OGH 7Ob60/24k

OGH7Ob60/24k22.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch Mag. Christoph Kühnl, Rechtsanwalt in Saalfelden, gegen die beklagte Partei W* AG *, vertreten durch MUSEY rechtsanwalt gmbh in Salzburg, wegen 17.932,08 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2024, GZ 2 R 189/23m‑60, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 12. Oktober 2023, GZ 9 Cg 40/20p‑55, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00060.24K.0522.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.508,40 EUR (darin enthalten 250,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger hat bei der Beklagten einen privaten Unfallversicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von 224.151 EUR für dauernde Invalidität. Die diesem Versicherungsverhältnis zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung der beklagten Partei (AUVB TOP400) lauten auszugsweise:

ABSCHNITT A: VERSICHERUNGSSCHUTZ

[…]

Artikel 2

Was ist versichert, was gilt als Versicherungsfall?

[…]

Versicherungsfall ist der Eintritt eines Unfalles.

[…]

Artikel 6

Was ist ein Unfall?

6.1 Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.

[…]

ABSCHNITT C: BEGRENZUNGEN DES VERSICHERUNGSSCHUTZES

[…]

Artikel 20

Welche Unfälle sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

Ausgeschlossen von der Versicherung sind Unfälle

[…]

20.8 welche die versicherte Person infolge einer Bewusstseinsstörung […] erleidet.

[2] Der Kläger erlitt nach einem Sturz von einer Leiter Verletzungen, für die er aufgrund einer dauernden Invalidität im Bereich der linken Schulter eine Versicherungsleistung von der Beklagten fordert.

[3] Die Beklagte wendet den Risikoausschluss des Vorliegens einer Bewusstseinsstörung nach Art 20.8 AUVB ein.

[4] Das Berufungsgericht verneinte den Risikoausschluss anhand der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, hob das klagsabweisende Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung zu den weiteren Voraussetzungen der begehrten Leistung auf.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der Rekurs ist, ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[6] 1. Der Fachsenat hat bereits zu einem gleichlautenden Risikoausschluss ausgeführt: Der Begriff der Bewusstseinsstörung erfordert nicht völlige Bewusstlosigkeit. Es genügt, wenn die Aufnahme‑ und Reaktionsfähigkeit so gestört ist, dass der Versicherte der Gefahrenlage, in der er sich jeweils befindet, nicht mehr so gewachsen ist, wie die jeweiligen Verhältnisse es erfordern. Auch eine Schwindelattacke kann eine Bewusstseinsstörung darstellen, wenn dadurch die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit erheblich gestört ist (7 Ob 57/17h mwN).

[7] 2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach der beim Kläger aufgetretene kurzfristige Schwindel aufgrund seinerKopfhaltung schon nach den Feststellungen des Erstgerichts keine erhebliche Störung seiner Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit mit sich gezogen und damit diese Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten hat, ist vor diesem Hintergrund im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.

[8] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen (RS0123222 [T8, T14]).

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