüssiger und ausreichender Weise mit den Aussagen des Gutachtens des Amtssachverständigen auseinandergesetzt.

Aus den Feststellungen des Amtssachverständigen ergibt sich nämlich, daß bei der Betrachtung der Besitzgröße dem Grunderwerb durch die Beschwerdeführer der Vorzug zu geben gewesen wäre. Lediglich bei der Berücksichtigung der Entfernung der gegenständlichen Liegenschaften zum Wohnsitz der Beschwerdeführer sei dem Erwerb der Grundstücke durch die Interessenten der Vorzug zu geben gewesen. Aber auch hiefür führte der Amtssachverständige aus, daß die Bewirtschaftung des Waldes über diese Entfernung unproblematisch sei. Lediglich die Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke (die wertmäßig nach dem Gutachten nur rund 12,5% des Gesamtwertes der kaufgegenständlichen Liegenschaften ausmachen) wurde vom Gutachten als mit großen Schwierigkeiten verbunden bezeichnet.

Demnach waren jedenfalls gewichtige Anhaltspunkte dafür gegeben, dem Grunderwerb durch die Beschwerdeführer zuzustimmen. Es wäre demnach Sache der belangten Behörde gewesen, zu begründen, aus welchen Überlegungen dennoch eine Zustimmung zum Kaufvertrag der Zielsetzung des §8 Nö. GVG 1973 widersprochen hätte. Demgegenüber ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die Zustimmung überhaupt nicht in Betracht zu ziehen sei. Hiezu hat sie die nicht bestrittene und auch nicht zu bestreitende Aussage getroffen, daß dieser Grunderwerb weder der Erhaltung noch der Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes diene. Ob der Erwerb der Grundstücke durch die Beschwerdeführer infolge des ihnen bei der Größe des Grundbesitzes zustehenden Vorteiles auch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes widerstreitet, ist von der genannten Behörde lediglich in Zweifel gezogen, nicht aber beurteilt worden. Es wird in der Begründung nur ausgeführt, daß es zweifelhaft wäre, ob der Grundstückserwerb der Beschwerdeführer der Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes diene, "weil hinsichtlich der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen sicher große Schwierigkeiten" entstünden. Weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens kann entnommen werden, daß sich die belangte Behörde mit den Fragen auseinandergesetzt hätte, wodurch die diese Zweifelhaftigkeit bewirkenden Schwierigkeiten bei der Nutzung im Hinblick auf die derzeitige Nutzung als Grünland und die geplante Nutzung als Sommerweide bewirkt würden.

Die belangte Behörde hat sich - anstatt sich Klarheit darüber zu verschaffen - damit abgefunden, daß es nach der Aktenlage unsicher sei, ob die Käufer willens und fähig seien, den Betrieb selbst zu bewirtschaften. Sie hat nicht geklärt, sondern nur aufgrund einer Angabe der Beschwerdeführer es als fraglich dahingestellt sein lassen, ob die Beschwerdeführer im Hinblick auf die Entfernung neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Sägewerk bzw. im Fuhrwerksunternehmen die Bewirtschaftung selbst bewältigen könnten und hat sich mit der Ankündigung der Beschwerdeführer, sie würden im Falle des Zustandekommens des Kaufvertrages ihren Wohnsitz nach R./G. verlegen, überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Schließlich findet der VfGH auch keine Begründung für die im angefochtenen Bescheid getroffene Aussage, wonach der Betrieb als Vollerwerbsbetrieb zu klein und ohne entsprechende Betriebsmittel nicht ordnungsgemäß zu bewirtschaften wäre. Auch für die Aussage, daß keine Rede davon sein könne, daß die Beschwerdeführer bereits über die zur Schaffung eines Betriebes erforderlichen Betriebsmittel verfügten, sind Unterlagen nicht vorhanden.

c) Die Feststellungen der belangten Behörde betreffend die Kaufinteressenten stehen hinsichtlich der Stärkungsbedürftigkeit und Stärkungswürdigkeit der Besitze der beiden Interessenten mit dem Gutachten des Amtssachverständigen, der nur den Besitz des P. W. als stärkungsbedürftig bezeichnet hat und der unter den Aspekten der Grundstücksgröße sogar den Käufern den Vorzug gegeben hat, in Widerspruch.

Die Schlußfolgerung, daß mit der Aufteilung der Grundstücke zum Zweck der Stärkung der (ortsansässigen) bäuerlichen Betriebe dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes wesentlich besser gedient wäre als mit dem Erwerb der Liegenschaften durch die Beschwerdeführer, wird daher allein darauf gestützt, daß die beiden Interessenten die Bereitschaft erklärt hätten, die Grundstücke um den von Amts wegen ermittelten Wert zu übernehmen und entsprechende Bescheinigungen über die Zahlungsfähigkeit vorgelegt hätten. Dabei hat sich die belangte Behörde nun keineswegs damit auseinandergesetzt, wie sich der zunächst angestrebte gemeinsame Erwerb der in Rede stehenden Liegenschaften durch die beiden Interessenten auf die in §8 Abs1 Nö. GVG 1973 genannten Ziele auswirken würde. Sie hat vielmehr die Auswirkung auf diese Ziele unter der Voraussetzung geprüft, daß eine von den beiden Erwerbern ins Auge gefaßte weitere Transaktion zustande kommt: Die Grundstücke würden nach deren Absicht einem der beiden Interessenten allein verbleiben, wofür von diesem aus seinem bisherigen Grundbesitz Waldgrundstücke im Ausmaß vom zirka 20 ha an den anderen Interessenten zur Arrondierung seines Waldbesitzes übergeben werden sollten.

Es zeugt für die Einseitigkeit, mit der die belangte Behörde vorgegangen ist, daß sie diese - ungesicherte - Absprache ohne nähere Prüfung akzeptierte, jedoch das Vorbringen der Beschwerdeführer über ihre Absichten hinsichtlich der Bewirtschaftung der kaufgegenständlichen Liegenschaften ohne jede nähere Prüfung als zweifelhaft erachtete und nicht akzeptierte.

Nach Ansicht des VfGH kann in der von den beiden Interessenten behaupteten Absprache in keiner Weise eine Grundlage für eine Beurteilung erblickt werden, ob der Erwerb der Grundstücke durch die Beschwerdeführer den in §8 Abs1 und 4 Nö. GVG angeführten öffentlichen Interessen widerstreitet und ob nur eine Verwendung dieser Grundstücke zu Zwecken der Stärkung der Betriebe der anderen genannten Interessenten in Betracht kommen könne.

4. Diese Darlegungen zeigen in ihrer Gesamtheit, daß die Behörde bei der Heranziehung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen und bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einer Reihe von Fragen, die für die Fällung der Entscheidung von grundlegender Bedeutung gewesen wären, leichtfertig vorgegangen ist, und somit willkürlich, also gleichheitswidrig gehandelt hat. Es hat sich auch gezeigt, daß die Behörde vor allem die für die Abweisung der Berufung maßgeblichen Gründe dargelegt und aufgezählt hat, es jedoch unterlassen hat, sich mit den Gründen ausreichend auseinanderzusetzen, die für eine Zustimmung zu sprechen scheinen, sodaß sie gar nicht in die Lage gekommen ist, Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben lassen (vgl. VfSlg. 8526/1979).

Alle diese Fehler der belangten Behörde scheinen dem VfGH von umso größerem Gewicht zu sein, als die belangte Behörde ihr Ermittlungsverfahren von Grund auf durchführen mußte und sich wegen der schweren Verfahrensfehler im erstinstanzlichen Verfahren nicht mit Recht auf das Ergebnis dieses Verfahrens stützen konnte. Denn sowohl die Tatsache, daß im erstinstanzlichen Verfahren den Parteien keine Möglichkeit gegeben wurde, in die - entscheidungswesentlichen - Gutachten Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äußern, als auch die Tatsache der evidenten Mitwirkung eines befangenen, weil im Verfahren mehrfach selbst als Interessent aufgetretenen, Organwalters bewirken derartige Verfahrensmängel, daß die belangte Behörde sich auf das Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens rechtmäßigerweise nicht stützen konnte.

Aus all diesen Gründen verletzt der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und war daher aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war.

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