OGH 11Os60/24v

OGH11Os60/24v18.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Edermaier‑Edermayr, LL.M. (WU), als Schriftführer in der Strafsache gegen * D* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. März 2024, GZ 64 Hv 89/23k‑68.3, sowie über die Beschwerde des Genannten gegen einen zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00060.24V.0618.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * D* eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I) und eines Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB (II) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von März 2023 bis zum 21. September 2023 in W*

(I) vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich „Crystal Meth“ (enthaltend Methamphetamin), in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar

(„B“) * O* in 180 Angriffen zusammen 1.800 Gramm (enthaltend 1.207,98 Gramm Methamphetamin) sowie

(„C“) * K*

(1) in 50 Angriffen zusammen 25 Gramm (enthaltend 16,78 Gramm Methamphetamin) und

(2) am 21. September 2023 69,2 Gramm (enthaltend 53,6 Gramm Methamphetamin) „durch Übergabe im Vorfeld einer Personenkontrolle“,

wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über eine längere Zeit sowie den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste (US 5 f), weiters

(II) in mehreren Angriffen (im angefochtenen Urteil näher beschriebene) Sachen, die * O* zuvor gestohlen hatte, an sich gebracht, indem er sie im Austausch für die Überlassung von Suchtgift (I B) entgegennahm.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 (richtig) lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

 

[4] Die Feststellungen zu den (zu I B) tatverfangenen, O* überlassenen Suchtgiftmengen (US 5) stützte das Schöffengericht auf dessen (vom Gericht als glaubhaft erachtete) diesbezügliche Angaben in einer polizeilichen Vernehmung. Demgegenüber verwarf es die in der Hauptverhandlung abgelegte Zeugenaussage des Genannten, vom Beschwerdeführer (insgesamt) nur 50 bis 60 Gramm Methamphetamin erhalten zu haben, als unglaubhaft; dies – unter anderem – aufgrund der Aussage jenes Polizeibeamten als Zeugen, der die seinerzeitige Vernehmung durchgeführt hatte (US 6 bis 8).

[5] Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurde die Zeugenaussage jenes Polizeibeamten somit (gerade) nicht übergangen.

[6] Soweit die Mängelrüge einzelne, aus dem Zusammenhang gelöste Details dieser Aussage isoliert hervorkehrt, sie eigenständig interpretiert und daraus dem Beschwerdestandpunkt günstigere Schlussfolgerungen einfordert als die vom Erstgericht gezogenen, erschöpft sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[7] Nach den Urteilsfeststellungen (US 4 bis 6) handelte es sich bei den vom Schuldspruch I umfassten Verhaltensweisen um eine tatbestandliche Handlungseinheit, also um eine (einzige) Tat (RIS‑Justiz RS0122006, im gegebenen Zusammenhang RS0131856 [T4]). Schon die nach den Feststellungen (im Rahmen dieser Handlungseinheit) O* überlassenen Quantitäten an Methamphetamin (I B, US 5) entsprechen rechtlich gesehen – für die Subsumtion nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG hinreichend – mehr als dem Fünfundzwanzigfachen der für diesen Wirkstoff festgelegten Grenzmenge.

[8] Hiervon ausgehend spricht das (bloß) gegen Feststellungen der zu I C 2 beschriebenen Teilaspekte der(selben) Handlungseinheit gerichtete Vorbringen zur Mängelrüge (Z 5) – von vornherein – keine entscheidende, nämlich für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage bedeutsame, Tatsache an (RIS‑Justiz RS0127374).

[9] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) mangelnde Tatbildlichkeit (bloß) dieser Teilaspekte (I C 2) behauptet, ohne darzulegen, weshalb die zum Schuldspruch I (insgesamt) getroffenen Feststellungen (US 4 bis 6) die vorgenommene Subsumtion nicht dennoch tragen sollten, versäumt sie – folgerichtig – die prozessförmige Darstellung des herangezogenen (materiell-rechtlichen) Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0116565).

[10] Entgegen dem Vorwurf der „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) erschöpfen sich die den Schuldspruch II (mit‑)tragenden Feststellungen zur diesbezüglichen subjektiven Tatseite (US 6) keineswegs in einer „unstatthaften Vermutung zu Lasten des Angeklagten“. Bei gebotener Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370) hat sie das Erstgericht vielmehr – willkürfrei (RIS‑Justiz RS0116882) – aus äußeren Tatumständen erschlossen (US 10 f).

 

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[12] Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[13] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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