European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:010OBS00088.25A.0916.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiete: Sozialrecht, Zivilverfahrensrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ab, stellte fest, dass beim Kläger keine vorübergehende Invalidität im Ausmaß von mindestens sechs Monaten vorliege und kein Anspruch auf Rehabilitationsgeld bestehe. Hingegen stellte es fest, dass der Kläger Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation habe.
[2] Dieses Urteil wurde dem in erster Instanz unvertretenen Kläger an seinem Wohnsitz am 27. 6. 2024 zugestellt. Mit am 29. 7. 2024 zur Post gegebenen Schreiben beantragte der Kläger die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter anderem durch Beigabe eines Rechtsanwalts iSd § 64 Abs 1 Z 3 ZPO.
[3] Das Erstgericht bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 16. 9. 2024 die Verfahrenshilfe. Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom 28. 1. 2025 wurde Mag. Johannes Schreiber zum Verfahrenshelfer bestellt; die Zustellung dieses Bescheids samt Ersturteil an ihn erfolgte am 30. 1. 2025.
[4] Das Berufungsgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss die vom Verfahrenshelfer namens des Klägers am 26. 2. 2025 erhobene Berufung als verspätet zurück. Es wies darauf hin, dass die Fristenhemmung des § 222 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gelte (§ 39 Abs 4 ASGG). Ausgehend von einer Zustellung des Urteils an den Kläger am 27. 6. 2024 habe die vierwöchige Berufungsfrist daher bereits am 25. 7. 2024 geendet.
[5] Ein außerhalb der Rechtsmittelfrist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bewirke weder eine Unterbrechung noch einen neuen Lauf der Rechtsmittelfrist und zwar auch dann nicht, wenn das Erstgericht in Folge die Verfahrenshilfe bewilligt und einen Rechtsanwalt beigegeben habe. Daran ändere auch die erfolgte Zustellung an den Verfahrenshelfer nichts, weil die wiederholte Zustellung einer Entscheidung keine neuerliche Rechtsmittelfrist auslöse.
[6] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers. Er beantragt, den angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und diesem die inhaltliche Erledigung der Berufung aufzutragen.
[7] Die Beklagte hat sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der Rekurs ist nicht berechtigt.
[9] 1. Gegen einen Beschluss, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung wegen Verspätung zurückweist, ist der Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (RS0042770).
[10] 2. Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 iVm § 528a ZPO). Das Berufungsgericht wies zutreffend darauf hin, dass ein außerhalb der Berufungsfrist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe die bereits eingetretene Rechtskraft einer Entscheidung nicht beseitigen kann; dies unabhängig davon, ob das Erstgericht in der Folge über diesen Verfahrenshilfeantrag inhaltlich entschied (RS0036235 [T11]).
[11] 3. Dem Rekurs war somit nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.
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