Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art15 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
StGG Art5
VfGG §88
Vlbg JagdG §38
Vlbg JagdG §50 Abs1
Vlbg JagdG §60
Vlbg JagdG §60 Abs5 idF LGBl 5/1948
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art15 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
StGG Art5
VfGG §88
Vlbg JagdG §38
Vlbg JagdG §50 Abs1
Vlbg JagdG §60
Vlbg JagdG §60 Abs5 idF LGBl 5/1948
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid infolge Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesvorschrift insoweit in seinen Rechten verletzt worden, als ihm in Bestätigung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 4. Feber 1976 gemäß §60 Abs5 des Jagdgesetzes bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Berufung jegliche Jagdausübung verboten wurde.
Der angefochtene Bescheid wird in diesem Umfang aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Das Bezirksgericht Bludenz erkannte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 15. Oktober 1974 der Übertretung des Diebstahls als Mitschuldiger nach §§5, 460 StG schuldig und verhängte über ihn eine Arreststrafe. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab das Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 30. Juli 1975 teilweise, und zwar dahin Folge, daß der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe für eine Probezeit vorläufig aufgeschoben wurde; im übrigen blieb das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Aus Anlaß dieser strafgerichtlichen Verurteilung entzog die Bezirkshauptmannschaft Bludenz dem Beschwerdeführer unter Berufung auf §60 Abs3 und 4 des (Vbg.) Jagdgesetzes, Vbg. LGBl. 5/1948 idF der Nov. LGBl. 9/1975, (im folgenden: JG) die Landesjagdkarte für die Dauer von vier Jahren und sprach gemäß Abs5 dieses Paragraphen gleichzeitig aus, daß dem Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine allenfalls erhobene Berufung jegliche Jagdausübung verboten ist. Der Beschwerdeführer ergriff Berufung, die sich sowohl gegen den Entzug der Jagdkarte als auch gegen den letzterwähnten Ausspruch richtete. Mit Bescheid vom 2. April 1976 wies die Vbg. Landesregierung dieses Rechtsmittel ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
2. Gegen diesen Bescheid der Vbg. Landesregierung richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher der Beschwerdeführer eine Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet.
II. Der VfGH leitete anläßlich dieser Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Abs5 im §60 des Jagdgesetzes ein und hob mit dem heute verkündeten Erk. G38/80 diese Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf.
III. Die belangte Vbg. Landesregierung bestritt die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung. Daß ihr Einwand jedoch nicht zutrifft und auch im übrigen Prozeßhindernisse des Beschwerdeverfahrens nicht bestehen, wurde bereits im bezogenen Gesetzesprüfungserkenntnis dargelegt, weshalb auf dieses verwiesen wird.
IV. Die Beschwerde ist insoweit begründet, als sie sich gegen jenen Bescheidteil richtet, mit welchem dem Beschwerdeführer in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides unter Bezugnahme auf §60 Abs5 JG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine allenfalls erhobene Berufung jegliche Jagdausübung verboten wurde.
Der eben erwähnte Ausspruch beruht ausschließlich auf der Bestimmung des §60 Abs5 JG; die belangte Behörde wendete also bei der Erlassung ihres Bescheides ein verfassungswidriges Gesetz an.
Die Aufhebung einer Gesetzesbestimmung wegen Verfassungswidrigkeit bewirkt nach Art140 Abs7 B-VG, daß sie im Anlaßfall nicht anzuwenden ist. Auch bei der Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde, ist von der Annahme auszugehen, daß die aufgehobene Gesetzesbestimmung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides dem Rechtsbestand nicht angehört hat. Da der belangten Landesregierung eine andere Rechtsgrundlage für den in Rede stehenden Ausspruch nicht zur Verfügung stand, verletzte sie sohin den Beschwerdeführer in seinen Rechten.
Der angefochtene Bescheid war somit im erwähnten Umfang aufzuheben.
V. Im übrigen erweist sich die Beschwerde jedoch als nicht gerechtfertigt.
1. Die Z5 im §60 Abs1 JG bestimmt - im Zusammenhalt mit dem Einleitungssatz dieses Absatzes -, daß die Jagdkarte von der Bezirksverwaltungsbehörde (insbesondere solchen) Personen versagt werden muß, die wegen einer Übertretung des Diebstahls schuldig erkannt wurden. Abs3 dieses Paragraphen ordnet an, daß die Jagdkarte von der Bezirksverwaltungsbehörde (ua.) dann entzogen werden muß, wenn nach der Ausstellung der Jagdkarte in der Person des Inhabers einer der in Abs1 angeführten Versagungsgründe eintritt. Gemäß Abs4 Z2 ist der Entzug der Jagdkarte (ua.) im Fall des Abs1 Z5 für die Dauer von drei bis zehn Jahren auszusprechen.
In Ansehung dieser Gesetzeslage, von der auch der Beschwerdeführer ausgeht, zielt das Beschwerdevorbringen der Sache nach ausschließlich auf den Nachweis ab, daß der angefochtene Bescheid auf verfassungswidrigen Vorschriften beruht; der Beschwerdeführer beruft sich zwar auf die im folgenden erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte, bringt aber nichts vor, was als Vorwurf einer rechtswidrigen Gesetzeshandhabung gedeutet werden könnte.
2. Die von der Beschwerde zunächst geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter könnte gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8053/1977) nach der Lage dieses Beschwerdefalles nur gegeben sein, wenn die im Instanzenzug eingeschrittenen Behörden zu ihren Entscheidungen unzuständig gewesen wären. Dies trifft jedoch offenkundig nicht zu und wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Das in Rede stehende verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht ist sohin nicht verletzt worden.
3. a) Eine Verletzung des weiters geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums setzt nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH voraus, daß der angefochtene Bescheid in ein privates Vermögensrecht des sich beschwert erachtenden Adressaten eingreift; sie liegt vor, wenn sich der bekämpfte Bescheid auf eine verfassungswidrige Rechtsvorschrift stützt oder wenn er gesetzlos ist, wobei auch eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung als Gesetzlosigkeit anzusehen ist (zB VfSlg. 8083/1977).
Ein Eingriff in ein privates Vermögensrecht ist beim Beschwerdeführer gegeben, der unbestrittenermaßen Pächter eines Eigenjagdgebietes ist. Denn gemäß §38 JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde Pachtverträge über Eigenjagdgebiete für unwirksam zu erklären, wenn (ua.) die Voraussetzungen des §50 Abs1 (nämlich die Fähigkeit zur Erlangung einer Jagdkarte) nicht mehr vorliegen; der Entzug der Jagdkarte führt also zwingend zu einem verwaltungsbehördlichen Eingriff in ein private Vermögensrechte betreffendes Vertragsverhältnis.
b) Die schließlich geltend gemachte Verletzung des Gleichheitsrechtes kann gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7996/1977) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer gleichheitswidrigen Rechtsgrundlage beruht oder wenn die belangte Behörde Willkür geübt hat.
c) Der VfGH findet - wie hier vorwegnehmend festgehalten sei - keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der auf Vorschriften des Jagdgesetzes beruhende Bescheid das Ergebnis einer denkunmöglichen oder willkürlichen Gesetzeshandhabung wäre; auch der Beschwerdeführer bringt - wie schon erwähnt - nichts vor, was als ein in diese Richtung weisendes Indiz aufgefaßt werden könnte. Eine Verletzung der beiden in Erörterung stehenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte könnte sohin nur im Fall der Verfassungswidrigkeit (was das Gleichheitsrecht anlangt: im Fall der Verfassungswidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot) der den bekämpften Bescheid (im Ausspruch über den Jagdkartenentzug) tragenden Rechtsvorschriften stattgefunden haben.
d) Der Beschwerdeführer verweist (insbesondere im Hinblick auf §27 StGB) auf die Tendenz des Strafgesetzgebers, im Gegensatz zu der vorher gemäß dem StG bestandenen Rechtslage, mit der strafgerichtlichen Verurteilung verbundene Rechtsfolgen - abgesehen vom Amtsverlust bei einem Beamten - nicht mehr vorzusehen. Er erblickt in der schon erwähnten Bestimmung des §60 Abs3 JG über den Entzug einer Jagdkarte aus Anlaß bestimmter strafgerichtlicher Verurteilungen "eine Strafsanktion als Folge einer Verurteilung nach dem Strafgesetz", die er mit dem Gleichheitsgebot für unvereinbar hält, "weil trotz Änderung der Normen über die Strafrechtsfolgen und die bundesgesetzlich verankerte Aufschiebung der Rechtsfolgen durch das Landesgesetz diese Rechtsfolgen nun doch wieder eintreten und nicht in allen Landesgesetzen diese gleichen Normen enthalten sind, sodaß es zu ungleichen Beurteilungen kommen muß".
Dieser bereits in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid dargelegten Auffassung des Beschwerdeführers hielt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen, daß §60 Abs3 JG den Entzug der Jagdkarte nicht als eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge der strafgerichtlichen Verurteilung vorsieht, sondern ein besonderes behördliches Verfahren festlegt, in dem die gerichtliche Verurteilung ein "Sachverhaltserfordernis" für den Entzug der Jagdkarte bildet. Diesem Standpunkt ist zwar an sich beizutreten, doch fällt es bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage nicht wesentlich ins Gewicht, ob die Prämisse seiner Argumentation gegen die Verfassungsmäßigkeit des §60 Abs3 leg. cit. richtig ist. Dem Landesgesetzgeber ist es nämlich durch keine verfassungsrechtliche Vorschrift verwehrt, für seinen Zuständigkeitsbereich sowohl (bereits) von Gesetzes wegen als auch (erst) aufgrund eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens eintretende Rechtsfolgen an eine strafgerichtliche Verurteilung zu knüpfen; maßgebend ist - was das Gleichheitsgebot anlangt - nur, ob die Regelung bei zusammenschauender Betrachtung des der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde gelegten Verhaltens und der vom Landesgesetzgeber vorgesehenen Rechtsfolge sachlich begründbar ist. In dieser Beziehung bestehen in Ansehung der hier zu beurteilenden landesgesetzlichen Regelung jedoch keine Bedenken.
Soweit der Beschwerdeführer aber auf die unterschiedliche Regelung in den einzelnen Bundesländern verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß das bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Gesetzgeber zueinander ausschließt (vgl. VfSlg. 8247/1978 und 7038/1973).
e) Da sich auch aus anderen als den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides nicht ergeben haben, ist unter Bedachtnahme auf das Vorgesagte festzuhalten, daß der Beschwerdeführer weder im Gleichheitsrecht noch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurde.
4. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer durch den hier zu betrachtenden Bescheidteil in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm vorläge.
Die Beschwerde war sohin, soweit sie sich gegen den Ausspruch über den Jagdkartenentzug richtet, abzuweisen.
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