European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00074.25H.0910.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * J* gemäß § 21 Abs 1 StGB in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum untergebracht.
[2] Danach hat er unter dem maßgeblichen Einfluss einer die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden (§ 11 StGB), schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung in Form einer paranoid‑halluzinatorischen Schizophrenie, einem Zustand nach schädlichem Substanzgebrauch sowie einem nicht stabilisierten Residualzustand, am 22. Oktober 2024 in F*
1./ Polizeibeamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht, nämlich * D*, * S*, * B*, * W*, * Ö* und * M* an seiner Durchsuchung und Vorführung nach dem UbG, indem er seine Hand aus dem Festhaltegriff der Beamten riss, sich unter Anwendung erheblicher Körperkraft vom Polizeifahrzeug wegdrückte, wodurch er gemeinsam mit D* und S* zu Boden stürzte, S* mit der Hand gegen den Hinterkopf schlug und sich am Boden liegend unter Anwendung erheblicher Körperkraft gegen die Fixierung durch die Beamten sperrte sowie mit den Armen und Beinen ausschlug;
2./ durch die zu 1./ beschriebene Tat Beamte während der Vollziehung ihrer Aufgaben am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt und an der Gesundheit geschädigt, nämlich
a./ S* in Form von Abschürfungen an den Knien sowie die Gewalteinwirkung überdauernden Schmerzen am Hinterkopf,
b./ D* in Form einer Schürfwunde am rechten Knie,
und somit Taten begangen, die als das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (1./) und die Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 StGB (2./) jeweils mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel.
[4] Die Mängelrüge bezieht sich mit dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zu 1./ nur auf einzelne Elemente der Widerstandshandlungen des Betroffenen, nämlich dessen Schlag gegen den Hinterkopf des S* sowie den infolge Wegdrückens vom Polizeifahrzeug erfolgten gemeinsamen Sturz zu Boden. Sie spricht damit keine entscheidende Tatsache an (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268 und RS0117499), weil bereits die – insoweit nicht in Frage gestellten – weiteren Tathandlungen eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die rechtliche Annahme der Subsumtion nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB darstellen.
[5] Im Übrigen wurden der Umstand, dass einzelne Beamte keine Wahrnehmungen zu Details des Vorgangs hatten (US 8 f, 10), sowie die Aussagen der Belastungszeugen (insbesondere auch jene von M*, B*, Ö*, S*) entgegen der Rüge sehr wohl gewürdigt (US 8 ff).
[6] Mit dem Einwand eines alternativen Tatgeschehens richtet sich die Beschwerde bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
[7] Der weiteren Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider besteht zwischen den Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu 1./ und 2./ (US 4 f) einerseits und den Konstatierungen zur schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung des Betroffenen (US 5) andererseits kein Widerspruch, ist doch Schuldfähigkeit kein Erfordernis für die Bildung des Vorsatzes (RIS‑Justiz RS0090295 [T1, T4]). Ein Widerspruch liegt nur dann vor, wenn zwei Aussagen nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen als unvereinbar zu werten sind (RIS‑Justiz RS0117402 [T12, T14, T15]). Die Konstatierung eines entsprechenden Täterwillens hingegen ist vielmehr Voraussetzung (auch) der Anordnung einer Unterbringung iSd § 21 Abs 1 StGB (RIS‑Justiz RS0090295; Haslwanter in WK2 StGB § 21 Rz 14).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
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