OGH 11Os93/24x

OGH11Os93/24x24.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Faulhammer LL.M. (WU) als Schriftführer in der Strafsache gegen * I* wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 24. April 2024, GZ 36 Hv 22/24y‑33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00093.24X.0924.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * I* mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I/), eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 2 StGB (II/), mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (III/) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (IV/) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in T* und andernorts – gekürzt wiedergegeben –

I/ mit unmündigen Personen den Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, und zwar

1/ im Februar oder März 2014 mit der am * Dezember 2000 geborenen * K* den Beischlaf und an ihr den Oralverkehr;

2/ in der Zeit von 2019 bis 6. August 2023 mit der am * 2015 geborenen * R* wiederholt vaginale Digitalpenetrationen;

3/ zu nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten im Zeitraum von Ende Mai 2019 bis September 2022 mit der am * 2013 geborenen * Ra* zweimal vaginale Digitalpenetrationen;

II/ im Frühjahr 2014 die am * Dezember 2000 geborene, zu diesem Zeitpunkt unmündige * K* zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung und zwar der vaginalen Digitalpenetration mit einer anderen Person, nämlich mit * Rat* verleitet, um sich geschlechtlich zu erregen, indem er * Rat* dazu überredete, ihren Finger bei K* in die Vagina einzuführen, welche dies duldete;

III/ außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an unmündigen Personen vorgenommen, und zwar

1/ im Zeitraum von 2019 bis 6. August 2023 an der am * 2015 geborenen, demnach unmündigen * R*, indem er wiederholt mit seinem Zeigefinger und Mittelfinger kreisende Bewegungen an ihrer unbekleideten Vulva machte;

2/ im Zeitraum von Ende Mai 2019 bis September 2022 an der am * 2013 geborenen, demnach unmündigen * Ra*, indem er wiederholt mit seinem Zeigefinger und Mittelfinger kreisende Bewegungen an ihrer unbekleideten Vulva machte, einmal seinen Penis in ihre rechte Hand legte und mit dem Glied über die Hand streifte;

IV/ an seinen Töchtern, demnach mit minderjährigen Personen, die mit ihm in absteigender Linie verwandt sind, die unter I/2/, I/3/ und III/ beschriebenen geschlechtlichen Handlungen vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 [lit] a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden die in der Hauptverhandlung am 24. April 2024 vom Verteidiger gestellten Beweisanträge (ON 32 S 8 iVm ON 24 [RIS‑Justiz RS0099099]; ON 32 S 10) auf Einholung jeweils „eines kinderpsychiatrischen und aussagepsychologischen Gutachtens“, zum Beweis dafür, dass der Angeklagte die „Handlungen nicht begangen habe“ und den Aussagen seiner Töchter „kindliche, altersentsprechende Sexualfantasien zugrunde liegen“ und auf Einholung eines forensischen Sachverständigengutachtens, dass die Schilderung der Zeugin * K* zum Geschlechtsverkehr (I/1/) aus „ergonomischen Gründen“ nicht möglich sei (ON 32 S 10), zu Recht abgewiesen.

[5] Die mit dem Antragsvorbringen jeweils angesprochene Überzeugungskraft von Personalbeweisen (hier der Glaubhaftigkeit der Angaben der Opfer) obliegt der Beurteilung durch das Gericht (§ 258 Abs 2 StPO), wobei nur ausnahmsweise die Hilfestellung eines Sachverständigen in Betracht kommt (RIS‑Justiz RS0120634 und RS0097733 [insbesondere T3]; vgl auch RIS‑Justiz RS0097584 – siehe nämlich ON 32 S 9). Ein solcher Ausnahmefall (dazu mwN Kirchbacher, StPO15 § 126 Rz 5) wurde nicht nachvollziehbar dargetan.

[6] Das weitere Vorbringen der Rüge, „auch die Aussagen der Zeugin K* wären eine[r] aussagepychologischen Begutachtung zu unterwerfen“ gewesen, bezieht sich nicht auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers (vgl RIS‑Justiz RS0099244).

[7] Die Mängelrüge beschränkt sich darauf, einen einzigen – überdies sinnentstellend verkürzt wiedergegebenen – Satz der polizeilichen Aussage der Mutter der Opfer (ON 8.7 S 13) zu thematisieren und bekämpft, indem sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370) prozessordnungswidrig ignoriert, sinnfällig bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen Schuld.

[8] Die undifferenziert „Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9a, 10 StPO“ (dazu RIS‑Justiz RS0115902, RS0100183) behauptende weitere Rüge legt weder aus dem Gesetz abgeleitet (RIS‑Justiz RS0116565, RS0116569) deutlich dar, welche weiteren Feststellungen zu II/ erforderlich gewesen wären (vgl insofern nämlich RIS‑Justiz RS0132647, RS0095004 [ab T7; insbes T17], RS0095211 [T4]; Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 25) noch welcher Nichtigkeitsgrund durch die „unterlassenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen“ des Angeklagten erfüllt sein sollte.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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