OLG Wien 17Bs136/25m

OLG Wien17Bs136/25m30.7.2025

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen Mag. A* wegen der Vergehen der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und Abs 2, 117 Abs 2 StGB über dessen Berufung wegen Nichtigkeit sowie des Ausspruchs über Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 5. März 2025, GZ **-30.4, nach der am 30. Juli 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Röggla, im Beisein der Richterin Mag. Schneider-Reich und des Richters Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski sowie in Anwesenheit des Angeklagten Mag. A* und seines Verteidigers Mag. Josef Schwarz durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2025:0170BS00136.25M.0730.001

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Mit dem angefochtenen – auch rechtskräftige Teilfreisprüche sowie einen Verfolgungsvorbehalt nach § 263 „Abs 1“ StPO enthaltenden - Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger Mag. A* der Vergehen der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und Abs 2, 117 Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in D* den Landesrat der niederösterreichischen Landesregierung, Dr. B*, in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung geziehen oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, wobei er die Tat in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begangen hat, wodurch die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, indem er

1./ am 6. Juni 2024 dem TV-Sender C* ein Live-Interview gab und dabei auszugsweise folgenden Vorwurf gegenüber Dr. B* erhob: „Ist natürlich schwerer Amtsmissbrauch. Ich werfe der NÖ Landesregierung und dem Landesrat B* schweren Amtsmissbrauch vor.“ […] „Das ist der eigentliche Skandal. Die E*-regierte Einrichtung im Land. - Also das ist die Fachabteilung die für das Flüchtlingswesen zuständig ist - unter dem E* Landesrat B* - hat sich darauf eingelassen, unter Druck oder unter Zuruf der Masseverwalterin die Grundversorgung zu sperren und zwar von einem Tag auf den anderen das ist gestern passiert.“ […] „Wir glauben auch zutiefst, dass das eine schwere amtliche und rechtliche Verfehlung ist. Es besteht keine Rechtsgrundlage dafür. Die Masseverwalterin vertritt ja so zusagen die Interessen der Gemeinschuldnerin, das heißt sie ist Partei und müsste, wenn sie versuchen will, die Verträge zu kündigen oder die Verträge in irgendeiner Form auslaufen zu lassen, den normalen Rechtsweg beschreiten, das heißt sie müsste ein ordentliches Gericht in Österreich damit beschäftigen und das Gericht könnte sagen, zu irgendeinem Zeitpunkt werden die Flüchtlinge wahrscheinlich gekündigt oder auch nicht. Aber sie hat das nicht getan und auf Grund des bloßen Zurufes unter Behauptung, dass die Flüchtlinge keine gültigen Verträge mehr haben, hat sie die Landesregierung instrumentalisiert, die Grundversorgung einzustellen, weil die sagen, wenn die keine Verträge mehr haben dann zahlen wir keine Grundversorgung. Aber nicht die objektiven Grundlagen festgestellt zu haben, die in Wahrheit weit davon abweichen.“ (ON 10),

2./ am 24. Juni 2024 in einer APA-OTS Aussendung unter Bezugnahme auf die bereits von ihm verbreiteten Vorwürfe gegen den Landesrat niederösterreichischender Landesregierung, Dr. B*, unter anderem folgende Veröffentlichung vornahm: „F* beschreitet den Rechtsweg gegen definitiven Amtsmissbrauch und Behördenwillkür, aber das benötigt Zeit.“ (ON 2.6),

3./ am oder kurz vor dem 26. Juni 2024 in einem Interview mit einem Redakteur/einer Redakteurin des online-Mediums G* anknüpfend an die bereits von ihm verbreiteten Behauptungen gegen den Landesrat der niederösterreichischen Landesregierung, Dr. B*, die Vorwürfe erhob, es sei seitens der Behörde das Geld für die Flüchtlinge einbehalten und grundlos die Grundversorgung eingestellt worden, sodass dieses Verhalten einen schweren politischen Amtsmissbrauch von Dr. B* darstelle (ON 2.4, 2.5).

Dazu traf das Erstgericht (soweit hier von Interesse) wortwörtlich folgende Feststellungen und gründete sie auf nachstehende Beweiswürdigung:

Feststellungen:

Der am ** in D* geborene Angeklagte, Mag. A*, ist verheiratet, sorgepflichtig für einen Sohn im Alter von elf Jahren, bezieht als Angestellter ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 485,--, haftet für keine finanziellen Verbindlichkeiten und verfügt über Vermögen in Form eines Einfamilienhauses als Superädifikat im Wert von ca. EUR 100.000,--. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2019, rechtskräftig seit 17.12.2019, **, wurde er wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB für schuldig befunden und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Mit Beschluss vom 11.07.2023 wurde der Vollzug der Strafe endgültig nachgesehen.

Mit Eingabe vom 24.07.2024 (ON 5) hat Dr. B* die Ermächtigung zur Strafverfolgung des Angeklagten wegen der verfahrensgegenständlichen Sachverhalte erteilt.

Die im Urteilstenor getroffenen Festhaltungen zum Sachverhalt stellen einen auch in den Feststellungsteil des Urteils integrierten Entscheidungsbestandteil dar.

Der Angeklagte war zu den Tatzeitepunkten stellvertretender Präsident der F* (F*), welche als Verwalterin und Organisatorin der Flüchtlingsunterkunft Campus L* in **/NÖ auftrat. Die Liegenschaft und die Baulichkeiten dieser Unterkunft standen nicht im Eigentum der F*, sonderen der H* GmbH & Co KG. Die F* schloss mit den in der Unterkunft lebenden aufenthaltsberechtigten Vertriebenen vorwiegend ukrainischer Natioinalität eine Vereinbarung ab, die derart ausgestaltet war, dass die F* die Grundversorgung, welche das Land Niederösterreich an die Flüchtlinge zahlte, vereinnahmte und hierfür Versorgungsleistungen wie Verköstigung und Betreuung erbrachte und aufgrund einer Vereinbarung mit der H* GmbH & Co KG in deren Namen auch Miet- und Energielieferungsverträge mit den im Flüchtlingszentrum Campus L* aufgenommenen Heimatvertreibenen abschloss.

Nachdem über das Vermögen der H* GmbH & Co KG im Frühjahr 2024 der Konkurs eröffnete wurde, übernahm die Masseverwalterin, Mag. I*, im April 2024 die Verwaltung des Grundstücks. Zwischen Mag. I* und dem Angeklagten, welcher für die F* wortführend auftrat, kam es alsbald zu Differenzen betreffend die Abrechnung und Ausfolgung der von F* vereinnahmten Mietentgelte an die Masse, worauf die Masseverwalterin in weiterer Folge von Verträgen zurücktrat und zahlreiche Bestandnehmer und Vertragspartner auch der F* auf Räumung wegen titelloser Benützung bzw nicht entrichteter Mietzinse klagte.

Anfang Mai 2024 setzte Mag. I* die in Niederösterreich für die Grundversorgung von Heimatvertriebenen zuständige Stelle, nämlich die Abteilung IVW2 des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, davon in Kenntnis, dass über das Vermögen der H* GmbH & Co KG ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, die bestehenden Mietverträge mit den dort wohnenden Flüchtlingen nicht verlängert werden und seit Beginn des Konkursverfahrens keine Mietzinszahlungen an die Konkursmasse erfolgten, weshalb das Grundstück zu räumen sei. Die Masseverwalterin hat keinerlei Einflussnahme, die über diese sachliche Benachrichtigung hinausging, oder Druckausübung auf das behördliche Vorgehen ausgeübt.

Seitens der Sachbearbeiter der Abteilung IVW2 des Amtes der NÖ Landesregierung, insbesondere durch Abteilungsleiter Mag. J*, wurde versucht, die Situation der im Campus L* lebenden Heimatvertriebenen abzuklären, um unter anderem beurteilen zu können, ob es notwendig werden wird, Ersatzquartiere zu organisieren. Daher beauftragte die Abteilung IVW2 die K*, Kontakt mit den grundversorgten Flüchtlingen im Campus L* aufzunehmen, um die Situation zu klären und allenfalls Ersatzquartiere zu organisieren. Die F* verweigerte der K* jedoch den Zugang zum Campus ** und somit den Kontakt zu den Flüchtlingen.

Aufgrund der für die Abteilung IVW2 nicht zu klärenden Sach- und Rechtslage am Campus L* beauftragte die Behörde über Anordnung des Abeteilungsleiters Ende Mai 2024 die Bezirkshauptmannschaft M*, welche für die Durchführung der Anweisung der Grundversorgung an die einzelnen Berechtigten im Campus L* zuständig war, für den Monat Juni 2024 die Grundversorgung nicht, wie zuvor bis einschließlich Mai 2024 so gehandhabt, in der ersten Woche des Monats anzuweisen, sondern vorläufig noch zuzuwarten. Diese Entscheidung traf der Abteilungsleiter Mag. J*.

Der unter anderen Agenden auch für die Grundversorgung ressortzuständige Landesrat Dr. B* war in diese, ausschließlich auf Beamtenebene getroffene Entscheidung nicht eingebunden, sondern wurde auf die Thematik erst nach einem Gespräch des Angekalgten mit seinem Büroleiter am 28.5.2025 und im Zuge der vom Angeklagten beginnend mit 5. Juni 2024 vorgenommen Veröffentlichungen und dadurch in Gang gesetzten medialen Bereichterstattung aufmerksam bzw durch die Fachabteilung IVW2 im Juni 2024 über die gesetzten Schritte und die Gründe für die spätere Auszahlung der Grundversorgung informiert.

Anfang Juni 2024 setzte die BH M* die Zahlung der Grundversorgung an die von der F* betreuten Flüchtlinge bis zur näheren Abklärung aus. Die Abteilung IVW2 beauftragte erneut die K*, Kontakt mit den Flüchtlingen aufzunehmen und diesen zu erklären, warum die Grundversorgung für den Juni nicht ausgezahlt wurde. Die Kontaktaufnahme mit den Flüchtlingen scheiterte jedoch erneut.

Auch die Folgemonate bestand für die zuständige Abteilung des Amtes der NÖ Landesregierung die Ungewissheit der Sach- und Rechtslage weiter, sodass die Grundversorungsleistungen an die einzelnen Berechtigten im Campus L* wie auch für Juni 2024 gegen Ende und nicht wie zuvor zu Beginn des Monats zur Anweisung gebracht wurden. Eine gänzliche Streichung der Grundversorgung wurde nicht veranlasst.

Der Angeklagte hat, ohne sich um sachliche Informationen über die Gründe für das oben dargestellte Behördenhandeln zu kümmern oder über solche Informationen zu verfügen, wofür in erster Linie seine mangelnde Kooperationsbereitschaft mit der Insolvenzverwalterin sowie den Mitarbeitern der K* und der Fachabteilung IVW2 ursächlich waren, versucht, seine Interessen, die im Wesentlichen darin bestanden, die Grundversorgung der Heimatvertriebenen weiterhin als Mietzins vereinnahmen zu können, wobei er diesbezüglich den Standpunkt der Insolvenzverwalterin, wonach die Mietzinse der Masse der H* GmbH & Co KG zustünden, bis zuletzt ignoriert hat, auf politischem bzw medialem Weg durchzusetzen.

Bereits am 28.5.2025 traf er sich mit dem Büroleiter des Landesrats der NÖ Landesregierung, Dr. B*, N* und setzte diesen, der im Gegensatz zum Angeklagten noch keinerlei Kenntnis davon hatte, dass die Grundversorgung an die im Campus L* beherbergten Heimatvertriebenen nicht zu Monatsbeginn Juni 2024 ausbezahlt werden würde, unter Druck, die Auszahlung der Gelder zu veranlassen, ansonsten er wegen Vorwürfen des Amtsmissbrauchs durch Landesrat B* an die Öffentlichkeit gehen würde.

[…]

Am 6. Juni 2024 gab der Angeklagte als Folge der medialen Aufmerksamkeit an der Pressekonferenz einer Redakteurin ein Live-Interview auf dem auch online abrufbaren TV-Sender C*, welches dementsprechend ab diesem Zeitpunkt öffentlich und für jedermann einsehbar abrufbar war, und traf dort unter anderem die Aussagen, die aus Spruchpunkt 1./ des Urteilstenors ersichtlich sind. Der Bedeutungsinhalt dieses veröffentlichten Interviews, das im Wesentlichen aus einem Vortrag des Angeklagten bestand, der mit keinen kritischen oder differenzierenden Fragen auf Sachebene konfrontiert wurde, war für den an tagespolitischen Ereignissen zum Thema Umgang mit Heimatvertriebenen durch Protagonisten der E* interessierten Rezipientenkreis darin gelegen, dass der E*-Landesrat der NÖ Landesregierung, Dr. B*, unter Druck oder unter Zuruf der Masseverwalterin in der Insolvenz über das Vermögen der Liegenschaftseigentümerin des Flüchtlingszentrums Campus L*, die Beamten der Fachabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung veranlasst hätte, ohne Rechtsgrundlage, schwer amtsmissbräuchlich und als Akt der Behördenwillkür die Grundversorgung der im Campus L* beherbergten Flüchtlinge zu sperren, und dadurch selbst einen schweren Amtsmissbrauch begangen habe.

[…]

Am 24.06.2024 veröffentlichte der Angeklagte erneut im Namen und mit APA-OTS-Zugang der F* eine OTS-Aussendung mit dem in Spruchpunkt 2./ des Urteilstenors auszugsweise wiedergegebenen Inhalt (ON 2.6). Im Zusammenhalt mit den oben dargestellten, vorangegagnenen Veröffentlichungen des Angeklagten und der infolge dessen bewirkten medialen Berichterstattung zum Thema war für einen breiten Adressatenkreis, der sich mit der Thematik bereits auseinandergesetzt hatte, der Bedeutungsinhalt der Veröffentlichung neben einem Spendenaufruf für die F* darin gelegen, dass erneut der für die Grundversorgung zuständigen Behörde des Amtes der NÖ Landesregierung Amtsmissbrauch und willkürliche Rechtsakte durch Nichtauszahlung der Grundversorgung vorgeworfen werden. Wenngleich Landesrat Dr. B* namentlich nicht angeführt wird, ist infoge der oben erwähnten, zwischenzeitlich erfolgten Vorberichterstattung zum Thema, die der Angeklagte selbst

veranlasst oder lanciert hat, für den Rezipientenkreis erkenn- und ableitbar, dass der zuständige Landesrat Dr. B* diesen Amtsmissbrauch zu verantworten und die willkürlichen Behördenakte veranlasst habe.

Am 26.06.2024 erschien ein Bericht über das Thema in der online-Ausgabe der **, somit öffentlich abrufbar und für jedermann einsehbar, nachdem Mag. A* am selben Tag oder kurz vorher gegenüber einem Redakteur oder einer Redakteurin dieses Mediums in einem Interview die aus Spruchpunkt 3./ des Urteilstenors ersichtlichen Aussagen traf (ON 2.4 f). Im Zusammenhalt mit den oben dargestellten, vorangegagnenen Veröffentlichungen des Angeklagten und der infolge dessen bewirkten medialen Berichterstattung zum Thema, an die auch das genannte online-Medieum anknüpfte, war für einen breiten Adressatenkreis, der sich mit der Thematik bereits auseinandergesetzt hatte, der Bedeutungsinhalt der zitierten Aussagen des Angeklagten darin gelegen, dass erneut der für die Grundversorgung zuständigen Behörde des Amtes der NÖ Landesregierung Amtsmissbrauch und willkürliche Rechtsakte durch Nichtauszahlung der Grundversorgung vorgeworfen werden. Der Angeklagte spricht von schwerem politischen Amtsmissbrauch und bezieht sich damit erneut auf den im Artikel auch namentlich angeführten Landesrat Dr. B*, und ist für den Rezipientenkreis erkenn- und ableitbar, dass der zuständige Landesrat Dr. B* diesen Amtsmissbrauch zu verantworten und die willkürlichen Behördenakte veranlasst habe.

Die vom Angeklagten zu den Punkten 1./ bis 3./ des Urteilstenors gegen den Landesrat der NÖ Landesregierung, Dr. B*, erhobenen Vorwürfe der Verwirklichung des Verbrechens des Amtsmissbrauchs durch Nichtauszahlung der Grundversorgung an die im Flüchtlingszentrum Campus L* beherbergten Heimatvertriebenen durch Veranlassung willkürlicher und unvertretbar rechtswidriger Behördenakte der ihm nachgeordneten Beamten, so der wesentliche Bedeutungskern seiner Behauptungen, vermitteln den oben definierten Rezipientenkreisen nicht seine Einschätzung oder Meinung, sondern sind als Tatsachenbehauptungen zu verstehen.

Die Anschuldigungen des Angeklagten entsprechen nicht der Wahrheit. Dr. B* war zwar ressortzuständiger Landesrat auf politischer Ebene, jedoch in die auf Sachbearbeiter- und somit Beamtenebene insbesondere von Abteilungsleiter Mag. J* getroffenen Entscheidungen nicht entscheidungsmaßgeblich eingebunden.

Der Angeklagte hat zwar, wie oben dargestellt, beim Büroleiter des Landesrats Dr. B* und über andere Kanäle mit dem Ziel der prompten Auszahlung der Grundversorgung interveniert, jedoch keinerlei inhaltlichen Erhebungen über die Hintergründe für die Entscheidung der vorläufigen Einbehaltung der Grundversorgung für den Monat Juni 2024 durchgeführt, sondern ist zur Durchsetzung seiner Interessen durch medialen Druck mit seinen ungeprüften Vorwürfen gegen Dr. B* an die Öffentlichkeit gegangen.

Der Angeklagte hat die oben festgestellten Bedeutungsinhalte seiner zu Spruchpunkte 1./ bis 3./ des Urteilstenors festgehaltenen Mitteilungen und Veröffentlichungen, die im wesentlichen Kern darin bestanden, dass dem Landesrat der NÖ Landesregierung, Dr. B*, als Tatsache vorgeworfen wird, das Verbrechen des Amtsmissbrauchs durch Nichtauszahlung der Grundversorgung an die im Flüchtlingszentrum Campus L* beherbergten Heimatvertriebenen durch Veranlassung willkürlicher und unvertretbar rechtswidriger Behördenakte der ihm nachgeordneten Beamten verwirklicht zu haben, erkannt und gebilligt. Er hat es ferner erkennend in Kauf genommen, dass seine gegenüber dem Fernsehsender und der Tageszeitung in einem Interview getätigten Tatsachenbehauptungen mit diesem von ihm erhobenen Vorwurf und Bedeutungsinhalt veröffentlicht werden.

Er erkannte dabei jeweils, dass seine Tatsachenbehauptungen und Anschuldigungen bezüglich Dr. B* völlig ungeprüft waren und er Dr. B* in einem Druckwerk, im Rundfunk und sonst auf eine Weise, dass es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder einer eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.

Er erkannte und billigte, dass er seine zu Spruchpunkte 1./ bis 3./ des Urteilstenors festgehaltenen ehrenrührigen und unwahren Anschuldigungen gegenüber einem Beamten in Beziehung auf seine Berufshandlungen in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begangen hat, dass dies einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird.

Beweiswürdigung:

Der Angeklagte, Mag. A* zeigte sich in der Hauptverhandlung bezüglich sämtlicher Tathandlung nicht geständig und berief sich mehrmalig auf die Richtigkeit seiner Vorwürfe gegenüber Landesrat Dr. B*. Dem Angeklagten wurde in der Hauptverhandlung wiederholt Gelegenheit gegeben, den von ihm angestrengten Wahrheitsbeweis zu untermauern, jedoch scheiterte er mit diesem Unterfangen kläglich, zumal er für die Gründe seiner Anschuldigungen nur ungeprüfte Vermutungen vorbringen konnte.

Es zeigte sich ein klares Bild der Persönlichkeit und der Vorgehensweise des im Umgang mit Medien berufserfahrenen Angeklagten dahingehend, dass er es nicht für nötig befand, zwischen Vermutung und Unterstellung auf der einen Seite und faktenbasierter Tatsache auf der anderen Seite zu unterscheiden, und seine Zielsetzung darin bestand, seine Interessen durch das Erreichen einer breiten medialen Wahrnehmung und Öffentlichkeit durchzusetzen, und zwar auch um den Preis der Unwahrheit seiner Anschuldigungen und mit dem Mittel der Skandalisierung von Geschehnissen, welche bei nüchterner und sachlicher Herangehensweise nicht die gewollte mediale und öffentliche Wahrnehmung erzielt hätten, inderm er einfach seine Vermutungen zu Tatsachen erklärt und den dementsprechend festgestellten Bedeutungsinhalt vermittelt hat.

Die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt und Rezipientenkreis seiner Äußerungen und Veröffentlichungen können bei Interpretation der von ihm gewählten Formulierungen (vgl ON 2.2 bis 2.7, ON 10) und der über Wochen anhaltenden Berichterstattung zu diesem Thema nicht zweifelhaft sein. Die Belegexemplare der Veröffentlichungen lassen Veröffentlichungs- bzw Ausstrahlungs- oder Abrufbarkeitszeitpunkt, Ort, Reichweite und Medieninhaberschaft erkennen. Im Übrigen bestreitet der Angeklagte nicht seine Urheberschaft an den Veröffentlichungen. Es ist allgemein bekannt, dass die Aussagen aufgrund der Reichweite der vom Angeklagten zielgerichtet genutzten Medien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurden.

Der tatsächliche Ablauf und die Überlegungen der Sachbearbeiter des Amtes der NÖ Landesregierung zu den verfahrensgegenständlichen Behördenakte lassen sich unzweifelhaft aus den glaubwürdigen Aussagen der Zeugen Dr. B* und Mag. J* ableiten, die einen seriösen und wahrheitsliebenden Eindruck bei Gericht hinterließen, und sind ferner in der von Mag. J* verfassten Stellungnahme des Amtes der NÖ Landesregierung (ON 16.4) chronologisch und auf rechtlicher und Sachverhaltsebene gut nachvollziehbar dokumentiert.

Die Zeugin Mag. I* schilderte in der Hauptverhandlung glaubwürdig und schlüssig den Grund und Umfang der erfolgten Meldung an die zuständigen Behörde. Für eine Druckausübung oder Einflussnahme durch Mag. I* auf die Entscheidung des Amtes der NÖ Landesregierung lieferte der Angeklagte keinen über substnazlose Unterstellungen hinausreichenden Anhaltspunkt, weshalb dem festgestellten Sachverhalt hiezu die übereinstimmenden, lebensnahen Aussagen der Zeugen Mag. I*, Mag. J* und Dr. B* zugrunde gelegt wurden.

Die weiteren Feststellungen zur Insolvenz und zum Verhalten des Angeklagten in Bezug und als Reaktion auf die von der Insolvenzverwalterin und dem Amt der NÖ Landesregierung gesetzten Schritte ließen sich neben den genannten Zeugenaussagen bedenkenlos aus den schlüssigen und glaubwürdigen Berichten, die dem beigeschafften Akt des Handelsgerichts Wien, **, entnommen wurden, (ON 32) ableiten.

Bezüglich der Feststellungen zur inneren Tatseite scheint es zunächst wesentlich, dass der Angeklagte in den Jahren 1989/1990 Landesparteisekretär der O* D* war und daher über profunde berufliche Erfahrung im Umgang mit Medien verfügt, was auch sein professionelles und durchsetzungsstarkes mediales Auftreten beginnend mit einer Pressekonferenz bis hin zu einem Fernsehinterview in einer Live-Sendung und Berichterstattung in einem reichweiten online-Zeitungsformat erklärt. Es besteht daher aufgrund dieser Erfahrung und der professionellen Vorgehensweise des Angeklagten im Umgang mit Medien kein Zweifel daran, dass er bewusst und zur Druchsetzung seiner Interessen, wie schon dem Büroleiter von Dr. B* angekündigt (vgl ON 30.2), den Weg in die breit öffentliche mediale Wahrnehmung beschritt und es gezielt verstand, diese breite öffentliche Wahrnehmung durch Skandalisierung eines sachlich betrachtet völlig unspektakulären Behördenhandelns zu befeuern, sodass es auch evident ist, dass der Angeklagte die Wahrnehmbarkeit seiner Anschuldigungen für eine breite Öffentlichkeit durch deren Veröffentlichung in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, dass die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, erkannte und billigte. Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung als überaus eloquent und intellektuell sicherlich überdurchschnittlich befrachtet präsentiert, sodass kein Zweifel daran besteht, dass er den Umstand, dass er aus Vermutungen und Unterstellungen eine Tatsachenbehauptung konstruiert, und die diesbezüglich festgestellten Bedeutungsinhalte seiner Äußerungen und Veröffentlichungen und sohin auch den Umstand, dass er Dr. B* einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, erkannte und billigte. Auch der Eventualvorsatz in Bezug auf die Beamtenstellung von Dr. B* und den Konnex seiner Anschuldigungen auf dessen Berufshandlungen kann nicht zweifelhaft sein, zumal gerade der Umstand, dass er dem gezielt als E*-Landesrat titulierten Dr. B* Amtsmissbrauch in Bezug auf die Streichung von Grundversorgungsgeldern für Heimatvertriebene unterstellt, durch die politische Brisanz des Vorwurfs die mediale und dadurch breit öffentliche Aufmerksamkeit generieren sollte.

 

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht keinen Umstand als mildernd, hingegen das Zusammentreffen von drei Vergehen als erschwerend.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die uneingeschränkt angemeldete (ON 31), in weiterer Folge – nach Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers (ON 1.43) - zu ON 39 näher ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie des Ausspruchs über Schuld und Strafe, der keine Berechtigung zukommt.

Was die Reihenfolge der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe anbelangt, geht eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rüge wegen der Z 9 bis 10a des § 281 Abs 1 (§ 489 Abs 1) StPO vor, jener wegen formeller Nichtigkeitsgründe jedoch nach (vgl Ratz, WK-StPO § 476 Rz 9).

Die demnach zunächst zu behandelnde Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO iVm § 489 Abs 1 StPO, mit der er einen Verstoß gegen die richterliche Manuduktionspflicht reklamiert, schlägt jedoch – entgegen den Ausführungen der Oberstaatsanwaltschaft Wien - fehl.

Um eine solche auszulösen, bedarf es nämlich – bei wie hier unvertretenen Angeklagten (RIS-Justiz RS0096346 [T3]) - eines hinreichenden Tatsachensubstrats, das aus den Akten hervorgeht, von den Beteiligten vorgebracht wird oder in der Verhandlung hervorkommt und das für eine bestimmte Prozesshandlung Anlass gibt (§ 6 Abs 2 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0096346; Ratz, WK StPO § 468 Rz 38). Aus den in der Berufung zitierten Einlassungen des Rechtsmittelwerbers in der Hauptverhandlung (ON 39.3 iVm ON 30.3, 6) erschließt sich jedoch nicht, welche entscheidungserhebliche bzw –wesentliche Tatsache überhaupt geklärt hätte werden können.

Denn der Aussage des Angeklagten zufolge, sei er in Besitz von Unterlagen, die belegten, dass Dr. B* Kontakt zu ihm abgelehnt habe (Punkt a) in ON 39, 3), könne „Frau P*“ bezeugen, dass sie den Grund für die Einstellung der Grundversorgung nicht kannte, sondern diesbezüglich nur eine Weisung von Mag. Q* (gemeint: Mag. Q*), einem für Buchhaltungsfragen und „rein gestionstechnische Fragen“ zuständigen Mitarbeiter, befolgte (aaO Punkt b)) und könnten Mag. R*, Prof. S* und Dr. T* bestätigen, dass die (weitere) Auszahlung der Grundversorgung nur über deren Intervention stattgefunden habe, wofür es auch „reichhaltige Korrespondenz“ gäbe (aaO Punkt c) und d)).

Dass der etwas späteren Auszahlung der Grundversorgung keine sachlichen Beweggründe zugrunde lagen, sondern ein Akt der Willkür darstellten, und insbesondere Dr. B* in diese Entscheidung eingebunden gewesen sei, sind den Ausführungen jedoch nicht zu entnehmen. Das vom Berufungswerber abgeleitete Beweisthema, uzw dass Dr. B* die Auszahlungen persönlich verhindert bzw verzögert und nur mit äußerstem Widerwillen vorgenommen hat und somit in die Entscheidungen maßgeblich eingebunden war und dass der Angeklagte hinreichende Gründe hatte, davon auszugehen, Dr. B* sei in die Entscheidungen involviert gewesen und daher Anzeichen für das Vorliegen eines Amtsmissbrauchs durchaus gegeben gewesen seien, ist den genannten Einlassungen aber gerade nicht zu entnehmen.

Bleibt anzumerken, dass ein Gutglaubensbeweis zufolge § 111 Abs 3 zweiter Satz StGB ohnehin ausgeschlossen ist, wenn – wie hier – die Tat auf eine Weise begangen wurde, wodurch die Üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurde (§ 111 Abs 2 StGB; Rami, WK2 StGB § 111 Rz16 und 30/7). Lediglich im Falle der Verbreitung der Vorwürfe im Wege der APA-OTS Aussendung am 24. Juni 2024 (vgl RIS-Justiz RS0125858 zum Aussender als Medieninhaber solcher Mitteilungen; vgl ON 2.6, 1 letzter Satz zur gegenständlich ausschließlichen inhaltlichen Verantwortung des Aussenders) wäre dieser durch den Beweis der journalistischen Sorgfalt (§ 29 MedienG) überhaupt offen gestanden.

Der Berufung wegen Schuld ist vorauszuschicken, dass die freie Beweiswürdigung ein kritisch-psychologischer Vorgang ist, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungsgrundsätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (Mayerhofer, StPO6 § 258 E 30 f; Kirchbacher, StPO15 § 258 Rz 8). Wenn aus den vom Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen folgerichtig abgeleiteten Urteilsannahmen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich sind, so tut dies nichts zur Sache. Der Zweifelsgrundsatz stellt nämlich keine negative Beweisregel dar, die das erkennende Gericht – im Falle mehrerer denkbarer Schlussfolgerungen – verpflichten würde, sich durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante zu entscheiden (RIS-Justiz RS0098336). Es ist daher als Akt der freien Beweiswürdigung durchaus statthaft, wenn sich der Tatrichter mit plausibler Begründung für eine für den Angeklagten ungünstigere Variante entschieden hat (Mayerhofer, aaO § 258 Rz 45).

Angesichts dieser Prämissen bestehen keine Zweifel an der überzeugenden Beweiswürdigung des Erstgerichts. Der Erstrichter stellte – unter ersichtlicher Einbeziehung des vom Angeklagten sowie den Zeugen Dr. B*, Mag. J* und Mag. I* in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks – den Geschehensablauf in einleuchtender und nachvollziehbarer Weise dar und gelangte nach Durchführung des Beweisverfahrens mit lebensnaher Argumentation zur Überzeugung, dass der Angeklagte die dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tathandlungen in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen hat.

Die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der verurteilungsgegenständlichen Veröffentlichungen (ON 10 [Faktum 1./], ON 2.6 [Faktum 2./] sowie ON 2.4 und ON 2.5 [Faktum 3]) basieren auf der wörtlichen und grammatikalischen Interpretation der Beiträge bzw Interviews, in denen der Angeklagte – unter Einbeziehung der jeweiligen zeitnahen Vorberichterstattung - Dr. B* des Verbrechens des (schweren) Amtsmissbrauches beschuldigte und nicht bloß verdächtigte, wie der Angeklagte auch selbst einräumte (PS 6 f, 9).

In seiner Berufungsschrift (ON 39, 9 f) stellt der Angeklagte (weiterhin) ohne jedwedes Beweissubstrat bloß spekulativ in den Raum, Dr. B* sei in die Entscheidung betreffend die (Nicht-)Auszahlung der Grundversorgung eingebunden gewesen, zumal diese „mehr als hundert Personen und eines der größten privaten Flüchtlingsheime im Land“ betroffen habe, anderes sei „völlig abwegig“. Demzuwider konnte sich das Erstgericht nicht nur auf die diesen Umstand in Abrede stellende Aussage des Betroffenen Dr. B* stützen (PS 20 f), sondern auch auf die damit in Einklang stehenden Angaben der weiteren Zeugen Mag. J* (ON 16.4 bzw PS 27), der zudem nachvollziehbar ausführte, dass für das Land Niederösterreich das in Rede stehende Projekt angesichts von ca 10.000 zu versorgenden Flüchtlingen keine besondere Größe aufweist (ON 16.4, 5 [Punkt 6.]), unter Bezugnahme auf die einschlägigen gesetzlichen Landesbestimmungen das Vorliegen eines Amtsmissbrauches generell in Abrede stellte sowie im Detail das Vorgehen der Behörde rechtfertigte, und Mag. I* (PS 34). Bestätigung erfährt die mangelnde Einbindung des Landesrats auch durch einen im Rahmen der Hauptverhandlung vorgelegten Ausdruck einer E-Mail dessen Pressesprechers, in der dieser explizit darauf hinweist, dass „Herr Landesrat nichts von der Sache weiß und daher keinen Amtsmissbrauch begangen haben kann“ (ON 30.2).

Mit zutreffenden Erwägungen kam der Erstrichter daher nicht zu kritisieren zum Schluss, der Wahrheitsbeweis sei nicht gelungen, zumal der Angeklagte weder darstellen konnte Dr. B* sei in (die tatsächlich von Mag. J* getroffenen) Entscheidungen eingebunden gewesen noch es habe überhaupt ein amtsmissbräuchliches Handeln vorgelegen, und dazu, die Anschuldigungen hätten – mangels zum Amtsmissbrauch angebotenen Beweisen – auf bloßen ungeprüften Vermutungen beruht.

Auch das Vorliegen der subjektiven Tatseite wurde vom Erstgericht empirisch einwandfrei aus dem dargestellten äußeren Tatgeschehen abgeleitet, nämlich nicht zuletzt aus der profunden beruflichen Erfahrung des Angeklagten im Umgang mit Medien (vgl PS 2) und der bereits erwähnten E-Mail (ON 30.2), wonach der Angeklagte gegenüber dem Pressesprecher von Dr. B* zunächst angekündigt habe, gegen den Landesrat öffentlich Anschuldigungen wegen Amtsmissbrauchs zu verbreiten, und über Vorhalt des Pressesprechers, wonach dieser von den in Rede stehenden Vorgängen nicht gewusst habe, entgegnet habe: „Wenn ich nicht bekomme, was mir zusteht, dann müsst ihr mit den Konsequenzen leben.“ Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen ist rechtsstaatlich vertretbar und in der Regel bei einem - wie hier - leugnenden Angeklagten methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Nachdem auch das Rechtsmittelgericht im Rahmen der bei der Überprüfung der Beweiswürdigung anzustellenden Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der erstrichterlichen Lösung der Schuldfrage hegt, hat der Schuldspruch Bestand.

Ferner ist die erhobene Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a iVm § 489 Abs 1 StPO nicht im Recht, hat doch die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584). Demnach liegt keine prozessordnungsgemäße Darstellung eines derartigen Berufungsgrundes vor, wenn eine im Urteil konstatierte Tatsache übergangen wird (vgl RIS-Justiz RS0099810 [T15]). Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann (RIS-Justiz RS0099810 [insb T28]).

Indem die Rechtsrüge die konkreten Konstatierungen zum (nicht gelungen) Wahrheitsbeweis ignoriert (vgl US 10: „Die Anschuldigen des Angeklagten entsprechen nicht der Wahrheit.“), verfehlt sie sohin den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit.

Die Ausführungen des Angeklagten in diesem Zusammenhang sind im Übrigen offenkundig bloß auf dessen Gutgläubigkeit in Bezug auf den von ihm erhobenen Vorwurf des Amtsmissbrauches gerichtet (arg: „der Angeklagte davon ausgehen konnte“, „davon konnte der Angeklagte zurecht ausgehen“). Wie bereits dargestellt ist ein Gutglaubensbeweis in Fällen des § 111 Abs 2 StGB aber ohnehin ausgeschlossen und haben auch betreffend die APA-OTS Aussendung - ausgehend von den getroffenen Feststellungen - keine hinreichenden Gründe vorgelegen, die darin aufgestellte Behauptung für wahr zu halten. Denn der bloße Umstand, dass Dr. B* der ressortzuständige Landesrat auf politischer Ebene war, reicht dazu keinesfalls hin, ergibt sich daraus doch kein (gesicherter) Hinweis auf eine Einbindung im konkreten Einzelfall. Unabhängig von einer Involvierung des Dr. B* in die Entscheidung von Mag. J*, wurde aber schon gar kein amtsmissbräuchliches Handeln festgestellt.

Letztlich ist auch die Berufung wegen Strafe nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat nämlich die besondere Strafzumessungslage vollständig erfasst und gelingt es dem Berufungswerber nicht weitere Milderungsgründe bzw für ihn sprechende Umstände aufzuzeigen.

Soweit er auf einen geringen Erfolgsunwert verweist, weil es „keinerlei Druckausübung oder Intervention“ gegeben habe und „die Tat keine negativen Folgen für den Landesrat“ gehabt habe, verkennt der Berufungswerber, dass der Erfolg des in Rede stehenden Delikts (vgl Rami, WK2 StGB § 111 Rz 2/1) gerade darin liegt, die im Gesetz angeführte Tathandlung zufolge ihrer qualifiziert öffentlichen Begehungsweise vielen Menschen zugänglich zu machen. Gegenständlich wurden die Vorwürfe aber gerade überaus breitenwirksam per APA-OTS Aussendung bzw im Wege reichweitenstarker Medien (C* bzw G*) transportiert.

Auch der Verweis auf den (behaupteten) unauffälligen Gesinnungsunwert ist insoweit nicht nachvollziehbar, als für eine Versorgung der Flüchtlinge durch Ersatzquartiere ohnehin auch anderweitig gesorgt war (Punkt 7 in ON 16.4, 5). Vielmehr versuchte der Angeklagte durch wahrheitswidrige Skandalisierung sachlich getroffener Behördenakte die breite Öffentlichkeit als Mittel für seine Zwecke einzusetzen, indem solcherart (öffentlicher) Druck erzeugt werden sollte, um weiterhin die Auszahlung der Grundversorgung, die aufgrund einer Vereinbarung der F* (F*) mit den aufenthaltsberechtigten Vertriebenen die F* vereinnahmte (US 5), zu bewerkstelligen.

Bei Abwägung der – bereits vom Erstgericht korrekt zur Darstellung gebrachten – besonderen Strafzumessungsparameter, der allgemein im Sinn des § 32 Abs 2 und 3 StGB anzustellenden Überlegungen und spezial- und generalpräventiver Aspekte ist angesichts des Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen die den Strafrahmen nicht einmal zur Hälfte ausschöpfende und unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Sanktion der personalen Täterschuld und dem Unrechtsgehalt der Tat angemessen und der begehrten Herabsetzung nicht zugänglich.

Somit ist der Berufung insgesamt ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

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