OGH 13Os21/24y

OGH13Os21/24y22.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Loibl LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * R* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 12. Dezember 2023, GZ 13 Hv 70/23s‑48.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00021.24Y.0522.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (II) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er, soweit hier von Bedeutung, am 20. Mai 2023 in A*

I) * B* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er die Genannte, als diese auf einem Feuerwehrfest die Toilette aufsuchte, zunächst am Arm packte und zu einem Busch zerrte, wobei er ihr mitteilte, dass er Geschlechtsverkehr mit ihr vollziehen möchte, sie anschließend an den Brüsten, am Hals und an der Innenseite des Oberschenkels packte, den Gürtel ihrer Hose öffnete und seine eigene Hose und Unterhose hinunterzog, sodass sie seinen Penis sah, und ihr, nachdem sie mehrmals lautstark geäußert hatte, dass er damit aufhören und sie loslassen solle, und sich mit Schlägen, Stößen und Fußtritten gegen ihn zur Wehr gesetzt hatte, in den Bauch schlug, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil er aufgrund ihrer anhaltenden Gegenwehr schließlich von ihr abließ.

Rechtliche Beurteilung

[3] Allein gegen den dargestellten Schuldspruch I wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Mit der Behauptung, das (richtig) in der Hauptverhandlung verlesene (ON 48.3, 32) Gutachten der Sachverständigen Dr. N* über die von ihr durchgeführte DNA‑Analyse (ON 26) werde im Urteil mehrfach aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) wiedergegeben, ist die Beschwerde nicht im Recht. Aktenwidrigkeit (in der Bedeutung der Z 5 fünfter Fall) liegt nur dann vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431).

[5] Dies trifft auf den Gutachtensinhalt, wonach es hinsichtlich in der Beschwerde konkret bezeichneter Kleidungsstücke ausgeschlossen sei, dass der Angeklagte die dort aufgefundenen Spuren verursacht habe (ON 26.2, 2 f), und dessen Wiedergabe im Urteil, wonach insoweit keine DNA‑Spuren des Angeklagten zu finden gewesen seien (US 11 f), nicht zu.

[6] Bei der gebotenen Berücksichtigung der Gesamtheit der Darstellung des Gutachtens im Urteil (US 11 f) haben die Tatrichter dem Beschwerdevorbringen zuwider keineswegs zum Ausdruck gebracht, dass an keinem der untersuchten Kleidungsstücke DNA-Spurenträger nachgewiesen werden konnten, sondern vielmehr, dass insoweit keine DNA-Spurenträger des Angeklagten nachgewiesen werden konnten.

[7] Soweit die Rüge ihrerseits die Wiedergabe des Gutachtens im Urteil, wonach an „den anderen Stellen, an denen der Angeklagte das Opfer an der Kleidung berührt hat“ aufgrund der „großen Anzahl von Teilspurverursachern keine forensisch relevanten Aussagen getätigt werden“ konnten (US 12), durch Auslassung des Wortes „anderen“ nicht richtig darstellt und ihre Argumentation auf dieser (falschen) Prämisse entwickelt, geht sie schon im Ansatz ins Leere.

[8] Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt weder mit eigenen beweiswürdigenden Erwägungen zu den von den Tatrichtern eingehend berücksichtigten Widersprüchen in der Aussage des Opfers betreffend das unmittelbare Tatgeschehen (vgl US 7 ff) noch mit dem Hinweis darauf, dass an den untersuchten Kleidungsstücken des Opfers keine DNA-Spuren des Angeklagten gefunden wurden, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

[9] Soweit die Beschwerde überdies auf Widersprüche in der Aussage des Opfers bezüglich des Vorhandenseins von Zeugen des Angriffs (vgl ON 2.4, 4 und richtig ON 3.14, 5) sowie zu seinem Alkoholkonsum (ON 3.14, 4 und ON 17, 3) hinweist, bekämpft sie der Sache nach bloß die tatrichterliche Annahme der Glaubwürdigkeit des Opfers, ohne einen Bezug zu entscheidenden Tatsachen herzustellen (siehe aber RIS‑Justiz RS0099419 [T2 und T3]).

[10] Die Konstatierung, wonach das Opfer durch den Angriff unter anderem Kratzer an der Innenseite des Oberschenkels erlitt (US 5 f), ist weder für die Lösung der Schuld- noch der Subsumtionsfrage von Bedeutung, sodass die dagegen gerichtete Tatsachenrüge versagt (vgl RIS‑Justiz RS0117499 und RS0118780).

[11] Nach den Feststellungen des Erstgerichts gab der Angeklagte seinen Versuch, * B* zu vergewaltigen, nicht freiwillig, sondern aufgrund der im Urteil beschriebenen anhaltenden Gegenwehr der Genannten und des Umstands, dass sie (aufgrund seines Schlags in ihren Bauch) zusammengesunken war, auf (US 5). Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit b) strafbefreienden Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB) reklamiert, sich aber nicht am dargestellten Urteilssachverhalt orientiert, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099810).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[13] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[14] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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