European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00082.24M.0905.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung hat das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden.
Dem Angeklagten * J* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – * J* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (II./1./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 „erster, zweiter und dritter Fall“ StGB, § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (II./2./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II./3./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit im Urteil namentlich genannten Mittätern in W* und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift
II./ von Sommer 2022 bis zum 16. September 2023
1./ in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge ein‑ und ausgeführt, indem er * I* in seinem Vorhaben bestärkte und beauftragte, dass dieser unbekannte Personen dazu bestimmte, Suchtgift, nämlich 6.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 78,4 % Cocain, aus Montenegro aus‑ und in das österreichische Bundesgebiet einzuführen;
2./a./ bis o./ „teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit I*, teils als Beitragstäter, teils unter Bestimmung weiterer Mitglieder der kriminellen Vereinigung“ (zur rechtlichen Gleichwertigkeit der Beteiligungsformen siehe RIS‑Justiz RS0090732, RS0117604 [insb T4]) in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen und verschafft, und zwar insgesamt etwa 5.940 bis 6.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 78,4 % Cocain, an im Urteil namentlich genannte Abnehmer;
3./ ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar geringe Mengen Kokain.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 1, 3, 5, 8 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des * J*, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Die Besetzungsrüge (Z 1) kritisiert einen Verstoß gegen § 28 Abs 1 JGG, weil dem Schöffengericht in Jugendstrafsachen nicht eine Person angehört habe, die im Lehrberuf, als Erzieher oder in der öffentlichen oder privaten Kinder‑ und Jugendhilfe oder als Jugendbetreuer tätig ist oder gewesen ist.
[5] Da die Verurteilung des Beschwerdeführers nicht Straftaten eines unter 21‑Jährigen betrifft, wird diese von dem behaupteten Besetzungsmangel nicht berührt (RIS‑Justiz RS0119259 [T1]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 102).
[6] Dem weiteren Einwand, wonach für den Nichtigkeitswerber nicht erkennbar gewesen sei, wer dem erkennenden Senat angehört und wer nur Ersatzschöffe gewesen sei, zuwider kann, wenn (wie hier) nach dem Hauptverhandlungsprotokoll bereits vor Beginn der Hauptverhandlung klargestellt ist, welche Laienrichter als Hauptschöffen teilnehmen (ON 171, 1: Nennung der Schöffen und Ersatzschöffen; ON 171, 5: Beeidigung der Schöffen; ON 171, 17: Entlassung der Ersatzschöffen), von einer – hier im Übrigen auch nicht rechtzeitig gerügten (RIS‑Justiz RS0097452 [T7]) – nicht gehörigen Besetzung des erkennenden Senats keine Rede sein (vgl RIS‑Justiz RS0100849 [T1]).
[7] Das weitere Rechtsmittelvorbringen kritisiert unter verschiedenen Nichtigkeitskategorien, dass die Verurteilung des Beschwerdeführers für einen Zeitraum von Sommer 2022 bis zum 16. September 2023 erfolgte (US 3 und 12), während aus den Entscheidungsgründen des Urteils und der Anklage hervorgehe, dass er erst „Ende des Jahres 2022 in die Geschäfte eingestiegen“ (US 10) sei.
[8] Indem die Verfahrensrüge (Z 3) diesen Umstand als Verletzung des § 260 Abs 1 Z 1 StPO aufgreift und gleichzeitig auf den Entfall eines Erschwerungsgrundes abzielt, ohne zu erklären, weshalb dies der Individualisierung der Tat entgegenstehen sollte, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0117498 [T2]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 290).
[9] Soweit die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) in eben diesem Umstand einen Widerspruch zwischen dem Erkenntnis (US 3) und den Entscheidungsgründen (US 10, 12) erblickt, spricht sie nicht wie geboten eine entscheidende, also für die Schuld‑ oder die Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache an (RIS‑Justiz RS0106268).
[10] Indem die Rüge diese Argumentation inhaltlich auf Z 8 stützt, erstattet sie kein Vorbringen im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, weil sie damit – ausgehend vom Schuldspruch wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 erster, zweiter und dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG – die Identität von Anklage‑ und Urteilssachverhalt nicht in Frage stellt (RIS‑Justiz RS0099648).
[11] Mit der Kritik an der Annahme eines langen Tatzeitraums im Rahmen der Strafzumessungserwägungen des Erstgerichts zeigt die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) keine offenbar unrichtige Beurteilung einer für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsache auf, sondern erschöpft sich in einem Berufungsvorbringen (vgl RIS‑Justiz RS0099911 [T8]).
[12] Entgegen dem weiteren Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11) hat das Erstgericht das mehrfache Überschreiten des 25‑Fachen der Grenzmenge nicht als Erschwerungsgrund angenommen (vgl zur Zulässigkeit RIS‑Justiz RS0088028), sondern lediglich (zu Recht) die „Mehrfachqualifikation“ erschwerend gewertet (US 19).
[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[14] Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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