European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00165.23K.0711.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
DieAntragsteller sind schuldig, der Antragsgegnerin die mit 552,66 EUR (darin 92,11 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung. Die Rechtsvorgängerin der Antragsteller war im Zeitraum vom 1. 12. 1989 bis 21. 9. 2021 Mieterin einer Wohnung in einer von der Antragsgegnerin errichteten Wohnhausanlage in Wien.
[2] Die Herstellungskosten für die Wohnhausanlage wurden zunächst mit einem Wohnbauförderungsdarlehen (WBF‑Darlehen 1984) des Landes Wien und einem Darlehen eines Kreditinstituts finanziert. Das Darlehen des Kreditinstituts wurde per 1. 7. 2015 getilgt.
[3] Das der Antragsgegnerin mit Schuldschein vom 28. 8. 1991 gewährte WBF‑Darlehen 1984 in der Höhe von (umgerechnet) 610.037,57 EUR wäre mit 1. 4. 2024 getilgt gewesen. Ab dem 4. Jahr der Darlehenslaufzeit hatte der Schuldner Annuitäten iHv insgesamt 0,2 % des Darlehensbetrags jeweils am 1. 4 und 1. 10. zu entrichten. Die Annuitäten erhöhten sich in den Folgejahren bis zum Ende des 25. Jahres um jährlich jeweils 0,2 % des ursprünglichen Darlehensbetrags. Ab dem 26. Jahr hätte der Ratenbetrag 8 % des ursprünglichen Darlehensbetrags betragen. Die Zinsen des Darlehens waren in den Ratenbeträgen enthalten und setzten im 6. Jahr der Darlehenslaufzeit mit jährlich 0,5 % antizipativ ein. Ab dem 26. Jahr der Darlehenslaufzeit hätte die Verzinsung des Darlehens jährlich 6 % antizipativ betragen.
[4] Am 6. 6. 2012 schlossen die Stadt Wien und die W* GmbH einen Darlehensvertrag über 73.100.000 EUR, der zur Rückzahlung gewährter Wohnbauförderungsdarlehen 1984 diente. Dieses Darlehen war vom Tag der Zuzählung an zu verzinsen. Der Zinssatz betrug 3,9 % pro Jahr und die Zinsen wurden jährlich im Nachhinein zum 20. 4. eines jeden Jahres angelastet. Die Rückführung dieses endfälligen Darlehens hatte am 20. 4. 2022 zu erfolgen.
[5] Von diesem Darlehen wurden 310.634,61 EUR für die antragsgegenständliche Wohnhausanlage zur Einlösung der diesbezüglich offenen Forderung aus dem Wohnbauförderungsdarlehen des Landes Wien verwendet. Im Gegenzug für diese Einlösung stimmte die Antragsgegnerin zu, ab der Einlösung einen Kredit bei der W* GmbH zu den im Schuldänderungsvertrag vom 14. 6. 2012 vorgegebenen Bedingungen aufzunehmen. Der Kredit bzw der jeweils daraus aushaftende Kontostand samt den angelasteten Zinsen waren vom Tag der Einlösung an zu verzinsen. Der Zinssatz betrug 3,9 % pro Jahr bis zum 30. 6. 2022. Nach Ablauf dieser Frist war der Zinssatz einvernehmlich neu festzusetzen. Die Abschlusstermine sind jeweils der 31. 3., 30. 6., 30. 9. und 31. 12. eines jeden Jahres. In dieser Kreditvereinbarung ist kein Laufzeitende festgelegt. Seit Ablauf der Fixzinsperiode kann der Kredit von beiden Seiten unter Einhaltung einer sechs‑monatigen Kündigungsfrist zu den Fälligkeitsterminen gekündigt werden. Sondertilgungen sind seit Ablauf der Fixzinsperiode zulässig, wenn diese der Gläubigerin mindestens sechs Monate vorher schriftlich angekündigt werden. Eine vorzeitige Tilgung vor Ablauf der Fixzinsperiode war laut der Schuldänderungsvereinbarung nicht zulässig. Mit der Ergänzungsvereinbarung vom 14. 6. 2016 wurde der Darlehensstand per 30. 6. 2016 aufgrund eingehender Zahlungen mit 316.863,24 EUR festgelegt, sowie die Fixzinsperiode vom 30. 6. 2022 auf den 31. 3. 2022 verkürzt.
[6] Die Übernahme des Wohnbauförderungsdarlehens durch die W* GmbH im Juni 2012 im Weg eines endfälligen Darlehens der Stadt Wien war Voraussetzung dafür, dass die Antragsgegnerin die begünstigte Rückzahlung der Wohnbauförderung 1984 in Höhe von 90 % in Anspruch nehmen konnte.
[7] Im Jahr 2012 war es branchenüblich, dass Banken vornehmlich gemischte Zinsvarianten (fixe Verzinsung und anschließend variable Verzinsung) angeboten und die Fixzinsvereinbarungen nur zeitlich befristet haben. Bonitätsstarken Kreditnehmern haben österreichische Banken aber auch Finanzierungen mit Fixzinsvereinbarungenbis zu 10 Jahren angeboten. Der Durchschnittszinssatz für Fixzinsvereinbarungen für den entsprechenden Zeitraum hielt sich in der Bandbreite zwischen 3,84 % und 4,41 % per anno. Ein Absenken der Leitzinsen (= Refinanzierungszinssatz der Banken bei den Nationalbanken) hatte sich ab 2011 deutlich abgezeichnet. Aufgrund der volkswirtschaftlichen Indikatoren war ab 2012 eine längerfristige Niedrigzinsphase zu erwarten. Es war zwar ersichtlich, dass die Zinsen rückläufig sind, jedoch war 2012 nicht bekannt, in welchem Ausmaß sich die Zinsen reduzieren werden.
[8] Die Rechtsvorgängerin der Antragsteller stellte den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Entgelts für die Wohnung, die sich aus der Anhebung/Entgeltanpassung (aufgrund der im Jahr 2012 erfolgten Umfinanzierung des Wohnbauförderungsdarlehens auf ein Darlehen der W* GmbH) ergeben habe, sowie auf Feststellung, dass die Antragsgegnerin durch die Vorschreibungen des laufenden monatlichen Nutzungsentgelts für diese Wohnung im Zeitraum 6/2014 bis 3/2020 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe.
[9] Das Erstgericht wies den Antrag ab.
[10] Die im Zug der Berechnung des Entgelts nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG überwälzbaren Zinsen für Fremdmittel hätten „angemessen“ im Sinn von gesetzlich zulässig zu sein. Die Angemessenheit im Sinn der gesetzlichen Zulässigkeit eines Zinssatzes ergebe sich in der Regel aus generellen Normen wie etwa Wohnbauförderungsvorschriften. Wenn eine förderungsrechtliche Zinssatzbegrenzung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht anwendbar sei, sei die Angemessenheit der Verzinsung des Darlehens durch einen Vergleich mit den am Kapitalmarkt orts- und marktüblichen Konditionen zu prüfen.
[11] Fixzinsvereinbarungen zwischen einer gemeinnützigen Bauvereinigung und ihren Darlehensgebern seien nicht jedenfalls unzulässig iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG. Nach den für die Beurteilung der Zulässigkeit von Fixzinsvereinbarungen maßgeblichen Gegebenheiten im Abschlusszeitpunkt könne die Fixverzinsung vorteilhaft sein. Der hier vereinbarte Zinssatz von 3,9 % per anno sei im Jahr 2012 für Fixzinsvereinbarungen mit einer Kreditlaufzeit von 10 Jahren marktüblich und – entgegen dem Standpunkt der Antragsteller – nicht unangemessen hoch gewesen. Die in § 23 Abs 1a WGG normierte Pflicht der gemeinnützigen Bauvereinigung zur nachträglichen Anpassung der Finanzierungskonditionen an geänderte Kapitalmarktverhältnisse könne aber keinesfalls losgelöst von der ursprünglichen Vereinbarung gesehen werden. Die W* GmbH habe sich durch ein Darlehen der Stadt Wien refinanziert und diesen Zinssatz ohne zusätzlichen Aufschlag an die Antragsgegnerin weitergegeben. Im Darlehensvertrag mit der Stadt Wien sei ein Fixzinssatz in Höhe von 3,9 % per anno vereinbart worden. Da der Kredit erst nach Ablauf der Fixzinsperiode am 31. 3. 2022 gekündigt werden habe können bzw Sondertilgungen erst nach dem Ablauf der Fixzinsperiode zulässig gewesen seien, habe die Antragsgegnerin keine Möglichkeit zur nachträglichen Anpassung der Finanzierungskonditionen gehabt.
[12] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe der Anpassung des abweisenden Spruchs an das tatsächliche Antragsbegehren.
[13] Gemäß § 14 Abs 1 Z 2 WGG dürften bei Berechnung des Entgelts nur Annuitäten berücksichtigt werden, die übliche Zinsen enthielten. Die Angemessenheit der Verzinsung von Fremdmitteln orientiere sich an den zum Abschlusszeitpunkt orts- und marktüblichen Konditionen. Da es damit für die Beurteilung der Angemessenheit des Zinssatzes auf den Zeitpunkt der Umschuldung im Juni 2012 ankomme, fehle dem Beweisantrag auf Einholung einer Auskunft der Stadt Wien zu den Zinssatzvereinbarungen im Jahr 2015, dessen Unterlassen die Antragsteller als Verfahrensmangel rügten, die rechtliche Relevanz.
[14] Ausgehend von der festgestellten Tatsachengrundlage, dass 2012 derartige Zinssatzvereinbarungen in der Höhe zwischen 3,84 % und 4,41 % dem Durchschnitt entsprochen hätten, habe die Antragsgegnerin durch die Umschuldung nicht gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit verstoßen. Fixzinsvereinbarungen seien weder jedenfalls unzulässig, noch unüblich gewesen und bonitätsstarken Kreditnehmern auch mit einer Laufzeit bis über 10 Jahren angeboten worden. Der vereinbarte Fixzins von 3,9 % liege im unteren Bereich der im Abschlusszeitpunkt üblichen Bandbreite von 3,84 % bis 4,41 %. Ob bei Vereinbarung einer kürzeren Fixzinsperiode allenfalls auch geringere Zinsen vereinbart werden hätten können, könne daher dahingestellt bleiben.
[15] Soweit die Antragsteller dagegen hielten, dass die Antragsgegnerin ohne Grund die Umschuldung bereits 2012 vorgenommen habe, obwohl bis 31. 3. 2015 noch ein garantierter Zinssatz von 0,5 % per anno vereinbart gewesen sei, sei darauf zu verweisen, dass nach den Feststellungen die Verzinsung ab dem 26. Jahr der Laufzeit des Darlehens auf jährlich 6 % antizipativ gestiegen wäre, was jedenfalls zu einem massiven Anstieg der monatlichen Nutzungsentgelte geführt hätte. Dass die Antragsgegnerin die Umschuldung bereits 2012 in Angriff genommen habe, sei ausgehend von einer zu berücksichtigenden Vorlaufzeit und der Ungewissheit eines Verhandlungserfolgs nachvollziehbar. Darüber hinaus habe die Umschuldung durch Übernahme eines mit einem Fixzins rückführbaren Darlehens die begünstigte Rückzahlung eines Teilbetrags von 10 % ermöglicht. Die Umschuldung nicht erst zum Ende des 25. Jahres der Laufzeit des Darlehens sei daher wirtschaftlich und rechtlich vertretbar gewesen.
[16] Dass die Umschuldung wegen der Entwicklung des Zinsniveaus allenfalls keinen oder nicht den erhofften Vorteil gebracht habe, ändere nichts. Im Jahr 2012 möge zwar erkennbar gewesen sein, dass das Zinsniveau rückläufig gewesen sei, es sei aber nicht abschätzbar gewesen, in welchem Ausmaß bis 2015 mit einer Zinssenkung gerechnet werden könne. Im Abschlusszeitpunkt sei auch nicht absehbar gewesen, dass auch 2015 eine Schuldänderungsvereinbarung mit vergleichbar vorteilhaften Konditionen zu erzielen sein oder die Stadt Wien ab dem Jahr 2013 die Zinsen senken werde. Die Beurteilung der Angemessenheit und Üblichkeit der Zinsen sei aber eben ex ante vorzunehmen.
[17] Die W* GmbH sei eine von der Antragsgegnerin verschiedene Rechtsperson; inwiefern die Antragsgegnerin in der Lage gewesen wäre, Einfluss auf die Finanzgebarung ihres Kreditgebers zu nehmen und hieraus Vorteile für sich, insbesondere eine Änderung des Darlehenszinssatzes durchzusetzen, sei nicht ersichtlich. Eine vorzeitige Tilgung vor Ablauf der Fixzinsperiode sei nach der Darlehensvereinbarung nicht zulässig gewesen; dass Nachverhandlungen zu dem von den Antragstellern intendierten Erfolg hätten führen müssen, sei nicht zwingend.
[18] Die Beurteilung der Angemessenheit der Verzinsung sei auf den Zeitpunkt der Umschuldungsvereinbarung zu beziehen. Entspreche diese – wie hier – den damals üblichen Bedingungen, könne aus der Darlehensrückführung nach diesen Bedingungen keine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Nutzungsentgelts resultieren; auch dann nicht, wenn die Umschuldung dazu führe, dass das Darlehen zu einem späteren Zeitpunkt getilgt werde.
[19] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zu den über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Fragen, ob, in welchem Ausmaß und zu welchen Konditionen eine Umschuldung vorgenommen werden dürfe, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
[20] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller. Sie beantragen diese abzuändern und ihrem Antrag stattzugeben. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
[21] Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.
[22] Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts – nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[23] 1. § 14 Abs 1 WGG regelt das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums. „Angemessenheit“ des vereinbarten Nutzungsentgelts bedeutet in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit beziehungsweise rechtmäßige Höhe des Entgelts. Es geht um die Feststellung, ob das vereinbarte oder begehrte Entgelt den gesetzlichen Vorschriften über seine Höhe und Zusammensetzung entspricht (RS0118030).
[24] 2. Nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG darf bei der Berechnung des angemessenen Entgelts (unter anderem) die aufgrund des Schuldscheins (der Schuldscheine) vorzunehmende angemessene Verzinsung von Fremdmitteln einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln angerechnet werden (RS0118032).
[25] Die nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG überwälzbaren Zinsen für Fremdmittel haben „angemessen“ im Sinn ihrer gesetzlichen Zulässigkeit zu sein. Der Oberste Gerichtshof hat dabei bereits wiederholt ausgesprochen, dass sich die Angemessenheit im Sinn der gesetzlichen Zulässigkeit eines Zinssatzes in der Regel aus generellen Normen wie etwa Wohnbauförderungsvorschriften ergibt (RS0118034; RS0118036). Wenn eine förderungsrechtliche Zinssatzbegrenzung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung jedoch nicht anwendbar ist, ist die Angemessenheit der Verzinsung des Darlehens durch einen Vergleich mit den am Kapitalmarkt orts- und marktüblichen Konditionen zu prüfen (5 Ob 50/19t mwN; RS0125920; RS0118034 [T2]; RS0118036 [T1]; vgl § 13 Abs 1 ERVO idF BGBl II Nr.30/2001 und BGBl II Nr 180/2017).
[26] Der Oberste Gerichtshof hat zu § 14 Abs 1 Z 2 WGG außerdem bereits klargestellt, dass Fixzinsvereinbarungen zwischen einer gemeinnützigen Bauvereinigung und ihren Darlehensgebern nicht jedenfalls unzulässig und daher unangemessen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG sind (5 Ob 50/19t mwN; RS0118032 [T2]) und bei der Beurteilung der Zulässigkeit von solchen Fixzinsvereinbarungen auf die Gegebenheiten im Abschlusszeitpunkt abzustellen ist (5 Ob 50/19t; 5 Ob 67/11f).
[27] Gemäß § 23 Abs 1a WGG hat die gemeinnützige Bauvereinigung nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit insbesondere auch die nachträgliche Verpflichtung, entsprechend der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt angemessene Darlehenskonditionen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG zu vereinbaren. Diese Pflicht zur nachträglichen Anpassung der Finanzierungskonditionen an geänderte Kapitalmarktverhältnisse kann aber nicht losgelöst von der ursprünglichen Vereinbarung gesehen werden, sondern ist nach der konkreten Vertragslage im Rahmen des rechtlich Möglichen zu beurteilen (5 Ob 50/19t).
[28] 3. Gegenstand der Prüfung im Verfahren zur Geltendmachung der offenkundigen Unangemessenheit von Zinssatzvereinbarungen (§ 14 Abs 1 Z 2 WGG) ist immer die im konkreten Einzelfall ursprünglich und/oder nachträglich getroffene Vereinbarung. Die Beurteilung, ob die Konditionen einer konkreten Zinssatzvereinbarung auf dem Kapitalmarkt angemessen sind, wirft daher (weil von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig) in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf. Der Umstand allein, dass diese zu lösende Rechtsfrage (allenfalls) in einer Vielzahl von Fällen auftritt, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RS0042816).
[29] Eine aus Gründen der Rechtssicherheit auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung der Angemessenheit zeigen die Antragsteller in ihrem Revisionsrekurs nicht auf. Die Antragsteller stützen ihre Argumentation im Wesentlichen auf die der Umschuldung im Jahr 2012 nachfolgende Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt und das spätere Finanzgebaren der Stadt Wien. Bei der Beurteilung der Angemessenheit dieser Umschuldung ist allerdings auf die Gegebenheiten im Zeitpunkt des Abschlusses der entsprechenden Vereinbarungen abzustellen (zum Zinsrisikomanagement als Aufgabe der Bauvereinigung siehe etwa Schinnagl, Glosse zu 5 Ob 50/19t, wobl 2020/69). Mit ihrer ex-post-Betrachtung können die Antragsteller die Erwägungen des Rekursgerichts, dass und warum aus der damaligen Perspektive der Zeitpunkt und die Ausgestaltung der Umschuldung wirtschaftlich und rechtlich vertretbar gewesen sei, daher nicht widerlegen.
Nach den Feststellungen des Erstgerichts waren Finanzierungen mit Fixzinsvereinbarungen bis zu 10 Jahren bei bonitätsstarken Kreditnehmern branchenüblich und der vereinbarte Fixzins von 3,9 % lag im unteren Bereich der im Abschlusszeitpunkt marktüblichen Bandbreite. Zwar war das Zinsniveau im Jahr 2012 erkennbar rückläufig, es war aber weder gesichert noch abschätzbar, dass es bis 2015, also bis zum Anstieg der Verzinsung des Wohnbauförderungsdarlehens auf jährlich 6 % antizipativ, überhaupt zu einer weiteren Zinssenkung kommen werde, und wenn ja, in welchem Ausmaß. Auch dass im Jahr 2012 bereits absehbar gewesen wäre, dass in der Zeit bis 2015 eine Schuldänderungsvereinbarung mit im Vergleich vorteilhafteren Konditionen zu erzielen sein werde, oder dass die Stadt Wien die vereinbarten Zinsen für das Wohnbauförderungsdarlehen ab dem Jahr 2015 entsprechend senken werde, steht nicht fest. In Gesamtbetrachtung dieser festgestellten Umstände begegnet die Ansicht des Rekursgerichts, die Umschuldung im Jahr 2012 sei nicht vorzeitig und nicht zu einem unangemessen hohen Zinssatz erfolgt, die seither mit dem Entgelt überwälzte Verzinsung sei daher angemessen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG und das gesetzlich zulässige Entgelt sei nicht deshalb überschritten worden, keinen Bedenken.
[30] 4. Die Einzelfallbeurteilung des Rekursgerichts ist daher nicht korrekturbedürftig. Allein der Umstand, dass ein gleichgelagerter (oder ähnlicher) Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sein mag, bedeutet noch nicht, dass eine Rechtsfrage von der im § 62 Abs 1 AußStrG umschriebenen Bedeutung vorliegt. Das gilt insbesondere, wenn – wie hier – der Streitfall bereits mit Hilfe vorhandener Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann und vom Rekursgericht auch so gelöst wurde (5 Ob 131/23k mwN).
[31] Die Antragsteller unternehmen im Rahmen ihres – auch ausdrücklich wegen „mangelhafter und unrichtiger Beweiswürdigung“ sowie „mangelhafter Sachverhaltsfeststellung“ erhobenen – Revisionsrekurses auch den unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz und Fragen der Beweiswürdigung sind nicht revisibel. Die Beweiswürdigung und die darauf beruhenden Feststellungen der Vorinstanzen sind im Revisionsrekursverfahren nicht mehr anfechtbar (RS0043371; RS0069246; RS0042903). Diese Rechtsmittelbeschränkung kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Beweiswürdigung als Mangel des Verfahrens releviert wird (RS0043371 [T28]).
[32] Die von den Antragstellern behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens in erster Instanz hat bereits das Rekursgericht verneint, diese kann im Revisionsrekursverfahren nicht abermals geltend gemacht werden (RS0043919 [T1]; RS0050037; RS0030748; RS0070509).
[33] Der Revisionsrekurs ist daher mangels der Voraussetzungen des § 22 Abs 4 WGG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
[34] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die danach anzustellenden Billigkeitserwägungen rechtfertigen einen Kostenzuspruch an die im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses obsiegenden Antragsgegnerin, zumal sie in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragsteller hingewiesen hat (RS0112296).
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