OGH 5Nc3/24x

OGH5Nc3/24x29.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der betroffenen Person V* R*, vertreten durch T* G*, als Erwachsenenvertreterin, aufgrund der Vorlage des Aktes AZ 8 P 204/21w durch das Bezirksgericht Favoriten zur Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit (§ 111 Abs 2 JN), den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050NC00003.24X.0429.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 10. November 2023, GZ 8 P 204/21w‑129, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Erwachsenenschutzsache an das Bezirksgericht Steyr wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.

 

Begründung:

[1] Der Betroffene wurde nach § 21 Abs 1 StGB idF vor dem Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Im Zug einer amtswegigen Vollzugsänderung wurde der Betroffene am 24. 5. 2023 von der Justizanstalt Wien‑Favoriten in die Justizanstalt Asten überstellt. Im Zentralen Melderegister scheint allerdings nach wie vor die JA Wien‑Favoriten als Hauptwohnsitz auf. Zur Erwachsenenvertreterin ist die in Wien im 20. Bezirk wohnhafte Mutter des Betroffenen bestellt.

[2] Unter Hinweis auf den Aufenthaltswechsel des Betroffenen übertrug das Bezirksgericht Favoriten die Zuständigkeit zur Besorgung dieser Erwachsenenschutzsache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Steyr.

[3] Das Bezirksgericht Steyr lehnte die Übernahme ab, weil der Betroffene in der in seinem Sprengel gelegenen Justizanstalt Asten lediglich als Passant aufgenommen worden sei.

[4] Das Bezirksgericht Favoriten legte daraufhin den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs 2 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Das Erwachsenenschutzgericht kann die Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Betroffenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird (§ 111 Abs 1 JN; RS0046929 [T1, T14]; vgl auch RS0049144).

[6] 2. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel dann vor, wenn die Erwachsenenschutzsache jenem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Betroffenen liegt (RS0047027 [T10]; RS0046971 [T3]). Ein örtliches Naheverhältnis zwischen dem Erwachsenenschutzgericht und dem Betroffenen ist in der Regel zweckmäßig und von wesentlicher Bedeutung (RS0046929 [T13]; RS0049144 [T5]).

[7] 3. Der Mittelpunkt der Lebensführung erfordert einen stabilen Aufenthalt an einem bestimmten Ort (RS0046971 [T5]). Der Betroffene ist seit Mai 2023 in der Justizanstalt Asten untergebracht und nach der Aktenlage, insbesondere nach der vom übertragenden Gericht eingeholten (aktuelleren) telefonischen Auskunft der Justizanstalt Asten, ist davon auszugehen, dass der Betroffene dort bis auf Weiteres auch bleibt.

[8] 4. Mangels anderer Anhaltspunkte für die auf die Interessen des Betroffenen bezogene Zweckmäßigkeit der Beibehaltung der Zuständigkeit des übertragenden Gerichts hat es hier daher bei der allgemeinen Regel zu bleiben, dass das Naheverhältnis zwischen Betroffenem und Gericht von wesentlicher Bedeutung und daher jenes Gericht besser als Erwachsenenschutzgericht geeignet ist, in dessen Sprengel der Betroffene seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (vgl 4 Nc 7/23a). Von diesem Grundsatz wäre nur dann abzugehen, wenn besondere Gründe bestehen, die eine Erledigung durch das bisher zuständige Gericht eindeutig als zweckmäßiger erscheinen lassen. Im vorliegenden Fall konnte sich das Bezirksgericht Steyr auf derartige besondere Gründe nicht berufen (vgl 4 Nc 12/19f).

[9] 5. Der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten ist daher zu genehmigen.

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