OGH 12Os56/24p

OGH12Os56/24p27.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Edermaier‑Edermayr LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * E* wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung sowie im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19. März 2024, GZ 24 Hv 150/23z-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00056.24P.0627.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 1./, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und in der Anordnung der Unterbringung in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sich diese auf die Unterbringungsanordnung bezieht, und seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Urteilsaufhebung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * E* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (1./) und des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (2./) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

[2] Unter einem wurde die Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.

[3] Danach hat er

1./ am 13. März 2022 in G* * K* mit einer Gefährdung durch Sprengmittel gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er telefonisch äußerte, dass er wohl ein Paket mit Sprengstoff schicken müsse, damit hier etwas weitergehe,

2./ vom 1. bis zum 3. Juli 2022 in P* den für ihn bestellten Erwachsenenschutzvertreter * S* durch die wiederholt auf die Mailbox der Rechtsanwaltskanzlei gesprochene Nachricht: „Ich werde mit der Kettensäge die Kanzlei verwüsten. Ich werde * S* das Leben zur Hölle machen und dass er mit seiner Familie auswandern muss. Ich bin Deutscher und ziehe das durch!“, sohin durch gefährliche Drohung mit der Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz zu einer Handlung, nämlich der Überweisung eines Geldbetrags auf sein Taschengeldkonto, zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen aus Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise berechtigt.

[5] Zum Schuldspruch 1./ (§ 107 Abs 1 und 2 StGB) zeigen der Beschwerdeführer (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) und auch die Generalprokuratur zu Recht auf, dass dem Ersturteil ein Rechtsfehler mangels Feststellungen anhaftet (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO).

[6] Denn nach den vorliegenden Konstatierungen (US 4) bestand der Bedeutungsinhalt der zu 1./ abgeurteilten Drohung in der bloßen Ankündigung einer Gefährdung durch Sprengmittel, was für eine Subsumtion der Tat schon nach § 107 Abs 1 StGB nicht ausreicht, weil Feststellungen zum Bedeutungsinhalt fehlen, die eine rechtliche Beurteilung als gefährliche Drohung (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB) tragen würden.

[7] Urteilsaufhebung wie im Spruch ersichtlich ist die Folge (§ 285e StPO), worauf der Angeklagte mit seiner Sanktionsrüge (Z 11) und seiner Berufung zu verweisen war.

[8] Im Übrigen verfehlt die Beschwerde jedoch ihr Ziel.

[9] Soweit die Mängelrüge (Z 5) in Bezug auf den Schuldspruch 2./ eine Begründung zu den Tatbestandsvoraussetzungen „Furcht und Unruhe“ vermisst, übersieht sie zunächst, dass die Eignung der Drohung, eine solche Befürchtung auszulösen, eine (nicht durch Feststellungen zu klärende) Rechtsfrage darstellt (vgl RIS-Justiz RS0092160). Im Übrigen lässt das pauschale Vorbringen, das Erstgericht habe zum „Tatbestandsmerkmal“ des § 74 Abs 1 Z 5 StGB keinerlei Gründe angegeben, die dazu angestellten Erwägungen des Schöffengerichts (US 6 f) unberücksichtigt.

[10] Der weiteren Beschwerde zuwider ist der aus dem objektiven Geschehen abgeleitete Schluss auf die innere Ausrichtung des Angeklagten unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS-Justiz RS0116882).

[11] Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[12] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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